Hier, meine Damen und Herren, muss unsere Gesellschaft noch besser werden. Es gilt die Jugendlichen einzubinden. Demokratie muss von Kindesbeinen an gelernt werden. Deshalb sind gerade die Gemeinden aufgefordert, ihre Verpflichtung gemäß § 47 f der Gemeindeordnung auch tatsächlich umzusetzen. Dort heißt es:
„Die Gemeinde muss bei Planungen und Vorhaben, die die Interessen von Kindern und Jugendlichen berühren, diese in angemessener Weise beteiligen.“
Aber auch die Schulen müssen - unabhängig von der Notwendigkeit des eingeständigen Faches Wirtschaft und Politik - Demokratie erlebbar machen und Kinder und Jugendliche zum Austauschen von Argumenten animieren und motivieren, und sie müssen es ihnen ermöglichen, selbstständig Positionen zu erarbeiten.
Gerade wenn wir das Wahlalter auf 16 Jahre absenken wollen, sind wir alle gefordert, die jungen Menschen, die Schülerinnen und Schüler beim „ersten Mal“ aktiv zu begleiten und sie vorzubereiten. Ich denke, die Schulen haben dazu eine gute Möglichkeit. Ich sage ausdrücklich, diese Vorbereitung darf nicht nur in den Gymnasien passieren, sie muss auch in den Hauptschulen, in den Realschulen, in den Gemeinschafts- und Regionalschulen ganz aktiv wahrgenommen werden.
Mit unserer Gesetzesinitiative wollen wir Grünen den 16- und 17-Jährigen schon bei der nächsten Landtagswahl das Wahlrecht geben. Wir wollen das klare Signal an die junge Generation aussenden: Ihr seid uns wichtig, wir nehmen eure Anliegen ernst, wir wollen euch an allen politischen Entscheidungen beteiligen; denn ihr seid die junge Generation, die von den Konsequenzen der heutigen Entscheidung in den nächsten Jahren und Jahrzehnten am stärksten betroffen ist.
Egal ob in der Bildungspolitik, in der Klimapolitik oder in der Finanzpolitik, die Konsequenzen unserer heutigen Entscheidung treffen die jungen Menschen am härtesten, sie werden sie am längsten zu tragen haben.
Das Argument der nicht vorhandenen „Reife zur Wahl“ greift aus meiner Sicht nicht. Es ist immer eine politische Entscheidung, wann eine Gesellschaft ihre Jugendlichen für reif genug hält, um das Wahlrecht auszuüben. Und auch die Koppelung an die Volljährigkeit ist nicht zwangsläufig. Als im Jahr 1970 die sozial-liberale Koalition das Wahlalter von 21 auf 18 Jahre herabgesetzt hat, war das auch nicht identisch mit der Volljährigkeit, die erst später folgte.
und Sprachmündigkeit ein hohes Maß an Verantwortung zu. Aus unserer Sicht gibt es deshalb keinen Grund, Jugendlichen ab 16 Jahren nicht auch politisches Verantwortungsbewusstsein zuzugestehen.
Die Erfahrung mit der Beteiligung von Jugendlichen an Kommunalwahlen in Schleswig-Holstein zeigt, dass Jugendliche ihr Wahlrecht pflichtbewusst ausüben. So war zum Beispiel bei der Kommunalwahl 1998 - dafür gibt es Zahlen - die Wahlbeteiligung bei den 16- bis 20-Jährigen höher als in der Altersgruppe der 21- bis 34-Jährigen. Vielleicht sind es diese Erfahrungen, die inzwischen im Bundestag dazu geführt haben, dass nicht nur die Grünen, sondern auch FDP und SPD für eine Herabsetzung des Wahlalters auf 16 Jahre bei Bundestagswahlen eintreten.
Die Absenkung des Wahlalters ist Chance und Verpflichtung zugleich - eine Chance für mehr Teilhabe und eine Verpflichtung, im Elternhaus und in der Schule früh damit zu beginnen, für unsere Demokratie zu werben und die jungen Menschen für Politik zu begeistern. Es ist auch eine Antwort auf den demografischen Wandel, auf die Alterspyramide, wobei immer mehr Ältere über die Belange der Jungen entscheiden werden.
Lassen Sie mich deshalb schließen mit einem Zitat aus dem Wochenend Journal der „Kieler-Nachrichten“. Ich fand den Bericht vom vergangenen Wochenende mit der Überschrift „Mit der Bundesrepublik erwachsen geworden“ sehr passend. Dort findet sich folgendes Zitat der 17-jährigen Schülerin Kim Zöllner:
„Am Tag der Wahlen machte ich also mein erstes Kreuzchen und fühlte mich dann schon fast wie ein vollwertiger deutscher Staatsbürger.“
Das ist ein schönes Zitat für diese Debatte. Ich wünsche mir eine ernsthafte, nach vorn gerichtete Diskussion.
Ich danke der Frau Abgeordneten Heinold. - Das Wort für die CDU-Fraktion hat nun der Herr Abgeordnete Peter Lehnert.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wieder einmal beschäftigen wir uns mit der Frage der Ausgestaltung des Wahlrechts. Heutige Grundlage ist ein Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN, in dem diese fordern, das Wahlalter für Landtagswahlen auf 16 Jahre herabzusetzen. Jugendlichen solle früher ein Recht auf politische Mitbestimmung eingeräumt werden. Sie begründen Ihren Gesetzentwurf, Frau Heinold, mit der Befürchtung, dass die Interessen jüngerer Generationen zu kurz kämen, weil die Menschen in unserem Land immer älter und junge Menschen durch den demografischen Wandel zur Minderheit werden. Im Jahr 2050 werde der Anteil der Älteren in der Gesellschaft fast doppelt so hoch sein wie der der Jüngeren.
Wenn es Ihnen also darum geht, Parität zwischen älteren und jüngeren Wählern anzustreben, laufen Sie Gefahr, dass Sie bei weiter steigender Lebenserwartung eines Tages einen mobilen Wahlvorstand in Kindertagesstätten einrichten müssen.
Ich glaube vielmehr, dass ein fairer Interessenausgleich zwischen den Generationen auf anderem Weg gelingen kann. Das Wahlrecht mit 16 hätte in diesem Kontext nur eine billige Alibifunktion.
Sie müssen sich fragen lassen, mit welcher Begründung Sie die Absenkung des aktiven Wahlalters auf 16 Jahre fordern und es nicht noch niedriger festlegen wollen. Warum nicht mit 14, zwölf oder zehn Jahren? Diese Frage zeigt, dass jede Abkopplung des aktiven Wahlalters von der Volljährigkeit ein Stück weit willkürlich und deshalb letztlich nicht überzeugend ist.
(Beifall bei CDU und FDP - Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Willkürlich ja, überzeugend doch!)
Sie argumentieren außerdem, dass die Herabsetzung des Wahlalters auf 16 Jahre bei Kommunalwahlen gezeigt habe, dass Jugendliche mit ihrem Stimmrecht sehr verantwortungsbewusst umgehen. Bereits im Folgesatz kritisieren Sie jedoch die geringe Wahlbeteiligung in dieser Altersgruppe.
Ich denke, dass eine große Mehrheit unter den Jugendlichen nicht unbedingt darauf drängt, an den Wahlen zum Landtag teilnehmen zu können. Es gibt eine deutlich differenziertere Meinungslage. Viele junge Menschen sind sich gerade der hohen Verantwortung bewusst, die mit der Ausübung des Wahlrechts verbunden ist, und lehnen deshalb auch eine Absenkung des Wahlalters ab.
siert werden sollten. Das erfordert aber andere Mechanismen als die bloße Herabsetzung des Wahlalters. Die Bereitschaft Jugendlicher, sich in Schülervertretungen, Jugendbeiräten, kommunalen Jugendparlamenten oder auch in politischen Jugendorganisationen der Parteien zu engagieren, müssen wir alle nachhaltig fördern.
Wir müssen alle unsere Anstrengungen verstärken, um Politikverdrossenheit abzubauen und junge Menschen für politische Themen zu interessieren. Ich glaube, dass gerade die vielfältigen Veranstaltungen, die auch hier im Schleswig-Holsteinischen Landtag jetzt regelmäßig durchgeführt werden, dieses Interesse der Jugendlichen eindrucksvoll dokumentieren.
In dem Anliegen der politischen Partizipation Jugendlicher haben wir in diesem Haus breiten Konsens. Wann immer es möglich ist, sollten gerade wir als Abgeordnete den Kontakt und das Gespräch mit Jugendlichen suchen. Jungen Menschen sollte dabei allerdings deutlich gemacht werden, dass Rechte auch mit Pflichten einhergehen. Deshalb ist es aus unserer Sicht logisch und konsequent, das Wahlrecht an das Erreichen der Volljährigkeit zu binden. Erst mit Vollendung des 18. Lebensjahres sind junge Menschen uneingeschränkt geschäftsfähig und eigenverantwortlich. Durch seine Wahlentscheidung übernimmt jeder Einzelne mittelbar Verantwortung für das Gemeinwesen. Eine Abkoppelung des aktiven Wahlalters von der Volljährigkeit auf Landes- oder Bundesebene wäre dagegen willkürlich, und eine Abkoppelung des aktiven Wahlrechts vom passiven Wahlrecht unlogisch und inkonsequent.
Auch im Hinblick auf die Einheit der Rechtsordnung und die Beachtung der ihr zugrunde liegenden Wertungen ist die Absenkung des Wahlalters abzulehnen, denn wesentliche Rechtsfolgen wie die volle Geschäftsfähigkeit und die volle Deliktsfähigkeit sind an die Vollendung des 18. Lebensjahres geknüpft. Deshalb ist es richtig, wenn die mit der Ausübung des Wahlrechts verbundene Verantwortung nicht zu einem früheren Zeitpunkt einsetzt als die volle Verantwortlichkeit im privatrechtlichen Bereich.
Der Zusammenhang zwischen der Entscheidungsmacht und der Verantwortlichkeit des Einzelnen ist die Grundlage unserer Rechtsordnung, und zwar nicht nur im Zivilrecht, sondern vielmehr auch bei
Fragen, die das Gemeinwesen betreffen. Das Wahlrecht ist nun einmal das zentrale Recht der demokratischen Teilhabe, sozusagen das zentrale politische Grundrecht des Staatsbürgers in der Demokratie. Der Wähler übernimmt durch seine Entscheidung mittelbar Verantwortung für das Gemeinwesen. Wenn man aber im privaten Bereich erst mit der Volljährigkeit die volle Verantwortung für sein Handeln übernimmt, dann ist es folgerichtig, dass dies auch für die Folgen der Ausübung des Wahlrechts, also des zentralen demokratischen Teilhaberechts, gilt.
Der Satz „Wer Rechte haben will, muss auch Pflichten haben“ muss weiter Gültigkeit behalten, und gleichermaßen gilt: Wer entscheiden will, muss auch die Konsequenzen seiner Entscheidungen tragen. Deshalb ist es überzeugend, wenn die Altersgrenze für das aktive und passive Wahlrecht bei Landtagswahlen an die Volljährigkeit geknüpft bleibt.
Ich danke dem Herrn Abgeordneter Peter Lehnert. Das Wort für die SPD-Fraktion hat nun der Herr Abgeordnete Klaus-Peter Puls.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Als Fraktionsältester habe ich die Ehre, zum Wahlalter 16 zu sprechen. In der Begründung des Grünen-Antrags zur Senkung des aktiven Landtagswahlalters von 18 auf 16 Jahre heißt es lapidar, kurz und knapp:
Wir teilen die Auffassung der Grünen, dass nachfolgende Generationen von den Fragen der politischen Zukunftsgestaltung häufig am stärksten betroffen sind und dass es deshalb sinnvoll ist, junge Menschen so früh wie möglich an den sie betreffenden Entscheidungen teilhaben zu lassen, wir teilen die Auffassung der Grünen, dass eine demokratische Gesellschaft auf die aktive Beteiligung aller Altersgruppen angewiesen ist und dass die Möglichkeit, mitentscheiden zu können und durch ein früheres Wahlrecht ernst genommen zu werden, undifferenzierten Abwehrmechanismen gegenüber Politik generell frühzeitig entgegenwirken kann, und wir teilen auch die Auffassung der Grünen, dass das häufig überdurchschnittlich hohe zivilge
sellschaftliche Engagement junger Leute innerhalb und außerhalb von Jugendverbänden, in gemeinnützigen Initiativen und anderen Beteiligungsformen für ein ergänzendes Recht auf konkrete politische Beteiligung nicht nur bei Kommunalwahlen, sondern auch bei Landtagswahlen spricht.
In Schleswig-Holstein ist Kinder- und Jugendbeteiligung gelebte Politik. Wir wollen auf diesem Wege fortfahren und werden auch in Zukunft die Jugend mitreden lassen, sodass sie sich einmischen, ihr Lebensumfeld und ihre Zukunft aktiv mitgestalten kann.