Ich nehme es dem Kollegen Kubicki deswegen übel. Ihnen, Frau Hinrichsen, nehme ich es aus einem anderen Grund übel: Sie wollen es ja wirklich. Aber wenn Sie es denn wirklich wollen - gerade bei den Sinti und Roma -, dann beteiligen Sie sich doch nicht an solchen politischen Spielereien!
Bei den Grünen - so sage ich einmal - kann ich das dann überhaupt nicht verstehen, weil ich es Ihnen wirklich abnehme, auch ehrlich abnehme, dass sie es an dieser Stelle ernst meinen. Das kann ich dann überhaupt nicht verstehen, dass Sie Ihren eigenen Koalitionspartner an dieser Stelle vorzuführen versuchen. Aber damit müssen Sie selber fertig werden, ich nicht.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich gehe zugunsten der Kollegen Puls und Schlie davon aus, dass sie das ernst meinen, was sie gesagt haben, dass sie davon überzeugt sind - davon gehe ich aus -, weil Sie ja auch für sich in Anspruch nehmen, Herr Schlie, dass die CDU dazu lernt, andere Auffassungen bekommt. Sie haben ja bis vor sechs Wochen mit uns noch gemeinsam die Auffassung vertreten, dass man die Wahlkreise vielleicht einfach nur im Wahlgesetz ändern muss und nicht die Verfassung, um eine effektive Zahl zu erreichen. Diese Position haben Sie aufgegeben.
Damit keine Legendenbildung entsteht: Auch wir werden der Verkleinerung des Landtages auf 69 Abgeordnete zustimmen.
- Moment! Wir erwarten aber im Gegenzug von Ihnen, dass Sie das Strukturproblem beseitigen, dass Sie dazu beitragen, dass dann tatsächlich im Jahr 2005 nur 69 Abgeordnete im Landtag sitzen und Sie nicht wieder durch eine Veränderung der Relation zwischen Wahlkreisen und Listenmandaten dazu beitragen, dass es dann 76 sind; denn das ist keine effektive Verkleinerung des Landtages. Diesen Schuh werden Sie sich anziehen müssen.
Nachdem die CDU und die SPD das Kind in den Brunnen „gejagt“ haben, kommen Sie und erklären, die kleinen Fraktionen, die sich in einer ordnungsgemäßen Beratung mit der Verfassungsänderung beschäftigen wollten, seien nun Schuld an dem Debakel. Der Antrag, der hier vorliegt, lag im Ausschuss auch vor. Das liegt nicht neu auf dem Tisch. Interessanterweise hat die Ausschussmehrheit - übrigens verfassungswidrig, wie wir in der Zwischenzeit festgestellt haben - gegen die damals schon bestehenden rechtlichen Bedenken einfach entschieden, dass man sich damit jetzt nicht beschäftigen wolle. Deshalb bleibt uns gar nichts anderes übrig, als das jetzt hier einzubringen. Die Tatsache, dass Sie hier heute vorgeschlagen haben und wir abgestimmt haben, dass wir die zweite Lesung im Plenum machen müssen, ist ein Ausweis ihrer mangelnden Professionalität und Fertigkeiten, mit dem Problem umzugehen.
Herr Kollege Schlie, nun zitieren Sie - ich nehme Sie jetzt auch persönlich beim Wort, weil ich Sie ja ernst nehmen möchte - aus Ausführungen des Jahres 1997/98. Die galten damals auch. Inzwischen ist sehr viel Zeit ins Land gegangen. Wir waren beispielsweise damals nicht das einzige Land, das kein Landesverfassungsgericht hat. Wir haben gedacht, andere würden das nicht anders regeln. Zwischenzeitlich wissen wir, dass wir die einzigen geblieben sind, und die Präsidentin des Bundesverfassungsgerichts, Frau Limbach, hat uns mehrfach aufgefordert, hier eine Änderung zu vollziehen - Herr Papier hat das auch getan. Aber das ist völlig egal. Wir wissen doch selbst aus eigener Erfahrung, wenn wir beispielsweise bei Fragen dieser Art innerhalb des Parlaments zum Bundesverfassungsgericht laufen müssen, wie lange die
Entscheidungen dauern. Es ist mittlerweile sinnvoll und wird von allen anderen anerkannt - Richterbund, Richterverband, Anwaltsverein und was immer Sie aufzählen wollen -, dass wir hier eine Lösung brauchen, weil sich die Insellage Schleswig-Holsteins nicht fortsetzt.
Wenn wir jetzt die Chance haben, darüber abzustimmen, nachdem Union und SPD jedenfalls bis vor einigen Tagen noch der Auffassung waren, man muss dieses hohe Gut des schleswig-holsteinischen Gemeinwesens in die Verfassung hineinschreiben, wie die Funktionszulagen von Funktionsträgern aussehen sollten - wenn Sie schon der Auffassung waren, dass man dies mal so hoppla hopp machen kann -, nachdem Sie zu den wesentlichen Fragen ja gesagt haben, wir haben sie erörtert, wir haben sie diskutiert, wir haben Enquetekommissionen gehabt, sie waren im Ausschuss, es gibt da nichts Neues mehr,
Das gilt übrigens auch für die Frage der Staatszielbestimmungen. Es spricht viel dafür - das sage ich nach den Gesprächen, die wir miteinander geführt haben, nach wie vor -, dass es nicht notwendig ist, den besonderen Schutz von Sinti und Roma in die Verfassung hineinzuschreiben, weil er verfassungsrechtlich bereits gewährleistet ist. Aber umgekehrt kann ich sagen, es schadet auch nichts; es schadet definitiv auch nichts. Deshalb ist es meiner Fraktion überhaupt nicht schwer gefallen zu erklären: Wenn wir die Verfassungsänderung angehen, die wir lange debattiert haben, zu der wir Enquetekommissionen hatten und die wir im Ausschuss auch auf der Grundlage von bereits vorliegenden Entwürfen diskutiert und erörtert haben, wenn wir jetzt die Chance haben, warum nutzen wir sie nicht, um die Verfassung wenigstens konsequent und systematisch in all den Punkten zu ändern,
die den Menschen dieses Landes tatsächlich mehr am Herzen liegen als die Frage der Funktionszulagen?
Gehen Sie zu den Behinderten, die ja über die Behindertenorganisationen mittlerweile auch eine Volksinitiative gestartet haben, und erklären Sie ihnen, warum Sie ihren besonderen Schutz nicht in der Verfassung aufnehmen wollen! Ich kann das nicht mehr erklären.
Gehen Sie zu den Eltern von Kindern und Jugendlichen und erklären Sie, warum Sie den besonderen Schutz von Kindern und Jugendlichen nicht in die Verfassung aufnehmen wollen! Gehen Sie zu den Tierschutzverbänden und erklären Sie - bei all dem, was Sie bisher regeln wollen -, dass Sie das nicht wollen! Die Begründung, wir brauchen noch ausreichend Beratungszeit, ist eine falsche, weil wir wirklich bis zum bitteren Erbrechen beraten haben.
Ich kann auch die Position der Sozialdemokraten in diesem Punkt nicht verstehen. Ich sage noch einmal ausdrücklich: Wir werden der Verkleinerung des Landtages auf 69 Abgeordnete zustimmen, weil wir zur Änderung des Wahlgesetzes den Antrag 35 Wahlkreise und 34 Listenmandate einbringen werden. Sie müssen dann erklären, warum Sie das nicht wollen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, warum Sie dann wollen, dass der nächste Landtag aus mehr als 69 Abgeordneten besteht - bei der Ehrlichkeit, die Sie an den Tag legen.
Wir wollen gern wissen, ob in diesen wichtigen Fragen, um die es geht und die wir wirklich sehr ausführlich debattiert haben, die Sozialdemokraten wirklich aus Gründen, die mir nicht nachvollziehbar erscheinen, zu inhaltlichen Positionen, zu denen Sie bisher gestanden haben, hier nicht mehr stehen wollen, obwohl Sie die Chance haben, das hier zu tun.
Ich will heute sehen, welcher Abgeordnete wie in diesen Fragen stimmt, damit ich mir bei künftigen Debatten nie wieder sagen lassen muss, die FDP verweigere sich bestimmten wesentlichen Fragen des Gemeinwesens im Schleswig-Holsteinischen Landtag. Das sollen heute andere tun. Deswegen sage ich ausdrücklich: Wir werden - da nehme ich einmal die Ausführungen der beiden anderen vorweg - unseren Änderungsantrag, nachdem ja nun ein Abstimmungsverhalten entschieden worden ist, so stellen, dass er mit dem Ursprungsantrag der CDU und der SPD in der zurückgenommenen Form kompatibel ist. Wie solide Sie gearbeitet haben, können wir ja daran sehen, dass wir heute mittlerweile die vierte Fassung dieser Verfassungsänderung als Tischvorlage vor uns haben.
Wir werden unsere Anträge jeweils einzeln als Ergänzungsanträge zu dem Punkt 1 einstellen. Wir wollen dazu eine Abstimmung, und wir werden zum Schluss als FDP-Fraktion - ich sage es noch einmal -
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD und der CDU, ich finde das, was hier betrieben wird, beinahe tragisch.
Sie wollen heute die Verfassung ändern, obwohl es wirklich keinen zwingenden Grund dafür gibt. Unser Ziel in der Frage nach der Größe des Landtages war es immer, die in der Verfassung festgelegte Zahl von 75 Abgeordneten auch tatsächlich nicht oder zumindest nicht erheblich zu überschreiten.
Mit 75 Abgeordneten halten wir dieses Parlament allerdings für nicht zu groß. Es werden absehbar drei kleine Gruppierungen ständig im Landtag vertreten sein; auch diese Gruppierungen müssen arbeitsfähig sein.
Aber dies - das möchte ich betonen - ist nicht der Grund, warum wir die vorliegende SPD-CDU-Lösung der Verfassungsänderung ablehnen. Wir lehnen sie ab, weil die Festlegung einer Abgeordnetenzahl von 69 in Kombination mit 40 Wahlkreisen in einem Fünf-Parteien-System kaum zu erreichen ist. Das Parlament lässt sich damit letztlich das Heft aus der Hand nehmen. Es wird nicht mehr vom Verfassungsgeber entschieden, wie groß der Landtag ist. Stattdessen wird das Verhältnis von Erst- und Zweitstimmen für die großen Parteien jeweils eine bestimmte Zahl von Überhang- und Ausgleichsmandaten nach sich ziehen, was dann für die Größe des Landtages entscheidend ist.
Damit wird das Wahlergebnis auch maßgeblich über die Größe des Landtages entscheiden. - Seien Sie bitte vorsichtig mit solchen Äußerungen, Herr Astrup! Ich finde, das, was die großen Parteien hier
veranstaltet haben, ist nicht weit von dem entfernt. Wenn ich mir gerade vorstelle, dass wir per Antrag ablehnen müssen, hier eine Ausschussberatung zur Kenntnis zu nehmen, dann ist das von Quatsch nicht sehr weit entfernt.
Es ist kein Gewinn an Demokratie, wenn das Wahlergebnis über die Größe des Landtages entscheidet. Was Sie jetzt in der Verfassung verändern wollen, ist kein Gewinn an Demokratie. Denn die mathematischen Mechanismen, die dem zugrunde liegen, sind nicht transparent und schon gar nicht steuerbar. Dagegen hilft nur ein Mittel: Die Anzahl der Wahlkreise muss weniger als die Hälfte der gesetzlichen Zahl der Abgeordneten betragen.
Damit besteht unabhängig vom jeweiligen Wahlergebnis eine große Wahrscheinlichkeit, dass eine Partei über die Erststimmen nicht mehr Abgeordnete ins Parlament bekommt, als ihr nach Zweitstimmen zusteht.