Protokoll der Sitzung vom 26.03.2009

- Selbst im katholischen Spanien, korrekt.

Lesbische und schwule Paare können in Deutschland eine Lebenspartnerschaft eingehen - das hat der Kollege Garg schon angesprochen -, die zwar gleiche Pflichten beinhalten, keineswegs aber gleiche Rechte einräumt. Wir sind im europäischen Vergleich alles andere als fortschrittlich, was die Rechtsstellung von Lesben und Schwulen betrifft.

Wer in einer Lebenspartnerschaft Verantwortung, und zwar ausdrücklich auch finanzielle Verantwortung, für die Partnerin oder den Partner übernimmt, sollte bei der Hinterbliebenenversorgung nicht benachteiligt werden. Es gibt hierzu zahlreiche Urteile, und - das ist auch angesprochen worden - ich möchte auch nicht verhehlen, dass es auch unterschiedliche Urteile dazu gibt.

Der Europäische Gerichtshof hat geurteilt, dass eine Hinterbliebenenversorgung, die im Rahmen eines berufsständischen Versorgungssystems gewährt wird, in den Geltungsbereich einer der Gleichstellungsrichtlinien fällt. Das Verwaltungsgericht München, das Oberverwaltungsgericht Schleswig, das Verwaltungsgericht Stuttgart und zuletzt im Januar 2009 das Bundesarbeitsgericht haben in Fällen von Hinterbliebenenversorgung und Familienzuschlägen ebenfalls zugunsten der hinterbliebenen Lebenspartnerin oder des hinterbliebenen Lebenspartners geurteilt.

Verpartnerte lesbische und schwule Paare mit den gleichen Pflichten auszustatten wie Ehepaare, ihnen aber die gleichen Rechte vorzuenthalten, entspricht nicht den Vorstellungen, die die SPD von Gleichstellung hat.

(Beifall bei SPD, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Und gerade wenn die Partnerin oder der Partner eben gestorben ist - und genau das ist die Situation, über die wir an dieser Stelle reden -, ist es nicht richtig, den Hinterbliebenen zu signalisieren: Du gehörst nicht dazu, du bist nicht gleich viel wert, du bekommst keine Rente. Das ist schäbig.

(Beifall bei SPD, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Nun hat der Kollege Garg das schon angesprochen, unser Koalitionsvertrag sieht vor - wie das üblich ist -, dass Anträge abgelehnt werden müssen, wenn ein Koalitionspartner nicht mitmacht. Wenn wir uns

an dieser Stelle - zumindest in der Vergangenheit bei dem Beamtengesetz nicht auf das Prinzip der Gewissensentscheidung berufen, Kollege Garg, finde ich es dann doch aber reichlich vermessen, dies mit Gewissenlosigkeit gleichzusetzen. Das kann ich an dieser Stelle nun wirklich nicht akzeptieren. Ich glaube, da sind wir uns auch sowieso einig.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Ich appelliere also an unseren Koalitionspartner: Geben Sie sich einen Ruck. Ich glaube, dort gibt es innerhalb der CDU auch durchaus Ansätze - wie signalisiert wurde. Ermöglichen Sie einen fairen und gleichberechtigten Zugang von hinterbliebenen Lebenspartnerinnen und Lebenspartnern zu den Versorgungswerken der Kassen.

Herr Dr. Garg, Sie versuchen das doch in letzter Zeit immer gern, auch das wäre doch eine gute Gelegenheit, die Koalition mit der CDU zu proben.

(Vereinzelter Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielleicht können wir dann an dieser Stelle auch gemeinsam Überzeugungsarbeit leisten. Das sollte in den Ausschüssen fortgesetzt werden. Deshalb schließe ich mich dem Antrag auf Überweisung an. Ich bin hoffnungsfroh, dass wir das möglicherweise auch in absehbarer Zeit zu unserer Zufriedenheit geregelt bekommen.

(Beifall bei der SPD sowie vereinzelt bei FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Ich danke der Frau Abgeordneten Birgit Herdejürgen. - Das Wort für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Frau Abgeordnete Angelika Birk.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Beim Christopher-Street-Day haben alle die Lesben und Schwulen lieb, sogar die CDUPolitiker versprechen da manchmal das Blaue vom Himmel. Aber die Durchsetzung tatsächlicher Gleichberechtigung ist ein Ringen. Diskriminierungen schränken persönliche Freiheiten in unzumutbarer Weise ein. Darüber sind wir uns doch hier hoffentlich einig.

Das gilt für die Benachteiligung aufgrund der sexuellen Orientierung ebenso wie bei anderen Merkmalen. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN setzen sich dafür ein, dass alle ihre Rechte einklagen kön

(Birgit Herdejürgen)

nen. Aber es natürlich besser, man hat ein Gesetz und muss sich nicht erst auf dem Klageweg über die höchste Instanz Recht verschaffen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abgeordneten Lars Harms [SSW])

Seit 2001 ist mit dem Lebenspartnerschaftsgesetz die Basis geschaffen worden, dass gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften und Ehen gleich behandelt werden - in vielen Bereichen. Aber es war klar, es blieben Lücken, und die müssen wir jetzt schließen. Es hat sich also gezeigt, es gibt eine Menge zu tun. Auf Bundesebene haben deshalb die Grünen schon 2006 ein umfassendes Änderungsgesetz zum Lebenspartnerschaftsgesetz in den Bundestag eingebracht. Allerdings schlummert dieser Entwurf immer noch in den Fachausschüssen.

Unter Schwarz-Rot ist die Vollendung der Gleichstellung eben einfach ins Stocken geraten. Wir haben nun hier einen Gesetzentwurf der FDP zur Gleichstellung eingetragener Lebenspartnerschaften im Rahmen der standesrechtlichen Selbstverwaltung. Wir begrüßen ihn. Es gibt keinen Grund, warum eingetragene Lebenspartnerschaften von den kammer- und versorgungsrechtlichen Bestimmungen anders behandelt werden sollen als Ehen.

Dazu noch einmal die Replik hier an die CDU: Wir sind überhaupt nicht gegen Ehen, sondern wir sind dagegen, dass es eine Bevorzugung der Ehe gegenüber einer anderen Form der Lebenspartnerschaft gibt. Das darf man nicht so verkürzen, als ob wir uns hier gegen die Ehe aussprächen. Deshalb möchte ich das hier noch einmal betonen, auch wenn ich persönlich durchaus meine Gründe habe, nicht zu heiraten. Aber das steht auf einem anderen Blatt.

Es geht jetzt hier darum, dass wir zu einer gemeinsamen Regelung kommen. Ich denke, wir sollten auch noch einmal schauen, ob wir wirklich alle Berufsgruppen erfasst haben, Herr Dr. Garg. Ich habe mich gefragt, was ist eigentlich mit Hebammen und Entbindungshelfern, was ist mit Wirtschaftsprüfern, Patentanmeldern und Notaren, haben wir die wirklich alle mit drin in ihrem Entwurf?

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Jawohl, das ha- ben wir geklärt!)

Vielleicht können Sie mich da noch einmal im Detail aufklären. Auf jeden Fall möchten wir an dieser Stelle für diesen Entwurf werben und daran erinnern, dass die Grünen auf Bundesebene gerade im Februar 2009 einen kleinen Sieg errungen haben.

Vielleicht könnte das auch für uns hier im Land wegweisend sein.

Der Bundestag verabschiedete am 12. Februar 2009 ein Gesetz zum Versorgungsausgleich. Es ging da um die Härtefallregelung. Am Anfang war es so, dass dort nur Eheleute gut dastanden. Lesben und Schwule haben sich zu Recht als Diskriminierte gefühlt. Die Grünen haben dann Änderungsanträge eingebracht, und die Regierungskoalition hat daraufhin in letzter Minute im Rechtsausschuss des Bundestages eingelenkt, und die Reform wurde jetzt im Bundestag in einer Neufassung verabschiedet, die die grünen Änderungswünsche berücksichtigt. Die Kraft der besseren Argumente hat sich hier also durchgesetzt.

(Beifall der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Ich denke, wenn wir hier schon auf Bundesebene zu einer Einstimmigkeit gekommen sind, dann sollten wir uns doch im fortschrittlichen Schleswig-Holstein, das in dieser Frage der Bundesebene eigentlich immer vorangegangen ist, auch zusammenraufen und zu einer einstimmigen Lösung kommen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei SPD, FDP und SSW)

Ich danke der Frau Abgeordneten Angelika Birk. Für den SSW im Landtag hat nun die Vorsitzende, Frau Abgeordnete Spoorendonk, das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben gerade im Zusammenhang mit dem Beamtenrecht die Erfahrung gemacht, wie schwer sich die Große Koalition, insbesondere die CDU, mit der Gleichstellung von eingetragenen Lebenspartnerschaften tut. Bedauerlicherweise - möchte ich hinzufügen. Die CDU hat hier einmal mehr bewiesen, dass sie ein gesellschaftlich antiquiertes Bild hat.

Jetzt wollte ich eigentlich ein bisschen auf die SPD eindreschen und sagen, dass ich von ihr auch ein bisschen mehr Engagement erwartet hätte, damit sie ihr eigenes Bundesgesetz, das Lebenspartnerschaftsgesetz, aus dem Jahr 2001 nicht ad absurdum führt. Aber ich muss sagen, nach dem sehr überzeugenden Beitrag der Kollegin Herdejürgen muss ich das gern ein bisschen relativieren. Ich hoffe aber trotzdem, dass sich die SPD auch noch einmal anstrengt. Vielleicht kann man die CDU, wenn

(Angelika Birk)

man sie wirklich in die Mangel nimmt, noch davon überzeugen, was geschehen muss.

(Beifall bei SSW, FDP und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Greift also die FDP - wie auch beim Beamtenrecht dieses Thema wieder auf und will dann auch mit dem vorliegenden Gesetzentwurf erreichen, das die Versorgung von Personen, dass die, die in eingetragenen Lebenspartnerschaften leben, denen von Ehegatten in den Versorgungswerken der Kammern gleichgestellt werden.

Um es bereits vorweg zu sagen: Der SSW wird wie auch schon beim Beamtenrecht - diesen Gesetzentwurf unterstützen, weil so eine gesetzliche Änderung natürlich auch aus unserer Sicht längst überfällig ist. Ich glaube leider nicht, die Debatte hat das gezeigt - man kann natürlich noch hoffen, dass es uns gelingt, die CDU in die Mangel zu nehmen -, dass das passiert. Ich sehe schon, dass wir hier noch einen längeren Atem brauchen. Das soll uns aber nicht davon abhalten, wirklich alles zu versuchen, einen kleinen Schritt in diese notwendige Richtung zu wagen.

Wir werden alle Bestrebungen unterstützen, die eine Verbesserung der Stellung von Lebenspartnerschaften beinhaltet. Diese rechtliche Gleichstellung gehört ganz einfach zu einer modernen und auch zu einer aufgeklärten Gesellschaft dazu.

Gesagt wurde von meinen Vorredner auch schon das möchte ich nur noch einmal wiederholen -, dass es nicht angehen kann, dass man nur die Pflichten überträgt, eine Gleichstellung bei den Pflichten hat, und dass die Rechte aber immer noch nicht gewährt werden. Das kann nicht angehen. Das wollen wir gern ändern.

Für uns bleibt die Frage zu klären, ob es als Gesetzgeber möglich ist, Einfluss auf die Gestaltungsfreiheit der Kammersatzungen zu haben. Ich gehe davon aus, dass der Kollege Garg das geprüft hat. Ansonsten wäre das etwas, was wir noch einmal im Ausschuss klären sollten.

Ich möchte dann jetzt auch nicht weiter vertiefen, dass es in einer ganzen Reihe von europäischen Ländern Lebenspartnerschaftsgesetze gibt, die dazu geführt haben, dass diese Partnerschaften zu 100 % mit der Ehe gleichgestellt und anerkannt

sind. Von daher ist es wirklich beschämend, dass uns dieser Schritt in Deutschland bisher in aller Gänze noch nicht gelungen ist. Also, geben wir uns alle einen Ruck, gebe sich auch die CDU einen Ruck, dann gelingt das.

(Beifall)

Ich danke der Frau Abgeordneten Anke Spoorendonk. - Das Wort für die Landesregierung hat nun Herr Finanzminister Rainer Wiegard.

Nach dieser Ruckrede, meine Damen und Herren, kann ich mich für die Landesregierung auf vier Sätze beschränken. Erstens. Die Positionen der Fraktionen sind hier dargelegt worden. Zweitens. Es ist Ausschussüberweisung beantragt. Dort kann man drittens mit den betroffenen Kammern in großer Sorgfalt über deren Befindlichkeiten zu diesem Thema sprechen und dann - viertens - hier wieder zusammenkommen und aus den gewonnenen Erkenntnissen die richtigen Entscheidungen treffen.

(Beifall)

Ich danke Herrn Minister Wiegard. - Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.