Protokoll der Sitzung vom 26.03.2009

(Monika Heinold)

Genau das war es, was die Verfassungsrichter im letzten Sommer monierten: Ungleichbehandlung. Dabei ist es den Richtern egal, ob die Rauchverbote abgeschafft werden oder ob ein rigoroses Rauchverbot eingeführt wird. Es kommt ihnen lediglich darauf an, dass es eine transparente und gleiche Regelung für alle gibt.

Der SSW hat sich in der Vergangenheit immer für den Schutz der Nichtraucher stark gemacht. Für uns ist es keine Frage, in welche Richtung die neue Regelung weisen soll: Es geht um einen konsequenten Nichtsraucherschutz im öffentlichen Raum.

(Beifall der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Rauchen ist schädlich, zu Hause, im Büro oder in der Kneipe. Während sich der Staat tunlichst aus der Privatsphäre heraushalten und dort nicht verbieten sollte, muss er den öffentlichen Raum schützen. Er tut das bereits in seinen Gebäuden, in Schulen und Ämtern. Er sollte das auch in Eckkneipen durchsetzen. Ein klares Verbot ist leicht zu administrieren, für jedermann einleuchtend und zeigt jungen Menschen, dass es der Staat mit einem klaren Kurs ernst meint.

Stattdessen bekommen wir ein Mehr an Ungleichbehandlung im Wettbewerb, ein Mehr an Bürokratie, ein Mehr an Unübersichtlichkeit und auch ein Mehr an Anreizen zu gesundheitsschädlichem Verhalten. Darüber hinaus jagen wir nun Horden von Ordnungsbeamten hinaus in die Kneipen, um dieses unsinnige Gesetz auch noch zu administrieren. Auf dieses Gesetz hätten wir ebenso gut verzichten können. Die Grünen haben recht: In diesen Zug darf man nicht einsteigen.

(Beifall bei SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich danke dem Herrn Abgeordneten Lars Harms. Das Wort für die Landesregierung hat nun Ministerin Dr. Gitta Trauernicht.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als Gesundheitsministerin hätte ich mir nach dem von Bundesverfassungsgericht bestätigten landesrechtlichen Spielraum auch ein ausnahmsloses Rauchverbot gut vorstellen können.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Zweifellos ist dies die beste aller Lösungen. Sie ist eindeutig, sie ist klar, sie ist unbürokratisch. Aber ich bleibe auch bei dem, was ich wiederholt hier im Landtag festgestellt habe: Zwischen den vorrangigen Zielen des Gesundheitsschutzes und der Berücksichtigung anderer Interessen ist das Gesetz ein tragbarer Kompromiss.

(Beifall bei der Abgeordneten Holger Astrup [SPD] und Wolfgang Baasch [SPD])

Mit der vorgelegten Novellierung werden die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts umgesetzt, und zwar für den Fall, dass es kein grundsätzliches Verbot für Gaststätten gibt. Seien wir mal ehrlich: Einfacher wird die Lage dadurch nicht, aber das ist nicht der Politik geschuldet, sondern Folge des Urteils des Bundesverfassungsgerichts.

Nicht Aufweichung, sondern Stärkung des Nichtraucherschutzes sollte trotzdem die Devise sein. Deshalb freue ich mich, dass es mit der anstehenden Novellierung gelungen ist, den Schutz von Kindern und Jugendlichen vor der Schädigung durch Passivrauchen zu verbessern. Das ist eine gute Botschaft.

Allerdings gibt es in der Tat nichts daran zu deuteln, dass es medizinisch keinen Unterschied macht, ob Kinder und Jugendlichen der Belastung durch Passivrauchen im öffentlichen Raum ausgesetzt sind oder im privaten Raum. Ich hätte es deshalb konsequenter gefunden, wenn die Novelle nicht die geschlossene Veranstaltung, also beispielsweise die typische Familienfeier, zum jugendschutzreduzierten Raum gemacht hätte,

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

auch deshalb, weil jede Ausnahme das Gesetz schwerer handelbar macht und weil es insbesondere auch den jungen Menschen gar nicht zu vermitteln ist, warum sie einmal in Gegenwart ihrer Eltern rauchen dürfen und andererseits in bestimmten Kneipen nicht rauchen dürfen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Nichtsdestotrotz: Insgesamt stellt der Antrag der Koalitionsfraktionen zum kinder- und jugendspezifischen Nichtraucherschutz eine Verbesserung gegenüber der bisherigen Lage dar, und das ist natürlich gut.

(Lars Harms)

Als Gesundheits- und Jugendministerin des Landes darf ich feststellen, dass mir das wichtiger ist als die - im übrigen eng begrenzte - Ausnahmeregelung für die getränkegeprägte Kleingastronomie. Ich bin nach den Erfahrungen und den Bewegungen der letzten Jahre beim Nichtraucherschutz ziemlich sicher, dass sie noch nicht am Ende der Entwicklung ist. Gerade heute fordert der Präsident der Bundesärztekammer die Bundesregierung auf, den Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz auch in gastronomischen Betrieben durchzusetzen - eine Forderung, der ich mich gut anschließen kann, schließlich geht es um eine Million Beschäftigte, die auf diese Weise geschützt werden können.

(Beifall der Abgeordneten Wolfgang Baasch [SPD] und Lars Harms [SSW])

Insgesamt bin ich dennoch mit diesem Gesetz sehr zufrieden, weil die Rückmeldungen der Bevölkerung eindeutig sind. Die Bevölkerung sagt, das ist eines der besten Gesetze gewesen, und fühlt sich in der Tat durch den Schutz vor dem Passivrauchen von der Landesregierung und dem Gesetzgeber gut behandelt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich begrüße sehr, dass die Novellierung zügig erfolgt ist, denn wir mussten in den letzten Monaten feststellen, dass der Vollzug des Gesetzes

(Unruhe)

unter dem Eindruck einer noch nicht ganz geklärten Gesetzeslage teilweise gelitten hat. Sinn und Rechtmäßigkeit der gesetzlichen Rauchverbote wurden weiterhin infrage gestellt, und zwar grundsätzlich trotz der relativ eindeutigen Aussagen des Bundesverfassungsgerichts, weil nicht jeder dieses Urteil, was auch relativ komplex und zum Teil überraschend ist, wirklich parat hat.

Es wurden deshalb Forderungen nach überzogenen Ausnahmeregelungen gestellt, und in einigen Fällen wurde versucht, die Rauchverbotsregelungen gänzlich zu umgehen. Dies und die Diskussion über Details bei den Bestimmungen von Raumgrößen oder zum Thema zubereitete Speisen haben zu Verunsicherung geführt, mit denen nicht zuletzt Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Ordnungsämtern konfrontiert wurden.

Wie im Sozialausschuss erbeten, wird die Landesregierung daher die Veröffentlichung der neuen Gesetzeslage mit einem Erlass begleiten, der einheitliche Vorgaben zur Unterstützung der Vollzugsaufgaben enthalten wird. Jetzt kommt es nämlich darauf an, dass der vom Gesetzgeber bestätigte und

verbesserte Nichtraucherschutz im Land auch gelebt wird, und zwar ohne Wenn und Aber, auch wenn wir schon auf einem richtig guten Weg sind.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN, SSW sowie der Abgeordneten Man- fred Ritzek [CDU] und Frauke Tengler [CDU])

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung, und wir kommen zur Abstimmung zu a). Zunächst lasse ich über den Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucksache 16/2205, abstimmen. Der Ausschuss empfiehlt, den Gesetzentwurf abzulehnen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe!

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Das ist ja scha- de!)

Dann ist der Gesetzentwurf mit den Stimmen von CDU, SPD und FDP gegen die Stimmen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW abgelehnt.

(Widerspruch der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

- Moment, ich muss aufpassen! - Wir haben der Ausschussempfehlung zugestimmt, die Ausschussempfehlung ist angenommen worden. Sie haben recht. Man muss doch kritisch sehen, was hier steht.

(Zuruf der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

- Ich bedanke mich für den Hinweis, Frau Heinold.

Ich lasse über den Gesetzentwurf der FDP, Drucksache 16/2215 abstimmen. Der Ausschuss empfiehlt, den Gesetzentwurf der Drucksache 16/2215 abzulehnen. Wer dem zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Das ist mit den Stimmen von CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW gegen die Stimmen der FDP so angenommen worden.

Wir kommen zur Abstimmung c), zur Abstimmung über den Gesetzentwurf der Fraktion von CDU und SPD, Drucksache 16/2345. Ich lasse zunächst über den Änderungsantrag der Fraktion der FDP, Drucksache 16/2588, abstimmen. Wer dem Antrag der Fraktion der FDP zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Dann ist der Antrag Drucksache 16/2588 mit den Stimmen von CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und

(Ministerin Dr. Gitta Trauernicht)

SSW gegen die Stimmen der FDP abgelehnt worden.

Der Ausschuss empfiehlt, den Gesetzentwurf von CDU und SPD, Drucksache 16/2345, unverändert anzunehmen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Damit ist der Gesetzentwurf von CDU und SPD, Drucksache 16/2345, mit den Stimmen von CDU und SPD gegen die Stimmen von FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW angenommen worden.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 13 auf:

Erste Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung kammer- und versorgungsrechtlicher Vorschriften

Gesetzentwurf der Fraktion FDP Drucksache 16/2557

Ich eröffne die Grundsatzberatung und erteile für die antragstellende FDP-Fraktion Herrn Abgeordneten Dr. Heiner Garg das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die inhaltliche Diskussion über den vorliegenden Gesetzentwurf zum Kammer- und Versorgungsrecht ist im Prinzip genau die gleiche, die wir gestern bei der Frage über die Gleichstellung eingetragener Lebenspartnerschaften zu Eheleuten in der Debatte um die Änderung des Beamtenbesoldungs- und -versorgungsrechts hatten. Es geht in dieser Debatte zum einen um Finanzen, es geht aber auch um die Frage der gebotenen Umsetzung von EU-Recht. Wie mein Fraktionsvorsitzender gestern bereits erläutert hat, sehen wir das Land in der Pflicht, die Antidiskriminierungsrichtlinie in allen Bereichen konsequent umzusetzen.

(Beifall bei FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Beide eingangs gestellten Fragen sind wichtig, aber aus meiner Sicht sind sie insgesamt eher untergeordnet. Wenn die Debatte um die Gleichstellung eingetragener Lebenspartnerschaften im Beamtenrecht eines bewiesen hat, dann das: Wir führen eine Debatte um das Bild, das wir von der Gesellschaft haben, und wir als Parlamentarier haben hier eine Vorbild- und Signalfunktion. Die Frage ist also: Haben wir im Landtag das Bild einer Gesellschaft, in der Homosexualität etwas Normales ist und in der konsequenterweise diejenigen, die in einer ein

getragenen Lebenspartnerschaft und die gleichen Pflichten füreinander - im Übrigen haben sie die gleichen Pflichten schon heute, obwohl ihnen nach wie vor in vielen Bereichen die gleichen Rechte die Eheleute verwehrt werden - wie Eheleute übernehmen, auch mit diesen gleichgestellt werden? Oder glaubt dieser Landtag mehrheitlich, dass wir in einer Gesellschaft leben sollten, die die gleichgeschlechtliche Lebensform immer noch teilweise diskriminiert? Das ist die Grundfrage, die dieser Diskussion zugrunde liegt.

Für meine Fraktion kann ich feststellen, dass unser Gesellschaftsbild eine vollkommene Gleichberechtigung von Eheleuten und eingetragenen Lebenspartnerinnen und -partnern vorsieht.