Mir liegen eine ganze Reihe von Meldungen für Kurzbeiträge vor, sodass ich zunächst einmal Herrn Minister Dr. Stegner das Wort erteile.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Dies ist heute eine sehr schöne Debatte für Rot-Grün und die Landesregierung, weil wir bei der Gemeindefinanzreform eine Position einnehmen, mit der wir an der Seite der Kommunen stehen. Wir unterstützen das Kommunalmodell und wollen die Interessen der kleinen und mittleren Unternehmen gleichermaßen wahrnehmen. Das ist auch notwendig.
Deswegen sage ich sehr deutlich, dass das, was die Bundesregierung dazu bisher vorgelegt hat, unzureichend ist. Nur ein Bruchteil der Mehreinnahmen würde durch die geänderte Gewerbesteuer erzielt werden. Die vorgeschlagene Einbeziehung der Freiberufler wäre ein Schritt in die richtige Richtung, durch den die Bemessungsgrundlage verbreitert würde und durch den auch diejenigen, die aus überholten Gründen bisher keine Gewerbesteuer gezahlt haben, berücksichtigt würden. Ich habe nicht verstehen können - es sei denn, man betreibt eine sehr enge Klientelpolitik -, wie man dagegen etwas einzuwenden haben kann.
Im Übrigen meine ich, dass die Kommunen eine tragfähige Basis von verlässlichen und weitgehend konjunkturunabhängigen Steuereinnahmen brauchen. Nur so wird man nämlich im öffentlichen Bereich dort aktiv, wo größtenteils investiert wird, nämlich in den Kommunen. Ich glaube, dass deswegen auch über die Einbeziehung von Mieten, Pachten und Zinsen geredet werden muss.
Ich habe zwar wahrgenommen, wie erfolgreich sich die Lobbys in Berlin eingebracht haben, ich habe aber auch mit Freude gehört, dass sich die SPD-Bundestagesfraktion dazu noch einmal erklärt hat. Ich gehe davon aus, dass das, was Herr Koch, CDU, formuliert hat, richtig ist. Die Kommunen werden es nicht überleben, wenn wir uns nicht schnell und vernünftig auf ein Modell, das ihnen nützt, einigen.
Wir werden auch für die Ausweitung auf die Freiberufler und gewinnunabhängige Elemente kämpfen müssen. Ich frage mich, wie die Unternehmen eigentlich ohne die Leistungen der Kommunen Erträge erwirtschaften wollen. Wie soll das vor Ort gehen?
Die Kommunen brauchen stabile Einnahmen. Eine Lösung nach dem Motto, der Bund verspricht den Kommunen etwas und die Länder sollen dies bezahlen, ist aber, das muss ich Ihnen sagen, nicht seriös. Das werden wir nicht mitmachen.
Ich habe mich schon ein wenig gewundert, dass in dem Antrag der FDP im letzten Satz nonchalant steht, man solle die Umverteilung von Umsatzsteuerpunkten zugunsten der Kommunen vornehmen. Das ist identisch mit dem, was die Bundesregierung gesagt hat. Wie sollen die entstehenden Mindereinnahmen für das Land eigentlich ausgeglichen werden? Sie haben doch gestern davon gesprochen, dass sich das Land Rot-Grün nicht länger leisten kann. Sie unterbreiten in der aktuellen Lage Vorschläge, die der Landeshaushalt einfach nicht verkraften kann. Sie sind doch Landespolitiker. Wie soll so etwas gehen? Man kann eine kommunalfreundliche Politik betreiben, ohne die Interessen des Landes dabei zu opfern. Das geht sehr wohl.
(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW - Günther Hildebrand [FDP]: Wessen Interessen wollen Sie denn opfern?)
Derartige Steuergeschenke gehen zulasten der Bürgerinnen und Bürger in unserem Land. Ich kenne Sie: Wenn als Kompensation dafür Steuersubventionen abgebaut werden sollen, stimmen Sie wieder dagegen. Das heißt: Sie schaden an beiden Enden gleichermaßen, nämlich den Kommunen und dem Land. Glücklicherweise haben Sie für so etwas keine Mehrheit. Deswegen wird das auch verhindert werden.
Die Tatsache, dass Sie von der Union nur eine vorübergehende Senkung fordern, kann ich nur wie folgt kommentieren: Die Kommunen brauchen eine nachhaltige Lösung und keine kurzfristigen Almosen.
(Rainer Wiegard [CDU]: Sofortprogramme sind nötig, weil Sie Ihre Schularbeiten nicht gemacht haben!)
Sie wollen endlich eine vernünftige und dauerhafte Lösung haben. Durch die Reduzierung der Umlage würde im Haushalt des Landes Geld fehlen.
Ich will Sie noch einmal daran erinnern, was die Umlage ist: Die Umlage sorgt für eine faire Finanzierung der Steuerreform auf allen Ebenen; das ist der Punkt. Ich habe den schönen Satz gelesen, Steuerminderein
nahmen sind ausgabeseitig zu kompensieren. Dazu kann ich nur sagen: Sprache darf manchmal gern platt sein, die Forderungen sollten es aber bitte nicht sein. Wie soll das denn geschehen? Wir haben hier doch gerade erst eine Haushaltsdebatte geführt. Gleichzeitig sagen Sie, dass wir mehr Lehrer, mehr dies, mehr das und mehr jenes benötigen. Wo das Geld dafür aber herkommen soll, verraten Sie nicht.
Ich meine, man darf vom Land nicht mehr fordern, als möglich ist. Die Rechnung, gleichzeitig weniger Steuern, weniger Kredite und mehr Leistung zu erreichen, geht nicht auf; das begreift auch jeder Doktor der Finanzwissenschaft.
Nun ist die Totalopposition der FDP an dieser Stelle nicht sehr verwunderlich; denn Sie spielen in den Kommunen praktisch keine Rolle. Herr Lehnert, ich verstehe aber ehrlich gesagt nicht, warum Sie, die Sie in den Kommunen jetzt so viel Verantwortung tragen, eine solche Position einnehmen. Sie sollten einmal den sehr geschätzten Hamburger Kollegen Peiner befragen. Der könnte Ihnen sagen, dass er das Modell, das angeblich so einfach ist, verwaltungstechnisch für völlig unumsetzbar hält. Sie sollten wirklich nicht auf den Spruch, den ich in irgendeinem Zeitungskommentar gelesen habe, hereinfallen. Dort stand: Den Sekt hat die Klientelpartei schon kaltgestellt, die Eigenständigkeit der Kommunen auch.
Herr Kollege Dr. Garg, Sie lieben ja eine bildhafte Sprache. Sie haben von einem blau-gelben Spitzenfahrzeug gesprochen. Ich muss Ihnen sagen: Es mag ja eine auffällige blau-gelbe Lackierung haben, das Fahrzeug fährt aber auf platten Reifen. Sie zwingen die Kommunen, auf den Felgen zu fahren.
Auch die edlen Holzaccessoires täuschen nicht darüber hinweg, dass der Motor stottert. Also: Mit einem solchen Fahrzeug ist keine Fahrt zu machen. Herr Lehnart sagte ja auch, dass Sie gar keine Fahrt aufnehmen wollen. Es ist ein teures Spielzeug. Es gehört in das Spielzeugmuseum in Sonneberg in Thüringen, aber nicht auf die Straße, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Ich will auch zu der Frage der stabilen Einnahmen noch etwas sagen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Besteuerung so genannter gewinnunabhängiger Elemente wird die Unternehmen genauso sehr oder genauso wenig ruinieren wie andere fixe Kosten. Auch ein Vermieter berechnet seine Miete nur in den seltensten Fällen nach der Ertragslage seines Mieters. Warum sollten Kommunen dieses ausschließlich tun? Das kann ich gar nicht einsehen. Wie Sie auf die Idee kommen, die Körperschaftsteuer sei weniger konjunkturabhängig als die Gewerbesteuer, ist mir wirklich schleierhaft, denn die Körperschaftsteuer ist eine reine Gewinnsteuer, wohingegen die Gewerbesteuer immerhin noch einige gewinnunabhängige Elemente hat.
In den Vereinigten Staaten von Amerika kann man sehr deutlich sehen, wohin es führt, wenn wir eine dauernde Erosion der Steuerbasis haben. In Oregon sind die Schulen vor kurzem aus Kostengründen für mehrere Wochen geschlossen worden; dort haben die Sommerferien vorzeitig begonnen. Wollen wir die Situation haben, dass sich die Kommunen manches nicht mehr leisten können? Ich glaube, lieber nicht.
Ich zitiere nun noch einmal Herrn Peiner, den Kollegen aus Hamburg, der wirklich zu den Leuchtpunkten im Hamburger Senat - davon gibt es dort nicht sehr viele - gehört. Herr Peiner hat Folgendes gesagt:
„Wir wollen, dass Unternehmen auch in Deutschland weiter Steuern zahlen, damit Bund, Länder und Kommunen ihre von Bürgern und Betrieben verlangten Leistungen erbringen können, von der Erschließung neuer Flächen über Sozialhilfe zu Kultur- und Sporteinrichtungen.“
Ich möchte auch Folgendes sehr deutlich sagen. Wir können es uns nicht leisten, die Position einzelner Klientelinteressen einseitig zu übernehmen. Wir haben Verantwortung für das gesamte Land. Dies muss sich niederschlagen. Das heißt dann eben: Unabdingbare Voraussetzungen bei der Gewerbesteuer sind erstens Erhaltung und Stärkung des Interessenbandes zwischen Kommunen und örtlicher Wirtschaft, zweitens das Hebesatzrecht der Kommunen und keine Almosen, drittens die Verbreiterung der Bemessungsgrundlagen und viertens verminderte Gestaltungsanfälligkeit. Das Problem der Steueroasen und ähnliche Probleme kennen Sie ja.
Was das Konnexitätsprinzip angeht, lieber Herr Lehnert, so stimme ich Ihnen ausdrücklich zu. Allerdings - das sage ich in Ihre Richtung, Herr Schlie, weil Sie immer nach der Funktionalreform fragen - muss es dann Konnexität auf allen Ebenen geben, nicht nur zwischen Land und Kommunen, nicht nur zwischen Land und Bund, sondern auch zwischen den Kommunen untereinander. Wir werden sehen, wo wir landen, wenn wir all dies tun.
- Da habe ich einige Zweifel. Die Prognosefähigkeit von dieser Seite des Hauses kennen wir ja seit vielen Jahren. Wir werden einmal schauen.
Was die schnelle und deutliche Stärkung der Finanzkraft der Kommunen angeht, so bin ich zuversichtlich, dass wir zu einer Lösung kommen werden.
- Ich verstehe, warum Sie sich immer wieder aufregen. Sie mögen das nicht hören. Es ist aber so, wie ich es darstelle. - Die Gefahr der Substanzbesteuerung besteht nicht. Ich sage Ihnen, es ist ganz einfach. Die Gemeinden im Lande - von Erfte bis Bad Schwartau - wissen alle ganz genau: Die Landesregierung und Rot-Grün stehen an der Seite der Kommunen. Was Sie hier vertreten, finden nicht einmal Ihre Kommunalpolitiker gut. Die CDU ist tief zerstritten. Was die FDP macht, kann man eigentlich nur kommunalfeindlich nennen. Etwas anderes fällt mir dazu nicht ein. Lieber Herr Garg, die Wortverbindung von intellektuell und vulgär passt für mich übrigens nicht zusammen. Wenn Sie sagen, das Land beklaue die Kommunen, so ist das nicht intellektuell, wohl aber vulgär. An der Stelle haben Sie Recht.
Im Übrigen muss ich Ihnen sagen: Weil die Kommunen wichtig sind und weil Kommunalpolitik eben nicht weniger wichtig als Landespolitik ist, werden wir - die Partei, der ich angehöre, ist eine kommunale Partei - auf allen Ebenen dafür sorgen, dass wir eine kommunale Finanzreform bekommen, die den Interessen der Bürgerinnen und Bürger dient. Herr Kubicki hat hier gesagt, es sei bürgerfeindlich, wenn wir etwas Kommunalfreundliches tun. Ich muss Ihnen ehrlich sagen, das kann nur jemand sagen, den die Bürger in den Kommunen nicht wählen.
Zu einem ersten Kurzbeitrag nach § 58 Abs. 2 der Geschäftsordnung der Geschäftsordnung hat Herr Abgeordneter Kalinka das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Kollegin Heinold hat klare Signale nach Berlin gefordert. Das ist eigentlich sehr zu unterstützen. Ich möchte in diesem Zusammenhang kurz auf das Beispiel der Arbeitslosen- und Sozialhilfe eingehen. Der Bundeskanzler hat in seiner Regierungserklärung im März dieses Jahres gesagt, zum 1. Januar 2004 sei das alles geregelt. Sorgen Sie doch endlich einmal dafür, dass wir in den Kommunen endlich wissen, was wir umsetzen sollen und wie das funktionieren soll. Das ist doch die Frage, um die es hier geht.
Ein zweites Beispiel. Wenn man sich bemüht, vor Ort Arbeitsmarktpolitik zu machen und dort zu helfen, ist die Verunsicherung über Ihre verfehlte Politik in Berlin das größte Hemmnis auf diesem Sektor.