Ich stelle für meine Fraktion fest, dass die beste Förderung des Tourismus darin besteht, erstens den
Menschen das Reisen zu erleichtern und zweitens den Unternehmen und Organisationen der Tourismuswirtschaft zu helfen, noch erfolgreicher zusammenzuarbeiten. Dazu zählt, das Verkehrsnetz in Schleswig-Holstein zügig auszubauen, damit Menschen einfacher, schneller, preiswerter und sicherer nach Schleswig-Holstein kommen und sich in Schleswig-Holstein bewegen können. Dazu zählt, dass Gäste den öffentlichen Personennahverkehr und den Schienenpersonennahverkehr im ganzen Land einfacher nutzen können. Und dazu zählt, dass die Gemeinden Schleswig-Holsteins wieder mehr Geld bekommen, um ihre Infrastruktur auszubauen und an die Bedürfnisse ihrer Gäste tatsächlich passgenau anpassen zu können.
Ich danke Herrn Abgeordneten Dr. Garg. - Für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat jetzt Herr Abgeordneter Detlef Matthiessen das Wort.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Tourismuswirtschaft hat für unser Land eine herausragende Bedeutung. Es ist nicht verwunderlich, dass hohe Summen investiert werden. Ich komme in der Summe für 2005 bis 2007 auf 315,7 Millionen € mit einer Zuschusssumme von 127,5 Millionen €; dabei war 2006 das Jahr mit den höchsten Ausgaben.
Die Landesregierung, meine Damen und Herren, hat ein Handlungskonzept zur Neuausrichtung des Tourismus in Schleswig-Holstein entwickeln lassen. Die darin propagierte Konzentration der Tourismuspolitik des Landes auf drei Zielgruppen - Familien mit Kindern, die Best Ager und die anspruchsvollen Genießer - ist grundsätzlich richtig, um die jetzige Verzettelung zu überwinden. Ich kann einen Erfolg dieses Konzeptes allerdings noch nicht erkennen. Im Umkehrschluss heißt das aber, dass andere Zielgruppen und Themen vorläufig zurückgestellt werden.
Der Städtetourismus - das haben zwei Vorredner inzwischen richtigerweise festgestellt - ist der Wachstumsbereich, der dabei hinten herunterfällt. Er ist aber zugleich der Bereich mit dem höchstem Wachstum im Tourismus von Schleswig-Holstein. In den letzten fünf Jahren gingen die Übernachtungszahlen landesweit um 3,1 % zurück, im Städtetourismus stiegen sie aber um 8,3 %. Die gleiche
Tendenz gibt es im Bereich der Tagesreisen. Nach den Zahlen der Marketingkooperation Städte in Schleswig-Holstein gab es 2004 für das Tourismusziel Lübeck 13 Millionen Tagesausflüge und 2,3 Millionen Tagesgeschäftsreisen, also insgesamt 15,3 Millionen Tagesreisen.
Für Kiel sind die Zahlen noch etwas besser: Es gab 13,6 Millionen Tagesausflüge und 3 Millionen Tagesgeschäftsreisen, in der Summe also 16,6 Millionen Tagesreisen. Das ist ein enormes Potenzial an Gästen, die zu einer oder zwei Übernachtungen animiert und verführt werden wollen.
Denn der Städtetourismus ist das Pfund, mit dem wir wuchern können. Im Städtetourismus haben wir die Gäste, die zahlungskräftig und qualitätsbewusst sind, Herr Minister.
Gleiches gilt für den Fahrradtourismus. Der Fahrradtourismus steht nicht mehr nur für Schüler, die einen Campingplatz nutzen, sondern für eine anspruchsvolle und zahlungskräftige Klientel. Die Landeshauptstadt Kiel ist gleich hinter Münster zur fahrradfreundlichsten Stadt Deutschlands gewählt worden. Durch die Landeshauptstadt Kiel führt seit Jahren der Ostseeküstenradweg, einer der ersten und schönsten Fernradwanderwege. Im letzten Frühjahr wurde der Nord-Ostsee-Kanal-Radweg eröffnet. Die Anzahl der Rad fahrenden Urlaubsgäste ist in ganz Deutschland - hören Sie zu - im letzten Jahr um 4,7 % gestiegen. Das ist ein großes Potenzial für Schleswig-Holstein, das nicht genügend ausgeschöpft wird.
- Eben nicht, Herr Ehlers. Ich versuche gerade, auszuführen, dass Schleswig-Holstein hier zwei wesentliche Sektoren in der Tourismusbranche vernachlässigt
Der touristische Fahrradverkehr sollte durch den Ausbau des Fahrradwegenetzes, ein landesweites touristisches Wegweisungssystem, das Angebot der Bike-&-Bed-Hotels und -Unterkünfte und vor allem durch gezielte Werbung gestärkt werden.
und lesen Sie sich die Beiträge der letzten Jahre, in denen die CDU die Tourismuspolitik hier in Schleswig-Holstein geprägt und verantwortet hat, zum Fahrradtourismus durch.
Sie finden Schleswig-Holstein in diesem Blatt so gut wie gar nicht, sehr wohl aber Österreich, Dänemark, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen.
Meine Damen und Herren, es muss ein verbindliches Tourismuskonzept für eine touristische Region erstellt werden, das wichtige touristische Sektoren nicht ausschließt. Das Land lässt mit dem verengten Konzept wichtige Potenziale brachliegen.
Meine Damen und Herren, ich komme zu dem Thema, das Herr Dr. Garg richtigerweise angesprochen hat: einzelbetriebliche Förderung. Einzelbetriebliche Förderung führt im Wettbewerb zu Verzerrungen.
Die Aufgabe einer fortschrittlichen Tourismusförderpolitik liegt allerdings in der Infrastrukturförderung. Ich unterhielt mich mit einem Unternehmer am Timmendorfer Strand. Dort war ja geplant, eine große Marina und ein großes Hotel zu bauen. Der Unternehmer steckte erst vor Kurzem 3,2 Millionen € in sein eigenes Hotel. Er sagte: Herr Matthiessen, soll ich jetzt auf die Hütte eines Mitbewerbers gucken, die mir mit derselben Summe, die ich privat in die Hand genommen habe, vor die Tür gesetzt wird? - Das sind die Folgen.
Im Bericht kommt immer wieder die Formulierung „Modernisierung einer Betriebsstätte“ vor. Es kann nicht Aufgabe staatlicher Mittel sein, einige Privatunternehmer im Wettbewerb gegenüber anderen zu stärken.
Meine Damen und Herren, ich komme zu einem anderen Thema. Die Tourismusbranche muss auch als Energieverbraucher betrachtet werden. Schauen Sie sich einmal den Hansa-Park unter dem Gesichtspunkt Energieverbrauch an. Der Energiever
brauch ist gigantisch, und der Hansa-Park ist in dem Bereich sehr aktiv. Ich könnte mir vorstellen, dass man diese Bemühungen unterstützt. Aufgrund einer konstruktiven Firmenpolitik im Energiebereich ist der Hansa-Park mittlerweile so weit, dass er nur noch halb so viel Energie verbraucht wie der Heide-Park Soltau. Das sind ganz entscheidende betriebswirtschaftliche Vorteile. Wenn wir schon diese Formulierung „Modernisierung einer Betriebsstätte“ aufnehmen, dann sollte diese mit Themen wie Nachhaltigkeit, energetische Ertüchtigung und so weiter einhergehen.
Die Förderung der Infrastruktur sogenannter Spaßbäder ist eine grenzwertige Angelegenheit. Ich könnte mir allerdings vorstellen, dass man solche „Spaßbäder“ zugunsten einer Tourismusgemeinde fördert.
Meine Damen und Herren, wir als Grüne vertreten die Parole: Fehmarn statt Fuerteventura! - Der Auslandstourismus, für den die Deutschen immer noch den Löwenanteil ihres Geldes für Urlaub ausgeben, ist ein Steinbruch ohne Ende. Daher sollten wir für den Inlandstourismus werben.
Dazu gehören aber auch die Punkte, die Herr Dr. Garg nannte, nämlich Anreiseerleichterungen und Buchungsbequemlichkeit. Diese Dinge sollten Gegenstand einer Förderpolitik sein. Es sollte nicht sein, dass ein Hotel zufällig ausgewählt wird, weil die Betreiber sich vielleicht schneller gemeldet haben als andere. Es kann nicht sein, dass dann von einem strahlenden Minister ein Scheck überwiesen wird und dass das möglicherweise noch im Regionalblatt abgebildet wird.
Herr Minister, Sie redeten von Kannibalismus in der Tourismuswirtschaft. Ich kann das nicht beobachten. Ich beobachte das Gegenteil in SchleswigHolstein. Vor einem Jahrzehnt mag das anders gewesen sein, aber das ist längst überwunden.
- Danke, Herr Stegner. Man sieht, Qualität hat keine Grenzen, auch nicht in den Zwischenrufen des Herrn Fraktionsvorsitzenden.
Sie erwähnten das, was wir früher beklagen mussten. Das war die Kirchturmpolitik, die mit sich brachte, dass wir in Eckernförde keinen Hinweis darauf bekommen haben, dass im Nachbardorf auch ein sehr gutes Restaurant zu finden ist. Mittlerweile gibt es aber ein Konzept rund um die Eckernförder Bucht, mit dem bewusst Politik gemacht wird, um Gäste an eine Region zu binden. Das Stichwort ist
schon gefallen, Herr Callsen hat geklatscht. Das Stichwort heißt Tourismusregion Schlei. Dort werden moderne und raumgreifende touristische Konzepte verfolgt. In Büsum finden Sie Hinweise auf das Multimar Wattforum oder auf das Landesmuseum Schloss Gottorf. Ich glaube, diese Befürchtung, die Sie hier skizziert haben, ist längst überwunden. Die Tourismuspolitik in SchleswigHolstein hat diesen Kannibalismus längst überwunden.
Ich danke Herrn Abgeordneten Detlef Matthiessen. - Für den SSW im Landtag hat nun Herr Abgeordneter Lars Harms das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach unserer Auffassung war es richtig, durch ein Gutachten zu ermitteln, welche Kundengruppen für uns als Tourismusland besonders interessant sind.
Natürlich wird jeder aus seinem eigenen Umfeld heraus auch andere regional oder örtlich interessante touristische Angebote kennen. Wir alle haben immer das Bestreben, in uns selbst hineinzuhorchen, um dann die eigenen Erwartungen an einen Urlaub in eine solche Strategie einbringen zu wollen. Das ist aber genau der Fehler, den wir früher gemacht haben. Es kommt nicht darauf an, ob wir selbst einer gewissen Altersgruppe angehören, ob wir selbst kulturell interessiert sind oder ob wir selbst die Natur lieben. Es kommt auch nicht darauf an, welches andere Freizeitverhalten wir präferieren. Vielmehr kommt es darauf an, was der potenzielle Gast will und erwartet. Es kommt darauf an, wie wir möglichst viele Umsätze mit diesen Gästewünschen erreichen können. Der Tourismus ist ein genauso knallhartes Geschäft wie jeder andere Wirtschaftszweig auch. Deshalb müssen wir hier professionell handeln und unsere Kräfte und unsere finanzielle Mittel bündeln.
Daher sind die Ergebnisse und die Schlussfolgerungen, die das Berger-Gutachten für unser Land zieht, richtig. Wir müssen uns um die Best Ager, um die anspruchsvollen Genießer und um die Familien mit Kindern kümmern. Das sind unsere Hauptzielgruppen. Das schließt andere Gruppen nicht aus.