Protokoll der Sitzung vom 26.03.2009

(Beifall des Abgeordneten Dr. Heiner Garg [FDP])

Zum Thema Beteiligung von Frauen innerhalb der Justiz! Wir haben eine Oberlandesgerichtspräsidentin. Wir haben eine Landesarbeitsgerichtspräsidentin. Wir haben eine Vizepräsidentin des Landesarbeitsgerichtes Kiel. Wir haben eine Vizepräsidentin beim Verwaltungsgericht in Schleswig. Wir haben eine Anzahl von Amtsgerichtsdirektorinnen. Wir haben in einer der letzten Sitzungen des Richterwahlausschuss eine 39-jährige Juristin zur Direktorin des Amtsgerichts in Itzehoe gewählt. Wir versuchen, junge Frauen, die befähigt sind, entsprechend zu fördern.

Ich muss Ihnen allerdings auch Folgendes sagen. Ich habe eine Umfrage unter den Richterinnen und Richtern des Landes hinsichtlich Karriereplanung und anderen Dingen gemacht. Richterinnen haben mir auch geantwortet: Ja, wir haben diesen Beruf neben dem beruflichen Interesse auch deswegen gewählt, weil er sich mit Familienarbeit vereinbaren lässt, und wir wollen keine Karriere machen, sondern wollen Amtsrichterinnen sein, und zwar aus innerer Überzeugung, und wollen uns unserer Familie widmen können. Ich kann dem nichts Negatives abgewinnen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Auch das muss eine Form der Lebensverwirklichung sein, die wir in unserem Land haben. Wir können das gern im Ausschuss vertiefen.

Zum Thema Mediation und Statistik! Ich möchte keine weiteren bürokratischen Dinge einführen, nicht mehr Statistiken,

(Zuruf des Abgeordneten Holger Astrup [SPD])

sondern gerade wegen der Arbeitsverdichtung, auf die hier zu Recht hingewiesen worden ist, möchte ich, dass sich die Richterinnen und Richter bei uns inhaltlich mit Mediation befassen und nicht zusätzliche Statistiken führen.

(Beifall des Abgeordneten Holger Astrup [SPD])

Ich muss auch noch etwas Grundsätzliches zu dem sagen, was Herr Kubicki gesagt hat, nämlich zur Qualität der Gesetze. Darüber haben wir uns hier schon mehrfach unterhalten. Eigentlich steht mir das als Minister gegenüber dem Parlament nicht zu; ich versuche, es allgemein zu formulieren.

(Günter Neugebauer [SPD]: Sehr richtig!)

- Es kommt noch schlimmer, Herr Neugebauer.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Die meisten Vor- lagen macht die Regierung!)

Ich zitiere jetzt nämlich Bismarck. Das wird bei Ihnen auch Stirnrunzeln hervorrufen. Adelig und konservativ, das ist aus Ihrer Sicht eine schlimme Verbindung. Er hat vor 120 Jahren gesagt: Wer in Deutschland ruhig schlafen will, darf nicht zusehen, wie Würste und Gesetze gemacht werden. - Ich habe den Eindruck, in 120 Jahren hat sich wenig geändert.

Wir haben kürzlich über die Gesetzgebung SGB II geredet. Ich habe Ihnen deutlich gemacht, dass ich

nicht willens bin, weiter Personal einzustellen, sondern dass wir an das Gesetz heran müssen.

(Beifall bei der FDP und der Abgeordneten Ingrid Franzen [SPD])

Eine vorletzte Bemerkung! Ich finde es prima, wenn hier sachkundig und mit so viel Engagement über die Justiz und ihre Belastung diskutiert wird. Es ist richtig. Ja, wir haben zunehmend eine Arbeitsverdichtung. Wir müssen allerdings dazu sagen: Wir alle miteinander betreiben auch eine Regelungsverdichtung. Der Glaube an die Vernunft des Menschen wird durch den Gedanken ersetzt, dass ich den Mensch durch Gesetze und Verordnungen entsprechend lenken kann. Dieser Gedanke ist politisch weit verbreitet; er ist meiner Meinung nach ein Irrglaube.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU sowie des Abgeordneten Holger Astrup [SPD])

Deshalb haben wir die hohe Belastung der Justiz, die wir anders bewerkstelligen könnten. Es wird zu Recht darauf hingewiesen: Ja, es ist so, wir haben eine schwere Belastung. Es wird auch gesagt, wir sollten gern mehr Personal haben. Dazu kann ich nur sagen: Prima, wunderbar! Dann führen Sie aber nicht die zweite Debatte im Rahmen der Haushaltsberatungen. In die Richtung derjenigen, die dies besonders vehement vertreten haben, sage ich: Lieber Martin Hentschel, wenn zu Recht gesagt wurde, was wir für Probleme haben und dass wir wenig Möglichkeiten haben, dann sage ich: Ich kann mich daran erinnern, dass die Grünen im Rahmen der Haushaltsberatungen gesagt haben, die Justiz dürfe, was Personaleinsparungen angeht, kein Tabubereich sein. Frau Heinold, das habe ich rot angestrichen. Das kann ich Ihnen jederzeit nachweisen.

Ich will nicht über den Begriff Tabu streiten. Tabu ist ein religiöser Begriff aus der Südsee. Möglicherweise kriegen wir wieder eine Kirchenstaatsdebatte. Das möchte ich hier alles nicht haben. Es kann aber nicht sein, auf der einen Seite zu beklagen, wie schwer die Situation der Justiz ist, auf der anderen Seite aber gleichzeitig zu sagen, an dieser Stelle müssen auch Personaleinsparungen vorgenommen werden.

(Beifall bei CDU und SPD)

Ich sage Ihnen: Personaleinsparungen sind in diesem Bereich mit mir nicht zu machen. Herr Kubicki, Sie haben aus Ihrer Sicht verständlicherweise gesagt, das sei zum Thema Justiz ziemlich dürftig. Das machen wir alles in Ruhe. Das wird nachgelie

fert, keine Sorge. Ich freue mich auf die weiteren Beratungen.

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratungen.

Herr Minister, ich gehe davon aus, dass das Bismarck-Zitat für das eine oder andere Parlament gelten mag, aber nicht für den Schleswig-Holsteinischen Landtag.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Es ist beantragt worden, die Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage, Drucksache 16/ 2390, zur abschließenden Beratung an den Innenund Rechtsausschuss zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um sein Handzeichen. Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Das ist einstimmig so beschlossen.

Ich gehe davon aus, dass wir mit dem Tagesordnungspunkt zum Passivrauchen in die Mittagspause hinein tagen würden.

(Holger Astrup [SPD]: Wir haben noch einen Tagesordnungspunkt!)

- Das ist mir völlig klar. Deshalb rufe ich jetzt Tagesordnungspunkt 9 auf, damit jeder weiß, dass Tagesordnungspunkt 3 danach aufgerufen wird.

(Zuruf der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

- Die Fraktionen haben sich also darauf verständigt, dass Tagesordnungspunkt 3 nach der Mittagspause aufgerufen wird.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 9 auf:

Erste Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Landesbauordnung für das Land Schleswig-Holstein (LBO)

Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 16/2523

Ich eröffne die Grundsatzberatung und erteile für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN der Frau Abgeordneten Angelika Birk das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor wenigen Monaten - Ende letzten

(Minister Uwe Döring)

Jahres - verabschiedete der Landtag nach ausführlicher Beratung eine neue Landesbauordnung. Schon damals kritisierten die Grünen gemeinsam mit dem Mieterbund und der Feuerwehr, dass die für Neubauwohnungen schon vor Jahren eingeführte Pflicht, Rauchmelder zu installieren, für Altbauten vom Jahresende 2009 an um eine weiteres Jahr nach hinten, nämlich auf Ende 2010 verschoben wurde. Damals hielt sich die Große Koalition an die Lobby von Haus & Grund, obwohl inzwischen viele große Wohnungsbaugesellschaften öffentlich mitteilten, sie hätten ihre Bestände schon entsprechend ausgestattet. Es geht ja nur um eine kleine Veränderung. Unser Änderungsantrag zur Landesbauordnung wurde damals abgelehnt.

Seit der Verabschiedung der Landesbauordnung hat es im Land eine Reihe von nächtlichen und zum Teil leider tödlichen Wohnungsbränden gegeben. Einer hat in Lübeck die Öffentlichkeit besonders erschüttert. In der Altsstadt kamen nachts eine Mutter und zwei Jungen im Grundschulalter im Feuer um. Obwohl die Feuerwehr sehr schnell kam, konnte sie nicht mehr helfen. Die Brandursache waren technische Defekte in einem Altstadthaus. Der Bürgermeister von Lübeck rief Hausbesitzer und Mieter auf, Rauchmelder zu kaufen, und - siehe da - sie waren binnen Tagen im gesamten Lübecker Raum ausverkauft. Zwei große Lübecker Wohnungsbaugesellschaften teilten mit, wie weit sie schon mit dem Einbau wären. Die Feuerwehr appellierte noch einmal eindringlich an die Landespolitik, wenigstens die alte Frist, nämlich Ende 2009, die auch ursprünglich in der Landbauordnung vorgesehen war und noch wenige Tage gilt, für die Installation von Rauchmeldern in allen Wohnungen Schleswig Holsteins vorzusehen.

Die Aufwendungen hierfür sind vergleichsweise gering. Der Effekt, nämlich Menschenleben zu retten, ist hingegen gar nicht zu bezahlen. Diesem Appell der Feuerwehr kommen wir mit der vorliegenden Gesetzesänderung nach. Einige Politikerinnen und Politiker der Großen Koalition erklärten nach diesem erneuten Appell der Feuerwehr vor wenigen Wochen öffentlich, dass sie die Verschiebung auf 2010 inzwischen für einen Fehler halten, und die Lübecker Landtagsabgeordneten der SPD gaben eine Presseerklärung heraus, in der es hieß, dass sie den früheren Endtermin 2009 unterstützen. Das lässt uns hoffen. Wir können das Gesetz, zu dem im letzten Jahr ausführliche Anhörungen stattgefunden haben, ohne großen Zeitverzug ändern.

(Beifall der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Die Argumente für und wider seitens der Fachverbände sind vor wenigen Monaten ausführlich schriftlich und mündlich ausgetauscht worden. Wenn wir noch in der Mittagspause des Landtags eine kurze Fachausschusssitzung durchführen würden, würden wir die zweite Lesung zeitlich sogar noch in dieser Plenartagung schaffen. Leider ist die Mittagspause schon belegt, wie ich gerade gelernt habe. Ansonsten können wir dies in der nächsten Plenartagung Anfang Mai machen. Ich schließe meinen Redebeitrag: Warten Sie nicht bis zum nächsten Brand. Entscheiden Sie sich jetzt für die Rauchmelderpflicht.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich danke der Frau Abgeordneten Birk. - Für die CDU-Fraktion hat Herr Abgeordneter Wilfried Wengler das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der tragische Wohnungsbrand in Lübeck im Februar dieses Jahres hat uns alle erschüttert, und unser Mitgefühl gilt den Hinterbliebenen. Trotz dieser Betroffenheit sollten wir uns aber sachlich und nüchtern mit den Fakten beschäftigen. Es ist sicher richtig, dass ein funktionsfähiger Brandmelder in dieser Wohnung vielleicht dazu beigetragen hätte, das Schlimmste zu verhüten. Ebenfalls ist richtig, dass der Landtag bereits im Dezember 2004 eine Änderung der damaligen Landesbauordnung beschlossen hat, die eine verpflichtende Nachrüstung aller Mietwohnungen mit Rauchmeldern bis zum 31. Dezember 2009 vorsah. Schon in der damaligen Debatte waren sich alle Abgeordneten darin einig, dass ein Einbau von Rauchmeldern in Wohnräumen sinnvoll ist und lebensrettend sein kann. Strittig waren lediglich das Verfahren, die Qualität der Geräte und die Sicherstellung der Funktionsfähigkeit.

Geregelt wurden durch die Gesetzesänderung allerdings lediglich das verpflichtende Verfahren und die Fristsetzung für den Einbau. Die Sicherstellung der Betriebsbereitschaft wurde nicht geregelt. Die Wohnungswirtschaft wies wiederholt auf die Problematik des ungehinderten Zugangs zu den Wohnungen und auf die erheblichen Wartungsaufwände hin. In den Anhörungen zur im vergangenen Dezember verabschiedeten Novelle der Landesbauordnung wurde erneut der Einbau von Brandmeldern thematisiert. Einen wesentlichen Raum nah

(Angelika Birk)

men in der mündlichen Anhörung dabei die Wartung und damit die Sicherstellung der Funktionsfähigkeit der Geräte ein. In dieser Anhörung wurde ich betone - erstmals ein Konsens zwischen den Vertretern der Mieter und der Vermieter erzielt.