Weitere Wortmeldungen gibt es nicht. Ich schließe die Beratung. Es ist beantragt worden, den Antrag Drucksache 16/2646 federführend an den Umweltund Agrarausschuss und - als Angebot - mitberatend an den Europaausschuss zu überweisen. Nein, er soll nur an den Umwelt- und Agrarausschuss überwiesen werden. Wer so entscheiden will, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Das ist einstimmig so beschlossen.
Schleswig-Holstein in Europa: Europapolitische Schwerpunkte der Landesregierung - Europabericht 2009
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! 2009 ist ein Jahr der Veränderung und des Wechsels für Europa. Es ist damit auch ein Jahr der Unsicherheit. Institutionell stehen wir mit der Ratifizierung des Vertrags von Lissabon vor dem Übergang in eine neue Phase der Integration. Hier sind noch einige Hürden zu nehmen. Gerade heute ist es so, dass der tschechische Senat über den LissabonVertrag abstimmt. Ich kenne das Ergebnis noch nicht. Ich hoffe, dass es dort eine Mehrheit gibt.
- Herr Ritzek, vielen Dank. Es ist sehr erfreulich, das zu hören. Es gibt noch die weitere Phase, in der der Präsident, Herr Klaus, unterzeichnen muss. Wie das ausgeht, wissen wir noch nicht. Es gibt weitere Hürden in Polen, in Irland und auch bei uns im Land. Das Bundesverfassungsgericht muss in dieser Frage noch entscheiden.
Ursprünglich sollte 2009 die Energie- und Klimapolitik im Zentrum der europäischen Politik stehen. Die Sicherung der Energieversorgung, die Förderung effizienter Energien, der Umbau zu einer CO2armen Produktion - dies waren nur einige von den sehr wichtigen Schlagworten. Doch dann kam die Weltfinanz- und -wirtschaftskrise. Die weitere Entwicklung ist offen. Aber ich denke, eine Lehre können wir schon jetzt ziehen: Kein Land allein ist in der Lage, die Probleme zu lösen, egal ob es sich dabei um Island oder die USA handelt. Für Lösungen in einer globalisierten Weltwirtschaft braucht man starke, handlungsfähige Institutionen, gemeinsame Strategien und gegenseitige Unterstützung. Ich denke, in dieser Situation können wir froh sein, dass es die Europäische Union gibt und dass wir eine Währungsunion haben. Ich fürchte, sonst würden wir jetzt schon sehr viel schlechter dastehen, als wir im Moment dastehen. Das heißt, das ist etwas, was uns hilft.
Um die wirtschaftliche Entwicklung in Europa zu stabilisieren und nachhaltig zu verbessern, braucht es eine noch bessere Koordinierung der Wirtschaftspolitik, der Finanzpolitik und der Geldpolitik, um Wachstum und vor allen Dingen auch Beschäftigung in Europa zu sichern. Insbesondere das Ziel eines hohen Beschäftigungsstandes muss dabei im Mittelpunkt stehen. Das gilt für Europa, das gilt aber auch genauso für Schleswig-Holstein.
Und damit möchte ich zu den landespolitischen Schwerpunkten kommen. Der ausführliche Bericht liegt ihnen vor. Ich möchte deshalb nur auf einige Schwerpunkte eingehen.
Der Europabericht 2009 zeigt: Die Europapolitik Schleswig-Holsteins hat in der Vergangenheit die richtigen Schwerpunkte gesetzt.
Es war richtig, dass wir uns beschränkt haben, beschränkt haben auf einige Bereiche, die unser Land elementar betreffen, dass wir hier nicht versuchen, große Welt zu spielen, eine zweite auswärtige Politik in allen Feldern zu betreiben, sondern sagen, wo die Interessen des Landes liegen. Diese verfolgen wir beharrlich und mit viel Nachdruck in Brüssel. Das erfolgt so, dass wir sagen können: Es gibt Erfolge.
Die Ostseepolitik war und bleibt ein solcher Schwerpunkt. Sie hat auch dazu beigetragen, dass Schleswig-Holstein in Brüssel ein unverwechselbares Alleinstellungsmerkmal hat. Ich kann mich noch erinnern, ich war ja vor zehn oder auch zwölf Jahren Mitglied dieses Hauses und Vorsitzender des Europaausschusses: Damals wusste man in Brüssel noch nicht, wie man Schleswig-Holstein ausspricht. Inzwischen haben wir dieses Problem gelöst.
Wir haben ein Alleinstellungsmerkmal, wir sind Motor der interregionalen Kooperation, pragmatisch im Vorgehen, gut vernetzt und erfolgreich in der konkreten Politik. Die Europäische Kommission wird in diesem Jahr eine EU-Strategie für den Ostseeraum vorlegen. Es ist das erste Mal, dass es innerhalb der EU eine Strategie der gesamten EU
für einen Teil der Europäischen Union gibt. Als Europaminister konnte ich mich in den Konsultationsprozess einbringen. Ich kann Ihnen berichten, wir haben erreicht, dass auch schleswig-holsteinische Interessen in den Aktionsplan zur EU-Ostseestrategie, der im Moment als Entwurf vorliegt, eingeflossen sind. Auch unser Fünf-Punkte-Aktionsplan Saubere Ostseeschifffahrt, den wir hier im Haus diskutiert haben, ist aufgenommen worden. Das heißt erstens: Landstrom für Schiffe in allen wichtigen Ostseehäfen; zweitens: umweltbezogene Hafengebühren in allen wichtigen Ostseehäfen; drittens: Beendigung der Abwassereinleitungen von Passagierschiffen auf See; viertens: Einführung von Labels für saubere Ostseeschifffahrt und nachhaltiges Hafenmanagement und fünftens: Prämierung von vorbildlichen Projekten in diesen beiden Bereichen. Dieses ist in den Entwurf „Ostseestrategie der Europäischen Union“ der Kommission aufgenommen worden.
Wir haben noch etwas Weiteres erreicht, wir haben nämlich zum Thema einer gemeinsamen Ostseeidentität, also im kulturellen Bereich, ein Projekt platzieren können, bei dem es darum geht, in einem fünfjährigen Prozess in allen Ländern an der Ostsee am Ende so etwas wie ein gemeinsames Buch über die Geschichte des Ostseeraumes zu schaffen, nicht nur ein Buch, sondern auch eine DVD, die in einem fünfjährigen Prozess erarbeitet werden sollen nicht allein mit Wissenschaftlern, sondern mit Menschen, die in der Region leben, insbesondere mit jungen Menschen. Dieses ist von der Europäischen Union aufgegriffen worden. Ich denke, wir können alle darauf stolz sein, wenn es einem Land wie Schleswig-Holstein gelingt, Punkte in ein Papier der Kommission hineinzubringen. Damit haben wir gemeinsam viel erreicht, und ich darf mich bei allen für ihre Mithilfe bedanken.
Die Meerespolitik ist geradezu ein neues Markenzeichen Schleswig-Holsteins auf EU-Ebene geworden. Wir gelten als Pionier in Meeresangelegenheiten. Der zuständige Kommissar Joe Borg hat in dem Maritimen Jahrbuch 2007/2008 ausgeführt:
Das heißt, wir sind von der Kommission hier öffentlich genannt worden. Auch das ist etwas, was nicht jedem Bundesland gelingt.
Eine der größten Herausforderungen der Zukunft wird dabei der Klimawandel sein. Ansteigende Meeresspiegel, Versauerung der Ozeane, wärmeres Wasser, Stürme und Sturmfluten - all dies wird das marine Ökosystem verändern und Küstenregionen ganz besonders hart treffen. Davon konnte ich mich neulich mit eigenen Augen überzeugen und auch einiges lernen.
Mit Blick auf die Wirtschaftskrise sage ich allerdings auch: Umwelt- beziehungsweise Klimaschutz und Förderung der Wirtschaft müssen kein Widerspruch sein, ganz im Gegenteil.
Tatsächlich können wir über den Umweltschutz die Wirtschaft antreiben. Ein gutes Beispiel dafür ist die Gewinnung erneuerbarer Energien aus dem Meer. Dazu gehören nicht nur Offshore-Windanlagen, sondern auch viele andere Dinge, die zum Teil in Europa eine Rolle spielen, nicht aber alle in Schleswig-Holstein. Hier ist ein großes Potenzial vorhanden.
Meine Damen und Herren, Europapolitik beginnt bei unseren Nachbarn. Deshalb ist die Entwicklung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit mit Dänemark für die Landesregierung ein ganz zentrales Anliegen. So wollen wir bis 2013 die grenzüberschreitenden Aktivitäten in den Feldern Innovation, Technologie, Wirtschaft und Beschäftigung weiterentwickeln. Mit dem INTERREG-IV-A-Programm stehen uns hier immerhin insgesamt 67 Millionen € an EU-Mitteln zur Verfügung.
Die 2007 abgeschlossene Partnerschaftserklärung mit Syddanmark soll zu handfesten Projekten führen. Für meinen Bereich, das ist nur einer von vielen Bereichen, den Arbeitsmarkt, kann ich dazu sagen: Ein Projekt wird sein, die Sprachkompetenz fördern, zum Beispiel durch Jugendaustausch. Es muss so sein, dass auch deutsche Jugendliche dänisch können. Die grenzüberschreitende Anerkennung von Abschlüssen muss verbessert werden.
Wir müssen mit deutschen Abschlüssen in Dänemark arbeiten können und umgekehrt. Es muss ein Netzwerk der arbeitsmarktpolitischen Praktiker geschaffen werden. All dies ist auf dem Weg.
Ein weiteres Stichwort der Zusammenarbeit - ich weiß, hierzu gibt es im Haus unterschiedliche Meinungen - ist die Fehmarnbelt-Querung. Auf mei
ne Initiative hin veranstalten wir am 2. und 3. Juni 2009 in Lübeck erstmals mit Vertretern aller fünf Regionen der Kooperation STRING - das sind Schleswig-Holstein, Hamburg, Seeland, die Hauptstadtregion in Dänemark und Skåne in Schweden gemeinsam mit dem Fehmarnbelt Business Council und dem Fehmarnbelt Komitee die internationale Konferenz „Building New Bridges in the South Western Baltic Sea Region“. Dazu werden über 200 Teilnehmer aus Deutschland, Dänemark, Schweden und Norwegen erwartet. Diese Konferenz versteht sich als internationales Forum, um die Akteure der verschiedenen Politikebenen und Kooperationsfelder zusammenzubringen. Teilnehmer sind unter anderem Lars Barfoed, der Transportminister Dänemarks, Allan Larsson, der ehemalige Finanzminister Schwedens, Svend Erik Hovmand, Vorsitzender des Fehmarnbelt Komitees und ehemaliger dänischer Minister für Energie. Ich kann hierzu nur sagen, dies ist keine Konferenz der Phantasten, wie ich in einer Pressemitteilung gelesen habe, sondern dies sind Menschen, die handfeste Politik machen. Wenn es eine Konferenz der Phantasten hätte werden sollen, hätte ich andere einladen müssen. Wer das im Einzelnen ist, das erzähle ich hier jetzt nicht. Die haben aber keine Post bekommen.
Insofern wird dies eine internationale Konferenz, die am Ende auch entsprechende Erfolge vorzuweisen haben wird.
Lassen Sie mich zum Abschluss noch anmerken: Ich war sehr beeindruckt, als ich während der Dänemarkreise des Ministerpräsidenten, bei der ich dabei sein durfte, erleben konnte, dass der ehemalige dänische Staatminister, Anders Fogh Rasmussen, uns Schleswig-Holsteiner nachdrücklich aufgefordert hat, eine führende Rolle in der Umsetzung der EU-Ostseestratgie zu übernehmen. Das ist ungewöhnlich, dass jemand von der nationalen Ebene, der eigentlich mit nationalen Regierungen verhandelt, jemanden wie uns, eine Region innerhalb Europas, auffordert, eine aktive Rolle zu spielen. Ich denke, das ist ein großer Erfolg. Ich werte dies als Ausdruck der vertrauensvollen Zusammenarbeit mit Dänemark und als Anerkennung der schleswigholsteinischen Rolle in der Ostseekooperation.
Ich kann das aufgrund der Zeit - ich sehe gerade, sie geht gleich zu Ende - hier nicht alles nennen.
- Vielen Dank. Wir befinden uns in einer Kontinuität der Europapolitik des Landes. Es ist eine Kontinuität, die auch dadurch möglich ist, dass wir in den Grundsätzen fraktionsübergreifend übereinstimmen. Dadurch haben wir die Kraft, auf europäischer Ebene etwas zu bewirken. Ich darf mich bei allen dafür bedanken. Denn dieses ist ein wichtiger europapolitischer Standortvorteil Schleswig-Holsteins. Das ist auch der Grund dafür, warum wir dort Politik machen. Wir wollen unser Land voranbringen, und wir sind dabei auf einem guten Weg. Der Bericht zeigt dies erneut. Ich freue mich auf die Beratungen.
Ich danke dem Herrn Minister für seinen Bericht. Ich eröffne die Aussprache und erteile für die CDU-Fraktion Herrn Abgeordneten Manfred Ritzek das Wort.