Wir wissen also, womit wir es zu tun haben. Wir wissen, wo die Gefahren bei Wohnungsbränden liegen und wie wir diesen Gefahren begegnen können. Daher haben wir in Schleswig-Holstein seinerzeit auch den politischen Beschluss gefasst, dieses Problem rechtlich zu lösen. Die damit einhergehende Übergangsfrist von fünf Jahren schien der Mehrheit damals angemessen, um vorhandene Wohnungen mit Rauchmeldern auszurüsten.
Der politische Wille sieht nun vor, ein weiteres Jahr dranzuhängen. Wichtig ist dabei, um es positiv zu sehen, dass wir das Ziel nicht aus den Augen verlieren.
Grundsätzlich will ich aber für den SSW deutlich machen, dass wir uns eine andere Lösung gewünscht hätten, dass wir dem vorliegenden Gesetzentwurf auch positiv gegenüberstehen. Ich will aber auch deutlich machen, dass ich die Begründung doch problematisch finde. Ich finde es problematisch, dass man einen traurigen, tragischen Anlass derart in den Vordergrund rückt. Ich glaube, das ist der Sache nicht dienlich. Ich glaube, wir sollten daran festhalten, dass wir wirklich rechtliche
Grundlagen brauchen, weil wir wissen, was getan werden muss, um diesem Problem gerecht zu werden. Dazu brauchen wir nicht jetzt noch einmal in der „Bild“-Zeitung und anderswo nachzulesen, was geschehen ist. Das ist ein grundsätzliches Problem, das will ich noch einmal sagen.
Zusammengefasst: Der SSW hätte sich politisch eine andere Lösung gewünscht. Wir stehen dem Gesetzentwurf der Grünen positiv gegenüber. Wir würden den auch unterstützen. Aber ich denke, es ist redlich daran festzuhalten, wie die politische Entscheidung gewesen ist. Ich denke, wir sollten auch zu unseren eigenen Entscheidungen oder zu Mehrheitsentscheidungen stehen. Ich glaube, das gehört auch dazu.
Ich danke der Frau Abgeordneten Spoorendonk. Das Wort für die Landesregierung hat nun Herr Innenminister Lothar Hay.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben in der Dezember-Tagung des Landtags nach einer sehr intensiven, sehr gründlichen Debatte die Landesbauordnung novelliert. Eine zweite Vorbemerkung: Rauchwarnmelder können nur dann Leben retten, wenn sie auch funktionsfähig sind. Seit dem 1. April 2005 enthält die Landesbauordnung die Verpflichtung, Wohnungen im Bestand mit Rauchwarnmeldern auszustatten. Nach der derzeit noch gültigen Landesbauordnung - die neue tritt zum 1. Mai 2009 in Kraft - sind die Eigentümerinnen und Eigentümer vorhandener Wohnungen verpflichtet, jede Wohnungen spätestens bis zum 31. Dezember 2009 mit Rauchwarnmeldern auszurüsten. Das ist das Ende der Frist, man kann auch vorher tätig werden.
Der Gesetzentwurf der Landesregierung zur Novellierung der Landesbauordnung vom 30. Oktober 2007 - ich wies schon darauf hin - sah auch eine entsprechende Regelung vor. Die eingehende Beratung hat dabei dazu geführt, dass es dabei um die grundsätzliche Frage geht: Wer ist zuständig für die Betriebsbereitschaft, die Eigentümer oder die Besitzer? Es hat nie eine Diskussion stattgefunden, in der wir Rauchwarnmelder von der Verpflichtung ausnehmen wollten, sie zu installieren.
Der Landesgesetzgeber hat auf der Grundlage eingehender intensiver Beratungen diese Regelung gegenüber dem Gesetzentwurf der Landesregierung dahin gehend modifiziert - und Gesetzgeber ist der Landtag -, dass die Sicherstellung der Betriebsbereitschaft den unmittelbaren Besitzerinnen und Besitzern obliege, es sei denn, die Eigentümerin oder der Eigentümer übernehmen diese Verpflichtung selbst.
Nicht zuletzt angesichts der längeren parlamentarischen Beratung, die in den Beschluss über das Gesetz nach zweiter Lesung im Landtag am 12. Dezember 2008 mündete, hat der Gesetzgeber, Herr Kollege Baasch, die Frist der Verpflichtung für die Eigentümerin oder den Eigentümer vorhandener Wohnungen, jede Wohnung mit Rauchwarnmeldern auszurüsten, auf den 31. Dezember 2010 ausgedehnt. Angesichts der parlamentarischen Beratung waren die zur Nachrüstung verpflichteten Eigentümerinnen und Eigentümer - und Frau Birk: nicht nur Haus & Grund, es ging in erster Linie um die ehemals gemeinwirtschaftlichen genossenschaftlichen Wohnungsbauunternehmen - stark verunsichert. Dies galt umso mehr, als die letztliche Ausgestaltung der öffentlich-rechtlichen Pflicht zur Nachrüstung im Wohnungsbestand nicht abzusehen war. Zudem galt die Verpflichtung zur Nachrüstung unter dem Gesichtspunkt des Bestandsschutzes für bestehende Gebäude. Der Landesgesetzgeber ist mithin gehalten, den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Es geht um eine ausgesprochen hohe Anzahl von Rauchwarnmeldern, die gerade durch Wohnungsbaugesellschaften anzuschaffen sind. Auch ist die Art und Weise der vertraglichen Ausgestaltung über die Sicherstellung der Betriebsbereitschaft sorgfältig vorzubereiten.
Aus diesem Grund bin ich der Meinung, dass wir von der Frist 31. Dezember 2010 nicht abweichen sollten. Wir sollten ausdrücklich appellieren, diese Frist nicht auszunutzen und rechtzeitig jederzeit schnell diese Rauchwarnmelder dort einzubauen. Gleichzeitig kann man nur an die Mieterinnen und Mieter, an die Besitzerinnen und Besitzer appellieren: Ein Rauchwarnmelder hilft nur dann, wenn er betriebsbereit ist, wenn man ihn regelmäßig hegt und pflegt.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung. Es ist beantragt worden, den Gesetzentwurf Drucksache 16/2523 dem Innen
und Rechtsausschuss zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. Das ist so geschehen.
Lassen Sie mich zwei geschäftsleitende Bemerkungen machen, bevor wir in die Pause eintreten. Wir setzen den Tagesordnungspunkt 3 nach Tagesordnungspunkt 15 und beginnen um 15 Uhr mit Tagesordnungspunkt 21, Schuldenbremse im Bundesrat ablehnen. Ich wünsche Ihnen eine schöne Mittagspause.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich eröffne nach der Mittagspause die Sitzung wieder und freue mich über die bereits Anwesenden. Ich hoffe, dass die anderen auch noch den Weg ins Plenum finden.
Bevor wir mit dem Tagesordnungspunkt 21 beginnen, begrüßen Sie bitte mit mir auf der Tribüne die Landfrauen aus dem Landfrauenverein Sörup. Herzlich willkommen bei uns im Landeshaus!
Klage vor dem Bundesverfassungsgericht gegen die Verankerung der Schuldenregelung in Art. 109 Abs. 3 S. 1, 5 GG (neu)
Antrag der Fraktionen von CDU, SPD, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten des SSW Drucksache 16/2585
Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Aussprache und erteile für den SSW im Landtag das Wort der Vorsitzenden, der Frau Abgeordneten Anke Spoorendonk.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Schleswig-Holstein steckt in der Bredouille. Das Land hat über 23 Milliarden € Schulden, und unser Haushalt weist ein strukturelles Defizit von rund 600 Millionen € auf. Wir leben auf Kosten kommender Generationen und müssen konsequent ausgeglichene Haushalte anstreben; nur so bekommen wir den Überschuss, um die Altschulden abzubezahlen.
Niemand in diesem Haus zweifelt daran, dass wir eine Schuldenbremse benötigen. Aber das bedeutet nicht, dass wir bedingungslos allem zustimmen müssen, wo „Schuldenbremse“ draufsteht.
Es gibt solche und solche Schuldenbremsen. Die Bremse, die die Föderalismuskommission II Anfang März 2009 beschlossen hat, ist kein gangbarer Weg in die Schuldenfreiheit, sondern ein Schraubstock, in dem unser Land seine Bewegungsfreiheit verliert und schlimmstenfalls zerquetscht wird.
Für Schleswig-Holstein bedeutet die neue Schuldenregelung konkret, dass wir ab 2020 einen ausgeglichenen Landeshaushalt haben müssen. Das strukturelle Defizit muss abgebaut werden, dafür bekommen wir vom Bund neun Jahre lang 80 Millionen €. Übrig bleiben also 520 Millionen € pro Jahr, die das Land einsparen muss. Die Folge: Wir werden gezwungen, in Kernbereichen wie Bildung, Kinderbetreuung, Polizei und Justiz massiv zu streichen. Wie sehr die Schuldenbremse Schleswig-Holstein belastet, lässt sich schon daran ablesen, dass wir pro Jahr gerade einmal das dreifache, also 1,5 Milliarden €, für Schulen, Lehrer und Polizei ausgeben. Null Schulden sind nicht allein durch eine Vollbremsung bei den Ausgaben zu machen.
Hinzu kommt, dass die Schuldenbremse in die Zeit passt wie ein Sparschwein in ein Armenhaus. Wir leben in einer Krisenzeit, in der die Landesfinanzen bis an die Grenzen strapaziert werden. Die Politik tritt das Gaspedal bis zum Anschlag, wenn es darum geht, durch Investitionen und durch die Rettung der HSH Nordbank die Folgen der Finanzund Wirtschaftskrise abzumildern. Aber jeder weiß, dass man ins Schleudern kommt, wenn man bei voller Fahrt gleichzeitig auf Bremse und Gas tritt.
Kurz und gut: Wenn wir angesichts der massiven Ausgaben für die Krisenbewältigung die Schuldenbremse betätigen, dann fährt unser Land an die Wand. Eine gute Regierung fährt vorausschauend
und das hat der Ministerpräsident in dieser Sache auch lange getan. Umso unverständlicher ist es, dass Peter Harry Carstensen jetzt eingeknickt ist. Das Saarland hat seine Zustimmung zur Schuldenbremse 260 Millionen € kosten lassen, und Bremen bekommt 300 Millionen € Euro jährlich, während Schleswig-Holstein sich mit 80 Millionen € hat abspeisen lassen. Damit können wir unser Land nicht sanieren.
Es geht hier gerade nicht darum, dass es Sache der Landtage sein muss, ihr Haushaltsrecht durch eine Schuldenbremse einzuschränken. Wir sind uns alle einig, dass wir uns diese Freiheit vor dem Bundesverfassungsgericht wieder erkämpfen müssen, um als Landtag nicht wie ein ausgeblasenes Osterei dazustehen, wie es Heribert Prantl heute in der „Süddeutschen“ beschreibt, eine bunte Schale ohne Inhalt.
Unabhängig von dieser Frage können wie aber auch nicht damit leben, dass der Bund sich nur mit insgesamt 580 Millionen € Konsolidierungshilfe an der Gesundung unseres Landes beteiligt. Diese Absprache zum Finanzausgleich stünde auch dann weiter im Raum, wenn das Bundesverfassungsgericht die Landtage unterstützt.
Im Gegensatz zum Bund kann das Land nicht an wesentlichen Steuerschrauben drehen, um die Einnahmen zu verbessern. Schleswig-Holstein wird seine Schulden nur dann los, wenn ein realistisches Entschuldungskonzept vorliegt, das einen Abbau der Altschulden einleitet und so zu Einsparungen bei den Zinsausgaben führt. Mit der beschlossenen Schuldenbremse geht das nicht.
FDP, Grüne und SSW haben dies erkannt, und auch der Fraktions- und Landesvorsitzende der SPD hat mehrfach gegen diese Schuldenregelung Stellung bezogen.
Mit anderen Worten: Es gibt in diesem Haus eine Mehrheit gegen die beschlossene Schuldenbremse. Diese breite Mehrheit müssen wir nutzen, um Unheil vom Land abzuwenden.
Es liegt also an den Landtagsabgeordneten der SPD, ob dem Land die Luft zum Atmen genommen wird. Sie müssen entscheiden, ob Schleswig-Holstein wirklich finanzpolitisch handlungsunfähig ge
macht und bildungspolitisch heruntergewirtschaftet werden soll. Die Entscheidung duldet keinen Aufschub, denn die Beratungen im Bundesrat und im Bundestag sollen schon Ende März 2009 beginnen. Deshalb fordern wir die Kolleginnen und Kollegen von der SPD auf, hier und heute ein deutliches Signal aus Schleswig-Holstein zu senden und dafür zu stimmen, dass die Landesregierung im Bundesrat die Schuldenbremse ablehnt.