Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich habe drei Töchter. Eine studiert Lehramt in BadenWürttemberg, eine andere ist dabei, in NordrheinWestfalen den Bachelor in Germanistik zu machen. Wenn man sich die kulturelle Landschaft, die Landschaft, die in Deutschland im Rahmen des Studiums zum Lehramt führen soll, anguckt, stellt man fest: Es gibt eine unüberschaubare Gemengelage. Wenn ich mir die Debatte hier anhöre, habe ich den Eindruck: Es gibt gemeinsame Ziele. Die Ziele heißen: Das Ganze muss praxisbezogener sein. Ich muss möglichst eine Ausrichtung haben, die dazu führt, dass man Bachelor- und Master-Studiengänge hat, die dazu führen, dass man in Schleswig-Holstein studiert, in Baden-Württemberg Lehramt machen kann, aber auch europaweit eingesetzt werden kann.
Wenn man sich in der Politik etwas verleiden will, guckt man sich Kultuspolitik an, und zwar den Bereich, in dem die Kultusministerkonferenz über Lehrerbildung spricht. Da wird unheimlich viel zusammengetragen. Aber die Zielführung, die von diesem Haus erwartet wird, ist damit meistens leider nicht verbunden.
Wir wollen auf PISA reagieren. Wir wollen mehr Praxisbezug. Wir wollen dafür sorgen, dass das Ganze international kompatibel ist. Dies alles soll mit der Neuausrichtung der Studiengänge verbunden werden.
Die Koalitionspartner haben sich darauf verständigt, die Lehramtsstudiengänge auf die gestuften Abschlüsse Bachelor und Master umzustellen. Die Grundlage soll die KMK-Vereinbarung in enger Abstimmung mit den norddeutschen Ländern sein. Wir wollen also von vornherein darauf achten, dass es nicht wieder diesen Irrgarten von separatistischen Vorstellungen in diesem oder jenem Land gibt, sondern dass wir gemeinsam etwas tun. Wenn man das gemeinsam machen will, dann ist ziemlich klar, dass
Bemerkenswert ist, dass wir diese Akkreditierung bei den technischen Studiengängen meist schon durchhaben. In der Kieler Fachhochschule ist das kein Problem. Hier dauert es, vielleicht, weil es um junge Menschen geht, weil es um Auszubildende und Ausbilder geht, etwas länger. Deswegen ist es gut, wenn wir uns etwas Zeit dafür lassen. Wir haben Zeit bis 2010, den Prozess umzustellen. Wir haben Studiengänge - Lehramtsausbildung -, die schon laufen. Wir wollen das Ganze für neue Studiengänge neu machen. Das ist wie eine Operation am offenen Herzen. Man kann nicht auf einmal etwas völlig Neues anfangen und lässt die Arbeit, die bisher gemacht worden ist, einfach liegen.
Bei der Ausgestaltung der auf das Lehramt vorbereitenden Studiengänge lassen wir uns von folgenden Gesichtspunkten leiten:
Die Studierenden müssen frühzeitig Schüler und Unterricht kennen lernen und reflektieren. Das konnte man übrigens auch bei dem alten Verfahren. Aber, wenn es jetzt neu angeschoben wird - prima. Deswegen sagen wir auch im Koalitionsvertrag: Eine frühe Lehramtserfahrung mit der schulischen Praxis schon in der Bachelor-Phase muss gewährleistet sein.
Wir wollen den Zugang des Bachelor auch zu außerschulischen Tätigkeitsfeldern ermöglichen. Viele beginnen mit dem Lehramtsstudium und stellen dann fest, dass das, was sie dort brauchen, interessant und wichtig ist, dass ihnen der Beruf des Lehrers aber nicht zusagt. Vielleicht wird auch das Thema pädagogische Eignung angesprochen und es sind Qualitäten an der einen oder anderen Stelle stärker ausgebildet. Deswegen sollte das Studium so ausgerichtet sein, dass das, was man lernt, möglicherweise auch anders eingesetzt werden kann. Die Bildungspolitiker nennen das, glaube ich, Polyvalenz, die gegeben sein muss.
Die bisherige Regelstudienzeit darf nicht verlängert werden. Wenn ich die Zeit von sechs bis acht Jahren höre, stelle ich fest, dass das zweifelsohne viel zu lang ist. Ich habe mit der Umstellung auf Bachelor- und Master-Studiengänge die Erwartung verbunden, dass das Ganze kürzer wird, dass es komprimierter wird, dass man eine bessere Struktur der Ausbildung bekommt. Die bisherige Struktur der Lehramtsausbildung wird - wie im Koalitionsvertrag steht - beibehalten.
Am Wichtigsten ist meines Erachtens, dass die Ausbildung in Schleswig-Holstein den Zugang zum Lehramt auch in anderen Ländern eröffnet, dass wir Durchlässigkeit haben. Wir müssen Alternativen in
weiter gehender Integration des Vorbereitungsdienstes im Zuge eines zweijährigen Master-Studienganges, eventuell auch eines vierjährigen BachelorStudiums sorgfältig prüfen - in enger Abstimmung auf der Kultusministerebene.
Die Arbeitsgruppe Lehrerbildung der KMK hat sich erst am vergangenen Freitag, also am 23. September, mit dem Thema Lehrerbildung beschäftigt und beschlossen, bis zur nächsten Sitzung im Februar 2006 Vorschläge zur Verknüpfung von erster und zweiter Phase zu erarbeiten. Das macht deutlich, dass wir noch einige Zeit vor uns haben. Ich gehe davon aus, dass es interessante Debatten zwischen Bildungspolitikern, aber auch im Wissenschaftsbereich in den nächsten Monaten gibt. Man kann nicht zusagen, dass das innerhalb von sechs Wochen abgehakt sein wird.
Ich hoffe, dass wir in der ersten Hälfte des Jahres 2006 so weit sein werden, dass wir eine klare Perspektive bekommen. Ich hoffe, dass die Grundsätze, die hier genannt worden sind, die sich insbesondere in dem gemeinsamen Antrag von CDU und SPD wiederfinden, im Interesse der Schüler, im Interesse der Lehrer und im Interesse einer besseren Bildung auch so durchgesetzt werden.
Ich danke dem Wissenschaftsminister Dietrich Austermann. - Für seine Restredezeit von drei Minuten erteile ich Herrn Abgeordneten Karl-Martin Hentschel erneut das Wort.
(Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Können Sie mir nicht einen Dreiminutenbeitrag geben?)
Okay. Alles klar. - Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich wollte noch ein paar Anmerkungen zur Diskussion machen. Zunächst bedanke ich mich, dass es in vielen Punkten Übereinstimmung gibt. Das ist eine gute Grundlage dafür, dass die Landesregierung aktiv sein kann. Angesichts der Tatsache, dass Flensburg im Oktober mit dem Bachelor anfängt und es in Kiel ganz andere Überlegungen gibt, in Hamburg auch wieder andere Überlegungen, wo ein Drittel der schleswig-holsteinischen Lehrerinnen und Lehrer ausgebildet wird, ist es dringend notwendig, dass man nicht nur abwartet, was in
der KMK diskutiert wird, sondern dass sich die schleswig-holsteinische Regierung und das schleswig-holsteinische Parlament mit eigenen Vorstellungen in diese Diskussion einmischen. Von daher bin ich froh, dass wir so viel Übereinstimmung haben. Vielleicht kommen wir dazu, dass das schnell umgesetzt wird und schnell Auswirkungen für die praktische Umsetzung vor Ort hat.
Zweite Anmerkung! Mich beruhigt, dass der Standpunkt, das Parlament solle sich eher zurückhalten und das sollten die Hochschulen autonom regeln, nur von einer Fraktion, der CDU, vertreten wird. Ich halte das auch für einen Standpunkt, der nicht durchzuhalten ist.
Auch in der allgemein bildenden Diskussion über die Hochschulen, denen wir sehr viel Autonomie gegeben haben, ist die Kehrseite der Autonomie, dass das Parlament die Eckpunkte der Zielvereinbarungen verabschiedet. Natürlich muss das Parlament sagen, welche Anforderungen es stellt. Dafür sind wir als Politiker schließlich gewählt und verantwortlich.
Wir sind verantwortlich, nicht zu sagen, Hamburg, Schleswig-Holstein, Flensburg und Kiel können machen, was sie wollen. Es gibt Erwartungen, dass gewisse Dinge einheitlich geregelt werden und dass in eine bestimmte Richtung marschiert wird. Was würde die CDU dazu sagen, wenn in Flensburg beschlossen würde, eine Stufenlehrerausbildung einzuführen, und zwar gegen das Votum der CDU? Das würde man dort gern machen. Das wäre eine witzige Angelegenheit. Ihrer Meinung nach könnte das in Flensburg jetzt frei beschlossen werden. Das ist überhaupt nicht die Sache von Regierung oder Parlament. Wahrscheinlich haben Sie das nicht so gemeint.
Drittens. Sie sagen, im Koalitionsvertrag sei geregelt, dass das dreigliedrige Schulsystem bleibt. Ich habe es so verstanden, dass im Koalitionsvertrag geregelt wird, dass unter anderem das dreigliedrige Schulsystem bleibt. Es gibt in Schleswig-Holstein aber auch Gesamtschulen. Es gibt auch das dänische Schulsystem und die freien Schulen. Insgesamt sind das vier verschiedene Schulsysteme, die nebeneinander existieren und unterschiedliche Wege der Bildung ermöglichen. In der Oberstufe haben wir zusätzlich noch die Wege der Berufsschulen, die wieder völlig anders konzipiert sind. Mittlerweile machen in SchleswigHolstein ein Drittel der Abiturienten dort ihr Abitur.
Hier ist also sehr viel in Bewegung. Wenn wir in andere Bundesländer gucken, dann stellen wir fest, dass es auch dort unterschiedliche Systeme gibt. Hamburg hat bereits die jetzige dreigliedrige Leh
rerausbildung abgeschafft. In Hamburg wurde außerdem zunehmend die Trennung zwischen Haupt- und Realschulen infrage gestellt und an vielen Orten schon abgeschafft. Es ist also in diesem Punkt ganz viel in Bewegung.
International gibt es eine solche Ausbildung, wie wir sie für drei verschiedene Schulsysteme haben, sowieso nicht. Das heißt also, ein Übergang zu einem Stufenlehrerkonzept und einer alltagsgemäßen Lehrerausbildung hat überhaupt nichts mit der Frage zu tun, ob wir vom dreigliedrigen Schulsystem weg wollen. Sie hat auch nichts damit zu tun, was im Koalitionsvertrag steht. Das ist eine völlig autonome Entscheidung, die wir auch autonom und fachlich in der Sache im Ausschuss diskutieren sollten. Wenn der Deutsche Industrie- und Handelstag, der noch nie etwas gegen das dreigliedrige Schulsystem gesagt hat, sich sehr klar und einmütig für eine Stufenlehrerausbildung positioniert hat, dann sollte dies gerade der CDU, die sich immer sehr der Wirtschaft verbunden fühlt, zu denken geben.
Da meine Redezeit abgelaufen ist und ich das, was ich noch anmerken wollte, gesagt habe, bedanke ich mich fürs Zuhören.
Ich bedanke mich beim Abgeordneten Hentschel. Es ist mehrfach Ausschussüberweisung beantragt worden.
Der Antrag soll an den Bildungsausschuss überwiesen werden. Wer dem zustimmen will, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Das ist einstimmig so beschlossen.
Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Da mit dem Antrag am heutigen Tage ein mündlicher Bericht erbeten wird, bitte ich zunächst, über diesen Berichtsantrag abzustimmen.
Wer dem Berichtsantrag zustimmen will, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Das ist so beschlossen.
Ich darf die Ministerin für Soziales, Gesundheit, Familie, Jugend und Senioren, Frau Dr. Gitta Trauernicht, um den Bericht bitten.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie erinnern sicherlich alle den DRKPflegeskandal aus dem letzten Jahr mit all seinen Verwerfungen. Alle Beteiligten haben sich damals vorgenommen, das Krisenmanagement zu optimieren, dafür zu sorgen, dass Ordnung und Qualität in der Pflege schnell wieder hergestellt werden und dass vor allen Dingen den Betroffenen Unsicherheiten erspart bleiben. Darüber hinaus haben wir aber weitere Ziele. Wir wollen auch Trägern dabei helfen, wieder in die Spur zu kommen. Wir wollen mit einem Notfallmanagement aber niemanden aus seiner Verantwortung entlassen. Die Verantwortung tragen in diesem Bereich viele; von den Trägern über die Pflegekassen mit ihrem Medizinischen Dienst bis hin zu der Heimaufsicht der Kreise. Nicht zuletzt besteht eine politische Verantwortung der Landesregierung für eine gute Pflegeinfrastruktur in Schleswig-Holstein.
Ein gegebenenfalls erforderliches Notfallmanagement erfordert für alle denkbaren Szenarien Absprachen, die für alle Beteiligten verbindlich sind. Dazu haben wir mit allen Beteiligten bereits im Mai im Landespflegeausschuss gesprochen und in dieser Richtung einen ersten Nagel eingeschlagen. Über diese erste grundsätzliche Erörterung hinaus werden zurzeit Szenarien beschrieben und Handlungsketten festgelegt, die die jeweilige Verantwortung im Krisenfall dorthin delegieren, wohin sie gehört.
Im Wesentlichen gibt es fünf typische Szenarien: Zunächst einmal sind die gravierenden Pflegemängel zu nennen, die hier im Haus auch oft gefährliche Pflege genannt werden. Es gibt weiter drohende Vertragskündigungen durch Pflegekassen. Es gibt aber auch die Vertragskündigung durch Betreiber oder die Träger selbst. Es gibt die Träger- und Einrichtungsinsolvenz und nicht zuletzt drohende ordnungsrechtliche Untersagungen an einen Betreiber. Das sind verschieden Szenarien. Deshalb muss klar und deutlich gesagt werden: Den typischen einheitlichen Notfallplan kann es nicht geben. Geben kann es aber eine Notfallplanung, die je nach Ausgangslage Verantwortlichkeiten definiert und Handlungsketten in Gang setzt. Dabei sind wir auf einem guten Weg.
Erfolge und Verbesserungen gibt es. Sie sind unübersehbar, denn wir hatten im letzten Jahr - beziehungsweise in diesem Jahr - zwei Heimschließungen. Während im DRK-Pflegeskandal 2004 wochenlang Pflegekräfte und Bewohner verunsichert wurden und am Ende alte Menschen über Nacht umziehen mussten und das Ganze mit traumatischen personellen und verbandlichen Konsequenzen verbunden war, wurden heute in diesen beiden Fällen die Probleme anders gelöst; zügig und kooperativ, vor Ort und einrichtungsnah, ohne unzumutbare Aufregung für die betroffenen Pflegebedürftigen, ohne verbandliche Querelen und auch ohne wochenlanges öffentliches Aufsehen. Aktuelle Heimschließungen wie in Nordfriesland und in Plön verliefen anders als im letzten Jahr.