Protokoll der Sitzung vom 14.07.2000

Das Lob an die früheren Agrarminister, lieber Kollege Poppendiecker, kann ich nicht ganz so teilen, denn vom Ergebnis her müssen wir feststellen, dass es mit der Fischerei nicht gut aussieht und dass dort auch kaum Zukunftsperspektiven zu erkennen sind.

In der vergangenen Legislaturperiode hat es im Agrarausschuss einen Bericht des Ministers über den Stand der Fusion der Fischereigenossenschaft und die wirtschaftliche Situation der Fischerei in der Ostsee gegeben. Wesentliche Probleme werden dort benannt. Die Flotte ist überaltert. Es interessiert daher, wie der Stand der Verhandlungen des Ministeriums mit den Genossenschaften ist, auf Abwrackprämien zu verzichten, um die Förderung von Neubauten zu ermöglichen. Nur mit einer modernen Flotte hat die Fischerei auch Überlebenschancen.

Die Fischbestände gerade in der Ostsee sind knapp. 1998 konnte die Dorschquote nicht ausgefischt werden. Dabei besteht in der Fischerei die Übereinstimmung, dass nur eine nachhaltige Nutzung der natürlichen Ressourcen die Existenz der Fischerei sichert. Daher wird die von den dänischen Fischern praktizierte Gammel- und Industriefischerei sehr kritisch

gesehen, weil die Fischbestände dadurch gravierend geschädigt werden. Unsere Bitte an unsere Kollegen vom SSW ist, Sie mögen doch bitte bei ihren dänischen Freunden einmal vorstellig werden und anmahnen, dass im Interesse des Erhalts der Fischerei in der Ostsee auf Gammel- und Industriefischerei zu verzichten ist.

(Beifall der Abgeordneten Wolfgang Kubicki [F.D.P.], Helmut Plüschau [SPD] und Irene Fröhlich [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] - Anke Spoorendonk [SSW]: Tun wir gern!)

Es wird von der Fischerei zu Recht immer wieder beklagt, dass die Brüsseler Rechtsvorschriften in Deutschland strenger umgesetzt werden als in den anderen Ländern. Gerade unter den herrschenden Wettbewerbsbedingungen ist dies mehr als nur ein Ärgernis.

Die Kormoran-Problematik - das ist gesagt worden verfolgt uns weiterhin, auch wenn durch die Eckpunktevereinbarung ein gewisser Ausgleich zwischen den Interessen der Fischer und denen des Naturschutzes erfolgt ist. Gerade in der Schlei ist die Situation alles andere als zufrieden stellend. Die Vereinbarung ist jetzt drei Jahre in Kraft. Der Bericht sollte auf die Auswirkungen der Vereinbarung eingehen und gegebenenfalls Vorschläge zur Verbesserung der Vereinbarung machen.

Zu Recht wurde auf die Munitionsfunde hingewiesen: ein Appell an die Landesregierung, sich in Berlin dafür einzusetzen, dass es wiederum Entschädigungen gibt. Dies ist kein schleswig-holsteinisches Problem allein, sondern es ist ein Bundesproblem und damit ist die Bundesregierung der geeignete Ansprechpartner. Wir hoffen darauf, dass sich dieses Land dann bitte schön auch einmal stark dafür macht.

(Beifall bei der F.D.P.)

Zu den positiven Entwicklungen ist zu zählen, dass sich die fünf schleswig-holsteinischen Fischereiverbände zu einem Dachverband zusammengeschlossen haben. Das ist eine gute Initiative. Wir begrüßen das. Die Fischereischule ist inzwischen entsprechend den Wünschen der Fischer nach Rendsburg umgezogen. Damit ist ein sehr unerfreuliches Kapitel der Erpressungspolitik der Landesregierung zu Ende gegangen. Zu der von der Fischerei seit langem angestrebten Lösung gab es nie eine realistische Alternative. Ich hoffe auf einen informativen Bericht.

(Beifall bei der F.D.P. und der Abgeordneten Uwe Eichelberg [CDU], Heinz Maurus [CDU] und Anke Spoorendonk [SSW])

Ich erteile nun der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort. Es spricht Herr Abgeordneter Rainder Steenblock.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch von mir herzlichen Glückwunsch zur Jungfernrede. Ich habe meine parlamentarische Unschuld nun schon vor einigen Jahren verloren.

(Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: „Pallas“! - Heiterkeit)

- Ach, Kubicki, Ihre Seele ist einfach so schwarz. Ich weiß gar nicht, Ihnen fällt immer nur so etwas ein. Nein, sie ist ja nicht blau-gelb, sondern sie ist in dieser ersten Reihe ja einfach, was solche Sachen angeht, schwarz.

(Heiterkeit)

Ich habe schon an anderer Stelle gesagt - ich stehe auch weiterhin dazu -, ich halte es parlamentarisch vom Verfahren her für falsch - es ist vielleicht ein guter Anlass für eine Jungfernrede -, die Einbringung von Berichtsanträgen mit einer parlamentarischen Debatte zu versehen, weil das dazu führt, dass jeder irgendwelche Punkte aufgreift, zu denen er auch gern einmal etwas sagen möchte. Ich möchte das an dieser Stelle nicht tun.

(Zurufe von der CDU)

Ich gönne Ihnen die vier Minuten, die wir dadurch jetzt einsparen, und freue mich auf den Bericht und hoffe, dass in dem Bericht auch die ökologischen Komponenten der Fischerei und, was die Muschelfischerei angeht, des Küstenschutzes Berücksichtigung finden werden. Anschließend werde ich mich auf eine interessante Debatte freuen, aber eben nicht zu diesem Zeitpunkt.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten Peter Lehnert [CDU] und Anke Spoorendonk [SSW])

Ich erteile jetzt für den SSW Herrn Abgeordneten Harms das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Gegensatz zu Herrn Steenblock habe ich noch etwas zu sagen.

(Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: Oh, oh! Der war gut! Der hätte von mir sein können!)

- Ja, eben.

Herr Klinckhamer sagte eben schon einmal, Schleswig-Holstein ist ein Land, in dem die Fischerei von jeher Bedeutung hat. Wir haben in den vergangenen Jahren feststellen können, dass gerade die Modernisierung und die Technologisierung auch in diesem Bereich ihren Einzug gehalten haben. Das bedeutet, dass neben der ursprünglich nur handwerklichen Qualifikation immer mehr die technische Qualifikation im Berufsbild des Fischers Einzug gehalten hat. Daher ist es wichtig, dass den jungen Fischern notwendige Ausund Weiterbildungsmöglichkeiten eingeräumt werden, damit sie die Möglichkeit haben, sich dem Berufsbild auch anzupassen. Eine Darstellung der derzeitigen Situation ist daher erforderlich.

Die Modernisierung hat allerdings für unsere Fischer nicht nur Vorteile mit sich gebracht. Auch die Größe der Schiffe und die Fangtechnik haben sich verändert, sodass wir heute zwischen Industriefischerei und traditioneller Fischerei unterscheiden müssen. Hierbei stellt die Industriefischerei eine große Bedrohung für die traditionelle Fischerei dar.

(Zurufe)

Sie ist zu einem Konkurrenzfaktor geworden, aber was noch schlimmer ist - die Industriefischerei trägt erheblich zur Überfischung der Meere bei. Es war und ist für den SSW wichtig, dass die traditionelle Fischerei auch im Nationalpark ihren Platz hat. Der SSW hat das neue Nationalparkgesetz unter anderem auch deswegen mitgetragen, weil dieses Gesetz auch unsere Fischer vor Industriefischerei und Stellnetzfischerei im Wattenmeer schützen soll.

(Beifall bei SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN )

Daher bin ich der Auffassung, dass die Landesregierung im Bericht auf diesen Punkt auch näher eingehen und die Situation, die sich durch das neue Nationalparkgesetz für unsere Fischer ergeben hat, näher beleuchten sollte.

Weiter sollte die Landesregierung auch im Rahmen der Fangquotenbetrachtung auf die Unterschiede zwischen Industriefischerei und traditioneller Fischerei eingehen. Hierbei wäre es interessant zu erfahren, wie hoch die jeweiligen Anteile sind, ob die Bestände in der Ostsee und in der Nordsee bei derzeitiger Quotierung erhalten bleiben und welche Auswirkungen die Höhe der Fangquoten auf den Naturhaushalt hat.

(Lars Harms)

Unser primäres Ziel muss sein, eine Fischerei zu haben oder zu gestalten, die auf der Grundlage der Nachhaltigkeit wirtschaftet. Wie wichtig eine nachhaltige Fischerei heute ist, belegen die Zahlen des Jahresberichts 1999 des Landesfischereiverbandes SchleswigHolstein. Hier ist unter anderem festgehalten, dass sich der Ostseefang seit 1979 mehr als halbiert hat. Es wäre gut, wenn wir über diese Entwicklung und deren Ursachen Näheres erfahren könnten.

Sehr eng mit dem Schicksal der traditionellen Fischerei ist auch die Situation der Fischereigenossenschaften verbunden. Hier wäre es aufschlussreich zu erfahren, welche Vermarktungsstrategien man hier aufgebaut hat oder aufzubauen wünscht. Bringt der Zusammenschluss mehrerer Genossenschaften, wie es die Landesregierung derzeit plant, die gewünschten Marktvorteile und auf welchen Grundlagen basieren solche Zusammenschlüsse?

Im Antrag der CDU-Fraktion wird unter anderem auch gefordert, auf das Problem der Ausflaggung einzugehen. Hier sollte der Bericht darstellen, was zur Ausflaggung führt und wie die Bundes- beziehungsweise die Landesregierung dem entgegenwirken könnte. Jedoch wird es wohl so sein, dass die Einwirkungsmöglichkeiten der Landesregierung hier eher gering einzustufen sind.

Abschließend möchte ich noch kurz auf die Situation bei der Ausbildung von Sportfischern eingehen. Hier scheint es mir angebracht, eine auf das Alter der zu Prüfenden abgestimmte Fischereiprüfung zu erarbeiten, da manche gestellte Prüfungsfrage - beispielsweise nach ökologischem oder rechtlichem Fachwissen - für einen Zwölfjährigen nicht unbedingt lösbar ist. Hier sollte es möglich sein, Unterschiede zu machen. Daher sollte der Bericht auch darauf eingehen, ob und wie eine altersmäßige Abstufung der Prüfung eingeführt und ob die Fischereiprüfung in mehreren Etappen durchgeführt werden könnte.

Wir stimmen dem Antrag natürlich zu.

(Beifall beim SSW und der Abgeordneten Lothar Hay [SPD] und Renate Gröpel [SPD])

Für die Regierung spricht jetzt Frau Ministerin Franzen.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Klinckhamer, ich bedanke mich ausdrücklich bei der CDU für diesen Antrag. Denn wir haben die letzten vier Jahre keine Gelegenheit genommen, uns mit die

sem Thema generell zu befassen, sondern wir haben hier immer nur einen Aspekt, auf den ich gleich komme, rauf und runter diskutiert. Das Ministerium, meine Fachleute sehen es als eine gute Chance an, sich diesem Themenkomplex zu nähern. Deswegen bedanke ich mich herzlich bei Ihnen.

Ich muss hier nicht noch einmal sagen, wie wichtig die Fischerei ist. Das haben Sie bereits in Teilen getan, weil Sie ja auch ein Stück Fischerei kennen. Trotzdem möchte ich einmal darauf hinweisen, dass 740 Berufsfischer und 820 Nebenerwerbsfischer Fisch im Wert von insgesamt rund 110 Millionen DM anlanden. Diese Menschen machen einen harten Job und verdienen unsere Aufmerksamkeit.

Ich bekenne mich ausdrücklich zur Identität der Fischerei in der Geschichte und auch in der modernen Zeit unseres Landes. Wir haben ja auch berühmte Fischprodukte; die Kieler Sprotten seien hier genannt.

(Unruhe)

Wir befinden uns eigentlich auf einem sehr interessanten Markt. Denn der Fischverbrauch ist im Aufwind. Das hat natürlich auch etwas mit dem Fleischverzehrverfall zu tun. 50 Kilogramm Fanggewicht im Jahr pro Person werden in Deutschland verzehrt, zum Teil auch zu guten Preisen. Da herrscht noch nicht so ein Preisverfall wie in anderen Bereichen. Bedauerlich ist, wie gering die Fangquote in Deutschland ist - Zahlen für Schleswig-Holstein habe ich nicht -, die nur 16 % beträgt.

Interessant ist auch - das ist hier ebenfalls schon angekündigt worden -, dass wir mit unseren zwei Meeren und den vielen Binnenseen reichlich Fischgründe haben. Wir haben zwei Dritttel der deutschen Kapazität an Fanggründen. Auch deshalb sind wir ein interessantes Land. Ich habe daher in den ersten 100 Tagen selbstverständlich die Chance genutzt, mit dem neuen Landesverband und allen fünf zusammengeschlossenen Verbänden zu sprechen.

Wir werden Ihnen gern aufzeigen, was wir für die Fischerei im Rahmen von EU-Recht und EUProgrammen tun können. Da gibt es interessante Investitionslisten, die wir Ihnen gern vorlegen.

Herr Poppendiecker, ich möchte ganz selbstbewusst sagen, dass ich in der Tradition von Hans Wiesen und Klaus Buß stehe, was die Leistungen für Fischer angeht. Ich habe es im Kabinett durchgesetzt - und wir haben es federführend zusammen mit Herrn Müller

(Ministerin Ingrid Franzen)

betrieben -, dass wir zeitgerecht, nämlich zum 1. Juli dieses Jahres, die Muschellizenzen verlängert haben.