Protokoll der Sitzung vom 25.03.2009

Wir sagen, sie soll in der 45. Tagung vorgelegt werden. Herr Koch, wenn das alles eine Selbstverständ

lichkeit ist, kann der Finanzminister bei seiner Rede gleich sagen: Selbstverständlich wird die Landesregierung in dem üblichen Umfang eine mittelfristige Finanzplanung vorlegen. Er nennt die Sitzung, zu der die Landesregierung diese vorlegen wird. Dann sind wir uns sehr schnell einig.

Herr Koch, Sie sagen, Sie würden alles Schritt für Schritt umsetzen. Was ist denn das für ein Schritt, wenn Sie erst neue Stellen schaffen, um dann im Wahlkampf wieder groß Personaleinsparkonzepte anzukündigen? Was sind denn das für Schritte? Damit können und wollen wir nicht leben.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Landesregierung hat Herr Finanzminister Rainer Wiegard das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist in der Tat sehr erstaunlich, wie sich doch die Anschauungen, die Einsichten, die Forderungen und die Anträge verändern, wenn man im Parlament von der einen Seite auf die andere Seite wechselt.

(Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Da haben Sie ja Erfahrung!)

Das betrifft insbesondere die Grünen.

(Zuruf des Abgeordneten Karl-Martin Hent- schel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

- Ja, Sie müssen sehr viel Erfahrungen damit haben, Herr Kollege Hentschel.

Ich nehme es einmal vorweg: Seit dem ersten Doppelhaushalt, den ich hier vorgelegt habe, sind wir auf Bundesebene in intensiven Verhandlungen zur Änderung des Haushaltsgrundsätzegesetzes, um genau diese Frage zu klären. Wie können wir eine rechtlich saubere Grundlage schaffen, um in den Ländern, in denen es Doppelhaushalte und im zweiten Haushaltsjahr eine Lücke gibt, eine Sicherheit für die Aufstellung einer mittelfristigen Finanzplanung zu schaffen? Frau Heinold, wenn Sie jetzt so klare Kante machen, frage ich mich nachträglich immer noch, warum Sie eigentlich in der Zeit, als Sie regiert haben, das nicht gemacht haben, sondern sich verweigert haben.

(Zuruf der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

- Als ich dies damals gefordert habe, haben Sie sich verweigert.

(Tobias Koch)

(Beifall bei der CDU)

Heute stellen Sie sich als Sauberfrau hin. Das ist doch einfach unredlich! So unredlich ist Ihre Politik.

Das können wir nachvollziehen, und ich will Ihnen das möglicherweise noch an einigen anderen Beispielen aufzeigen.

Ich werde eine mittelfristige Finanzplanung vorlegen, und ich werde Ihnen auch im Finanzausschuss Vorschläge dazu machen, wie wir die mittelfristige Finanzplanung, von der Sie sagen, das war schon immer so in den letzten 40 Jahren, aufstellen.

Ich glaube, dass man auch daran etwas verändern und verbessern kann, nämlich die Aussagekraft. Darüber können wir gern reden. Wenn Sie das nicht wollen, werden wir das mit den anderen Fraktionen dieses Hauses erörtern. Es steht Ihnen frei, sich daran zu beteiligen.

Meine Damen und Herren, kommen wir zum Nachtragshaushalt. Auch hier bin ich sehr erstaunt über die Diskussion der Finanzierungsvorschläge. Wir haben bei zusätzlichen Aufgaben in dieser Dimension und bei dieser Aufgabenstellung, die vor uns liegen, verschiedene Alternativen, wie wir das finanzieren können. Eine Möglichkeit ist: Wir finanzieren das durch Kürzungen an anderer Stelle im Haushalt, sozusagen haushaltsneutral, oder über Steuererhöhungen. Dann muss man sich damit befassen, ob die Wirkung nicht kontraproduktiv gegenüber dem ist, was man eigentlich erreichen will. Die zweite Möglichkeit ist, dass die Mehrbelastung - wie zum Beispiel beim Bund oder bei anderen Ländern - durch neue Kredite zusätzlich gegenfinanziert wird. Dann entsteht kein negativer Gegenimpuls, aber die zukünftigen Haushalte werden durch Zinslasten zusätzlich belastet.

Die Landesregierung hat sich deshalb für die dritte Möglichkeit entschieden, nämlich die erforderlichen Investitionen aus der in den letzten beiden Jahren gebildeten Risikovorsorgerücklage zu finanzieren und damit eine weitere zusätzliche Verschuldung für diesen Zweck zu vermeiden. Der bestehende finanzielle Spielraum, den wir hier erreicht haben, ist das Ergebnis der letzten beiden Haushaltsjahre, in denen wir aus überdurchschnittlich hohen Steuereinnahmen entsprechende Rücklagen gebildet haben, um damit in schwierigeren Jahren notwendige Ausgaben finanzieren zu können. Diese Situation ist nun bedauerlicherweise deutlich früher eingetreten, als wir erwartet haben.

Ihr Amüsement über diese Frage, Risikovorsorge hierfür einzusetzen, erschließt sich mir - mit Verlaub - überhaupt nicht. Als Sie hier fast zehn Jahre regiert haben, haben Sie das Wort Risikovorsorge noch nicht einmal buchstabieren können.

(Beifall bei der CDU)

In keinem einzigen Haushaltsjahr, das Sie zu verantworten hatten, waren die Kreditaufnahme und der Vermögensverzehr geringer als die Neuverschuldung. In keinem einzigen dieser Jahre.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Das trifft nicht al- lein die Grünen!)

Sie mokieren sich - darüber reden wir in der Föderalismuskommission II immer noch -, dass wir genau diesen Konjunkturzyklus verwenden. In den Jahren, in denen wir oberhalb des durchschnittlichen Zuwachses der Steuereinnahmen liegen, werden diese den Rücklagen zugeführt, um sie entnehmen zu können, damit wir nicht immer das tun, was in den letzten 40 Jahren getan wurde: Wenn es irgendwo zu Einnahmeneinbrüchen kam, wurde zuerst bei den Investitionen gekürzt. Um dieses prozyklische Verhalten des Staates zu vermeiden, sind wir diesen Weg gegangen, und das ist immer noch in Ordnung. Wir können froh darüber sein. Sogar Sie können froh darüber sein, dass wir das mit dieser Regierung so gemacht haben.

Meine Damen und Herren, ich will noch etwas zur Bedeutung der 430 Millionen € sagen, die zusätzlich zu dem, was wir bisher vorgesehen haben, investiert werden: Die Investitionen im Haushalt für die Jahre 2009 und 2010 betragen insgesamt etwa 1,8 Milliarden €. Das waren in den ersten beiden Jahren unserer Regierung 400 Millionen € weniger. Jetzt kommen zu diesen zusätzlichen 400 Millionen € Investitionen in die Zukunftsfähigkeit unseres Landes weitere 430 Millionen €, von denen wir ein Viertel aus den Mitteln des Landes oder der Kommunen finanzieren. Das ist ein gewaltiger zusätzlicher Investitionsbeitrag in die Infrastruktur unseres Landes.

Was wir nicht abgebildet haben - das ist an mehreren Stellen mit unterschiedlicher Intention diskutiert worden -, sind die voraussichtlichen, aber noch nicht konkret bezifferbaren Steuermindereinnahmen. Ich bleibe dabei, dass der Apparat, der mir zur Verfügung steht, und die eigenen Erkenntnisse nicht hinreichend sind, um eine eigene Steuerschätzung für dieses Land zu vollziehen. Soweit ich weiß, haben es auch meine Vorgänger nicht gemacht. Wir erwarten hier Aufschlüsse aus der Steuerschätzung im Mai.

(Minister Rainer Wiegard)

Wenn wir beispielsweise die Entwicklung der ersten drei Monate zugrunde legen würden, würden wir möglicherweise zu völlig falschen Erkenntnissen kommen. Die Steuereinnahmen im ersten Quartal, das noch nicht abgeschlossen ist, per gestern, liegen um etwa 3 % über denen des Vorjahres. Daraus irgendwelche Schlüsse ziehen zu wollen, ist ziemlich dämlich, salopp gesagt.

Deshalb verlassen wir uns auf diejenigen, die dieses Geschäft zweimal im Jahr, im Mai und im November, richtigerweise machen. Auch die liegen häufig daneben, aber ich glaube, dass es sinnvoller ist, sich auf diese Steuerschätzung zu verlassen. Das heißt, wir werden nach dem Mai darüber zu diskutieren haben, wie wir die Einnahmenerwartungen sowohl für die Haushaltsjahre 2009 und 2010 als auch für die darauf folgenden Planungsjahre für den mittelfristigen Finanzplanungszeitraum verändern. Sie werden nicht erfreulich aussehen. Darauf kann sich jeder bereits einstellen.

(Beifall bei CDU und SPD)

Zu einem Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung erteile ich Herrn Abgeordneten Karl-Martin Hentschel das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Minister,

(Heiterkeit)

nach dem, was Sie uns in den letzten Monaten alles erzählt haben, was sich hinterher immer wieder als etwas anderes herausgestellt hat, wird man ja hellhörig. Wenn Sie heute erzählen, Sie wollten eine mittelfristige Finanzplanung vorlegen, aber man könnte ja mal daran denken, dass man das, was seit Jahren und Jahrzehnten so gemacht worden ist, auch einmal anders macht, dann werden wir natürlich besonders hellhörig. Was haben Sie eigentlich vor?

Das Problem besteht doch darin: Wir haben in einem Schreiben vom Landesrechnungshof vom 24. Februar 2009 Zahlen bekommen. Der Landesrechnungshof hat vorgerechnet, dass allein aufgrund des Konjunkturpakets, über das wir heute reden - in diesem Konjunkturpaket sind nämlich Steuersenkungen enthalten -, das Land bis 2012 200 Millionen € weniger Einnahmen haben wird. Das steht schon einmal darin. Dazu kommen

dann die Mindereinnahmen aufgrund der Krise. Das steht hierin auch sehr schön.

Der Haushalt 2010, ohne Konjunkturmaßnahmen, so, wie er zurzeit existiert, hat ein Defizit von 557 Millionen €. Der Haushalt 2011 muss nach der Schuldenbremse 10 % weniger Defizit ausweisen. Wenn im Haushalt 2010 aber zusätzlich 200 Millionen € dazukommen - diese Größenordnung ist durchaus realistisch -, müssen Sie im nächsten Haushalt entsprechend einsparen. Das heißt, dass Sie in einer Größenordnung von 500 Millionen € bis 700 Millionen € landen müssen. Wenn man sich aber einmal Ihre mittelfristige Finanzplanung für den Haushalt 2011 anschaut, sieht man sofort, was Ihr Problem ist. Darin sind nämlich über 400 Millionen € globale Mindereinnahmen enthalten, sodass man bereits bei 800 Millionen € landet. Sie liegen also jetzt schon oberhalb des Korridors, den die Schuldenbremse vorsieht. Dazu kommen Mindereinnahmen aufgrund von Steuerausfällen und der schlechten Konjunktur. Sie können sich also ausrechnen, was anschließend herauskommt.

Herr Minister, wir haben eine mittelfristige Finanzplanung gefordert, damit wir überhaupt wissen, worüber wir reden.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn der Vorsitzende einer Regierungspartei, Herr Wadephul, erklärt, das sei kein Problem, dann wollen wir wissen, was Sie vorhaben, und zwar vor der Wahl, nicht danach. Deswegen wollen wir noch in diesem Jahr eine mittelfristige Finanzplanung haben, und zwar mit der gleichen Methode wie in der Vergangenheit gerechnet.

Ich kann Ihnen auch sagen, warum. - Wir wollen das, was Sie uns vorlegen, mit der Vergangenheit vergleichen können, wollen wissen, ob das belastbare Zahlen sind und ob das auch stimmt. Sie rechnen uns immer die Vergangenheit vor und wollen jetzt plötzlich neue Zahlen erfinden. So, Herr Finanzminister, spielen wir das Spiel nicht mit. Deswegen haben wir diesen Antrag vorgelegt, und deswegen erwarten wir, dass über diesen Antrag entschieden wird.

Herr Kollege, achten Sie auf Ihre Redezeit!

(Minister Rainer Wiegard)

Wir verlangen, dass eine mittelfristige Finanzplanung vorgelegt wird, wie sie in diesem Hause seit Jahren üblich ist.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat Herr Finanzminister Rainer Wiegard.

Ich verspreche Ihnen, Herr Kollege Hentschel, hoch und heilig, dass wir dafür sorgen werden, dass die Zahlen der zukünftigen mittelfristigen Finanzplanung mit den Zahlen vergleichbar sein werden, die Sie hinterlassen haben. Darauf können Sie sich verlassen, da brauchen Sie sich gar keine Sorgen zu machen!

(Beifall bei der CDU)

Wenn Sie an der Weiterentwicklung von Finanzsteuerungsinstrumenten kein Interesse haben, dann klinken Sie sich eben aus. Sie klinken sich ja auch aus anderen politischen Prozessen aus; das ist kein Problem. Es hat nur keinen Sinn, Herr Kollege Hentschel, eine Steuereinnahmeplanung, wie Sie sie eben vorgerechnet haben, zur Grundlage der Einnahmeplanung zu machen und dabei Gesetze zugrunde zu legen, die noch in der Beratung sind, beispielsweise die sehr bedeutende Frage der künftigen steuerlichen Behandlung von Vorsorgeaufwendungen. Für Schleswig-Holstein handelt es sich dabei um eine Bandbreite von 70 Millionen € bis 150 Millionen €. Sie zählen das aber einfach als schon gegeben auf. Nein, da ist noch nichts gegeben. Schlagen Sie einfach einmal die Zeitungen auf, dann sehen Sie, dass darüber diskutiert wird.