Protokoll der Sitzung vom 25.03.2009

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der vorliegende Nachtragshaushalt ist aber nicht nur illusionär, sondern er stellt auch die Weichen in eine falsche Richtung. Sie kürzen im Bildungshaushalt. Von der globalen Minderausgabe sollen 7,3 Millionen € im Bildungsbereich eingespart werden. Das werden wir nicht mittragen. Im Gegenteil, für Betreuung und Bildung brauchen wir dringend einen gemeinsamen Kraftakt.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Eine besondere Peinlichkeit war der Vorschlag, fünf neue Stellen für die Umsetzung des Konjunkturpakets zu schaffen. Ich möchte das einmal erwähnen. Während der Beratung des Nachtragshaushalts hat Frau Abgeordnete Heinold die Frage gestellt, ob die vom Finanzminister angemeldeten Planstellen zur Umsetzung des Zukunftsinvestitionsprogramms nicht von anderen Ressorts zur Verfügung gestellt werden könnten. Das Finanzministerium hat daraufhin eine Umfrage bei den Ressorts durchgeführt. Danach sieht sich insbesondere aufgrund der Einsparvorgaben des Personalkosteneinsparkonzepts und zusätzlicher Aufgaben kein Ressort in der Lage, dem Finanzminister Personal mit Planstellen und Budget zur Verfügung zu stellen.

Fünf Stellen sind nicht zu erbringen, während die Landesregierung erklärt und gerade die CDU erklärt haben, sie wollten 5.000 Stellen einsparen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Birgit Herdejürgen [SPD]: Aber der Ände- rungsantrag kam schon von uns!)

Das ist eine Lachnummer sondergleichen, die Sie hier veranstalten. - Ja, die Regierungsfraktionen haben jetzt einen Änderungsantrag gestellt, dass immerhin drei von diesen fünf Stellen aus dem Haushalt rauskommen.

(Wolfgang Kubicki)

(Birgit Herdejürgen [SPD]: Zwei davon sind EU-finanziert!)

Ich finde, das ist eine grandiose Leistung. Warum haben Sie denn die anderen zwei Stellen nicht auch noch herausgenommen?

(Birgit Herdejürgen [SPD]: Die sind EU-fi- nanziert!)

Wenn der Wirtschaftsminister-

(Zurufe)

Wenn jemand Kommentare machen möchte, dafür gibt es Dreiminutenbeiträge!

Wenn es ausgerechnet der Wirtschaftsminister nicht schafft, zwei Stellen durch Abbau an anderer Stelle freizusetzen, frage ich mich doch, wie die Landesregierung überhaupt ihre Einsparvorgaben erbringen will.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Aber, wie das Gescherr, so der Herr, die Staatskanzlei geht mit schlechtem Beispiel voran. Im Jahr 2009 durchbricht der Ministerpräsident wieder einmal seine eigenen Sparvorgaben und nutzt den Nachtragshaushalt zur Aufstockung seines eigenen Etats. - Auch toll!

Eine Frechheit ist auch die Reduzierung des Ansatzes der Zinsausgaben um 14,2 Millionen €. Meine Damen und Herren, das ist kein Beitrag zum Sparen, sondern ein ungedeckter Scheck. Selbst wenn die Zinssätze sinken, Herr Minister, weil die Europäische Zentralbank den Leitzins auf 1,5 % abgesenkt hat, angesichts des Rückgangs der Steuern wird das mit Sicherheit überlagert durch das Wachstum der Neuschulden. Seriöse Finanzpolitik wird hier durch das Prinzip Hoffnung ersetzt.

Die Landesregierung ist vollends handlungsunfähig geworden. Was Sie hier vorlegen, ist kein Nachtrag, sondern eine Verweigerung, die Wirklichkeit überhaupt zur Kenntnis zu nehmen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir werden deshalb den Antrag ablehnen und bitten um Zustimmung zu unserem Antrag, eine mittelfristige Finanzplanung vorzulegen.

Es ist wirklich unglaublich, was Sie hier erzählen, wenn Sie sagen, Sie müssten das noch einmal im Finanzausschuss beraten. Dieser Antrag besteht aus einem einzigen Satz, und der besagt, es soll eine mittelfristige Finanzplanung vorgelegt werden. Das ist erstens Rechtslage, dass das passieren muss, und zweitens ist das bereits im Finanzausschuss beschlossen. Sie wollen das jetzt noch einmal beraten. Wenn Sie nicht einmal mehr in der Lage sind, sich über einen einzigen Satz in Ihrer Großen Koalition zu einigen, dann möchte ich einmal wissen, wo Sie überhaupt noch hin wollen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abgeordneten Dr. Heiner Garg [FDP])

Für die Abgeordneten des SSW im Landtag hat die Frau Vorsitzende Anke Spoorendonk das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der vorliegende Nachtragshaushalt macht einmal mehr deutlich, dass wir es bei Doppelhaushalten mit einem zweischneidigen Schwert zu tun haben. Richtig ist zweifelsohne, dass ein Doppelhaushalt das Verwalten des Landeshaushalts erleichtert, den Zuwendungsempfängern mehr Planungssicherheit gibt und insgesamt das Ziel verfolgt, die Finanzpolitik konzeptioneller zu gestalten. Andersherum gab es aber von Anfang an Kritik gegen die Einführung von Doppelhaushalten, die der SSW nie auf die leichte Schulter genommen hat. Salopp gesagt, muss das Parlament höllisch aufpassen, damit sein Budgetrecht nicht zusehends ausgehöhlt wird, wenn Doppelhaushalte - wie nunmehr geschehen haushaltsrechtlich zur Normalität werden.

Daher haben wir auch bei der Verabschiedung des Doppelhaushalts für die Jahre 2009/2010 den Antrag der FDP unterstützt, der sich gegen eine entsprechende Änderung der Landeshaushaltsordnung aussprach. An den Eckpunkten des Nachtragshaushalts ist zu erkennen, mit welchen Herausforderungen wir es in diesem und im nächsten Jahr zu tun haben werden. Als Stichwort seien die Ergebnisse der Mai-Steuerschätzung genannt, die aus guten Gründen im vorliegenden Nachtragshaushalt noch gar nicht berücksichtigt werden konnten.

Wenn also der Finanzminister bei der Vorlage des Jahresabschlusses 2008 die getroffene Risikovorsorge lobend erwähnt, und diese Risikovorsorge nunmehr im Nachtragshaushalt weitgehend aufge

(Karl-Martin Hentschel)

löst wird, wäre es vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Entwicklung mehr als angebracht, wenn der Landtag bei einer Nachsteuerung im zweiten Haushaltsjahr nicht auf eine neue Initiative der Landesregierung angewiesen wäre. Denn sie allein hat bekanntlich das Initiativrecht für die Erstellung von Nachtragshaushalten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der SSW begrüßt, dass im Nachtragshaushalt die veranschlagten globalen Minderausgaben auf die einzelnen Ressorts verteilt worden sind. Das trägt zu mehr Transparenz bei und macht es auch einfacher, seitens des Finanzausschusses die Auflösung der globalen Minderausgaben zu kontrollieren. Dass dies nicht bei allen Zuwendungsempfängern so angekommen ist, zeigte uns aber Anfang des Jahres die Reaktion des Landesverbandes der Frauenberatungsstellen in Schleswig-Holstein, die angesichts des Haushaltsführungserlasses für 2009 und die auf den Einzelplan 07 entfallenden globalen Minderausgaben befürchteten, dass es trotz der politisch beschlossenen Aufstockung der Mittel für die Frauenarbeit sozusagen durch die kalte Küche zu Kürzungen in diesem Bereich kommen würde. Daher sage ich für den SSW klar und deutlich: Wir werden auf keinen Fall akzeptieren, wenn das Instrument der globalen Minderausgaben dazu genutzt wird, den beschlossenen Doppelhaushalt inhaltlich so zu verändern, dass die Intention des Gesetzgebers dadurch konterkariert wird.

(Beifall beim SSW und der Abgeordneten Angelika Birk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN])

Wir erwarten mit anderen Worten, dass die Ressorts nun endlich damit beginnen, die Arbeit in den einzelnen Ministerien so zu strukturieren, dass Hierarchien abgebaut und Arbeitsabläufe vereinfacht werden. Nur so wird es Luft für Einsparungen und damit auch für die Abarbeitung der globalen Minderausgaben geben.

(Beifall beim SSW und der Abgeordneten Angelika Birk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN])

Ich füge hinzu: Globale Minderausgaben können nicht für alles eingesetzt werden, dazu gibt es eine Rechtsprechung. Ich warne davor, dass man leichtfertig zu inhaltlichen Kürzungen greift.

Dass die regierungstragenden Fraktionen einen Änderungsantrag eingebracht haben, der das anstehende Controlling des Konjunkturprogramms nicht mit weiteren zusätzlichen Personalstellen versieht, findet daher auch unsere Unterstützung. Wie bereits

im Finanzausschuss deutlich gemacht, wird der SSW dem Nachtragshaushalt für 2009/2010 zustimmen. Lieber Kollege Koch, ich bitte Sie, dies zur Kenntnis zu nehmen.

Wir sind uns aber bewusst, dass die Haushaltsrisiken weiterhin sehr ernst genommen werden müssen. Sollte sich die Konjunktur infolge der Finanzkrise so abkühlen, wie von immer mehr Experten befürchtet, geraten wir ganz schnell in die Situation, dass die Kreditobergrenze deutlich überschritten wird und von einem verfassungskonformen Haushalt nun wirklich nicht mehr die Rede sein kann.

Trotz Finanzkrise und HSH Nordbank dürfen die momentan - ich komme zum Schluss, Herr Präsident - düsteren Aussichten für den Landeshaushalt aber nicht dazu führen, dass der Landtag seinen Willen zur politischen Gestaltung sozusagen an der Garderobe des Landhauses abgibt. Sparen ist eben kein Ersatz für Politik. Das heißt, mit den Einsparkonzepten der Landesregierung werden wir uns weiterhin kritisch auseinandersetzen. Wir begrüßen von daher auch den Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zur Vorlage der mittelfristigen Finanzplanung. Wir wollen diesen Nachtragshaushalt, weil wir auch wollen, dass das Zukunftsinvestitionsprogramm schnellstmöglich auf Landesebene umgesetzt wird. Wir brauchen ihn auch, um die Panne bei der Einführung des beitragsfreien Kindertagesstättenjahres heilen zu können. Denn auch dafür tritt der SSW ein.

(Beifall beim SSW und der Abgeordneten Sylvia Eisenberg [CDU])

Zu einem Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 unserer Geschäftsordnung hat Herr Abgeordneter Tobias Koch das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist schön, wie berechenbar unsere Opposition hier im Haus ist. Genau das, was wir heute hier gehört haben, habe ich vorhin mit dem Begriff „fadenscheinige Begründungen“ vorhergesagt. Sie wollen also allen Ernstes auf die 322 Millionen € Investitionshilfe des Bundes verzichten, weil Sie sagen: Wir können das nicht beschließen, solange wir nicht wissen, wie sich die Steuereinnahmen in diesem Jahr entwickeln werden.

(Anke Spoorendonk)

(Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist Quatsch!)

Wir sollen auf 322 Millionen € verzichten, weil Sie sagen, die Regierung hat drei zusätzliche Stellen beantragt, die Regierungsfraktionen haben sie wieder rausgestrichen, deshalb können wir diesem Nachtragshaushalt nicht zustimmen? - Das war genau das, was ich vorhin mit verantwortungslos, mit Regierungsunfähigkeit meinte.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Sehr gut!)

Sie müssen das voneinander trennen. Wir machen einen Schritt nacheinander. Wir setzten jetzt das Konjunkturprogramm um, wir sorgen jetzt für zusätzliche öffentliche Investitionen.

Die Probleme sind uns sehr wohl bewusst; das habe ich vorhin in meiner Rede auch zum Ausdruck gebracht. Deshalb werden wir die mittelfristige Finanzplanung fortschreiben. Das ist inhaltlich völlig unstrittig. Wir werden nur noch einmal im Finanzausschuss darüber zu sprechen haben, wie viel Arbeit sich die Regierung da machen muss und wie umfangreich das Ganze sein soll. Im Grunde geht es doch darum, hier die Zahlen fortzuschreiben, uns eine aktualisierte Tabelle vorzulegen. Ich denke, deshalb können wir das abschließend im Finanzausschuss beraten.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Zu einem weiteren Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung erteile ich der Frau Abgeordneten Monika Heinold das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Kollege Koch, es geht natürlich nicht darum, dass die Landesregierung uns eine aktualisierte Tabelle vorlegt. Genau darum geht es nicht. Weil wir aber nach dem Beschluss des Finanzausschusses befürchten mussten, dass Sie dieses Verständnis haben, haben wir heute noch einmal einen klaren Beschlussantrag vorgelegt. Dieser Beschlussantrag nennt das Wort „mittelfristige Finanzplanung“. Das können Sie nicht einfach umdefinieren. Seit Jahrzehnten gibt es mittelfristige Finanzplanungen und genauso, wie es immer war, soll es auch jetzt eine geben.

Wir sagen, sie soll in der 45. Tagung vorgelegt werden. Herr Koch, wenn das alles eine Selbstverständ