Protokoll der Sitzung vom 29.01.2009

Gemeinsame Beratung

a) Zweite Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Landesministergesetzes (Nebentätigkeiten)

Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 16/1663

b) Zweite Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Landesbeamtengesetzes (Nebentätigkeiten)

Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 16/1664

c) Zweite Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Schleswig-Holsteinischen Abgeordnetengesetzes (Nebentätigkeiten)

Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 16/1665

d) Zweite Lesung des Entwurfs einer Änderung der Verhaltensregeln für die Abgeordneten des Schleswig-Holsteinischen Landtags

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 16/1668

Bericht und Beschlussempfehlung des Innen- und Rechtsausschusses Drucksache 16/2349

Ich erteile dem Berichterstatter des Innen- und Rechtsausschusses, Herrn Abgeordneten Werner Kalinka, das Wort.

Herr Präsident! Der Landtag hat die Vorlagen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucksachen 16/1663 bis 16/1665 und 16/1668, durch Plenarbeschluss vom 22. November 2007 federführend an den Innen- und Rechtsausschuss und zur Mitberatung an den Finanzausschuss überwiesen.

Der Innen- und Rechtsausschuss hat sich in sieben Sitzungen mit den Vorlagen befasst und seine Beratungen in seiner Sitzung am 5. November 2008 abgeschlossen.

(Jürgen Feddersen [CDU]: Unglaublich!)

Der Finanzausschuss hat gegenüber dem federführenden Innen- und Rechtsausschuss von einem Votum zum Gesetzentwurf zur Änderung des Schleswig-Holsteinischen Abgeordnetengesetzes und zum Antrag der Fraktion zur Änderung der Verhaltensregeln für die Abgeordneten des Schleswig-Holsteinischen Landtages abgesehen, weil mit beiden Vorlagen keine finanziellen Auswirkungen auf den Landeshaushalt verbunden seien.

Der federführende Innen- und Rechtsausschuss empfiehlt mit den Stimmen von CDU, SPD und FDP gegen die Stimme der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN dem Landtag, alle vier Vorlagen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN abzulehnen.

Ich danke dem Herrn Berichterstatter. - Wortmeldungen zum Bericht? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Frau Abgeordnete Monika Heinold.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Deutsche Bundestag hat es vorgemacht. Seit Juli 2007 werden auf der Internetseite des Deutschen Bundestages die Nebentätigkeiten der Abgeordneten und die Einkünfte aus den Nebentätigkeiten veröffentlicht. Das Gesetz dazu trat bereits im Oktober 2005 in Kraft. Die Abgeordneten hatten drei Monate Zeit, ihre Einkünfte gegenüber dem Präsidenten offenzulegen.

Innerhalb dieser Frist erhoben neun Abgeordnete Klage beim Bundesverfassungsgericht. Die Kläger aus unterschiedlichen Fraktionen argumentierten mit dem Datenschutzgesetz und mit dem sich daraus ableitenden Vertrauens- und Mandantenschutz.

(Präsident Martin Kayenburg)

Würden sie die Höhe ihrer Einnahmen veröffentlichen, gefährde dies Dritte, nämlich die Mandanten aus ihrer selbstständigen Nebentätigkeit. Auch sahen die Kläger durch die Offenlegung Wettbewerbsnachteile für sich und ihre Tätigkeit, da Konkurrenten Einblick erhielten, beispielsweise in die unternehmerische Tätigkeit der Abgeordneten.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: So ist das!)

Am 4. Juli 2007 entschied das Bundesverfassungsgericht schließlich, die Klage abzuweisen. Seither werden alle Einkünfte der Bundestagsabgeordneten entsprechend der in Kraft getretenen Neuregelung im Internet veröffentlicht.

Mit unserem Gesetzentwurf schlagen wir vor, die für den Bundestag bestehende Regelung nun auch für den Schleswig-Holsteinischen Landtag zu übernehmen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben uns extra entschieden, das Berliner Modell eins zu eins zu übernehmen, um von Anfang an eine rechtlich sichere und schon geprüfte Lösung auf dem Tisch zu haben. Danach müssen alle Angaben zur beruflichen Tätigkeit vor der Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag, entgeltliche Tätigkeiten neben dem Mandat sowie Funktionen in Unternehmen, Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts angezeigt werden. Auch Funktionen in Vereinen, Verbänden und Stiftungen sind anzeigepflichtig, genauso wie Beteiligungen an Kapitaloder Personengesellschaften und Vereinbarungen über künftige Tätigkeiten oder Vermögensvorteile.

Die Angaben erfolgen für jede Tätigkeit in drei Stufen. Stufe 1 erfasst einmalige oder regelmäßige monatliche Einkünfte in einer Größenordnung von 1.000 bis 3.500 €, Stufe 2 erfasst Einkünfte bis 7.000 € und Stufe 3 Einkünfte über 7.000 €.

Verstöße gegen die Verhaltensregeln können durch ein Ordnungsgeld sanktioniert werden, das bei Verschulden bis zu 44.000 € betragen kann.

Damit hat der Bundestag eine praktikable Lösung gewählt. Wir Grünen sind der Meinung, dass die Wählerinnen und Wähler einen Anspruch darauf haben zu erfahren, ob ihre Abgeordneten Nebentätigkeiten ausüben, welche das sind und wie viel Geld sie damit verdienen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abgeordneten Lars Harms [SSW])

Diese Transparenz soll dazu dienen, das Vertrauen in die Politik zu stärken und mögliche Interessenskonflikte zwischen Politik, Verbänden und einzel

nen Unternehmen aufzuzeigen. Wer das von uns eingebrachte Gesetz ablehnt, verweigert den Bürgerinnen und Bürgern genau diese Transparenz.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Dr. Heiner Garg [FDP]: Das hätten Sie gern!)

Gerade angesichts der schon bestehenden Skepsis der Bevölkerung gegenüber Politikern wäre das ein fatales Signal. Schon jetzt ist das Ansehen von uns Politikern in der Bevölkerung nicht sehr hoch.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Das kann ich gut verstehen!)

Wenn wir dem entgegenwirken wollen, wenn wir Glaubwürdigkeit zurückgewinnen wollen, müssen wir auf die Bürgerinnen und Bürger zugehen und ihnen neue Angebote machen. Dazu bietet die Veröffentlichung von Nebentätigkeiten eine gute Möglichkeit, denn für die Bürgerinnen und Bürger wäre dann ablesbar, wie unabhängig ihre gewählten Mandatsträgerinnen und Mandatsträger sind.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Die Frage ist, von wem unabhängig!)

Dass CDU, SPD und FDP dieses Gesetz heute ablehnen wollen, ist ein Armutszeugnis.

(Beifall des Abgeordneten Karl-Martin Hent- schel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Sie dokumentieren damit, dass Sie sich von den Bürgerinnen und Bürgern nicht in die Karten schauen lassen wollen. Das ist ein denkbar schlechtes Signal, um Vertrauen und Glaubwürdigkeit in die Politik zurückzugewinnen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Für die Fraktion der CDU hat Herr Abgeordneter Werner Kalinka das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ziel der Gesetzesinitiative von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ist a), die Einkünfte aus beruflichen Tätigkeiten und Nebentätigkeiten zu erfahren, und b), dies öffentlich zu machen. Tatsache ist: In SchleswigHolstein besteht schon jetzt eine Anzeigepflicht von Nebentätigkeiten außerhalb des Mandats. Dies folgt aus dem Abgeordnetengesetz, und dies folgt aus den 1995 vom Landtag verabschiedeten Verhaltensregeln. Herr Präsident, wenn ich dies alles vorlesen würde, wäre meine Redezeit von fünf

(Monika Heinold)

Minuten vorbei. Deshalb muss ich leider darauf verzichten.

(Zuruf der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

- Dies alles steht schon darin, Frau Kollegin Heinold. Es besteht eine umfassende Anzeigepflicht gegenüber dem Landtagspräsidenten über vorliegende und fortgesetzte Tätigkeiten. Sie umfasst auch daraus resultierende Leistungen. Finanzielle Grenzen sind festgelegt. Wer dagegen verstößt, hat mit Sanktionen zu rechnen.

Ähnliche Forderungen haben Sie an die Minister und Staatssekretäre gerichtet. Die Landesregierung hat auf Ihre Anfrage in Drucksache 16/1531, Kleine Anfrage der Abgeordneten Heinold aus dem Jahre 2007, umfassend und detailliert geantwortet. Für jeden Minister, Herr Kollege Stegner, steht dort, was er abgeführt hat. Sie haben zum Beispiel 2004 14.145 € an die Landeskasse abgeführt. Es steht alles darin, was man dazu wissen will. Ihre Forderung geht angesichts der faktischen Übererfüllung durch die Landesregierung ins Leere. Die Landesregierung hat zudem mitgeteilt, dass sie weiter detailliert Auskunft geben und das weiterhin so handhaben will. Frau Kollegin, es besteht also schlichtweg kein Handlungsbedarf.

(Beifall bei CDU und FDP)

Dies gilt auch für die Abgeordneten. Aber ich möchte doch einige kurze zusätzliche Anmerkungen dazu machen.

Eine umfassende, detaillierte Veröffentlichung von beruflichen Daten ist ein unangemessener Eingriff in die Privatsphäre. Wer will, kann dies ja tun; es hindert ihn niemand daran.