Protokoll der Sitzung vom 28.01.2009

Unsere Aufgabe muss doch darin liegen, für private Investitionen Investoren zu finden, die sich engagieren. Unsere Aufgabe muss darin liegen, Infratil, die ja schon da sind und eigentlich auch bleiben wollen, die Perspektive zu eröffnen, auch bleiben zu können.

Aber wenn man Ihre Beiträge von den Grünen hört, habe ich Verständnis dafür, dass die Investoren einen großen Bogen um Schleswig-Holstein machen, weil sie nie sicher sein können, dass die ersten Erklärungen, sie seien hier gemocht und gewollt, dauerhaft von Bestand sind. Das gilt übrigens nicht nur für den Flughafenbau, das gilt auch für den Straßenbau, das gilt für den Kraftwerksbau, das gilt für alle großen Infrastrukturinvestitionen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, einige von Ihnen werden sich daran erinnern, mit welcher Vehemenz gerade BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in der Vergangenheit versucht haben, den Ausbau des Lübecker Flughafens zu verhindern, zu verzögern und zu torpedieren, mit der Folge, dass er momentan eine Kapazität ausweist, die die Fluggastzahl nicht

ermöglicht, die der Betreiber als notwendige Voraussetzung dafür genannt hat, dass er dauerhaft -

(Angelika Birk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Die Fluggastzahlen sind nicht wegen mangelnder Kapazitäten zurückgegangen!)

- Frau Kollegin Birk, ich kann die Plenarprotokolle -

(Angelika Birk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Sie sind weiter zurückgegangen! Sie waren schon fast bei 800.000!)

- Liebe Frau Kollegin Birk, bitte sehen Sie mir nach, dass die fünf Minuten, die ich jetzt habe, nicht ausreichen werden, um Ihnen Nachhilfe zu erteilen. Ich bin aber gern bereit, das privatissime zu machen.

(Heiterkeit und Zurufe)

- Natürlich im Beisein weiblicher Mitarbeiter meiner Fraktion, damit da keine Missverständnisse auftauchen, Kollege Wadephul. Aber ich kann sagen, ich bin da wirklich nicht gefährdet. Das kann ich sagen.

(Heiterkeit)

Es waren die Grünen, es war Umweltminister Müller, der den Ausbau des Flughafens Lübeck torpediert und verzögert hat. Jetzt stellen Sie sich hin und sagen, wegen dieser Verzögerung könnten die Fluggastzahlen nicht erreicht werden. Das sei der Beleg dafür, dass der Flughafen nicht lebens- und existenzfähig sei. Ich sage Ihnen: Wenn es Lübeck gelingt - und ich hoffe, dass es Lübeck gelingt -, Infratil zu bewegen, bis Oktober zu bleiben, werden wir gemeinsam mit Lübeck - das sage ich von dieser Stelle aus zu - den Versuch unternehmen, eine Perspektive aufzuzeigen, den Flughafen wirtschaftlich zu betreiben, ohne dass das Land SchleswigHolstein sich als Betreiber beteiligen muss. Dann werden Sie im Oktober/November sehen, dass alles das, was Sie an die Wand gemalt haben, sich in Luft auflösen wird, und das ist gut für das Land.

(Beifall bei FDP und CDU sowie vereinzelt bei SPD und SSW)

Das Wort hat Herr Abgeordneter Karl-Martin Hentschel.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Man könnte wirklich glauben, die Grünen würden in Lübeck und im Land regieren. Es ist schon erstaunlich, wenn man hier hört, wer alles schuld ist.

Herr Kubicki, ich möchte eines zu den Investitionen sagen: Es waren die Grünen, die entscheidend dazu beigetragen haben - nicht allein, aber entscheidend -, dass die Westküste Schleswig-Holsteins durch die Windindustrie und durch die regenerativen Energien ein neues industrielles Standbein bekommen hat und dass Milliarden € investiert worden sind - in die Zukunft des Landes und nicht in die Vergangenheit.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Wolfgang Kubicki [FDP]: Was haben Sie in- vestiert?)

Es geht hier um die Frage: Ist es Aufgabe der öffentlichen Hand, Billigflieger zu subventionieren? Wenn Sie die wissenschaftlichen Studien zum Luftverkehr lesen, kommen die alle zu dem gleichen Ergebnis. Es gibt acht Flughäfen in Deutschland, die profitabel laufen. Das sind die acht großen Flughäfen. Alle anderen Regionalflughäfen sind defizitär und werden auch immer defizitär sein, weil die Flughafengebühren, die verlangt werden, Dumpingpreise sind, die den Betrieb überhaupt nicht tragen. Selbst in Frankfurt-Hahn mit 4 Millionen Fluggästen im Jahr ist es so: Je mehr Fluggäste es geworden sind, desto größer ist das Defizit geworden, weil die Gebühren nicht kostendeckend sind. Und Ryanair ist bekannt dafür, dass sie sofort gehen und den Flughafen wechseln, wenn ein Flughafen versucht, die Gebühren anzuheben.

Das heißt, Lübeck ist verdammt dazu, ein strukturelles Defizit, das immer größer wird, je mehr Fluggäste fliegen, zu behalten. Von daher ist das Ganze ökonomischer Unsinn.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Diese regionalen Flughäfen in Deutschland sind alle im Minus, sie sind alle Prestigeprojekte von Landesfürsten, und keiner dieser Flughäfen hat - Sie können alle wissenschaftlichen Studien dazu lesen eine Perspektive. Es wird in Deutschland acht Großflughäfen geben - ihre Namen kann ich aufzählen -, und die werden eine Perspektive haben. Alle anderen sind reine Verlustobjekte.

Ich bleibe dabei. Wir können vorwärts und rückwärts über Ökonomie reden. Die entscheidende Frage, die Sie beantworten müssen, lautet: Ist es

(Wolfgang Kubicki)

Aufgabe des Staates - ist es Aufgabe des Landes Billigflieger aus Steuermitteln zu subventionieren? Ich sage ganz klar: Billigflieger können fliegen. Das ist ökonomisch und richtig. Sie sollen aber in Zukunft genauso Steuern zahlen wie die Nutzer der Bahn und der Straße. Das ist zurzeit noch nicht der Fall.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie sollen genauso Steuern zahlen wie jeder andere Betrieb auch. Sie sollen bitte nicht von der öffentlichen Hand dauersubventioniert werden.

Das ist übrigens auch gegen die Bestimmungen der EU. Deshalb läuft ein Verfahren von Air Berlin. Wenn das Verfahren von Air Berlin Erfolg hat, was noch im Raum steht, dann ist es sowieso aus. Machen wir uns also nichts vor: Wir müssen die Kernfrage beantworten, was in diesem Zusammenhang Aufgabe des Staates ist. Vielleicht stimmen Sie mir zu, dass es nicht Aufgabe des Staates ist, Billigflieger zu subventionieren, die in den Urlaub fliegen. Das hat wenig mit Wirtschaft zu tun. In einer Studie des Flughafens aus dem vorletzten Jahr wird behauptet, es würden 5.000 Arbeitsplätze entstehen. Das ist absoluter Unsinn. Zurzeit gibt es 140 Arbeitsplätze auf dem gesamten Flughafen und nicht 5.000. Das, was da gemacht wird, ist absoluter Unsinn. Wenn Lübeck das Geld in den Hafen oder in die Infrastruktur der Stadt investieren würde, dann würde die Stadt das Geld wesentlich besser ausgeben. Das wäre besser, als das Geld in den Flughafen zu investieren, der immer nur ein Minus produzieren wird.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Hans-Jörn Arp?

Herr Kollege, ich habe eine Frage. Sie haben eben die Bahn mit den Billigfliegern verglichen, wenn ich das richtig verstanden habe.

- Ja, das stimmt!

Ist es richtig, dass alle Bahnverkehre, die wir haben, kostendeckend verkehren?

- Es ist richtig, dass die Fernverkehre kostendeckend laufen und auch laufen müssen, während der Regionalverkehr als öffentlicher Verkehr unterstützt wird.

(Zurufe)

- Das ist überall auf der Welt so. Die Pendlerverkehre werden unterstützt. Das ist auch eine öffentliche Aufgabe, denn wir wollen, dass die Menschen zu ihrem Arbeitsplatz kommen. Das macht Sinn. Es macht aber keinen Sinn, Leute, die nach Mallorca fliegen, zu subventionieren, damit sie fünf Euro billiger fliegen können. Das macht in meinen Augen keinen Sinn.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abgeordneten Jürgen Weber [SPD])

Wir sind nicht gegen den Flughafen Lübeck, weil wir grundsätzlich gegen das Fliegen sind. Auch ich bin in meinem Leben viel geflogen. Dazu stehe ich auch. Ich denke auch, dass eine moderne Welt mit Fliegern lebt. Ich bin aber dafür, den Flugverkehr möglichst ökologisch zu gestalten. Ich bin dafür, dass er genauso besteuert wird wie andere Verkehrsarten auch. Ich bin dafür, dass er genauso besteuert wird wie der Bus- oder Bahnverkehr. Ich bin dafür, dass der Flugverkehr nicht subventioniert wird. Das fordere ich. Man muss Unsinniges nicht noch subventionieren. Deshalb fordere ich zu etwas auf, was ich für absolut entscheidend halte: Dieser Landtag muss klarstellen, dass das Land nicht beginnen wird, als Betreiber in den Flughafen Lübeck einzusteigen, um die Stadt Lübeck zu retten. Das kann nicht Aufgabe des Landes sein. Das wäre ein absoluter Fehler. Das, was die SPD in Lübeck als Resolution vorgelegt hat, kann aus Landessicht nur entschieden zurückgewiesen werden.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Abgeordneter Bernd Schröder hat das Wort.

(Wolfgang Baasch [SPD]: Die Grünen haben kein Interesse an Lübeck! - Angelika Birk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Man muss Lübeck vor diesem Bürgermeister retten, das ist klar!)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Birk, man muss Lübeck nicht vor diesem Bürgermeister retten, man muss die Lübecker

(Karl-Martin Hentschel)

vor diesen Grünen retten. Das ist die Grundlage dieser Auseinandersetzung.

(Beifall bei CDU, FDP und vereinzelt bei der SPD - Zuruf des Abgeordneten Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

- Jetzt hören Sie mir einmal zu, Herr Kollege Hentschel! Ich habe das auch schwer ertragen, aber ich habe Ihnen zugehört. Sie stellen sich hier hin und sprechen von nur 140 bis 150 Arbeitsplätzen, die in Lübeck betroffen sind. Mittelbar sind in diesem Bereich in der Region 1.000 Arbeitsplätze betroffen. Die Menschen erwarten von uns in der politischen Verantwortung, dass wir - bevor wir etwas dichtmachen - alle Chancen nutzen, um die Arbeitsplätze zu sichern und damit auch die Zukunft der Region mit dem Flughafen. Sie erwarten, dass wir uns hier nicht so hinstellen, wie Sie es gemacht haben.

(Beifall bei CDU, FDP und SSW sowie ver- einzelt bei der SPD)

Wer so argumentiert, wie Sie das eben gemacht haben, der muss konsequenterweise im gleichen Atemzug den ÖPNV und den SPNV einstellen, weil dies in der gesamten Diskussion argumentativ genauso zu belegen ist. Der Kollege Arp hat dies eben gesagt.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Alles defizitär!)

Wenn verantwortliche Lübecker in die Öffentlichkeit gehen -

(Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es geht um die Definition öf- fentlicher Aufgaben!)