Protokoll der Sitzung vom 12.11.2003

Die Kürzung der Sonderzahlungen ist ein notwendiger Beitrag, um nicht weiter in die Verschuldung ausweichen zu müssen. Sie ist ein Beitrag, um die notwendigen Ausgaben in den Feldern tätigen zu können, wo wir sie tätigen müssen. Sie ist ein Beitrag, um die Qualität bei der Polizei, bei der Justiz, bei der Bildung und in den Wissenschaften - in all diesen Bereichen - halten zu können.

Ich bin im Vorstand der Tarifgemeinschaft der Länder. Und ich sage Ihnen, wir wollen auch über die Situation bei den Angestellten verhandeln - das ist auch notwendig -, allerdings nicht wie die Parteifreunde von Ihnen, die die Tarifgemeinschaft zerschlagen wollen, die Diktate vornehmen wollen, sondern wir wollen vernünftig reden. Das ist jedenfalls die Position der sozialdemokratisch regierten Länder.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Minister Dr. Ralf Stegner)

Jeder muss seinen Beitrag leisten. Wichtig ist, dass wir mit sozialem Augenmaß kürzen. Und SchleswigHolstein hat die weitgehendste soziale Staffelung hinbekommen. Das liegt auch an den Mehrheitsfraktionen hier im Landtag.

(Beifall des Abgeordneten Karl-Martin Hent- schel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Die Scheinheiligkeit dieser verbalen Sozialromantik, bis hin zu den enttäuschten Kindern - ich frage mal, ob Ihnen das nicht selbst peinlich ist, solche Dinge hier vorzutragen. Es ist doch grotesk. Sie fragen, ob schleswig-holsteinische Beamten in die Sozialhilfe abgleiten können. Ich sage Ihnen, in jedem Land, in dem Sie regieren, ist es wahrscheinlicher, dass Beamte in die Sozialhilfe abgleiten, weil sie eine weniger soziale Staffelung als wir haben. Also tun Sie doch nicht so scheinheilig, Sie wissen das ganz genau.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

44 % der Firmen, so stand Anfang Dezember im „Handelsblatt“, planen Weihnachtsgeldkürzungen. Ungleich mehr haben schon Menschen entlassen oder werden noch welche entlassen. Viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in ganz Deutschland haben solche Zeiten des radikalen Umbaus und der Veränderung in der Vergangenheit schon mitmachen müssen. Auch der öffentliche Dienst kann davon nicht verschont bleiben.

„Wir werden jetzt beweisen müssen, dass wir im öffentlichen Dienst ebenso mit unseren Mitteln, mit unserem Vorteil, der Arbeitsplatzsicherheit, in der Lage sind, krisenhafte Situationen zu bewältigen, ohne sie auf unsere Kinder abzuschieben.“

(Glocke des Präsidenten)

Kommen Sie zum Schluss!

Ich komme zum Schluss, Herr Präsident.

Auch das letzte Zitat - mit Ihrer Genehmigung, Herr Präsident - war übrigens von Herrn Koch.

Ich komme zum Schluss meiner Ausführungen und möchte sagen: Die Beamtinnen und Beamten leisten sehr gute Arbeit. Sie wissen, dass das, was wir hier tun, nicht schön, aber notwendig ist. Ich halte es mit Abraham Lincoln, der gesagt hat:

„Man kann alle Leute einige Zeit zum Narren halten und einige Leute alle Zeit, aber alle Leute alle Zeit, das kann man nicht.“

Und das wird auch Ihnen nicht gelingen.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor; damit schließe ich die Beratung. Wir kommen zu den Entscheidungen. Es ist beantragt worden, den Änderungsantrag der FDP in namentlicher Abstimmung zu bescheiden. Nach § 63 Abs. 2 der Geschäftsordnung muss eine namentliche Abstimmung erfolgen, wenn vor Eröffnung der Abstimmung mindestens 18 Abgeordnete dies gefordert haben. Das ist durch das Schreiben der CDU- und der FDP-Fraktion der Fall. Ich stelle fest, dass mindestens 18 Abgeordnete dieses verlangen. Wir stimmen also namentlich ab.

Ich lasse über den Änderungsantrag der Fraktion der FDP zum Gesetzentwurf, Drucksache 15/3028, namentlich abstimmen. Ich bitte die Schriftführer, die Namen aufzurufen.

(Namentliche Abstimmung) ∗

Meine Damen und Herren, ich gebe das Ergebnis der Abstimmung bekannt: Der Änderungsantrag hat keine Mehrheit gefunden. Mit Nein stimmten 43, mit Ja 38 Abgeordnete, drei Abgeordnete enthielten sich der Stimme. Ich will der Korrektheit halber noch zu Protokoll geben, dass Herr Abgeordneter von Hielmcrone heute Morgen im Laufe der Sitzung beurlaubt werden musste.

Wir befinden uns immer noch in der zweiten Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Gewährung jährlicher Sonderzahlungen. Ich komme nun zu den weiteren Abstimmungen. Wir entscheiden jetzt über den Änderungsantrag des SSW in der Drucksache 15/3033. Wer diesem Änderungsantrag zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist dieser Antrag mit den Stimmen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen von SSW und FDP bei Stimmenthaltung der Fraktion der CDU abgelehnt worden.

∗ Anlage

(Präsident Heinz-Werner Arens)

Ich komme nun zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Gewährung jährlicher Sonderzahlungen in der vom Ausschuss empfohlenen und von der Berichterstatterin vorgetragenen Fassung. Wer dieser Beschlussempfehlung folgen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Dieser Antrag ist mit den Stimmen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen von CDU, FDP und SSW angenommen worden.

Ich komme zur Abstimmung über den Antrag der CDU in der Drucksache 15/2644 - Sonderzuwendungen für Beamtinnen und Beamte; Verlängerung der Lebensarbeitszeit -. Der Ausschuss hat empfohlen, den Antrag abzulehnen. Wer der Empfehlung des Ausschusses folgen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Dieser Antrag ist mit den Stimmen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW gegen die Stimmen von CDU und FDP abgelehnt.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 10 auf:

Erste Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Landesministergesetzes

Gesetzentwurf der Landesregierung Drucksache 15/2922

Das Wort zur Begründung wird nicht gewünscht. Dann eröffne ich die Grundsatzberatung. Ich erteile das Wort zunächst dem Finanzminister, Herrn Dr. Stegner.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! In der letzten Tagung hatte ich Ihnen angekündigt, dass die Landesregierung Ihnen diese Woche einen Gesetzentwurf vorlegen wird, der erstens die erhöhten Zahlungen für einige Minister, die Beamte waren, in rechtlich überschaubaren und haltbaren Schritten wieder abschmilzt, der zweitens für die kommenden Fälle Versorgungszahlungen auf die vom Land, und zwar Landtag wie Landesregierung, gewollte Höhe begrenzt und der drittens eine Besserstellung von Ministern gegenüber Beamten bei den Versorgungsbezügen ausschließt. Viertens ist es außerdem ein Gesetzentwurf, der die gerade diskutierten Kürzungen im Beamtenbereich auf die Ministerinnen und Minister analog anwendet.

Im Landesministergesetz werden dementsprechend die Regelungen des Versorgungsgesetzes 2001 nachvollzogen und der Höchstruhegehaltssatz bei der Versorgung von 75 % in acht Schritten ab 2003 auf 71,75 % gesenkt. Auch für vorhandene Versorgungs

empfänger wird diese Kürzung durch geringere Bezügeanpassungen vorgenommen.

Zudem wird beim Zusammentreffen von Ministergehalt mit dem Versorgungsbezug aus einem anderen Dienst- oder Arbeitsverhältnis das Ruhegehalt aus dem Ministerverhältnis nur insoweit gezahlt werden, als es das Ruhegehalt oder die ruhegehaltsähnliche Versorgung aus einem anderen Dienst- oder Amtsverhältnis übersteigt. Für den Fall, dass sich aufgrund dieser Regelung für ehemalige Ministerinnen und Minister ein geringerer Zahlungsbetrag ergibt, wird eine Übergangsregelung aus Gründen des Vertrauensschutzes und rechtlicher Vorgaben vorgesehen. Es wird jeweils ein Ausgleichsbetrag gezahlt werden, der in vier gleichmäßigen Schritten jährlich abgebaut wird. Außerdem wird das Weihnachtsgeld analog zu dem eben beschlossenen Gesetz gekürzt, das Urlaubsgeld gestrichen.

Lassen Sie mich, meine sehr verehrten Damen und Herren, vor allem auf zwei Diskussionsstränge eingehen.

Erstens. Die Landesregierung hat, nachdem eine bundesgesetzliche Änderung in weite Ferne gerückt war, selbst die Initiative für diese Gesetzesänderung ergriffen. Darauf lege ich großen Wert, denn die gegenteilige Behauptung, die in diesem Hause mehrmals aufgestellt worden ist, ist nachweislich falsch.

Zweitens. Ich halte es weder bei den Abgeordneten noch bei den Ministerinnen und Ministern für sinnvoll, eine Neiddebatte über die Bezüge anzufangen. Damit trägt man zum Ansehen der Politik in der Öffentlichkeit nicht bei. Schleswig-Holstein zahlt unter den westlichen Ländern seinen Ministerinnen und Ministern mit am wenigsten. Wir haben ein restriktives Ministergesetz und mit den jetzigen Änderungen der Anrechnung bleibt es so, dass es das restriktivste Gesetz in Deutschland sein wird. Im Übrigen leistet die Regierung durch die überproportionale Kürzung der Sonderzahlung und durch die Nullrunde statt einer Besoldungsanpassung ihren notwendigen Sparbeitrag.

Nun sind Sie sich, auch was dieses Thema angeht, wirklich für nichts zu schade. Natürlich kann man bei diesem Thema keine Zustimmung bekommen. Es ist so entsetzlich einfach, bei einem solchen Thema billig Stimmung zu machen. Sie lassen es natürlich nicht aus. Bei dem Wenigen, was Sie bewirken können, habe ich dafür fast Verständnis. Ich muss Ihnen schon sagen: Es bringt Ihnen eine Schlagzeile, mehr aber nicht. Was das Thema Mut angeht, ist man schon fast

(Minister Dr. Ralf Stegner)

verpflichtet, Frau Pieper zuzustimmen, so wie sie sich über Sie äußert.

(Beifall des Abgeordneten Wolfgang Kubi- cki [FDP])

Jedenfalls haben Sie vorhin gehört, wie viel Beschäftigte es in A 9 gibt. Auch hier gilt der Satz von Mark Twain, Herr Kubicki: Man muss die Zahlen kennen, bevor man sie verdrehen kann.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bitte Sie um Zustimmung zu diesem Gesetz. Wir haben das getan, was notwendig und aus meiner Sicht auch möglich gewesen ist.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich eröffne die Grundsatzberatung. Das Wort hat der Oppositionsführer, der Herr Abgeordnete Kayenburg.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nach der Rede von Herrn Stegner habe ich mich wirklich gefragt, ob wir einen solchen positiven oder objektiven Einstieg wirklich wählen sollten. Ich denke, wir wollen hier gemeinsam einen Weg gehen und deshalb will ich gern sagen, dass die wesentlichen von uns geforderten Nachbesserungen enthalten sind. Gleichwohl, Herr Stegner, bleibt ein fader Nachgeschmack. Offensichtlich ist die Änderung des Landesministergesetzes nämlich nur dadurch zustande gekommen, dass die Presse über das Urteil gegen Herrn Heydemann berichtet hat und insofern dieses Thema überhaupt das Licht der Öffentlichkeit erblickt hat.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: So ist es!)

Auch, Herr Minister, wenn es nicht Ihr Verschulden ist, sondern das Ihres Vorgängers und jetzigen Landesvorsitzenden der SPD, Claus Möller, haben Sie gleichwohl eine Nachtragszahlung von etwa 100.000 € veranlassen müssen und dies bleibt für uns ein unerhörter Vorgang. Bis zum Ende dieses Jahres werden Sie insgesamt 267.000 € als finanzielle Folge zu verzeichnen haben. Es bleibt damit das Verschulden Ihrer Landesregierung, Frau Simonis, dass Sie das Parlament nicht unverzüglich nach Eingang der Urteilsbegründung informiert haben.

(Beifall bei der CDU)

Warum haben Sie nicht unmittelbar nach dem Urteil eine Initiative zur Änderung des Landesministergesetzes ergriffen? Dies kritisieren wir, und zwar mit aller Schärfe. Ihr Verhalten ist nach meiner Meinung