Protokoll der Sitzung vom 29.01.2009

Eine umfassende, detaillierte Veröffentlichung von beruflichen Daten ist ein unangemessener Eingriff in die Privatsphäre. Wer will, kann dies ja tun; es hindert ihn niemand daran.

(Beifall bei CDU und FDP)

Jeder kann als gläserner Abgeordneter alles darlegen. Sie können Ihre Finanzamtsakten veröffentlichen. Aber ich bitte Sie um Verständnis und Respekt auch für jene, die dies nicht wollen. Und dafür gibt es außerordentlich gute Gründe.

Es gibt für einen Politiker kaum ein größeres Übel, als in der Öffentlichkeit durch die Mangel genommen zu werden. Bestimmte Dinge sind häufig Anlass zu Spekulationen. Es ist eine ungute Entwicklung, dass die Bereitschaft zur Übernahme eines politischen Mandates geringer wird. Das hängt auch damit zusammen, dass man sich diesem Risiko solcher öffentlicher Diskussionen aber nicht aussetzen will. Wir sollten dem nicht unnötig Vorschub leisten.

(Beifall bei CDU und FDP)

Meine Damen und Herren, ich habe bereits die umfassenden Kontrollmechanismen und Anzeigepflichten in unserem Landtag dargelegt. Es gibt keine nennenswerten Verfehlungen; mir sind jedenfalls keine bekannt. Was hier in diesem Landtag per Gesetz und durch die Verhaltensregeln beschlossen ist, ist ein sehr gutes Beispiel für selbst auferlegte Pflichten. Ich wiederhole: selbst auferlegte Pflichten. Wir sollten durch ungebührliche Forderungen und Diskussionen unser eigenes Leitbild nicht ohne Anlass infrage stellen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Die Initiative der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ist, wie von der Kollegin dargelegt, ja eigentlich eine Bundesgeschichte. Es war eine Rede, die sie früher schon in Berlin hätte halten können oder gehalten hat. Es ist eine Geschichte, die durch Ihren Landesparteitag beschlossen worden ist, und dann geht es auch bei uns ins Parlament, unabhängig davon, wie sich die Fakten hier darstellen.

Ich möchte auf Ihre Bemerkung hinsichtlich des Armutszeugnisses noch kurz eingehen.

(Zuruf: Peinlich!)

Es ist allen selbst überlassen, sich ein Urteil über Ihre Ausführungen zu bilden. Aber es gibt einen sehr prominenten, Ihnen lange wohlgesonnenen Politiker, der es weiterhin vehement ablehnt, in dieser Frage eine über das Maß hinausgehende Öffentlichkeit herstellen zu müssen. Es ist Otto Schily, der das strikt ablehnt. Nehmen Sie sich ein Beispiel an Ihrem guten alten Otto! Datenschutz gilt auch für Politiker.

(Beifall bei CDU und FDP und vereinzelt bei der SPD)

Für die Fraktion der SPD hat Herr Abgeordneter Klaus-Peter Puls das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! So ist das in Koalitionen: Als SPD können wir leider auch vernünftigen Oppositionsvorschlägen nur zustimmen, wenn die CDU mitmacht.

(Zurufe: Oh!)

Nichts ist so gut, Herr Kollege Kalinka, dass man es nicht noch besser machen könnte, zumal in der Politik.

(Werner Kalinka)

Wir halten es für vernünftig, nach dem Vorbild des Abgeordnetengesetzes für den Bundestag auch im Schleswig-Holsteinischen Abgeordnetengesetz verbesserte Regelungen zur unabhängigen Ausübung des Mandates zu schaffen. Es geht um konkrete und eindeutige Regelungen über die Unzulässigkeit der Annahme von Geld oder geldwerten Zuwendungen, die nur deshalb gewährt werden, weil dafür Interessenvertretung im Landtag erwartet wird. Es geht um Regelungen über die Pflichten zur möglichst umfassenden Anzeige und Veröffentlichung von Tätigkeiten und Einkünften neben dem Mandat, die auf außerparlamentarische Interessenverknüpfungen hinweisen können. Und es geht um konkrete, praktikable Regelungen, die dem Landtagspräsidenten die Möglichkeit geben, Verstöße gegen Anzeigepflichten mit Ordnungsgeld zu ahnden.

Wir halten es auch für vernünftig und zweckmäßig - Zweck ist ja die Kontrolle der unabhängigen Mandatsausübung -, in unseren Landtagsverhaltensregeln nach Maßgabe der Vorschläge der Grünen und ebenfalls nach Berliner Vorbild die anzeigepflichtigen Tatbestände im Einzelnen aufzuführen, von der Anzeige- und Veröffentlichungspflicht auch, Herr Kollege Kubicki, anwaltliche und sonstige berufliche Beratungstätigkeit vor und während der Mitgliedschaft im Landtag zu erfassen und dabei selbstverständlich die meldepflichtigen Einkommensstufen so zu gestalten, dass sie die Einhaltung möglicherweise konkurrierender gesetzlicher Berufsgeheimnisträgerpflichten nicht gefährden. Auch das gewährleisten die Gesetzentwürfe der Grünen.

Aus unserer Sicht schlagen die Grünen vernünftigerweise auch für Landesminister im Landesministergesetz und für Staatssekretäre im Landesbeamtengesetz ähnlich deutliche Nebentätigkeitsregelungen vor.

Die CDU-Landtagsfraktion - der Kollege Kalinka hat es vorgetragen - sieht für die Vorschläge der Grünen in Gänze keinen Regelungsbedarf. Aus koalitionsvertraglichen Gründen können auch wir deshalb den Vorschlägen nicht zustimmen und sind gehalten, der antragsablehnenden Beschlussempfehlung des Innen- und Rechtsausschusses zu folgen. Wir bedauern das.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion der FDP hat der Herr Oppositionsführer, der Fraktionsvorsitzende Wolfgang Kubicki, das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eigentlich ist die heutige Debatte völlig überflüssig. Wir haben von der Kollegin Heinold auch nichts gehört, was sie nicht bereits bei der Einbringungsrede mitgeteilt hat. Es ist alles gesagt. Zu Recht, so meinen wir, lehnen CDU und SPD die Gesetzentwürfe mit uns gemeinsam ab.

Die Grünen wollten durch ihre Gesetzesänderungen die Abgeordneten dieses Hauses dazu zwingen, ihre Einkommen im Einzelnen darzulegen. Es soll darüber hinaus auch aufgeführt werden, welche Tätigkeiten ein Minister oder Abgeordneter vor dem Antritt seines Mandates beziehungsweise seines Amtes ausgeübt hat.

Unsere Auffassung hierzu ist hinlänglich bekannt; sie hat sich im letzten Jahr auch nicht geändert. Wer immer seinen monetären Exhibitionismusdrang ausüben möchte, der soll das tun. Einen Zwang hierzu darf es nicht geben. Auch Abgeordnete haben einen Anspruch darauf, Dinge nicht preisgeben zu müssen.

(Beifall bei der FDP)

Das sehen die Grünen anders. Sie wollen den politischen Pranger. Sie wollen diejenigen, die von ihrem Recht auf Privatheit Gebrauch machen, unterschwellig in die Nähe des Verdachts der Korruption oder Sonstigem stellen, ganz nach dem Motto, wer nichts zu verbergen hat, der kann auch alles veröffentlichen.

Interessanterweise, Frau Kollegin Heinold, kehren die Grünen das Prinzip um, welches Sie in ihren rechtsstaatlichen Sonntagsreden immer hochhalten.

(Beifall bei der FDP)

Im Dezember bei der Debatte über das BKA-Gesetz haben wir über gesetzlich geschützte Vertrauensverhältnisse gesprochen. Die können auch berührt sein, wenn Mandatsträger ihre Einkünfte sämtlichst offenlegen müssen. Würde dieser Schutz eingeschränkt, dann nähme die Neigung vieler Berufsgruppen ab, sich für eine Tätigkeit im Parlament zu bewerben.

Wenn man an die Anspielungen des Kollegen Stegner oder anderer im Parlament auf Reiche denkt, dann weiß man, worüber wir reden. Jemand, der

(Klaus-Peter Puls)

keine andere Beschäftigung hat, sondern nur die des Abgeordneten, hat auch keine Probleme, das zu veröffentlichen. Alle anderen müssen sich dafür rechtfertigen, dass sie andere Einkünfte haben und möglicherweise das Amt nicht so ausüben, wie Frau Heinold meint, dass man das Amt ausüben sollte. Da gilt auch der Grundsatz, sechs Stunden sitzen heißt nicht, dass man ein besserer Abgeordneter ist, als wenn man nur eine Stunde oder eine halbe Stunde sitzt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, nach unserer Auffassung würde diese Regelung extrem kontraproduktiv werden. Wir wollen doch, dass wir die Parlamente insbesondere für die gesamte Bandbreite der Bevölkerung offenhalten. Durch das von den Grünen vorgelegte Gesetz können wir aber tendenziell einen gewissen Bereich der Bevölkerung wie Journalisten, Anwälte, Ärzte oder Unternehmer von dieser Möglichkeit fernhalten.

Man stelle sich vor, ein Mittelständler müsste veröffentlichen, dass es seinem Unternehmen möglicherweise nicht so gut geht, wie wir uns das denken. Das muss er nicht tun, wenn er seine Einkommensverhältnisse aus Nebentätigkeiten nicht offenlegen muss. Wenn er das muss, steht dann darin, was er damit verdient. Ich bitte, intensiv darüber nachzudenken, Herr Kollege Neugebauer.

Ich kann mir schon vorstellen, dass Sozialdemokraten nach den Vorkommnissen in Hessen nicht wollen, dass Parlamentarier einen Beruf ausüben und deshalb ihr Kreuz unabhängig machen können, sondern dass sie von der Zustimmung der Partei abhängig sind. Wir haben gesehen, wie der Druck auf die Abgeordneten in Hessen gewesen ist, nachdem Frau Ypsilanti nicht gefolgt werden sollte.

(Beifall bei FDP und CDU)

Da hieß es immer wieder: Die Konsequenz wird sein, ihr werdet nicht wieder aufgestellt. Das können sich nur Leute leisten, die noch einen eigenen Beruf haben, den sie auch ausüben können.

Ich sage zwei Dinge ganz deutlich. Erstens. Die FDP wird sich auch weiterhin für den Schutz von Vertrauensverhältnissen einsetzen - egal, ob dies im Einzelfall politisch opportun ist. Zweitens. Wir brauchen auch künftig Kolleginnen und Kollegen in diesem Parlament, und zwar mehr denn je, die von wichtigen Sachfragen mehr verstehen als professionelle Protestler ohne Sachverstand.

Wir wollen auch die Grünen davor schützen, nachdem sie nicht einmal die Schuldenuhr des Landes auf ihrem Flur auf den richtigen Stand bringen

konnten, künftig mit falschen Zahlen über Einkommen von Abgeordneten an die Öffentlichkeit zu gehen. Dies als Zusatz zum Thema Abgeordnete mit Sachverstand.

(Beifall bei FDP und CDU)

Wenn Sie alles aus dem Bundestag übernehmen wollen, Frau Heinold, können wir vielleicht darüber reden, wie das mit der Vergütung der Bundestagsabgeordneten ist. Bei der Frage der Diäten und der Pauschalen kommen Sie auch nicht auf die Idee zu sagen, das müsse eins zu eins übernommen werden. Wir haben hier im Land doch andere Regelungsmaterien.

Lassen Sie mich abschließend eines feststellen: Es muss endlich Schluss sein mit der Mär, Kollegin Heinold, die Sie heute wieder insinuiert haben, dass das Bundesverfassungsgericht die Regelungen des Bundestages in dieser Frage für verfassungskonform erklärt hat. Zutreffend ist, dass es bei der Annahmeentscheidung ein Patt gegeben hat.

(Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Das habe ich doch gesagt!)

Damit wurde die Klage nicht angenommen und keine Entscheidung in der Sache getroffen. Ich bitte, zur Kenntnis zu nehmen, dass eine beachtliche Anzahl von Verfassungsrichtern und Rechtskommentatoren mit guten Gründen erklärt hat, warum der von Ihnen vorgeschlagene Weg eher demokratiefeindlich als demokratiefördernd ist.

(Peter Lehnert [CDU]: So ist es!)

Eine richtige Entscheidung hat hingegen der Innenund Rechtsausschuss getroffen. Das will ich ausdrücklich sagen. Er hat die Initiative der Grünen abgelehnt. Dabei wird es auch heute bleiben.

(Beifall bei FDP und CDU)

Für die Abgeordneten des SSW hat die Vorsitzende, Frau Abgeordnete Anke Spoorendonk, das Wort.