Protokoll der Sitzung vom 27.02.2009

(Beifall der Abgeordneten Holger Astrup [SPD] und Günter Neugebauer [SPD])

Die Wahrheit ist, dass es immer im Einzelfall geprüft worden ist. Das war schon früher so, und das ist, glaube ich, auch jetzt so. Es ist immer im Einzelfall geprüft worden. In vielen Fällen hat es sich als sinnvoll herausgestellt, dass man die Ein-MannStationen mit anderen zusammenlegt und dann Drei-Mann-Stationen einrichtet, weil die DreiMann-Stationen eine Rund-um-die-Uhr-Präsenz 24 Stunden, sieben Tage die Woche - ermöglichen.

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

- So der Bericht. Ich kann an dieser Stelle nur den Bericht zitieren. Bei Ein-Mann-Stationen ist es immer zufällig, ob man jemanden antrifft oder nicht. Die Erfahrungen - im Bericht sind verschiedene Beispiele genannt - durch Zusammenlegungen waren fast überall immer positiv. Ich glaube, es ist im Nachhinein kein negativer Fall berichtet worden. Ich weiß auch nicht, in wie vielen Fällen Stellen, wenn Beamte aus Ein-Mann-Stationen in Pension gegangen sind, wieder neu besetzt worden sind. Mir ist kein Fall bekannt.

Von daher glaube ich, hier ist mehr Populismus betrieben worden, als man sich wirklich mit den realen Problemen auseinandergesetzt hat.

(Beifall des Abgeordneten Günter Neugebau- er [SPD])

Man sollte auch in diesen Fragen zu pragmatischen Lösungen kommen. Das hat der Minister vorgeschlagen.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Sie hätten früher mal ein bisschen mehr Polizeiarbeit machen sollen!)

- Ja, ja. Sie sind ein erfahrener Polizist, das weiß ich.

Zu der Frage der Kernaufgaben: Die Polizei ist sehr belastet, das wissen wir. Die Belastung hat

(Thomas Rother)

noch zugenommen. Diesem Problem müssen wir uns stellen. Die Steigerung der Belastung hängt mit der Steigerung des Gewaltpotenzials zusammen, die im Zusammenhang mit polizeilichen Einsätzen festzustellen ist, aber auch mit der zunehmenden Notwendigkeit der Präsenz bei Großveranstaltungen, zum Beispiel bei Fußballspielen an Wochenenden und ähnlichen Dingen. Da ist zu überlegen, ob es in den Bereichen noch eine Aufgabenentlastung geben kann, die tatsächlich dazu führt, dass sich die Polizei auf ihre Kernaufgaben konzentrieren kann. Ob das möglich ist - dazu ist in der Vergangenheit ja schon einiges passiert, zum Beispiel im Bereich der Verkehrspolizei -, muss diskutiert werden. Wir sind für solche Diskussionen offen.

Zum Schluss eine Anmerkung: Ich bin jetzt 13 Jahre im Parlament.

(Zuruf von der CDU: Was, so lange schon? - Wolfgang Kubicki [FDP]: Wir werden Sie vermissen, Herr Hentschel!)

- Ja, das kann ich mir vorstellen, aber das stört mich nicht so sehr.

Ich habe in diesen 13 Jahren als grüner Parlamentarier viel mit der Polizei zu tun gehabt.

(Heiterkeit und Beifall)

Ich habe festgestellt, dass sich die schleswig-holsteinische Polizei in besonderer Weise dadurch auszeichnet, dass bei der Ausbildung und auch bei der Führung der Polizisten auf Bürgerfreundlichkeit Wert gelegt wird. Das ist ein Markenzeichen, das in Schleswig-Holstein deutlich stärker ausgeprägt ist als in anderen Bundesländern. Das ist auch ein Markenzeichen, das von der Polizei sehr bewusst in der Ausbildung und in der Führung immer praktiziert worden ist.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Ich glaube, dass dieses Markenzeichen auch dazu führt, dass das Verhältnis zwischen Polizei und Bürgern entspannter ist und dass viele Bürger tatsächlich auch in der Polizei den Freund und Helfer sehen - wie man das immer so schön sagt - und nicht den bedrohlichen Polizisten, der sozusagen ständig als Sheriff an der Ecke steht.

Ich glaube, dass das sowohl für die Bürger als auch für die Polizisten ein unschätzbarer Vorteil ist. Ich bedanke mich außerordentlich bei der Polizei, bei der Polizeiführung dafür, dass das gelungen ist. Ich glaube, das ist ein unschätzbarer Beitrag zur Demokratie.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Ich danke Herrn Abgeordneten Karl-Martin Hentschel. - Das Wort für den SSW im Landtag hat deren Vorsitzende, Frau Abgeordnete Anke Spoorendonk.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Während die Arbeit der Reformkommission III durch einen sehr breiten und transparenten Entscheidungsprozess gekennzeichnet war, ist die Strategie 2012 das Ergebnis einer Problemanalyse der Polizeiführung der Landespolizei. Durch die Empfehlungen des Landesrechnungshofs zur Schließung von kleinen Polizeistationen im ländlichen Raum in den Jahren 2005 und 2007 und die sich daraus ergebende Kritik waren Reibungsverluste bei der Erarbeitung der Strategie 2012 bereits vorprogrammiert - sowohl intern in der Polizei als auch extern im Verhältnis von Polizei und Politik. Das zeigte unter anderem die Debatte in diesem Haus, die wir hierzu 2007 geführt haben.

Der SSW begrüßt vor diesem Hintergrund, dass sich der Innenminister nunmehr öffentlich gegen den weiteren Rückzug der Polizei aus der Fläche ausgesprochen hat. Für die polizeiliche Präsenz vor Ort spricht nicht nur das Argument der Bürgernähe; dafür sprechen auch ganz handfeste, kriminalpräventive Gründe. Daher erwarten wir, dass auch für die Polizeistation in Langenhorn eine angemessene Lösung gefunden wird.

(Beifall beim SSW sowie vereinzelt bei CDU und FDP)

Begrüßenswert ist auch, dass der Innenminister bei der Vorstellung des Berichts zur Strategie 2012 angekündigt hat, dass es vorerst keine weiteren Polizeireformen geben wird. Wir haben bereits die ausführlichen Veränderungsvorschläge aus der Reformkommission III, die erst einmal Wirkung zeigen müssen, bevor die Polizei sozusagen mit weiteren Vorhaben zugeschüttet wird. Das ist eine vernünftige, vertrauensbildende Maßnahme, die nicht im Widerspruch zu einer sinnvollen Umsetzung dezentraler Reformmaßnahmen steht.

(Beifall beim SSW)

Was wir nicht wollen, ist, dass der Polizei immer neue Aufgaben zugeschoben werden und sich die

(Karl-Martin Hentschel)

Arbeitsbedingungen für die einzelnen Polizistinnen und Polizisten weiter verschlechtern.

Schleswig-Holstein ist mit seiner Ausbreitung in der Fläche und in den Städten ein sehr heterogenes „Polizeiland“, das spricht von vornherein gegen eine Zentralisierung der Polizei.

(Beifall bei SSW, FDP und des Abgeordne- ten Werner Kalinka [CDU])

Stattdessen sollte es darum gehen, regionale Besonderheiten zu berücksichtigen und individuelle Reformen zuzulassen. Neben der notwendigen Dezentralisierung polizeispezifischer Entscheidungen zeigt die Strategie 2012, dass die Polizei bis an die Kapazitätsgrenzen ausgelastet ist.

Die Polizei Flensburg hat aber eindrucksvoll bewiesen, dass es durch die funktionale Gliederung der Aufgaben und die Optimierung der Dienststellen möglich ist, Freiräume für die präventive Arbeit zu schaffen. Präventive Arbeit heißt dabei nicht einfach, durch Präsenz abschreckend zu wirken, sondern aktiv im Bereich der einfachen Kriminalität und Gewalt in den Stadtteilen vorzubeugen. Das Modell der Stadtteilpolizei ist ein voller Erfolg.

Mir ist bewusst, dass sich das Flensburger Modell nicht eins zu eins auf andere Städte übertragen lässt. Es zeigt aber zum einen, wie wichtig die Einrichtung eines selbstständigen Aufgabenbereichs Prävention ist, zum anderen macht es deutlich, was mit maßgeschneiderten Lösungen vor Ort erreicht werden kann. Ich denke, darum geht es. Keiner will die Polizei nicht weiterentwickeln, aber ich denke, es muss Schluss damit sein, dass von oben gesagt wird, wie sich die gesamte Landespolizei weiterentwickeln soll.

(Beifall bei SSW, SPD und der Abgeordne- ten Herlich Marie Todsen-Reese [CDU])

Aus dem Abschlussbericht zum Projekt „Polizei 2012“ geht zudem hervor, wie wichtig eine Weiterentwicklung der polizeilichen Aus- und Fortbildung ist. Es ist ja schon mehrfach angesprochen worden. Gerade im Bereich Prävention gibt es bisher zu wenig Angebote für die Vernetzung mit Behörden und sozialen Einrichtungen. Insgesamt würde es die Attraktivität des Polizeiberufs stärken, wenn der Innenminister - wie angekündigt - die Ausbildung straffen würde, zum Beispiel durch die Aufhebung der doppelten Ausbildung für den mittleren und gehobenen Dienst. Ich erwarte, Herr Minister, dass Sie dazu im Ausschuss Näheres berichten können.

Zu einer Modernisierung der Polizeiausbildung gehört aber auch, dass die Ausbildungsstätte modernisiert wird.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Das stimmt!)

Das wissen diejenigen, die an der Podiumsdiskussion in Eutin letztens teilgenommen haben. Die Unterbringung ist ganz einfach nicht mehr zeitgemäß. Die Sanierung der Gebäude in Eutin darf nicht auf die lange Bank geschoben werden. Dafür müssen wir eine Lösung finden. Denn auch hier gilt natürlich der alte Spruch: Wer arm ist, sollte zumindest schlau sein. Das soll heißen: Schleswig-Holstein wird sich in den kommenden Jahren verstärkt um Polizeinachwuchs bemühen müssen. Die Gehaltsaussichten sind so, dass sie für die meisten Polizeianwärter nicht als Motivation herhalten können. Daher muss es im Interesse aller sein, dass der Beruf an sich so attraktiv wie möglich gestaltet wird angefangen mit dem Ort der Ausbildung. Ich denke, auch das wird Thema der Ausschussberatung sein.

(Beifall bei SSW, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und vereinzelt bei der SPD)

Ich danke der Frau Abgeordneten Spoorendonk. Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung. Es ist Ausschussüberweisung beantragt worden. Es ist beantragt worden, den Bericht der Landesregierung, Drucksache 16/2452, dem Innen- und Rechtsausschuss zur abschließenden Beratung zu überweisen. Wer dem zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. Das ist einstimmig so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 22 auf:

Abschaffung der Bedarfsgemeinschaften

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 16/2484

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann eröffne ich die Aussprache und erteile für die antragstellende Fraktion Frau Abgeordneter Angelika Birk das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Klar, jetzt warten wir alle auf das Mittagessen.

(Vereinzelter Beifall)

(Anke Spoorendonk)

Es tut mir leid, dass es ein bisschen später geworden ist, aber ich möchte über eine große Bevölkerungsgruppe sprechen, die am Monatsende leider kein Geld mehr zum Mittagessen hat, die dann noch ein bisschen länger warten muss, nämlich bis zum Anfang der nächsten Woche, bis wieder etwas auf dem Konto ist. Denn wer auf soziale Transferleistungen angewiesen ist, um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten, befindet sich genau in dieser unangenehmen Situation.