Protokoll der Sitzung vom 28.01.2009

Viertens. Minister Austermann, also unser vorheriger Wirtschaftsminister, und auch Staatssekretär de Jager haben sich sehr erfolgreich ins Zeug gelegt, um die früheren Vorstandsmitglieder loszuwerden. Das kann man ohne Frage sagen. Das ist hier im Parlament auch so vorgetragen worden. Deshalb gilt unsere Erwartung, dass bei der neuen Zusammensetzung und Zusammenführung des Vorstands die Position des Vorstandsvorsitzenden schnell, zügig und mit großer Professionalität besetzt wird. Ein neues Vorstandsmitglied haben wir. Der Bereich Pflege befindet sich im Verfahren. Wir erwarten, dass es zügig umgesetzt wird. Da sind wir optimistisch. Diese Erwartung muss man

in aller Ruhe aussprechen. Wir gehen davon aus, dass die Gremien in der Lage sind, dieses zu lösen.

Fünftens stehen wir zu dem verabredeten Verfahren „Sanierung ohne Privatisierung“. Das muss nicht alles wiederholt werden. Als Parlament haben wir uns aus Personalentscheidungen herauszuhalten. Das wollen wir auch tun. Ich will trotzdem eines sagen: Wir haben einen starken Sanierer im Klinikum. Wir haben einen Kaufmännischen Vorstand im Klinikum. Wir haben einen Pflegevorstand im Verfahren. In der Ausschreibung ist deutlich gemacht worden, dass hier auch wirtschaftliche Kompetenz eine Rolle spielen soll. Deswegen sage ich eindeutig: Bei der Frage des Vorstandsvorsitzes muss sich auch in der Person medizinische Exzellenz abbilden, um den Bereich Forschung und Lehre an den Hochschulen, unterstützt durch das Klinikum, abzusichern.

(Vereinzelter Beifall bei SPD und FDP)

So viel, glaube ich, muss man hier im Parlament an inhaltlicher Einlassung auch machen können.

Zum Schluss möchte ich noch einmal deutlich machen, dass wir kein Fehlverhalten des Aufsichtsratsvorsitzenden erkennen. Wir sagen aber, gerichtet an die gesamte Landesregierung - ich betone: an die gesamte Landesregierung -: Wir alle können uns anhaltende Erfolglosigkeit bei der Besetzung des Posten des Vorstandsvorsitzenden nicht gönnen und nicht leisten.

(Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Deswegen erwarten wir, dass die Dinge zügig angepackt werden. Alle weiteren Details sollten wir vielleicht besser im Ausschuss beraten. Unsere Zustimmung zu diesem Antrag haben Sie sicherlich nicht ernsthaft erwartet, und wir werden ihm auch nicht zustimmen. Wir beraten im Ausschuss in der Sache weiter und hoffen, dass wir die Dinge zügig vom Tisch bekommen.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich erteile das Wort für die FDP-Fraktion dem Herrn Abgeordneten Dr. Ekkehard Klug.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Eine alte Volksweisheit besagt: Wenn irgendwo erst einmal der Wurm drin ist, dann treibt er sein Unwesen

(Jürgen Weber)

dort sehr nachhaltig, und man bekommt ihn auch nicht so leicht wieder heraus.

In diesem Sinne müsste man schlussfolgern: Was die Landesregierung bisher in Sachen Universitätsklinikum zustande gebracht hat - oder besser gesagt: nicht zustande gebracht hat -, das bedürfte eigentlich dringend einer politischen Wurmkur.

Der Therapievorschlag der Grünen hingegen lautet schlicht und einfach: Feuert den bisherigen UK SH-Aufsichtsratschef Jost de Jager und macht den Wissenschaftsminister höchstselbst zum Vorsitzenden des Aufsichtsrats! - Der arme Herr Marnette! Da wollen die Grünen den freundlichen neuen Minister schon ein paar Monate nach seinem Amtsantritt an den Rand des landespolitischen Abgrunds schieben. Das ist wirklich nicht nett. Das ist sogar eine ziemlich boshafte Idee, in diesem Fall sogar eine giftig grüne Idee. Dabei können Sie sich auch nicht darauf berufen, dass das Prinzip des kurzen Prozesses bei der Landesregierung momentan sehr en vogue ist. Kaum ist der Ministerpräsident ein bisschen verschnupft, wird der junge Landwirtschaftsminister in die Wüste geschickt.

(Heiterkeit)

Er kann sich aber damit trösten, dass auch Prinz Charles gelegentlich einspringen muss, wenn Mami indisponiert ist.

(Heiterkeit)

Nun wieder zurück zum ernsten Thema Universitätsklinikum. So, wie die Sache beim Universitätsklinikum derzeit beschaffen ist, kann es nicht gut ausgehen. Es handelt sich eher um eine Strukturfrage beziehungsweise um mehrere Strukturfragen, aber nicht in erster Linie bei der Besetzung des Aufsichtsrats um ein Personalproblem.

(Beifall bei der FDP)

Das entschuldigt nicht den einen oder anderen Fehler der handelnden Personen. Selbst glühende Anhänger dieser Landesregierung - sofern man solche überhaupt noch im Lande Schleswig-Holstein finden sollte

(Zuruf von der CDU: Doch!)

werden kaum behaupten wollen, dass Herr Kollege Jost de Jager in seiner Funktion als Aufsichtsratschef des UK S-H eine besonders glückliche Hand gehabt hat. Das wird niemand behaupten können.

(Zuruf von der CDU: Doch!)

Aber auf einer eisglatten Fläche rutscht man nun einmal leicht aus und bricht sich die Gräten. Mit

dem Beispiel der eisglatten Fläche meine ich die Strukturprobleme, die ich ansprechen möchte. Da die Grünen mit dem Thema Aufsichtsratsvorsitz eingestiegen sind, möchte ich das zunächst thematisieren.

Zur Frage der Konstruktion des Aufsichtsrats. Werfen Sie einmal einen Blick in die Analyse des Wissenschaftsrates zu den Leitungsstrukturen deutscher Universitätskliniken. Ich nenne ein Beispiel, das ich viel interessanter finde als die Situation, die wir nach der Gesetzeslage in SchleswigHolstein haben. Das sächsische Hochschulgesetz bestimmt für den Aufsichtsratsvorsitzenden eines Universitätsklinikums, dass die Wahl aus dem Kreis der Mitglieder des Aufsichtsrats erfolgen soll. Der Aufsichtsratsvorsitzende soll nicht der Staatsregierung angehören.

Das bietet die Chance, jemanden als Interessenvertreter des Landes zu finden, der Sachverstand aus dem Bereich Hochschulmedizin und Krankenhausmanagement mitbringt und damit mit einem ganz anderen Hintergrund diese Funktion des Aufsichtsratsvorsitzenden wahrnehmen kann.

(Beifall bei der FDP)

Ähnliche Beispiele zeigen sich in anderen Feldern. Herr Wiegard schaut schon ganz blümerant. Aufsichtsratsfunktionen in staatseigenen Banken sollten nicht Minister ausüben. Es sollte also nicht nach dem alten Prinzip gehandelt werden: Wem Gott gibt ein Amt, dem gibt er auch Verstand. - Bezogen auf den Sachverstand des Managements eines großen Unternehmens ist das nämlich nicht automatisch gegeben. Man kann niemandem vorwerfen, dass er aufgrund seines beruflichen Hintergrundes nicht all das mitbringt, was man wissen muss, wenn man eine Kontrollfunktion ausübt. - Dies zur Konstruktion des Aufsichtsrats.

Beispiel zwei bezieht sich auf die Frage der Einbeziehung des Sachverstands der Medizinischen Fakultäten. Wir sind fest davon überzeugt - wir hatten vor zwei Jahren entsprechende Anträge zur Änderung des Hochschulgesetzes gestellt -, dass es sinnvoll ist, die beiden Dekane der Medizinischen Fakultäten in Kiel und Lübeck zu nebenamtlichen Mitgliedern des Aufsichtsrats zu machen. Somit hätten wir Sachverstand aus den Bereichen Forschung und Lehre im Vorstand verankert. Dann könnte man sich den bürokratischen und sehr teuren Aufwand mit dem Medizinausschuss und mit dem Medizindirektor schenken. Das würde die Sache also einfacher machen.

(Dr. Ekkehard Klug)

Dritter Grund, weshalb es so schwierig ist, einen Aufsichtsratsvorsitzenden zu finden -

Herr Abgeordneter Klug, erlauben Sie eine Zwischenfrage?

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Bitte nicht wäh- rend des laufenden Satzes!)

- Entschuldigen Sie bitte.

Herr Abgeordneter, Sie haben gesagt, dass Sie es für sinnvoll und vernünftig halten, dass die beiden Dekane im Aufsichtsrat vertreten sind. Im nächsten Satz haben Sie aber vom Vorstand gesprochen. Meinen Sie nun den Aufsichtsrat oder den Vorstand?

Entschuldigung, das war ein Versprecher. Ich möchte, dass die beiden Dekane als nebenamtliche Mitglieder in den Vorstand aufgenommen werden. Das war unser Antrag. Das war vorhin also schlicht und ergreifend ein Versprecher. Danke für den Hinweis.

Ein drittes Strukturproblem liegt darin, dass die Bewerber um das Amt des Vorstandsvorsitzenden immer daran denken müssen, dass sie als zweiten Fürsten auch noch mit Herr Schleifer zurechtkommen müssen. Dies ist bei der Personalrekrutierung für die Spitze des Vorstands des UK S-H auch nicht unbedingt hilfreich.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Da sitzt einer, der ihm immer ins Ohr flüstert: Ik bün all dor. - Es ist also keine klare Leitungsstruktur gegeben. Ich denke, auch dieses Strukturproblem muss man angehen.

Strukturproblem Nummer vier ist gewissermaßen die Mutter aller Strukturprobleme. Das ist unser ceterum censeo. Das ist die aus unserer Sicht verfehlte Konstruktion mit einem fusionierten Universitätsklinikum. Das kann nach unserer Überzeugung nicht zu vernünftigen Ergebnissen führen. Diese Einsicht verbreitet sich übrigens im Land an beiden Standorten - also in Kiel und Lübeck - immer mehr. Ich glaube, der einzige glühende Verfechter des fusionierten UK S-H ist der Erfinder der ganzen Veranstaltung, Herr Dr. Stegner. Sie wissen, dass wir eine andere Überlegung haben, nämlich die Ein

richtung einer Stiftungsuniversität in Lübeck. Dabei sollten private Mitstifter gegebenenfalls mit ins Boot geholt werden. Das wäre eine Perspektive, die nach unserer Überzeugung für beide Standorte - also für Lübeck und für Kiel - bessere Perspektiven brächte als die Fehlkonstruktion eines fusionierten Klinikums.

(Beifall bei der FDP)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Lars Harms das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Noch im August 2006 bejubelte der damalige Wissenschaftsminister Dietrich Austermann die 50-prozentige Teilprivatisierung des UK S-H als großartige Chance, also die Privatisierung aller krankenhausrelevanten Teile. Im April vergangenen Jahres führte der damalige Wirtschaftsminister im Landtag die Vorteile privaten Kapitals für das UK S-H im Munde, wenn auch angesichts des Koalitionspartners SPD noch sehr verklausuliert.

Sein Nachfolger, Herr Minister Marnette, hat uns vor sechs Monaten die Sanierungsmaßnahmen als eine Reihe von fast schon historisch zu nennenden Erfolgen verkaufen wollen, weil endlich das vorrangigste Ziel, nämlich die Verbesserung der Wettbewerbsposition, konkret in Angriff genommen worden ist. Überflüssig, daran zu erinnern, dass Forschung und Lehre sowie Krankenhausversorgung für Wirtschaftsminister Marnette damals an fünfter Stelle der Prioritäten rangierten.

Damit sind wir direkt beim Kern der Probleme des UK S-H. Ich möchte dazu ein Sprichwort bemühen: Wer als einziges Werkzeug einen Hammer hat, neigt dazu, alles wie einen Nagel zu behandeln. So geschehen beim damaligen Wirtschaftsminister, als ihm die Zuständigkeit für die Wissenschaft zugewiesen wurde. Konsequent wurden den Universitäten und auch den akademischen Lehrkrankenhäusern ökonomische Kriterien der Kosten-NutzenAnalyse und der monetären Verwertbarkeit übergestülpt. Das war in manchen Fällen auch angebracht. Die Kriterien allerdings bei der Sanierung des UK S-H vorrangig und fast ausschließlich anzuwenden, war völlig falsch.

Das hat zum einen die Beschäftigten demotiviert. Das Einzige, was man von ihnen wollte, waren Lohnverzicht, Arbeitsverdichtung und Einsparun

(Dr. Ekkehard Klug)