Protokoll der Sitzung vom 26.03.2009

Dieser Konsens sah vor, dass die Vermieter beziehungsweise Eigentümer für die Erstausrüstung der Wohnungen mit Brandmeldern sowie deren Ersatzbeschaffung verantwortlich sind, dass die Sicherstellung der Betriebsbereitschaft jedoch in die Verantwortung der Mieter beziehungsweise der unmittelbaren Besitzer fallen. Der Vertreter des Verbandes Norddeutscher Wohnungsunternehmen, dessen Mitglieder in Schleswig-Holstein immerhin circa 165.000 Wohnungen unterhalten, regte eine Fristverlängerung für den geordneten Einbau geeigneter Rauchmelder an. Dieser Fristverlängerung bei Beibehaltung der Ausrüstungspflicht stimmte die Vertreterin des Mieterbundes ausdrücklich zu. Die Ergebnisse dieser Anhörung flossen voll in die Novellierung der Landesbauordnung ein.

Dieser Landtag hat vor vier Monaten die Nachrüstung aller Mietwohnungen - nicht aller Wohnungen - mit Brandmeldern mit einer Fristsetzung bis zum 31. Dezember 2010 beschlossen. Frau Birk, ich glaube, das ist ein kleiner Unterschied.

Die Wohnungswirtschaft hat ihre Planung der Beschaffung und Ausrüstung auf diese Regelung ausgerichtet. Wir als Gesetzgeber sind gehalten, den Investoren Planungssicherheit zu gewährleisten. Auch angesichts des tragischen Vorfalls in Lübeck halte ich eine Verkürzung der Ausrüstungsfrist um fast 60 %, von heute an gerechnet, für nicht realisierbar. Wir sollten stattdessen in der heutigen Debatte den Appell an die Wohnungswirtschaft richten, die gesetzte Frist nicht vollständig zu nutzen und für eine schnellstmögliche Nachrüstung zu sorgen.

(Beifall bei der CDU)

Zum Abschluss ein Wort an Sie, Frau Birk. Wir können Gesetze sicherlich mit einem Handstrich ändern. Die Planung, die Realisierung und die Verlässlichkeit sind etwas anderes.

Wir werden dieses Thema im Innen- und Rechtsausschuss sicherlich weiter diskutieren können.

(Beifall bei CDU und SSW)

Ich danke dem Herrn Abgeordneten Wengler. - Für die SPD-Fraktion hat nun der Herr Abgeordnete Klaus-Peter Puls das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Seit Dezember 2008 heißt es in § 49 Abs. 4 unserer neu gefassten Landesbauordnung, die am 1. April in Kraft treten soll, in Wohnungen - nicht nur in Mietwohnungen, Herr Wengler müssten Schlafräume, Kinderzimmer und Flure, über die Rettungswege von Aufenthaltsräumen führten, jeweils mindestens einen Rauchwarnmelder haben. Diese Rauchwarnmelder müssten so eingebaut und betrieben werden, dass Brandrauch frühzeitig erkannt und gemeldet werde. Die Eigentümerinnen oder Eigentümer vorhandener Wohnungen seien verpflichtet, jede Wohnung bis zum 31. Dezember 2010 mit Rauchwarnmeldern auszurüsten. Die Sicherstellung der Betriebsbereitschaft obliege den unmittelbaren Besitzerinnen oder Besitzern, es sei denn, die Eigentümerin oder der Eigentümer übernehme diese Verpflichtung selbst. - Soweit der Wortlaut dieses Paragraphen.

Die Grünen möchten mit ihrem Antrag erreichen, dass die verpflichtende Frist zur Ausrüstung vorhandener Wohnungen nicht bis zum 31. Dezember 2010 ausgedehnt, sondern wieder auf den 31. Dezember 2009 festgelegt, also vorverlegt wird. Ich sage „wieder“, weil dieser Termin 31. Dezember 2009 - für die Nachrüstung von Altbauten bereits seit 2005 in der alten Fassung der Landesbauordnung gesetzlich festgelegt war, sodass eigentlich schon von 2005 bis heute genügend Zeit gewesen wäre, die vorhandenen Altwohnungsbestände nachzurüsten.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Auch der im Oktober 2007 vorgelegte Regierungsgesetzentwurf zur Neufassung der Landesbauordnung sah weiterhin die alte Nachrüstungspflicht bis zum 31. Dezember 2009 vor. Erst im parlamentarischen Beratungsverfahren wurde diese Frist um ein Jahr, bis zum 31. Dezember 2010, verlängert. Hierauf hat der Herr Kollege Wengler soeben zutreffend hingewiesen. Dies war der Fall, weil Haus & Grund sowie die Wohnungswirtschaft die Beschaffung des plötzlich nun doch relativ kurzfristig drohenden Finanzbedarfs insbesondere für die Eigentümer größerer Altwohnungsbestände als schwierig bis unmöglich darstellten und um Fristverlängerung baten.

Die Grünen wollen die verlängerte Frist wieder abkürzen, und zwar auch, wie es in der Antragsbegründung heißt, aus Anlass eines schweren Wohnungsbrandes mit mehreren Toten in Lübeck An

(Wilfried Wengler)

fang dieses Jahres und weil seitens der Feuerwehr erneut die dringliche Bitte erhoben worden ist, die Frist wieder auf den 31. Dezember 2009 festzulegen.

Als SPD-Landtagsfraktion können wir diesem Antrag zustimmen.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wo ist diesbezüglich mehr Fachkunde vorhanden als beim Landesfeuerwehrverband? Dieser fordert seit Jahren und nicht erst seit der aktuellen Lübecker Brandtragödie zum ganz konkreten Handeln in dieser Beziehung auf, und zwar mit einer Information, aus der ich zitieren möchte. Sie heißt „Rauchmelder retten Leben“.

Aus ihr geht hervor, dass in Deutschland jährlich circa 600 Menschen bei Bränden ums Leben kommen. Hauptursache ist der Erstickungstod durch toxische Gase im Brandrauch und nicht die direkte Flammeneinwirkung. Die meisten Brände, durch die Menschen zuschaden kommen, entstehen nachts im privaten Wohnungsbereich. Der gefährliche Brandrauch breitet sich unbemerkt in der gesamten Wohnung aus. Die Bewohner werden überrascht, da der menschliche Geruchssinn im Schlaf quasi ausgeschaltet ist.

Rauchmelder erkennen den Brandrauch frühzeitig, alarmieren die Bewohner durch einen lauten Signalton und ermöglichen die rechtzeitige Flucht aus der Wohnung. Viele Opfer, so der Feuerwehrverband, hätten gerettet werden können, wären sie im frühen Brandstadium geweckt worden.

Herr Kollege, sind Sie so freundlich und gestatten eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Kalinka?

Ja, bitte sehr.

Herr Kollege Puls, stimmen Sie mir zu, dass der Landesfeuerwehrverband in der Anhörung zur Landesbauordnung erstens den Kompromiss, den wir gefunden haben, ausdrücklich gelobt und ihn in den Mittelpunkt gestellt hat und dass er zweitens ausdrücklich damit einverstanden war, die Frist auf 2010 zu verschieben?

- Es stimmt, dass der Landesfeuerwehrverband in der Anhörung der Verlängerung der Frist auf den 31. Dezember 2010 nicht widersprochen hat.

(Lachen bei der CDU)

Vielleicht wären auch die 33-jährige Lübecker Mutter Akira, ihr siebenjähriger Sohn Pablo und dessen sechsjähriger Freund Josse, der bei ihnen übernachten durfte, noch am Leben, wenn Rauchmelder im Haus vorhanden gewesen wären. Von einer gesetzlichen Ausstattungspflicht nicht erst bis Ende 2010, sondern schon bis Ende 2009 wäre allerdings der Lübecker Fall noch nicht erfasst gewesen. Er sollte uns aber, wie ich finde, als Landtag zumindest dazu veranlassen - dazu hat auch Herr Wengler soeben ausdrücklich aufgerufen -, an alle Hauseigentümer und Vermieter in Schleswig-Holstein zu appellieren, unabhängig von gesetzlichen Pflichten und zum Schutz der Mieter und Bewohner und im eigenen Eigentümerinteresse, soweit noch nicht geschehen, freiwillig und so schnell wie möglich die erst im nächsten Jahr verpflichtende Ausstattung mit Rauchwarnmeldern vorzunehmen.

(Vereinzelter Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Auf keinen Fall sollten wir durch allzu langwierige Ausschussberatungen die in der Landesbauordnung gerade neu geschaffene Planungssicherheit für die Wohnungswirtschaft erneut zur gesetzgeberischen Hängepartie machen. Das, was die Grünen in ihrer Antragsbegründung auch sagen, stimmt: Alle fachlichen und verbandlichen Stellungnahmen liegen vor. Eine erneute Anhörung ist nicht notwendig. Eine rasche Beratung und Entscheidung ist geboten. Wir sollten sie anstreben. Vielleicht führt diese sogar zu einer von allen Fraktionen dieses Hauses getragenen Entscheidung für den Antrag der Grünen.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Ich danke dem Herrn Abgeordneten Puls. - Für die FDP-Fraktion hat nun der Herr Abgeordnete Günther Hildebrand das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Den Hintergrund dieses Antrags, die genannten Lübecker Vorfälle, haben wir inzwischen erfahren. Den Angehörigen der Verstorbenen gilt unser Mitgefühl.

(Klaus-Peter Puls)

Auch wenn wir als FDP-Fraktion den Gesetzentwurf der Grünen kritisch sehen, so steht doch eines fest: Ein funktionstüchtiger Rauchmelder kann Leben retten, und jedermann ist gut beraten, sich die Wohnung mit Rauchmeldern auszustatten.

Nebenbei gesagt, geht es hierbei nicht nur um das Leben der Bewohnerinnen und Bewohner, sondern auch um die Gesundheit und um das Leben der Feuerwehrleute, die sich in einem Einsatz einer erheblichen Gefahr aussetzen. Wenn ein Feuer eine bestimmte Größe noch nicht erreicht hat, ist es für sie wesentlich einfacher, es zu löschen, und sie setzen dabei ihre Gesundheit nicht aufs Spiel.

Dies kann also für die Wohnungsinhaber keine Frage der Kosten sein. Vor diesem Hintergrund ist der Wunsch der Grünen nachvollziehbar, für eine Einbaupflicht von Rauchmeldern einzutreten und diese sobald wie möglich umzusetzen. Nach dem Gesetzentwurf sollen Wohnungen bis Ende dieses Jahres mit Rauchmeldern ausgerüstet sein, während die aktuelle LBO hierzu eine Übergangfrist bis 2010 vorsieht. Dies ist soeben schon gesagt worden.

Wir hingegen halten diese Verpflichtung nach wie vor nicht für richtig. Die Gründe hierfür sind bereits vor Jahren im Innen- und Rechtsausschuss diskutiert und auch bei der letzten Änderung zur Landesbauordnung erneut angesprochen worden. Ich verweise auf die Worte des von der FDP hoch geschätzten ehemaligen Innenministers Klaus Buß und zitiere aus dem Ausschussprotokoll vom 15. September 2004:

,,Die einfachen, mit Batterie betriebenen Rauchmelder halte er nicht für geeignet, weil sie den Menschen eine Sicherheit vorgaukelten, die nicht gegeben sei. Denn bei diesen Geräten müsse regelmäßig überprüft werden, ob die Batterie noch leistungsfähig sei … Wenn der Ladezustand der Batterie nicht mehr ausreiche, gebe das Gerät eine Zeitlang einen lauten Piepton von sich. Davon merke man allerdings bei Abwesenheit nichts. Nur ein Rauchmelder, der an das Netz angeschlossen sei und der für den Fall, dass das Netz abgeschaltet werde, über eine redundante Stromversorgung verfüge, also mit einer zusätzlichen Batterie ausgestattet sei, könne den Menschen die Sicherheit geben, die sie von einem solchen Gerät erwarteten."

Außerdem sind bei einem gesetzlich geregelten Einbau von Rauchmeldern, gleich welcher Betriebsart, die Bauaufsichtsbehörden gehalten, bei

Beschwerden oder Unterlassungen Zustandsbesichtigungen durchzuführen und im Rahmen des pflichtgemäßen Ermessens geeignete Maßnahmen anzuordnen.

Ich möchte vor dem Hintergrund des tragischen Falls in Lübeck die Frage des bürokratischen Aufwandes und der noch weitergehenden versicherungstechnischen Probleme im Fall eines Fehlalarms nicht weiter vertiefen. Aber eines ist klar: Auch eine Einbaupflicht kann die Vernunft nicht ersetzen.

(Beifall des Abgeordneten Dr. Heiner Garg [FDP])

Wer seinen Rauchmelder nicht wartet, ist ebenso und vielleicht sogar noch mehr gefährdet, Opfer eines Wohnungsbrandes zu werden.

Abschließend möchte ich noch feststellen: Meine Fraktion wird immer und überall öffentlichkeitswirksame Werbe- oder Informationsmaßnahmen für den Einbau von Rauchmeldern unterstützen. Für eine gesetzliche Pflicht treten wir nicht ein, weder 2009 noch 2010.

(Beifall bei der FDP - Zuruf des Abgeordne- ten Peter Eichstädt [SPD])

Ich danke dem Herrn Abgeordneten Günther Hildebrand. - Das Wort für den SSW im Landtag hat dessen Vorsitzende, Frau Abgeordnete Anke Spoorendonk.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Verabschiedung der Landesbauordnung im Dezember letzten Jahres lag eine langwierige und ausführliche Ausschussarbeit zugrunde. Die umfangreichen Stellungnahmen der Anhörung machen aus unserer Sicht dann auch den Wert des Gesetzentwurfs deutlich. In diesem Zusammenhang wurde auch der flächendeckende Einbau von Rauchmeldern ausführlich erörtert. Der SSW hat die im Gesetzentwurf verankerte Verpflichtung mitgetragen, jede Wohnung bis zum 31. Dezember 2010 mit Rauchmeldern auszustatten. Ich will nicht weiter auf die lebensrettenden Vorteile von Rauchmeldern eingehen, denn die liegen nun wirklich klar auf der Hand. Da wir aber über Freiwilligkeit nicht den gewünschten Effekt erzielen, jede Wohnung mit Rauchmeldern auszustatten, wurde mit der vorletzten Novellierung der Landesbauordnung eine ge

(Günther Hildebrand)

setzliche Regelung verankert. Dieses Ziel haben wir seinerzeit unterstützt.

Dieses Ziel wurde auch mit der jüngsten Novellierung der Landesbauordnung nicht aus den Augen verloren, das möchte ich deutlich hervorheben. Die rechtliche Verpflichtung, Rauchmelder einzubauen, besteht weiterhin, wurde aber um ein Jahr verzögert. Dies mag durchaus bedauerlich sein und ist es aus Sicht des SSW auch, aber so war die politische Lage. Die Zahl der Rauchmelder in deutschen Wohnungen ist im Vergleich zu anderen europäischen Ländern wirklich gering, aber wir müssen erkennen, dass es durch gute Öffentlichkeitsarbeit gelungen ist, die Zahl der ausgestatteten Wohnungen zu erhöhen.

Eine forsa-Studie von 2006 belegt, dass mittlerweile rund 30 % der Privathaushalte in Deutschland mit Rauchmeldern ausgestattet sind. Demgegenüber waren es 1999 nur zwischen 5 und 7 %. Diese Entwicklung an sich ist positiv zu werten. Aber Experten warnen davor, dass es ohne gesetzliche Regelungen keine signifikante Erhöhung mehr geben wird. Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern - Schweden zum Beispiel -, in denen es eine gesetzliche Regelung gibt, liegt die Zahl der mit Rauchmeldern ausgestatteten Wohnungen zwischen 75 % und 98 %, was auch zu einer massiven Reduzierung der Anzahl an Rauchtoten oder Brandtoten geführt hat.

Wir wissen also, womit wir es zu tun haben. Wir wissen, wo die Gefahren bei Wohnungsbränden liegen und wie wir diesen Gefahren begegnen können. Daher haben wir in Schleswig-Holstein seinerzeit auch den politischen Beschluss gefasst, dieses Problem rechtlich zu lösen. Die damit einhergehende Übergangsfrist von fünf Jahren schien der Mehrheit damals angemessen, um vorhandene Wohnungen mit Rauchmeldern auszurüsten.