Protokoll der Sitzung vom 29.01.2009

Damit komme ich zu dem wirklichen Treppenwitz dessen, was ich letzte Woche gehört habe, dass die FDP vorgeschlagen hat, ausgerechnet in dieser Zeit eine Privatisierung der Sparkassen via Aktiengesellschaften zu fordern, das heißt just jene Elemente abzuschaffen, die jetzt stabilisierend wirken. Wir hätten dann auch dort Renditeorientierung statt Gemeinwohlorientierung, wir hätten Kundenselektion statt das Konto für jedermann, und wir hätten krisenanfällige internationale Abhängigkeit statt einen sicheren Anlagehafen.

(Beifall bei der SPD)

Wohin würden wir kommen, wenn das in diesem Haus mehrheitsfähig wäre! Die FDP hat in NRW einsehen müssen und hat das dort mit ihrem Koalitionspartner auch ein Stück weit geändert, dass man die Sparkassen nicht ihrer eigenen Gestaltungsmacht berauben und sie mittelfristig privatisieren kann. Vielleicht können Sie da ja von Ihren Parteifreunden lernen.

Statt die Sparkassen ihrer Grundlagen zu berauben, müssen wir sie erhalten. Wir sollten jedoch aus der jetzigen Krise lernen, wie wichtig Institutionen sind, die sich dem renditefixierten Verwertungsinteresse entziehen. Wir sollten aber auch darauf achten, dass diese Institutionen das auch tatsächlich tun.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Gegner hatten und haben unsere so schön rot leuchtenden Sparkassen viele, in Brüssel, bei Privatbanken. Sie haben auch fragwürdige und ganz illiberale rechtliche Zwangsbeglücker. Wahre politische Freunde sind da schon rarer gesät. Ich sage das ganz bewusst und gerade in diesen Zeiten: In Sachen Sparkassen bleiben die Sozialdemokraten eine sichere Bank!

(Beifall bei der SPD)

Ich danke Herrn Dr. Stegner und erteile für die FDP-Fraktion dem Herrn Oppositionsführer Wolfgang Kubicki das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich hatte mir von der heutigen Debatte einiges erhofft und bin bedauerlicherweise enttäuscht. Ich bin auch enttäuscht darüber, dass CDU und SPD offen

(Dr. Ralf Stegner)

sichtlich mit dem zufrieden sind, was sie gehört haben, oder mit sich selbst zufrieden sind. Entweder es stimmt, dass die Sparkassen vor enormen Problemen stehen, die einen dringenden Handlungsbedarf beinhalten. Dann müssen wir alsbald etwas tun, denn im März brauchen wir nichts mehr zu tun, dann haben wir alles hinter uns. Oder es stimmt nicht, wie der Minister es gesagt hat; den Sparkassen geht es gut, sie haben genug eigene Substanz, die brauchen nicht unbedingt neues Eigenkapital. Dann brauchen wir die Debatte eigentlich auch nicht. Dann frage ich mich, was eigentlich an Sondersitzungen des Kabinetts vor Weihnachten und großen Erklärungen des Ministerpräsidenten, nach tiefem Nachdenken, Rettungsschirme für die Sparkassen zu spannen, gewesen ist.

(Zuruf des Abgeordneten Günter Neugebauer [SPD])

- Herr Kollege Neugebauer, dass man in sozialistischer Verharrung die Umwandlung in eine private Rechtsform bereits für ein Übel hält, habe ich ja begriffen. Das war übrigens bei der HSH Nordbank anders. Die ist auch in einer privaten Rechtsform, nämlich als AG, gegründet worden, ohne dass jetzt jemand auf die Idee kommt, das sei eine Bank, von der man sich sofort verabschieden müsste. Ich höre doch immer, welche solidarischen Erklärungen hier von Sozialdemokraten gegeben werden. Das heißt, die Rechtsform sagt noch nichts darüber aus, welche Aufgaben zu erfüllen sind. Aber ich sage, die private Rechtsform ermöglicht es, Kapital auf eine Art und Weise zuzuführen, die sonst nicht möglich ist. Unsere Auffassung ist, dass wir das den Eigentümern der Sparkassen, den kommunalen Trägern und dem Sparkassen- und Giroverband, überantworten sollten und dass wir nicht so tun sollten, als sei das Parlament der Ort, an dem diese Entscheidungen getroffen werden müssten.

(Beifall bei der FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Lage der Sparkassen ist ernst. Es gibt besonders eine Sparkasse, deren Lage besonders ernst ist, wie öffentlich kommuniziert wird. Das kann möglicherweise auch daran liegen, dass sie in der Vergangenheit eine Geschäftspolitik betrieben hat, die mit ihrem Auftrag nicht in Übereinstimmung steht.

(Beifall bei FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich hätte mich ja gefreut, wenn sich Sozialdemokraten und Christdemokraten hingestellt und gesagt hätten, der Verkauf von Krediten an Heuschrecken - Lonestar - sei etwas Schlimmes gewesen und

beinhalte, dass man sich möglicherweise mit dem Vorstand der Sparkassen und ihrem Geschäftsmodell näher beschäftigt. Die Tatsache, dass die Sparkasse mit Kampfkonditionen, die zu immensen Verlusten führen, den mit ihr im Wettbewerb stehenden Volksbanken und Raiffeisenbanken Kunden abspenstig machen will, muss doch die Frage auslösen, ob der Staat, ob wir als Land anschließend dafür einstehen sollen, dass sie mit solchen Methoden am Markt operiert.

(Beifall bei der FDP)

Herr Kubicki, erlauben Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Kalinka?

Selbstverständlich.

Herr Kollege, können Sie sich vorstellen, dass es gelegentlich unterschiedliche Interessen und Auffassungen zwischen dem Träger einer kommunalen Sparkasse und dem Verband geben könnte?

- Herr Kollege Kalinka, das kann ich mir vorstellen. Das wünsche ich mir sogar, weil sie unterschiedliche Interessen zu vertreten haben. Bisher bin ich allerdings der Auffassung gewesen - da fühle ich mich bestätigt -, dass jedenfalls Abgeordnete überwiegend Ihrer Fraktion die Interessen des Sparkassen- und Giroverbandes und nicht die der Sparkassen vertreten. Anders kann ich mir bestimmte Äußerungen von Vorständen von Sparkassen, abweichend vom Sparkassen- und Giroverband und abweichend zu Ihrer Haltung, nicht erklären.

Herr Kollege, abgesehen davon, dass das keine Antwort war

- Das war eine Antwort.

- nein -, würden Sie mir zumindest zustimmen, dass zur Regelung dieser Dinge gegebenenfalls der Gesetzgeber aufgefordert ist, um allen eine einheitliche Chance zu geben?

- Es war eine Antwort; die mag Sie nicht befriedigen, aber es war eine Antwort. Die Antwort lautet schlicht und ergreifend: Ich gehe davon aus, dass der Sparkassen- und Giroverband und das Parlament beziehungsweise die CDU-Fraktion und die kommunalen Träger unterschiedliche Auffassungen haben, weil sie unterschiedliche Interessen zu vertreten haben. Das war die Antwort.

(Wolfgang Kubicki)

(Zuruf)

- Wir können uns lange darüber unterhalten, wer im Sparkassen- und Giroverband sitzt. Ich bin dankbar, dass der SGV in der Diskussion deutlich weiter ist als die regierungstragenden Fraktionen. Ich habe auf den Vorschlag der FDP-Fraktion eine Reihe von Mails bekommen, das sei ein interessanter Aspekt, den sollte man weiter verfolgen, was die Zukunftsfähigkeit der Sparkassen angeht. Ich könnte das ja zitieren. Leuten, die sich hier hinstellen und sagen, dass sei die Ausgeburt allen Übels, würde ich raten, einmal darüber nachzudenken.

Lassen Sie mich jetzt auf die Situation der Sparkassen zurückkommen, die einen verwundert, wenn man im parlamentarischen Bereich länger tätig ist. Am 13. Dezember 2008 konnten wir in den Zeitungen von einem Krisentreffen des Kieler Kabinetts zur Lage der Sparkassen lesen. Es hieß, die Landesregierung gehe davon aus, dass die Mehrzahl der landesweit 15 Sparkassen in der Folge der Krise bei der HSH in massive Probleme geraten könnte. Es wurde über einen Verlust von 200 Millionen € spekuliert. Hinzu kämen weitere 40 Millionen € Dividendenausfall durch die Beteiligung an der HSH. Auf dem Spiel stehe damit bei den meisten Sparkassen die Fähigkeit, kleinere und mittlere Betriebe zwischen Nord- und Ostsee mit Krediten zu versorgen. Die Landesregierung wolle jetzt schnell handeln, bis Ende Januar - so ist in den Zeitungen des 13. Dezember 2008 zu lesen - sei alles unter Dach und Fach, ließ der Ministerpräsident verlauten.

Wir haben jetzt Ende Januar 2009, und wir hören, dass man über irgendwelche Sachen noch debattiert.

Am 3. Januar 2009 - das muss man zitieren - berichtete dann der „Schleswig-Holsteinische Zeitungsverlag“, dass zwischen Landesregierung und Sparkassen eine Garantieerklärung erarbeitet worden sei. Die Sparkassen sollten ihren 14,8-%Anteil an der HSH behalten, und der Wert in Höhe von 700 Millionen € solle garantiert werden.

Herr Koch, ich will den Unterschied zwischen Bürgschaft und Garantieerklärung momentan nicht erklären. Bürgschaften kann man für Garantieerklärungen gar nicht abgeben. Das sind die Erklärungen, dass man bei der Kreditvergabe für den Fall eintreten will, dass der Schuldner ausfällt. Hier geht es um eine Wertgarantie im Unterschied zu einer Bürgschaft. Darauf komme ich nachher noch einmal zurück. Wenn Sie diese Wertgarantie nicht spä

testens Ende Februar 2009 abgeben, brauchen die Sparkassen diese Garantieerklärung nicht mehr.

(Beifall bei der FDP)

Eine Laufzeit der Garantie bis zum Jahr 2013 wurde vereinbart, so war zu lesen. Danach soll ein eventueller Gewinn mit den Sparkassen wieder geteilt werden. Aber offenbar hat die Landesregierung bei der Erarbeitung weder mit den Regierungsfraktionen noch mit dem Sparkassenverband gesprochen. Lassen Sie mich den Ministerpräsidenten zitieren. Ich bedauere, dass er nicht hier ist; ansonsten würde ich ihn beglückwünschen dafür, dass er einen solchen Kommentar abgegeben hat. Am 3. Januar 2009 kommentiert Stefan Richter im „sh:z“:

„Zu den Stärken des Landes gehört der berühmte kurze Draht. Gerade in der Krise kann das direkte Gespräch offenbar Wunder bewirken. Drohte auch dem schmucken Sparkassendampfer des Landes noch vor wenigen Wochen Wassereinbruch, weil der Eisberg HSH Nordbank auf sie zutrieb, so herrscht jetzt auf der Kommandobrücke eitel Sonnenschein. Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Peter Harry Carstensen ist ein Coup gelungen.“

Es heißt weiter:

„Solche Lösungen“

- also nicht der Versuch, sie zu erarbeiten

„setzen Vernunft und Augenmaß voraus. Sowohl Carstensen als auch Sparkassenpräsident Jörg-Dietrich Kamischke haben sich nicht zu falschem Aktionismus hinreißen lassen. Während ihnen mangelndes Krisenmanagement vorgeworfen wurde, schmiedeten sie ein Konzept, das allen Luft verschafft.“

Ich kann sagen: Bisher haben wir nur heiße Luft.

(Beifall bei FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abgeordneten Günter Neugebauer [SPD] und Lars Harms [SSW])

In einem Punkt - ich bedauere, dass ich das machen muss - stimme ich Ihnen ausdrücklich zu, Herr Kollege Stegner. Sie haben erklärt, Blankoschecks, durch die die Risiken allein auf das Land abgewälzt würden, darf es nicht geben. So habe ich Sie auch heute verstanden. Bei Ihnen geht jetzt auch Gründlichkeit vor Schnelligkeit. Dabei haben wir wiederum ein Problem. Den Sparkassen muss, damit ihnen in dieser entscheidenden Frage überhaupt geholfen werden kann, spätestens im März geholfen werden.

(Wolfgang Kubicki)

Ansonsten ist die Rückholung auf die Bilanz zum 31. Dezember 2008 rechtlich ausgeschlossen. Das bedeutet auch für das Parlament - Herr Minister, das gilt übrigens auch für das, was Sie mit der HSH Nordbank vorhaben -: Sie können nicht erwarten, dass sich Parlamentarier hinsetzen, eine Tischvorlage bekommen und innerhalb von zwei Tagen darüber entscheiden, dass dieses Land mit Millionenbeträgen beglückt werden soll und der Haushaltsgesetzgeber des Jahres 2010 bis 2015 belastet wird. So funktioniert das nicht.

(Beifall bei FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich habe die Beiträge des Kollegen Koch und des Kollegen Dr. Stegner so verstanden, dass jedenfalls aus dem Land Schleswig-Holstein mit einer weiteren Eigenkapitalzuführung nicht zu rechnen ist. Es ist hier erklärt worden: Das Geld haben wir nicht. Verschulden wollen wir uns dafür nicht. Damit ist für die weiteren Planungen, was noch passieren soll, klar -

(Minister Rainer Wiegard: Die Planungen machen wir erst einmal! Dann kann darüber entschieden werden!)

- Ich habe das von den beiden regierungstragenden Fraktionen so vernommen. Es kann sein, dass das anders wird. Das werden wir in drei Wochen ja sehen. Ich sage Ihnen nur: Meine Fraktion - ich bin auch sicher, kein anderer Schleswig-Holsteiner wird nicht verstehen, dass Sie innerhalb kurzer Zeit Milliardenbeträge in die HSH Nordbank hineinpumpen und uns erklären, man könne den Sparkassen ihren Anteil zu einem fairen Preis nicht abkaufen.

(Beifall bei der FDP)