Ich höre immer, dass wir Subventionen abbauen müssen. Das finde ich prima, ich mache das gern. Wenn Sie aber gleichzeitig hingehen und jeden Subventionsabbau als eine Steuererhöhung diffamieren, dann weiß ich wirklich nicht, wo wir anfangen sollen. Natürlich ist Subventionsabbau eine Steuererhöhung, denn Subventionen bedeuten, dass entweder eine Steuer gesenkt worden ist oder ein Zuschuss gezahlt wurde.
Wer Subventionen abbauen will und gleichzeitig glaubt, er könnte das als Steuersenkung durchsetzen, der macht sich und anderen etwas vor. Ich hoffe, dass Sie nur sich selber etwas vormachen und nicht anderen.
Wenn Sie sich selber etwas vormachen, dann könnten Sie das durch Nachdenken noch hinbekommen. Die Kritik an der Landesregierung muss man entgegennehmen. Das ist in der Besoldung mit eingeschlossen. Wenn meine Arbeit - wie Ihre Arbeit vom CDUWirtschaftsrat - von meinen Leuten in der Öffentlich
keit so kritisiert würde, die Finanzpolitik, die Gesundheitspolitik, die Rentenpolitik und die Finanzpolitik seien ein Meinungsdesaster, dann - das muss ich Ihnen ehrlich sagen - würde ich einen ganzen Tag trocken schluchzen und es nicht wagen, der Landesregierung Ratschläge zu geben.
Zum Schluss ein Trost: In derselben Presseübersicht, über die ich mich heute so geärgert habe, steht auch etwas Schönes. Nichts ist so schlecht, als dass es nicht auch etwas Gutes hätte. Schleswig-Holstein sei immer beliebter, so die „Lübecker Nachrichten“. „Kieler Nachrichten“: So viele Einwohner wie noch nie. Unsere Bevölkerung nimmt zu! Die Leute können doch nicht dümmer sein, als Sie sie machen wollen. Die ziehen doch nicht in so ein Armutsland, wie es heute Morgen beschrieben worden ist. Die ziehen doch nicht in ein Land, in dem die Not sozusagen zum Himmel schreit. Gerade wenn ich über 60 Jahre alt bin, geht es mir doch um Sicherheit. Ich gehe dann doch in ein Land, in dem es sicher ist. Diese Menschen kommen nach Schleswig-Holstein, weil sie wissen, hier ist es schön, hier werden sie gut behandelt, hier sind die Menschen nett, hier ist die Landschaft schön und die Umwelt gut, hier wird ordentliche Politik gemacht. 2,816507 Millionen Einwohner des Landes Schleswig-Holstein können nicht irren!
(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW - Ursula Kähler [SPD]: Selbst Herr Garg ist aus Baden-Württemberg nach Schleswig-Holstein gekommen!)
Auf der Tribüne begrüße ich neue Gäste, nämlich Schülerinnen und Schüler, Lehrerinnen und Lehrer der Höheren Landbauschule bei Rendsburg. - Herzlich willkommen!
Ich fahre fort. Zu einem Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung hat sich zunächst Herr Abgeordneter Rainer Wiegard gemeldet.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Ministerpräsidentin, natürlich irren sich die Menschen nicht, die nach Schleswig-Holstein kommen. Ich glaube aber, Sie irren sich, weil Sie glauben, sie kommen wegen Ihrer Politik. Nein, sie kommen trotz Ihrer Politik nach Schleswig-Holstein. Das ist die Wahrheit!
Wir hatten eigentlich erhofft, Sie hätten heute eine Erklärung zur Lage des Landes Schleswig-Holstein und eine Regierungserklärung abgeben wollen, in der Sie darlegen, wie Sie die Lage meistern. Ich stelle erneut fest: Sie verweigern eine seriöse Beschreibung der Lage - insbesondere der Finanzlage - des Landes Schleswig-Holstein mit all ihren Folgen. Sie verweigern die objektive Beschreibung der politischen Entscheidungen und Maßnahmen der letzten 15 Jahre, die diese Lage herbeigeführt haben. Sie nehmen nicht einmal falsche Zahlen zur Kenntnis. Natürlich gibt es ein paar Zahlen, die Sie anders bewerten. Die walzen Sie dann aus.
Eine bedeutende Zahl haben Sie nicht kritisiert. Deshalb will ich Ihnen die Zahl 3,5 noch einmal deutlich machen. Die Medien haben über unsere Vorschläge berichtet, mit denen wir Ihnen die Hand reichen wollten. Von den 4 Milliarden € Steuereinnahmen, die dem Land nach Abzug dessen, was den Kommunen zusteht, verbleiben, werden allein 3,5 Milliarden € für Personal, Verwaltung und Zinsen ausgegeben, wurde berichtet. Sie haben es nicht einmal bemerkt, dass diese Zahl schlicht falsch ist. Wenn dieser Zustand da wäre, dann müssten wir eigentlich alle froh und glücklich sein. Wir könnten uns dann bei einem Glas Sekt die Hand reichen. Nein, von den 4 Milliarden € Steuereinnahmen, die dem Land nach Abzug dessen, was den Kommunen zusteht, verbleiben, werden 4,5 Milliarden € allein für Personal, Verwaltungskosten und Zinsen ausgegeben. Das ist das Problem.
Die Steuereinnahmen des Landes reichen nicht einmal mehr aus, um diese Aufwendungen zu finanzieren. Da müssen schon die Zuwendungen aus Bayern, Baden-Württemberg und Hessen, aus dem Länderfinanzausgleich und der Bundesergänzungsabgabe, hinzugenommen werden. Das ist die eigentliche Aufgabe. Die haben Sie nicht einmal dargestellt. Ich glaube, Sie haben sie nicht einmal zur Kenntnis genommen.
Nun wollen Sie das Finanzministerium zu einem Strukturministerium entwickeln. Herzlichen Glückwunsch! Vielleicht haben Sie es noch gar nicht bemerkt: Es ist schon längst das Strukturministerium. Lieber Herr Stegner, es ist das Ministerium für strukturelles Defizit, das lange von der Frau Ministerpräsidentin und Ihrem Vorgänger, Herrn Möller, geführt wurde. Dieses Ministerium ist verantwortlich für das strukturelle Defizit, das wir haben. Frau Simonis, seitdem Sie regieren, haben Sie in jedem Jahr
600 Millionen € an neuen Schulden aufgenommen. Im vergangenen Jahr haben Sie diese Summe kurzerhand verdoppelt. 200 Millionen € sind allein in diesem Jahr einmalige Einnahmen, zumindest soweit wir das kennen und beurteilen können. Das heißt, Sie haben ohne die jetzt ab 2003 zum ersten Mal wirksam werdenden wirklichen Steuermindereinnahmen aufgrund der konjunkturellen Entwicklung ein strukturelles Defizit jenseits von 800 Millionen €.
Ich frage Sie noch einmal nach all den Dingen, die in Ihrer Pressemitteilung stehen, wie zum Beispiel Geschäftsbedarf pro Mitarbeiter senken, Verwaltungsgebühren anpassen, Gerichtsgebühren anpassen: Wie hoch soll der Beitrag sein, den die Erhöhung der Erbschaftsteuer, die von Ihnen seit drei Jahren immer wieder vorgeschlagen wird, bringt, um das strukturelle Defizit von 800 Millionen € zu verringern? Welchen Beitrag soll die von Ihnen vorgesehene Wiedereinführung der Vermögensteuer bringen, um dieses Defizit zu verringern? Welchen Beitrag soll jeder einzelne Vorschlag, den Sie hier gemacht haben, leisten, um dieses Defizit abzubauen? Das ist die eigentliche Kernaufgabe, die Sie in Ihrer Regierungserklärung vor sich gehabt hätten.
Die Verfassung legt eindeutig fest, wer von uns welche Aufgaben hat. Die Regierung regiert und Aufgabe des Parlamentes und insbesondere Aufgabe der Opposition ist es, die Arbeit der Regierung zu kontrollieren, nicht die Arbeit der Regierung zu machen.
- Gnädige Frau, wenn Sie schon die Gunst haben, wenn ich hier rede, neben mir sitzen zu dürfen, hören Sie bitte einen Augenblick zu. Dann können Sie noch etwas lernen.
Das erste ist, dass die Regierung Vorschläge macht, wie sie diese strukturellen Fehler beseitigen will und dann werden wir natürlich auch unseren Teil dazu beitragen und unsere Alternativen vorlegen. Wir werden in den nächsten Wochen noch einmal zusammenstellen, was unsere Vorschläge in den letzten Jahren waren.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr verehrte Frau Ministerpräsidentin, ich bin sehr dankbar dafür, dass Sie klargestellt haben, dass beim kommunalen Finanzausgleich bei den Haushaltsvorlagen für die Jahre 2004 und 2005 nichts gekürzt werden wird und dass Sie erklärt haben, 60 Millionen € würden noch oben drauf gelegt. Ich gehe davon aus, dass diese Zusage auch nach der November-Steuerschätzung noch Bestand haben wird, nicht dass dann jemand hier wieder ganz überrascht aus den Wolken fällt und erklärt, nun könne man das alles nicht einlösen, was man hier heute groß versprochen habe. Wir wollen Sie beim Wort nehmen und die Kommunen können und dürfen Sie beim Wort nehmen.
- Doch, Herr Kollege Hentschel, ich habe das verstanden. Ich sehe ja die Berichterstattung aus Nordrhein-Westfalen. Herr Steinbrück, der ja aus Schleswig-Holstein weggetrieben worden ist, weiß mittlerweile, wie er mit Ihnen und Ihresgleichen umgehen muss. Ich habe gelesen, dass Frau Höhn demnächst das Kabinett verlassen soll. Es gibt dort keine Fortsetzung von Rot-Grün. Das ist eine weitsichtige Entscheidung des Herrn Steinbrück. Überlassen wir das erst einmal den Nordrhein-Westfalen und gucken wir dann, was von den Grünen hier in Schleswig-Holstein
Frau Ministerpräsidentin, ich habe zwei Fragen gestellt und ich bitte um Beantwortung hier im Parlament. Die erste Frage ist die - Sie können natürlich sagen, Sie wollen darauf nicht antworten, Sie weichen dem aus, damit würde Ihre Regierungserklärung aber deutlich entwertet - : Wer außer Ihnen von den Führungsträgern der Soziademokratischen Partei Deutschlands, die in Regierungsverantwortung sitzen - ich meine jetzt Mitglieder des Kabinetts, des Präsidiums der Partei oder auch andere Ministerpräsidenten -, trägt Ihre Überlegungen zur Erhöhung der Mehrwertsteuer mit? Das ist die erste Frage. Ich denke, das Parlament hat nach Ihren vollmundigen Erklärungen ein Recht auf eine Antwort.
Die zweite sehr konkrete Frage ist: Wann bringt diese Landesregierung - wann? - den Gesetzentwurf zur Erhöhung der Mehrwertsteuer und gleichzeitig zur Reduzierung der Sozialversicherungsbeiträge in den Deutschen Bundesrat ein? Auf die Beantwortung dieser Frage haben wir deshalb einen Anspruch, weil sie das Parlament unmittelbar berührt. Wir sind als Schleswig-Holsteiner dann insgesamt bundesweit gefragt und ich würde gern wissen, wann wir mit der konkreten Umsetzung dieser Ankündigung zu rechnen haben. Ist das alles wieder nur für die Katz oder für die literarische Nachwelt oder ist es ernst gemeinte Politik? Darum frage ich konkret: Wann haben wir damit zu rechnen, dass ein entsprechender Antrag in den Bundesrat eingebracht wird?