Protokoll der Sitzung vom 24.09.2003

Wenn ich den Menschen des Landes erklären soll, dass 14.000 € ihrer Steuergelder für so etwas ausgegeben werden müssen, weil Mitarbeiter in Behörden sitzen, die alles andere im Kopf haben, nur keine ordentliche weitere Entwicklung,

(Beifall bei FDP und CDU)

dann sage ich Ihnen voraus: Wenn Sie das nicht stoppen, dann werden Sie aus dem Amt gejagt. Es werden 14.000 € dafür ausgegeben, dass die Zauneidechse sich sonnen kann. Es ist drei Jahre lang keine Investition möglich, um ein Tierheim zu bauen mit der Folge, dass die Tiere anderswo untergebracht werden müssen. Das ist das Gegenteil von ökologischer Verantwortlichkeit. Das hier festzustellen, war meine Aufgabe.

(Beifall bei FDP und CDU)

Das Wort zu einem Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung erteile ich jetzt der Frau Abgeordneten Jutta Scheicht.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zauneidechse, Armleuchteralge - welche Probleme haben wir eigentlich noch? Das fragen sich die Leute vor Ort. Wir fragen uns in Lübeck schon lange, was wir eigentlich verkehrt machen. Jetzt haben wir so viele Abgeordnete hier im Landtag, aber trotzdem gibt es diese Probleme.

Ich habe eine Niederschrift des Umweltausschusses herausgesucht. Ich möchte daraus zitieren, weil das auch etwas zur Planungssicherheit für Lübeck aussagt. In der Niederschrift vom 21. Mai heißt es - das ist die Antwort auf eine Frage, die wir als CDUAbgeordnete gestellt haben -:

„Bezüglich Lübeck-Blankensee legt der Minister dar, dass es derzeit noch keine abgestimmte Meinung in der Landesregierung gebe. Sobald diese vorhanden sei, sei er gern bereit, dem Ausschuss darüber zu berichten.“

Wie gesagt: Das war am 21. Mai!

Im Protokoll vom 4. Juni ist zu lesen:

„Weiter weist M Müller darauf hin, dass das Kabinett jetzt einen Beschluss gefasst habe, und zwar mit der Stimme des Wirtschaftsministers.“

(Zurufe von der CDU: Oi, oi!)

Ich sage Ihnen dazu Folgendes: Ich habe den Wirtschaftsminister und auch Herrn Müller an dem Tag gesprochen. Herr Müller sagte mir, er sei gar nicht begeistert davon. Was habe eigentlich der Wirtschaftsminister damit zu tun? „Wenn ich etwas sage, dann ist es so.“

(Zurufe von der CDU: Aha, aha!)

Herr Minister, das kann ich in Lübeck nicht vermitteln. Daraufhin sage ich jetzt noch einmal ganz klar und deutlich: In Lübeck will man Antworten von den Abgeordneten haben. Man soll uns dort auch ernst nehmen.

Und noch ein Zitat:

„Die Beschlussfassung im Kabinett sei einstimmig erfolgt. Insofern habe auch der Wirtschaftsminister seine Zustimmung erteilt.“

(Jutta Scheicht)

Daraufhin wurden dann unser Segelflugplatz und der Borstgrasrasen in einer nicht ausreichenden Menge an anderer Stelle gemeldet. Es hieß, dort könnten wir bauen. Es hieß also: Klar Schiff für Blankensee!

Herr Rohwer, ich habe Sie nach der Landtagssitzung gefragt, ob ich das so in Lübeck sagen könne. Sie antworteten: Alles in Ordnung!

Im August kommt dann eine Kleine Anfrage von Herrn Hildebrand. Ich will die Antwort nicht ganz vorlesen, aber ich möchte dazu einen Satz oder zwei Sätze sagen. Er fragte noch einmal nach, ob irgendwelche Auswirkungen auf Möglichkeiten der baulichen Erweiterung des Flugplatzes in Lübeck bestünden oder ob man irgendetwas anderes zu befürchten habe. - „Ja“, steht in der Antwort. Dem habe ich nichts „hinzuzufürchten“.

(Heiterkeit und Beifall bei CDU und FDP)

Das Wort zu einem Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung erteile ich jetzt Herrn Abgeordneten Konrad Nabel.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Solch ein Beispiel, wie es Herr Kubicki hier gefunden hat, findet sich in jedem Bereich.

(Zurufe von der FDP: Na, na! - Zurufe von der CDU)

Ich könnte jetzt über schwarze Schafe im Bereich der Juristen genauso berichten wie über Wirtschaftskriminelle oder über Sozialhilfeabzocker, die Sie an anderer Stelle auch immer so gern zitieren.

Meine Damen und Herren, das ist aber nicht repräsentativ und es ist unfair und nicht in Ordnung, hier in dieser Art und Weise eine Diskussion zu führen.

(Beifall des Abgeordneten Detlef Matthies- sen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Das ist genau das, was ich nicht unbedingt Ihnen, Herr Kubicki, sondern vor allem der Frau TodsenReese und der CDU im Land im Verbund mit dem Bauernverband vorwerfe.

(Zurufe von der CDU: Na, na!)

Es wird bei aller Doppelzüngigkeit - so hat es der Kollege Matthiessen genannt -, bei allen Lippenbekenntnissen - so habe ich es genannt - zu NATURA 2000 doch immer wieder versucht, bei Dingen, die nicht in der Richtlinie stehen, zu suggerieren, sie stünden darin. Ich nenne zum Beispiel die immer

wieder in allen Reden der Oppositionspolitikerinnen und -politiker durchscheinenden Möglichkeiten der Abwägung vor der Meldung der Gebiete.

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, diese Abwägungsmöglichkeiten gibt es nicht. Das mag unserem deutschen Recht fremd sein, aber es ist so. Dem haben Kohl und die Bundesregierung 1992 zugestimmt. Es ist eine andere Art der Rechtssystematik. Kollege Kubicki, Sie als Jurist müssten das wahrscheinlich an verschiedenen Stellen auch schon einmal untersucht haben.

(Beifall der Abgeordneten Irene Fröhlich [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Es ist eine dem normalen deutschen Grundverständnis von Recht fremde Art und Weise.

Meine Damen und Herren, viele von Ihnen haben doch unseren damaligen Wirtschaftsminister Steinbrück in seinem Vorgehen, was die Wakenitz-Querung angeht, unterstützt. Herr Steinbrück hat da genau das gemacht, er hat nämlich versucht, das europäische Recht in seinem Kopf so zu bewegen, dass er es dann auch erfolgreich anwenden konnte. Er hat nämlich das Wakenitz-Gebiet so behandelt, als wäre es ein ausgewiesenes und von der Kommission festgestelltes FFH-Gebiet. Damit hatte er den Erfolg, weil er dann die Abwägung zwischen den wirtschaftlichen und den gesamtstaatlichen Interessen einer Autobahnquerung durch ein wirklich tolles Naturareal machen konnte, das im Bereich der Bundesrepublik seinesgleichen sucht.

Diese Prinzipien müssten Sie endlich einmal lernen anzuwenden, damit Sie mit der FFH-Richtlinie und mit anderen kommenden Richtlinien der Europäischen Union überhaupt zurechtkommen. Sie sind eigentlich nicht geeignet, Politik in SchleswigHolstein zu machen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW und vereinzelt bei der SPD)

Das Wort für die Landesregierung erhält jetzt Herr Umweltminister Müller.

Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Damen und Herren! Ich will in aller Ruhe noch einmal begründen, warum NATURA 2000 wichtig ist. Dazu haben sich hier zwar viele Sprecherinnen und Sprecher bekannt - Herr Hildebrand nicht; darauf habe ich lange gewartet. Aber außer der FDP haben sich hier alle

(Minister Klaus Müller)

Fraktionen zu NATURA 2000 bekannt. Das ist auch richtig, weil wir in der Tat NATURA 2000 nicht nur umsetzen, weil das so in irgendwelchen europäischen Richtlinien steht, sondern weil es auch unserem Auftrag nach dem Landesnaturschutzgesetz und dem Grundgesetz vom Kern her entspricht.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben in unserem Land ein Problem, dass Artensterben, Artenschwund nach wie vor auf der Tagesordnung stehen. Das sind die Fakten und die Realität. Wir haben das Problem, dass wir Flächen zunehmend versiegeln, und zwar aus vielen guten Gründen. Ob das das Häuslebauen, manchmal auch der Straßenbau, oder ob das die Ausweisung von Gewerbegebieten ist. Das mag in jedem Einzelfall richtig sein, aber Tag für Tag drängt es Natur, drängt es Artenvielfalt zurück. Das ist in diesem Land Fakt.

Darum ist es richtig, dass wir nicht nur für SchleswigHolstein, nicht nur für die Bundesrepublik, sondern bewusst auch von Portugal bis Finnland das so gesagt haben. Demnächst wird das auch für alle osteuropäischen Beitrittsländer gelten. Hier müssen die gleichen Kriterien gelten. Darauf muss europaweit hingewirkt werden - gerade vor dem Hintergrund von Wettbewerbsgleichheit und Wettbewerbsgerechtigkeit.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, vereinzelt bei der SPD und Beifall des Ab- geordneten Lars Harms [SSW])

Es geht also um unser Naturerbe, es geht um eine gemeinsame Verantwortung, die wir tragen. Es geht nicht darum, dass es nur einem Schmetterling oder nur einer Pflanzenart nutzen würde, sondern es nutzt uns Menschen, wenn wir verhindern, ärmer zu werden. Wir können uns in vielen Debatten über Technologiepolitik gegenseitig bescheinigen, wie viele neue moderne technologische Entwicklungen daraus resultieren, dass wir von der Natur lernen können. Wir ziehen unseren Fortschritt, unseren medizinischen Fortschritt, unseren technologischen Fortschritt aus der Kenntnis vieler Tier- und Pflanzenarten, die Fähigkeiten in ihrer Evolution entwickelt haben, die wir vielleicht heute noch gar nicht kennen. Darum ist der Schutz unserer Natur ganz elementar auch im ureigensten Interesse von uns Menschen und darum schützen wir die Natur.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Verehrte Damen und Herren, ich weiß mich zumindest unter vier Augen mit der Kollegin Todsen-Reese an der Stelle auch einig

(Zurufe von der FDP: Oh, oh!)

und ich finde es schade, dass dies in ihrem Wortbeitrag nicht klarer und deutlicher zum Ausdruck gekommen ist. In Ihrer Presseerklärung vom 13. September haben Sie Zustimmung zu den Zielen der Richtlinie erkennen lassen. Ich kann nur unterstreichen: Dr. Helmut Kohl und Genscher - ich glaube, der kam von der FDP - haben diese Richtlinie ermöglicht. Der Bundestag hat dem zugestimmt. Da kann sich die FDP nicht „herausgeklaut“ haben. Insofern glaube ich, ist es wichtig, dies an der Stelle festzuhalten.