Protokoll der Sitzung vom 26.03.2009

Für die FDP-Fraktion darf ich Herrn Abgeordneten Dr. Heiner Garg das Wort erteilen.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Um zwei Missverständnissen vorzubeugen, sage ich erstens: Wir beschäftigen uns bei diesem Gesetzentwurf ausschließlich mit der Frage der Ausgestaltung des Rauchverbots in Gaststätten. Das war auch der Hintergrund des Bundesverfassungsgerichtsurteils. Gegenstand war nicht die Frage der Ausgestaltung des Rauchverbots oder die Frage, wie mit Kippen auf Kinderspielplätzen umzugehen ist. Zweitens würde ich davor warnen, hier den Eindruck erwecken zu wollen, als habe das Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber aufgegeben, wie ein Rauchverbot in Gaststätten umgesetzt werden soll.

(Beifall bei der FDP)

Wir hätten hier im Landtag ein Nichtraucherschutzgesetz verabschieden können, in dem der gesamte Bereich der Gastronomie hätte außen vor gelassen werden können. Das wollte die Mehrheit in diesem Landtag nicht, auch wenn ich nach wie vor der Auffassung bin -

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Ralf Stegner [SPD])

- Das hat mit Demokratie herzlich wenig zu tun. Zunächst einmal ist es eine Feststellung, dass die Mehrheit im Landtag dies nicht wollte. Wenn hier jetzt der Eindruck erweckt würde, das Bundesverfassungsgericht hätte einen Auftrag dahin gehend erteilt, einen Nichtraucherschutz in Gaststätten durchzusetzen, dann wäre dieser Eindruck schlicht falsch. Wir hätten einen konsequenten Nichtrau

cherschutz verabschieden können, weil ich nach wie vor der Auffassung bin, dass Gaststätten nicht wie Finanzämter, Krankenhäuser, Rathäuser oder auch Kindertagesstätten und Schulen ein öffentlicher Raum sind.

Herr Dr. Garg, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Peter Eichstädt?

Selbstverständlich, jederzeit, gern.

Herr Dr. Garg, würden Sie mir und dem Hohen Haus freundlicherweise sagen, ob es ein Bundesland gibt, das diesen Weg bei der Umsetzung der Möglichkeiten des Schutzes vor Passivrauchen gegangen ist? - Wenn ja, in welchem Bundesland ist man diesen Weg gegangen?

- Herr Kollege Eichstädt, was hat das damit zu tun? Das ist eine grundsätzliche Feststellung. Sie wollten hier den Eindruck erwecken, als hätte das Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber aufgegeben, den Nichtraucherschutz in Gaststätten zu regeln. Das hat das Bundesverfassungsgericht mitnichten getan. Es ist der politische Wille einer Mehrheit gewesen, den ich nach wie vor für falsch halte; egal in welchem Bundesland eine solche Regelung möglicherweise auf den Weg gebracht worden ist oder nicht. Ich halte es nach wie vor für falsch, dass wir in das freie Entscheidungsrecht von Gastwirten und Gästen einschreiten und ihnen vorschreiben, ob sie ein entsprechendes Angebot zu machen haben.

(Beifall bei der FDP)

Der vorliegende Gesetzentwurf von CDU und SPD ist aus meiner Sicht in dieser Frage wieder inkonsequent und ein Dokument verpasster Chancen.

Frau Kollegin Tengler, wenn Sie wirklich für einen ausgeprägten Gesundheitsschutz sind, dann müssen Sie so konsequent sein, den Tabakkonsum zu verbieten. Die Beispiele, die Sie hier angeführt haben, sind keine guten Beispiele dafür, das Rauchen in Gaststätten verbieten zu wollen, sondern - jedenfalls wenn man so denkt - gute Beispiele dafür, den Tabakkonsum zu verbieten. Sie können mitnichten vom Schutz der Privatsphäre sprechen und gleichzeitig den Leuten das Rauchen in der Kneipe verbieten wollen. So, wie Sie das dargestellt haben, passt es nicht sonderlich gut zusammen.

(Beifall bei der FDP)

In Ihrem Gesetzentwurf ist nach wie vor die 21-Tage-Regelung für Festzelte enthalten. Diese und ähnliche Regelungen halten wir, um es ganz freundlich zu sagen, für außerordentlich entbehrlich. Mir erschließt sich, ehrlich gesagt, auch nicht, warum Sie unseren wiederholten Vorschlag, wenigstens die Innovationsklausel als Bestandteil des Gesetzes mit aufzunehmen, nicht aufgreifen wollen. Warum wollen Sie einen Bericht über die Erfahrungen abwarten? Das ist althergebracht. Wenn Sie sich vor einer Entscheidung drücken wollen, dann fordern Sie einen Bericht über die Erfahrungen an.

Frau Tengler, ich kann Ihnen sagen: Wenn Sie für einen konsequenten Nichtraucherschutz sind und wenn Sie sich einmal die technischen Möglichkeiten angeschaut hätten, die es gibt, dann hätten Sie zumindest mit der Forderung, eine Innovationsklausel im Gesetz zu verankern, kein Problem haben dürfen. Aber möglicherweise konnten Sie sich diesbezüglich in der Koalition auch nicht durchsetzen. Wer die Innovationsklausel mit der Begründung ablehnt, dass diese technische Vorgaben und womöglich neue Grenzwerte für krebserregende Stoffe enthalten müssten, muss sich fragen lassen ich zitiere -, warum nach den offiziellen Informationen des Ministeriums - gemeint ist Ihr Ministerium, Frau Ministerin Trauernicht - „geschlossene Raucherkabinen, die dem Stand der Technik entsprechen und deren Lüftungseinrichtung einen sicheren und dauerhaften Schutz der Umgebungsluft gewährleistet, als abgetrennte Nebenräume angesehen werden, in denen das Rauchen gestattet ist“. Warum soll dort das Rauchen erlaubt sein?

Mit einer Innovationsklausel im Gesetz würden Sie diese Möglichkeit generell einräumen, ganz gleich, um welche Gaststätte es sich handelt. Dann hätten wir auch den Streit, wie eigentlich diese 75 m2 in der Gaststätte ausgemessen werden, nicht. Oder das will ich an dieser Stelle auch sagen, obwohl es überhaupt nicht mein Ding ist - Sie müssen so konsequent sein und dem Gesetzentwurf der Grünen zustimmen, die das Rauchen in den Gaststätten komplett verbieten wollen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Auch mit dem neuen Gesetzentwurf setzen Sie Ihren Eiertanz fort. Ich sage Ihnen noch eines: Besonders rechtssicher ist das, was Sie heute vorgelegt haben, auch nicht.

(Beifall bei FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich danke dem Herrn Abgeordneten Dr. Garg. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat nun die Frau Abgeordneten Monika Heinold das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Seit vier Jahren ist der Schutz vor den nachweislichen Gefahren des Passivrauchens immer wieder Thema in diesem Haus. Ich sage ganz deutlich: Wir sind ein gutes Stück weitergekommen. Darüber freue ich mich.

(Beifall bei der SPD - Peter Eichstädt [SPD] : Aber?)

- Genau, jetzt geht es weiter. - Aber jetzt, in der Zielgeraden, geht Ihnen, meine Damen und Herren von der CDU und SPD, leider die Puste aus. Der letzte Mut, einen kompromisslosen Nichtraucherschutz in Gaststätten umzusetzen, fehlt Ihnen. Aber nur eine Lösung ohne Ausnahmen garantiert wirklichen Schutz vor den Gesundheitsgefahren des Passivrauchens.

(Beifall des Abgeordneten Lars Harms [SSW])

Nur ein konsequentes Verbot ist für jeden nachvollziehbar, einfach umzusetzen, einfach zu kontrollieren und lässt keinen Raum für Missverständnisse, Ungleichbehandlungen oder Wettbewerbsverzerrungen.

(Beifall des Abgeordneten Lars Harms [SSW])

Nur so können Gäste sowie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Gastronomie wirklich geschützt werden. Vor allem aber entspricht eine konsequente Lösung auch den Vorgaben der Verfassungsgerichts. Es ist ja gesagt worden: Das Verfassungsgericht hat nicht vorgeschrieben, dass es so sein muss, aber es hat gesagt, dass der Gesetzgeber durchaus ein striktes, ausnahmsloses Rauchverbot verhängen kann. Denn der Schutz der Bevölkerung vor Gesundheitsgefahren durch das Passivrauchen ist ein überragend wichtiges Gemeinwohlziel, das eine derartige Maßnahme rechtfertigt.

Ein konsequenter, ausnahmsloser Nichtraucherschutz ist mit der Verfassung vereinbar. Deshalb gehen wir auch davon aus, dass das Urteil unsere Position, das dies möglich ist, bestätigt hat. Deshalb haben wir unseren Vorschlag eines ausnahmslosen Rauchverbots in allen Gaststätten noch einmal als Gesetzentwurf eingebracht.

(Dr. Heiner Garg)

Leider sind CDU und SPD unbelehrbar und werden ihren Weg des löchrigen Nichtraucherschutzes weitergehen. Erneut sind sie vor der Gaststättenlobby in die Knie gegangen, zulasten des Personals, das immer noch in den verqualmten Gaststättenräumen bedienen muss, und zulasten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Ordnungsämtern. Denn diese sind es nun, die, mit Zollstock und Taschenrechner bewaffnet durch die Kneipen streifen müssen, um festzustellen, ob die Räumlichkeit 75 m2 überschreitet oder nicht. Wir können nur hoffen, dass die so überprüften Kneipen keine schrägen Wände haben; denn dann wird die Berechnung richtig kompliziert.

Meine Damen und Herren, das von SPD und CDU vorgelegte Gesetz ist kein Sieg für den Nichtraucherschutz, sondern ein fauler Kompromiss. Die Ausnahmeregelungen werden in der Praxis Probleme mit sich bringen. Der legitime Schutzanspruch von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in der Gastronomie wird durch die Raucherräume ausgehebelt. Konsequenter Nichtraucherschutz sieht anders aus.

Deshalb stimmen wir der Gesetzesänderung der Großen Koalition nicht zu, sondern halten an unserem eigenen Gesetzentwurf fest.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW - Zuruf von der CDU: Schade!)

- Erlauben Sie mir noch einen letzten, wundervoll formulierten Satz: In einen Zug, der in die falsche Richtung fährt, steigen wir Grüne nicht ein.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abgeordneten Lars Harms [SSW] - Dr. Heiner Garg [FDP]: Aber Sie könnten doch ins Nichtraucherabteil einsteigen!)

Ich danke der Frau Abgeordneten Monika Heinold. - Für den SSW im Landtag hat nun der Herr Abgeordnete Lars Harms das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! „Verwaltungsvereinfachung“, „Deregulierung“ und nicht zuletzt „schlanker Staat“ lauten die immer wieder beschworenen Ziele der Landesregierung, die sie bei jeder Gelegenheit anführt. - Bei fast jeder. Denn beim Nichtraucherschutz geht der Weg genau anders herum. Früher hatten wir die Regelung: Rauchen erlaubt. Das war zwar unzureichend, aber wenigstens war die Regelung klar. Nun

haben wir die Lobby-Formel: Rauchen erlaubt, wenn der Raum in einer Gaststätte kleiner als 75m2 ist, der Zugang nur für Erwachsene gestattet ist und das Ganze auch noch mit einem Schild verdeutlicht wird. - Ach ja: Zu Essen darf es auch nichts mehr geben. Dann darf geraucht werden.

Das Ganze wird noch einmal anders gehandhabt, wenn sich die Gastronomie unter einem Zeltdach abspielt oder als private Feier deklariert wird. Kellner und Bedienstete können sich damit dem Qualm immer noch nicht entziehen.

(Beifall bei SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Gründe, warum die Große Koalition von den guten Plänen der Gesundheitsministerin zum Rauchverbot in öffentlichem Raum abweicht, liegen klar auf der Hand und haben alle etwas mit Lobbyismus zu tun. Die Signale, die beim Bürger ankommen, sind ebenfalls so deutlich wie ein Leuchtfeuer: Die Große Koalition knickt vor dieser Lobby ein.

Das ist das absolut falsche Signal für jene, die an der Schwelle zum Rauchen stehen. Die Deutsche Lungenstiftung hat über 3.000 Schüler befragt. Mehr als jeder zehnte Schüler raucht bereits regelmäßig, davon jeder zweite stark.

(Martin Kayenburg [CDU]: Aber nicht in Kneipen!)

- Herr Kayenburg, sie rauchen, weil sie es von zu Hause nicht anders kennen, weil sie angestiftet werden, aber eben auch, weil sie in der Zeitung lesen müssen, dass sich viele Politiker für Ausnahmen beim Nichtraucherschutz stark machen und sich damit für das Rauchen einsetzen.

(Zuruf des Abgeordneten Martin Kayenburg [CDU])

Da hilft es auch nicht, wenn Gaststätten in Zukunft für Minderjährige tabu sind. Das Signal ist ausgesendet. Dann dürfen wir uns auch nicht beschweren, wenn die Jugendlichen genau dieses gesundheitsschädigende Verhalten nachmachen.

Andere Länder - ich habe das Beispiel Großbritanniens schon mehrmals bemüht - fahren mit einem klaren Rauchverbot für alle Gaststätten sehr gut. Keine Kneipe und kein Restaurant profitiert vom Rauchverbot oder leidet darunter, weil alle den gleichen Wettbewerbsbedingungen gehorchen müssen. Ausnahmen: keine.

(Beifall der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

(Monika Heinold)