Ich hätte mir bezüglich des offensichtlichen Nachholbedarfs in Sachen Frauenförderung eine mindestens so ausführliche Antwort seitens des Ministers gewünscht wie bei den technischen Investitionen, die immerhin auf mehreren Seiten beschrieben und gewürdigt werden. Der Landtag fordert ja seit Jahren von der Landesregierung, dass sie zumindest in eigenen Behörden eine nachhaltige Frauenpolitik umsetzt. Die lapidaren Antworten in diesem Bereich führen noch einmal deutlich vor Augen, dass es an entsprechendem Problembewusstsein mangelt.
Ich hätte mir eine Antwort gewünscht, die deutlich macht, wie der Fahrplan für die Umsetzung des Förderplans sein soll. Darauf bestehe ich.
Die vorgelegten Zahlen lassen die Strukturen und Arbeitsabläufe, die sie repräsentieren, nur erahnen. Eine inhaltliche Würdigung der Arbeit der Gerichte und Staatsanwaltschaften erfolgt nicht.
Dabei zeigen die detaillierten Ausführungen zur EJustice und der IT-Ausstattung der Justizarbeitsplätze, dass sich die Arbeitsabläufe an den Gerichten in einem grundlegenden Wandel befinden. Als Außenstehende kann man die zahlreichen Software-Lösungen, die im Bericht vorgestellt werden, nur registrieren, aber nicht würdigen. Allerdings macht die geplante Abschaffung der Papierform der Akten doch hellhörig. Ich hoffe, dass wir uns im Ausschuss mit dieser Thematik näher befassen können. Wir müssen vom Minister natürlich hören, welche Sicherungssysteme einzuziehen sind, um Datenverlust und Manipulation zu begegnen.
Das Gleiche gilt für den verkürzten Aktenweg zwischen Polizei und Gerichten. Ich finde es wichtig, dass sie neue Technologie genutzt wird, aber das möchte ich in der Ausschussberatung gern näher hinterfragen.
Die zunehmende Elektronisierung der Arbeitsplätze beurteilt der Justizminister durchgängig positiv, obwohl er eingestehen muss, dass trotzdem die Zahl der Altfälle, die sich im sogenannten Acht-Monats-Rest manifestiert, steigt. Bei über 2.300 Verfahren konnten auch nach acht Monaten die Ermittlungen nicht abgeschlossen werden. Bereits 2003 musste sich Ministerin Lütkes Kritik wegen des wachsenden Berges von Altfällen gefallen lassen. Die Situation hat sich seit damals nicht wirklich verbessert. Kritiker machen dafür das neue Personalbedarfsberechnungssystem der Justiz PEBB§Y - verantwortlich.
Abgesehen von der Tatsache, dass ein zeitlicher Anschluss der Statistik nicht mehr gewährleistet ist, weil 2005 eine neue Datengrundlage eingeführt wurde, sind die mit dem neuen System eingeführten Zeitansätze weiterhin problematisch. So schlagen beispielsweise Strafsachen gegen Jugendliche inklusive dem Verfassen der Anklageschrift und der Teilnahme an der Hauptverhandlung mit 49 Minuten zu Buche. Diese Standardzeiten entsprechen nicht dem tatsächlichen Aufwand, sodass Richter
und Staatsanwälte gezwungen sind, zwischen 60 und 100 Wochenarbeitsstunden zu leisten, um die ihnen übertragenen Aufgaben zu erfüllen, oder sie schieben die Akten vor sich her. Das ist nicht im Sinn einer modernen Personalplanung. Es gibt also eine Reihe von Punkten, die es verdienen, im Ausschuss näher durchleuchtet zu werden. Genau das ist das Beste, was der Antwort auf eine Große Anfrage geschehen kann.
- Okay. - Danach hat zunächst nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung die Frau Abgeordnete Angelika Birk zu einem Kurzbeitrag das Wort.
Herzlichen Dank! - Sehr geehrter Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Bemerkungen von Frau Spoorendonk zu der Geschlechterparität in der Justiz und der doch sehr guten Ausgangsvoraussetzungen, die die jungen Frauen am Beginn ihrer Justizkarriere mitbringen, veranlassen mich hier zu einer Bemerkung. Sowohl Frauenministerinnen als auch Justizminister und Justizministerinnen haben sich in den letzten Jahren in Schleswig-Holstein an der Frage abgearbeitet, warum ausgerechnet die juristische Karriere immer über Schleswig führen muss. Das macht Familienplanung oft nicht leicht, wenn man aus entfernt gelegenen Gerichten -
- Ja, weil das Teil der Ausbildung ist, und zwar nicht nur der Ausbildung, sondern vor allem der weiteren Karriere.
Es gibt in anderen Bundesländern wohl keine schlechteren Richterinnen und Richter und Staatsanwältinnen und Staatsanwälte; es gibt aber nicht diese Form der geografischen Sondersituation.
Ich darf vielleicht erst mal ausreden. Sie wissen ja gar nicht, was ich sagen werde. - Es gibt andere Möglichkeiten, eine juristische Karriere mit Stationen zu planen, die verantwortungsvoll sind, als die, die wir in Schleswig-Holstein vorfinden. Das ist eine Frage, mit der sich der Ausschuss beschäftigen sollte. Er könnte sich auch die Lösungen in anderen Bundesländern anschauen. Wenn wir in dieser Frage etwas weiter kämen, hätten wir sprunghafte Anstiege auf die nächsten Positionen.
Von Juristinnen wird immer wieder an die Politik herangetragen, es ist aber auch eine Frage, die in den Gerichten und insbesondere bei denjenigen getragen werden muss, die über weitere Karrierewege entscheiden. Wir haben nun gerade an der obersten Spitze ein deutliches Signal von Frauen. Insofern kann ich mir nicht vorstellen, dass es an der obersten Richterin scheitert. Es gibt aber wohl dazwischen einige Beharrlichkeiten. Da müssen wir ran.
Zu einem weiteren Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung hat der Herr Abgeordnete Wolfgang Kubicki das Wort.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es wäre wirklich gut, wenn sich in einer solchen Debatte diejenigen, die hier Behauptungen aufstellen, mit der Wirklichkeit vertraut machen würden und ein bisschen Fachverstand mitbringen würden, was eine richterliche Ausbildung bedeutet.
Sie können auf die Abordnung in eine Berufungsoder Revisionsinstanz definitiv nicht verzichten, weil jeder Richter einmal wissen muss, was es eigentlich bedeutet. Das ist Teil der Ausbildung eines Richters, das heißt des Werdegangs eines Proberichters zu einem Richter auf Lebenszeit.
Frau Kollegin Birk und liebe Anke Spoorendonk, diese dauernden Erklärungen, Frauen seien in der Justiz benachteiligt, sind schlicht und ergreifend unsinnig. Selbstverständlich braucht man von der Einstellung mit einem Lebensalter von 26, 27, 28 bis zu Führungspositionen in der Justiz nicht nur eine gewisse Lebenszeit, sondern auch eine gewisse berufliche Erfahrung, weshalb sich das auch nur im Zeitablauf durchsetzen kann.
Schauen Sie sich einmal die Bestellung mit Führungspositionen in der schleswig-holsteinischen Justiz an. Dort haben wir einen beachtlichen Platz erreicht. Ich kann Ihnen eine Reihe von Präsidentinnen - nicht nur die OLG Präsidentin - von Amtsgerichten nennen, von Direktorinnen und von Vizepräsidentinnen von Landgerichten benennen -
- Landesarbeitsgericht. Wir haben bereits eine Vielzahl von Führungspositionen in Frauenhand, was sich für die Rechtsprechung mit Sicherheit nicht als nachteilig erweist.
Ich will noch eines sagen: Im Richterwahlausschuss gilt der Grundsatz, dass bei gleicher Qualifikation und unter Anwendung des Gleichstellungsgesetzes die Frau den Vorzug verdient, was bei einer Reihe von männlichen Bewerbern mittlerweile kritisch gesehen wird, wofür ich ein gewisses Verständnis habe. Denn die geschichtlichen Erfahrungen der Vergangenheit zulasten von qualifizierten Bewerbern, die männlichen Geschlechts sind, zu lösen, stößt auch irgendwann einmal an seine Grenzen, weil das Diskriminierungsverbot nicht nur im Hinblick auf Frauen, sondern auch im Hinblick auf Männer gilt.
Gleichwohl: Wir sind in Schleswig-Holstein definitiv - das können Sie mir glauben - auf einem herausragend guten Weg. Er wird nicht beschleunigt durch Erklärungen, wie Sie sie abgegeben haben, und durch Erklärungen, wie Frau Birk sie abgegeben hat.
Zu einem weiteren Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung hat die Frau Abgeordnete Anke Spoorendonk das Wort.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mein Ansatz war ein anderer. Ich ging von der Beantwortung auf die Große Anfrage aus und hätte es etwas ironischer formulieren können. Die Antwort der Landesregierung beschäftigt sich detailliert mit der IT-Ausstattung und der Entwicklung, die damit zusammenhängt. Ich hätte mir gewünscht, wenn die Weiterarbeit an den Frauenförderplänen genauso viel Raum eingenommen hätte.
Ich weiß, dass der Justizbereich gut aufgestellt ist. Es gibt in der Beantwortung auf eine Große Anfrage dennoch die Möglichkeit, deutlich zu machen, wie man konkret mit der Umsetzung dieser Planung arbeitet. Das war mein Punkt.
Im Rahmen seiner verbliebenen Redezeit hat der Minister für Justiz, Arbeit und Europa, Herr Uwe Döring, das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will versuchen, das einigermaßen kurz zu machen. Einige grundsätzliche Bemerkungen:
Manche Debatten in diesem Haus erfolgen reflexartig. Ich habe bei manchen Wortmeldungen den Eindruck, der Grundsatz in diesem Haus gilt: Man darf reden, man muss aber nicht.