Protokoll der Sitzung vom 07.05.2009

(Minister Dr. Jörn Biel)

die Stadt Neumünster mit der AKN an den Hamburger Hauptbahnhof angebunden. Nach Auskunft der AKN hat sich die Zahl der Fahrgäste auf der Strecke um 130 % erhöht. Etwa 700.000 zusätzliche Fahrgäste nutzten in den vergangenen vier Jahren dieses Angebot; 60 % davon kamen aus Schleswig-Holstein.

(Beifall bei FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Nutzerzahl dieser Linie liegt damit weit höher, als vor Beginn der Testphase selbst in den optimistischen Schätzungen angenommen wurde. Die Linie A 1 der AKN ist damit zu einer der wichtigsten Linien im Streckennetz des ÖPNV im Großraum Hamburg geworden. Am 1. Juni 2009 endet die Testphase, und die AKN plant aus betriebswirtschaftlichen Kostengründen, diesen Betrieb einzustellen.

Aus Sicht meiner Fraktion muss es darum gehen, dieses Erfolgsmodell der dauerhaften Durchbindung an den Hamburger Hauptbahnhof auch künftig zu gewährleisten. Es muss dringend eine Lösung gefunden werden, um eine dauerhafte und ganztägige Durchbindung der AKN an den Hamburger Hauptbahnhof zu gewährleisten. Denn eine gute verkehrliche Erreichbarkeit der Metropolregion ist die Grundlage für wirtschaftliche Entwicklung in dieser Region. Gerade die Anbindung der Kreise Pinneberg und Segeberg mit dem ÖPNV an die Hamburger City wird in naher Zukunft deutlich an Bedeutung zunehmen. Denn im Zuge des Ausbaus der A 7 und der Sanierung des Elbtunnels sind insbesondere Berufspendler auf eine Alternative angewiesen. Wenn Schleswig-Holstein auch in der Verkehrspolitik zum Klima- und Umweltschutz beitragen will, dann darf der Wegfall dieser direkten Anbindung ohnehin - aus unserer Sicht jedenfalls - nicht zur Diskussion stehen.

Sowohl die Bürgerbriefe, die Sie alle als Kolleginnen und Kollegen in den vergangenen Wochen bekommen haben, als auch diverse Resolutionen von Gemeinden und Städten entlang der Strecke zeigen, dass ein erheblicher dringender Wunsch besteht, die durchgehende AKN-Anbindung weiterhin zu erhalten. Schleswig-Holstein ist mit 49,9 % an der AKN beteiligt. Die Landesregierung sollte daher ihre Verhandlungsposition in den entsprechenden Gremien, Herr Minister, nutzen, um diesen Wunsch der schleswig-holsteinischen Gemeinden in das Unternehmen zu tragen, aber auch, um gemeinsam mit Hamburg und der Geschäftsführung der AKN zu einer angemessenen Lösung zu kommen.

(Beifall bei der FDP)

Denn gerade die Hamburger Stadtentwicklungsbehörde hat bedauerlicherweise in den vergangenen Wochen sehr deutlich durchblicken lassen, dass ihr die Fortführung des Angebots wenig wichtig erscheint und dass sie darüber auch erst im Herbst entscheiden will.

(Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Keine Fortführung!)

- Ja, eher in Richtung keine Durchbindung.

Die Ende März verkündete Kompromisslösung, die umsteigefreie Anbindung nur bis Kaltenkirchen und auch nur bis zum Ende dieses Jahres aufrechtzuerhalten, kann uns hier in Schleswig-Holstein nicht zufriedenstellen. Aus Sicht der FDP-Fraktion muss es auch über das Ende des Jahres 2009 hinaus für viele Berufspendler aus den Kreisen Pinneberg und Segeberg möglich sein, ohne Umsteigen zum Hamburger Hauptbahnhof zu gelangen.

(Beifall des Abgeordneten Detlef Matthies- sen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Schaut man sich das Fahrgastaufkommen und das potenzielle Fahrgastangebot an, dann sollte zumindest Bad Bramstedt noch in das Angebot aufgenommen werden.

(Beifall bei FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Fortbestand der dauerhaften und ganztägigen umsteigefreien Anbindung der Kreise Pinneberg und Segeberg mit der AKN an den Hamburger Hauptbahnhof ist volkswirtschaftlich, verkehrspolitisch und klimaschutzpolitisch sinnvoll. Deswegen bitte ich Sie, dass heute aus diesem Landtag das klare Signal an die Geschäftsführung der AKN, aber insbesondere an die Verantwortlichen der Freien und Hansestadt Hamburg geht, dass Schleswig-Holstein ein erhebliches Interesse daran hat, am Erfolgsmodell der direkten AKN-Durchfahrt zum Hamburger Hauptbahnhof festzuhalten.

(Beifall bei FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich danke Herrn Abgeordneten Dr. Garg und erteile das Wort für die CDU-Fraktion Herrn Abgeordneten Hans-Jörn Arp.

(Dr. Heiner Garg)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn Sie es denn gern hören wollen, dann sagen wir es aus Überzeugung: Die AKN ist ein Erfolgsmodell, ohne Frage. Die Erschließung im Hamburger Umland und die Anbindung, die von der Straße auf die Schiene geleistet wurde, Herr Kollege Garg, hat viel Gutes bewirkt, gerade in den letzten Jahren, auch mit der Schaffung neuer Linien. Ich glaube, da gibt es noch eine ganze Menge weiterer Möglichkeiten, die man nutzen kann. Aber das ist nicht die Frage, die wir hier heute miteinander zu diskutieren haben.

Viele von uns, von euch, von Ihnen haben in den letzten Wochen Post der Gemeinden und der Kreise, die an der Linie 1 liegen, bekommen. Darin wurde immer wieder die Forderung erhoben, wir sollten uns nicht nur dafür einsetzen, dass die AKN ganztägig an den Hauptbahnhof durchfährt, sondern dahinter verbirgt sich auch die Frage: Mit wie viel Geld wollen wir uns daran beteiligen? Das ist die Frage, über die wir hier heute miteinander diskutieren. Auf diese Frage, Herr Kollege Dr. Garg, haben Sie hier keine Antwort gegeben.

Ihnen ist klar, dass das Land zurzeit 25 % bezahlt. Das ist etwas Einmaliges, das es außerhalb Schleswig-Holsteins kein zweites Mal in dieser Form gibt. Denn eigentlich gilt überall das Territorialprinzip. Das heißt, jeder hat auf seinem Territorium im Bereich des Nahverkehrs die Kosten zu tragen. Wir tragen 25 % der Kosten auf Hamburger Gebiet, wobei nicht nur Schleswig-Holsteiner, sondern auch Hamburger dieses Verkehrsangebot nutzen. Das ist gut so, das soll auch so bleiben. Daran will niemand etwas ändern.

Was aber nicht angeht, ist, dass wir über diese 25 % hinausgehen, dass wir weitere Steuermittel für einen ganztägigen Anschluss an den Hauptbahnhof bereitstellen, so sinnvoll dieser Anschluss auch ist.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Das ist auch nicht meine Forderung gewesen!)

- Dazu komme ich gleich. Ich habe Ihre Forderung nämlich nicht ganz verstanden.

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

- Herr Vorsitzender, ich rede mit dem Kollegen Garg. Er kann sich allein wehren. Er ist dazu in der Lage.

Ich frage lediglich, ob er mit den 25 % einverstanden ist. Dann sind wir sofort d’accord. Das ist über

haupt keine Frage. Mehr allerdings, liebe Freundinnen und Freunde des Hohen Hauses, können wir aus Steuermitteln nicht leisten. Wir würden damit auch das Territorialprinzip verletzen. Wir nehmen umgekehrt - das muss man in diesem Zusammenhang auch einmal sagen - ja auch nichts von den Hamburgern. Es gibt einige wenige prominente Hamburger, aber auch viele andere Hamburger, die regelmäßig von Hamburg nach Westerland durch das Territorium Schleswig-Holsteins fahren. Wir könnten ja, wenn wir damit anfangen, das Territorialprinzip zu verletzen, in Zukunft auch von den Hamburgern Geld nehmen, die nach Westerland fahren. Wir wollten das nicht. Wir hätten dann mehr Bürokratie, weil wir in allen Zügen die Leute nach ihrem Herkunftsland fragen müssten. Das würde einen gewaltigen Aufwand an Bürokratie bedeuten.

Zur Ernsthaftigkeit zurück. Wir unterstützen die Forderung. Wir sagen aber auch: Mehr geht aus der Sicht des Landes nicht. Wenn die betreffenden Kommunen und Kreise mehr fordern, dann sollen sie das bitte auch bezahlen. Wir werden sie dabei unterstützen. Aber aus der Sicht Schleswig-Holsteins leisten wir hier durch den Beitrag, den wir jährlich in den Zuschussbetrieb der AKN geben, glaube ich, schon eine ganze Menge für die Region rund um Hamburg, für die AKN, was vergleichbar in anderen Regionen nicht geschieht.

Deshalb zum Schluss: Wir sagen Ja zu 25 %, kein Prozent mehr. Mehr Anbindung und größere Attraktivität auch ja, ohne Frage. Das ist aber jetzt ein ganz anderes Thema. Bei den Resolutionen der Kommunen geht es im Wesentlichen darum, dass sie eine bessere Anbindung bekommen. Da sagen die Hamburger: Das kostet Geld. Über die Frage, wer die zusätzlichen Kosten trägt, haben Sie hier nichts gesagt. Darüber werden wir sicherlich im Wirtschaftsausschuss gemeinsam miteinander diskutieren. Wenn wir uns darüber einig sind, dass es bei 25 % bleiben soll, hat Ihr Antrag den Erfolg, dass wir wenigstens einmal öffentlich darüber diskutiert haben. Fordern Sie aber mehr, dann muss man auch das Verursacherprinzip sehen. Dann müssen die Gemeinden mit ins Boot. Wir allein können das nicht leisten.

(Beifall bei der CDU)

Ich bedanke mich bei Herrn Abgeordneten HansJörn Arp und erteile das Wort für die SPD-Fraktion Herrn Abgeordneten Bernd Schröder.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Diskussion über eine Durchfahrt der AKN bis zum Hamburger Hauptbahnhof ist nicht neu. Im Archiv des „Hamburger Abendblatts“ vom - jetzt kommt es - 14. November 1951 findet sich folgende Meldung:

„In den Direktionsräumen der Eisenbahngesellschaft Altona-Kaltenkirchen-Neumünster (AKN) weht frischer Wind.“

Ich meine, das ist ja mit heute vergleichbar.

„Direktor Dr. Tappert kündigte an, dass die Verhandlungen mit der Bundesbahn zur Durchführung der AKN bis Hamburg-Hauptbahnhof … gute Fortschritte machen.“

Hört, hört! Auf diesem Weg sind wir jetzt auch.

Seit Dezember 2004 fährt die AKN in einem Versuch von Montag- bis Freitagmorgen um 8:36 Uhr und 9:17 Uhr und abends sowie samstags vormittags und abends zum Hamburger Hauptbahnhof durch. Die Fahrgäste sind zu diesen Zeiten nicht mehr gezwungen, in Eidelstedt in die S-Bahn umzusteigen.

Für die Fahrten zum Hamburger Hauptbahnhof setzt die AKN moderne Hybrid-Triebwagen ein. Das sind Schienenfahrzeuge, die sowohl dieselelektrisch betrieben auf den AKN-Strecken verkehren als auch auf Hamburger Gebiet im S-Bahn-Netz eingesetzt werden können.

Diese Realisierung der Durchfahrt zum Hamburger Hauptbahnhof war nicht einfach, da eine Einplanung der zusätzlichen Züge in den sehr komplexen Betriebsablauf am Hamburger Hauptbahnhof außerordentlich schwierig war.

Eine geforderte ganztägige Durchbindung der Triebfahrzeuge von Eidelstedt bis Hamburg scheitert, Kollege Garg, zurzeit an fehlender Trassenkapazität und ist wegen der Auslastung des Hamburger Hauptbahnhofs nicht realisierbar. Wir müssen also gemeinsam - das sollte unser Ziel sein, so habe ich den Antrag verstanden - nach Lösungen suchen, die sicherstellen, dass wir nicht nur das augenblickliche Angebot aufrechterhalten, wie das alle an der Strecke wollen, sondern dass wir dieses Angebot weiter verbessern, damit wir eine ganztägige Durchfahrt haben.

(Vereinzelter Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn es denn so ist, dass das technisch im Moment nicht möglich ist - aus den Gesprächen, die auch ich mit dem Chef der neuen Hamburger S-Bahn dazu geführt habe, weiß ich, dass aufgrund der Auslastung im Hamburger Hauptbahnhof kein zusätzlicher Zug dort einfahren kann -, müssen wir eine Lösung zum Beispiel dergestalt suchen, dass die Strecke elektrifiziert und dann mit der S-Bahn betrieben wird.

Das hat einen zweiten Effekt, nämlich den, dass solche Fahrzeuge wesentlich schneller sind und dass der Umsteigevorgang wegfällt. Wir werden also für die ganze Strecke nicht mehr 70 Minuten benötigen, sondern wesentlich weniger. Es liegt sicherlich in unserem Interesse, dass dann mehr Berufspendler dieses Angebot nutzen. Es ist ein hervorragendes Angebot.

Wir sollten auch dafür sorgen, dass nach dem 31. Dezember 2009 - das ist nämlich das im Augenblick Vereinbarte - dieses Angebot nicht gekürzt, sondern weiter durchgeführt wird. Wir sollten dann anhand der technischen Möglichkeiten, die es gibt, daran arbeiten, so schnell wie möglich ein Konzept aufzulegen, das sicherstellt, dass alle Züge zum Hauptbahnhof durchfahren können. Dann haben wir ein SPNV-, ein ÖPNV-Angebot geschaffen, das wirklich beispielhaft ist. Das sollte die Zielrichtung sein.

(Beifall des Abgeordneten Andreas Beran [SPD])

Wir sollten gleichzeitig - auch das ist eine ernste Aufgabe, der wir uns stellen müssen - ein zukunftsfähiges Konzept für die gesamte AKN auflegen. Wir wissen alle, dass es jedes Jahr hohe Defizitzahlungen gibt und dass sich diese Defizitzahlungen, wenn dort nichts verändert wird, in wenigen Jahren sogar verdoppeln werden.

Wir wollen außerdem, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der AKN eine Sicherheit für ihre Arbeitsplätze bekommen.

(Beifall des Abgeordneten Dr. Heiner Garg [FDP])

Auch dieser Verantwortung haben wir uns zu stellen. Wir wollen ein zukunftsfähiges AKNSchienennetz betreiben, das die von mir eben aufgezeigten Vorteile auch umsetzt. Und wir wollen das Defizit abbauen. Um das zu erreichen, müssen wir uns auch mit den Hamburgern zusammensetzen. Wir wollen für die Menschen in der Region dieses Angebot in diesem Sinne verbessern.

(Beifall bei SPD, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)