Protokoll der Sitzung vom 08.05.2009

Noch einmal zurück zu den Ratingagenturen: Natürlich sind diese nicht unfehlbar. Die Ratingagenturen tragen hohe Verantwortung für das, was schiefgelaufen ist. Aber, Herr Sauter, es hilft uns doch nicht weiter, wenn wir jetzt die Ratingagenturen beschimpfen. Die Herabstufung auf BBB+ ist es doch, die der HSH Nordbank zukünftig das Leben extrem schwer macht. Der Finanzminister hat das doch geschildert: Es sind Investmentfonds, es sind institutionelle Anleger, die ihr Geld abziehen oder nicht mehr anlegen dürfen. Das ist die reale Konsequenz. Darüber muss die Landesregierung informieren, und die HSH Nordbank muss sagen, wie sie das hinbekommen will.

Es wird ja auch insgesamt teuerer für die HSH Nordbank. Auch das ist eines der Probleme. Schon die 10 Milliarden €, die die Anteilseigner jetzt garantieren sollen, führen dazu, dass die HSH Nordbank 400 Millionen € jährlich aufbringen muss, um die Gebühr dafür zu bezahlen.

Wenn es so weitergeht, werden auch die 30 Milliarden € Garantie beim SoFFin ausgeschöpft werden. Dabei sind die Zinssätze sehr unterschiedlich. Sie

reichen von weniger als 1 % bis zu mehr als 1 %, je nachdem, wie was in Anspruch genommen wird. Gehen wir einmal von einem Durchschnitt von 1 % aus. Bei 30 Milliarden € sind das noch einmal 300 Millionen € an Gebührenzahlungen. Das heißt, die HSH Nordbank hätte zukünftig 700 Millionen €, die allein an Gebühren herausgepresst werden, und das - das muss man sich immer wieder vergegenwärtigen - bei einem Jahresgewinn von 250 Millionen € in guten Zeiten!

Deshalb ist es eindeutig so: Das neue Geschäftsmodell steht auf sehr dünnem Eis. Alles, was jetzt sozusagen noch einmal querschießt - das ist natürlich die Herabstufung im Rating -, macht es für die Landesbank schwer und erfordert umso dringlicher, dass die Landesregierung alles, was in der Resolution verabschiedet und festgeschrieben wurde, auch umsetzt.

Ich komme noch einmal zur Resolution, Herr Finanzminister. Dort ist festgeschrieben - dafür bin ich der Großen Koalition sehr dankbar -, dass es zukünftig Zielvereinbarungen geben soll, Zielvereinbarungen mit dem Vorstand. In diesen Zielvereinbarungen soll festgeschrieben werden, wie das, was der Landtag hier beschlossen hat, umgesetzt wird.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abgeordneten Lars Harms [SSW])

Herr Finanzminister, ich frage Sie hier und heute: Wie ist das mit den Zielvereinbarungen? Haben Sie damit begonnen, diese Zielvereinbarungen mit der Bank aufzustellen, oder ignorieren Sie auch diesen Parlamentsbeschluss nach dem Motto „Ich wurschtele mich da schon irgendwie durch“?

Die Herabsetzung durch Standard & Poor’s ist auch deshalb so unbefriedigend, weil es ja gleich zwei Stufen waren, die die HSH Nordbank runtergepurzelt ist. Auch da hat sie leider wieder schlechter abgeschnitten als andere Landesbanken. Vor allen Dingen muss uns die Begründung auch Sorge machen. Die Gründe für diese Herabstufung um zwei Stufen sind ja nicht nur die strukturierten Finanzprodukte, sondern es sind auch die Immobilienfinanzierung und die Schiffsfinanzierung, es sind genau die Bereiche, auf denen unsere neue, gesunde Kernbank beruht. Das ist tatsächlich ein ernst zu nehmendes Problem. Da stellt sich mir natürlich die Frage, ob denn diese dubiose Liste - 105 Milliarden € Risiko bei der HSH Nordbank -, die es angeblich bei der BaFin gibt, ob die von uns nicht doch ernster genommen werden muss, als wir das bisher getan haben. Das wurde vom Vorstand der Bank bisher als nicht ernst zu nehmen abgetan.

(Monika Heinold)

Herr Ministerpräsident, ich erwarte für meine Fraktion, dass Sie in Berlin - abgestimmt mit dem Parlament - sehr klar eine Konzeption verfolgen, die deutlich macht, dass sich diese sieben Landesbanken überholt haben. Wir brauchen im Bund oberhalb des Sparkassensektors nur noch ein zentrales Finanzinstitut. Die Länder müssen sich mittelfristig rausziehen, und es muss sichergestellt werden, beispielsweise über Filialen, dass die Kompetenz, die es hier in der Region gibt, erhalten bleibt und dass die Anbindung zur regionalen Wirtschaft erhalten bleibt, damit es nicht unsere Betriebe sind, die letztlich im Regen stehen, weil wir uns in Berlin nicht im Interesse unseres Landes eingebracht haben.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Ich danke der Frau Abgeordneten Heinold und erteile für den SSW im Landtag Herrn Abgeordneten Lars Harms das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zum zweiten Mal in dieser Woche hat die Landesregierung die Chance, uns allen hier im Landtag zu verraten, was sie eigentlich mit der HSH Nordbank will. Statt diese Chance zu nutzen, macht uns die Landesregierung vor, wie man geschlossen zusammenhält: Die Augen zu, die Ohren zu und vor allem den Mund zu.

Ich muss allerdings sagen, dass mir diese Problemlösungsstrategie langsam auf die Nerven geht.

(Vereinzelter Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Anscheinend hat die Landesregierung den Ernst der Lage immer noch nicht verstanden. In Sachen HSH Nordbank geht es schon lange nicht mehr darum, ob man hier oder da noch ein „Milliönchen“ der Steuergelder der schleswig-holsteinischen Bevölkerung loswerden muss, damit die HSH wieder den richtigen Kurs einschlägt. Die HSH Nordbank hat nicht mehr nur Schlagseite, sondern droht zu kentern.

Kollege Sauter hat in seiner Rede zur HSH Nordbank am Mittwoch deutlich gemacht, dass es in Schleswig-Holstein erst einmal darum geht zu wissen, was wir wollen und was wir können. Ich frage mich langsam: Was macht die Landesregierung die ganze Zeit? Seit Frühling 2008 ist diesem Parla

ment bewusst, dass die HSH Nordbank Schlagseite hat, und seitdem wartet die Landesregierung. Sie wartet - aber auf was eigentlich? Darauf, dass es wieder keine Alternativen mehr gibt? Minister Wiegard hat deutlich gemacht, dass zumindest er darauf wartet, dass die getroffenen Beschlüsse des Landtags umgesetzt werden. Prima! Das reicht aber nicht. Um die von der Großen Koalition beschlossenen Resolutionen umzusetzen, muss die Landesregierung auch etwas tun. Früher war es schon schlimm genug, dass die Landesregierung nur reagierte statt agierte. Aber jetzt reagiert sie noch nicht einmal mehr.

Bisher hat die HSH Nordbank fröhlich nach außen kommuniziert, dass man noch das Rating „A“ oder „A-“ und damit auch das Vertrauen der Investoren besitze. Nachdem die Ratingagentur Standard & Poor’s die HSH heruntergestuft hat, wird es nicht mehr nur schwer, das gerade noch gefeierte Geschäftsmodell umzusetzen, sondern vor allem auch, an genügend Kapital zu kommen. Ob die Ratingagentur auf das Geschäftsmodell und die darin bereits von der Opposition als nicht tragfähig eingeordneten Geschäftsfelder Immobilien und Schiffsfinanzierung reagiert oder ob S&P auf alle anderen Negativschlagzeilen der Bank reagiert, ist bisher noch unklar.

Unklar ist auch, ob die beiden anderen großen Ratingagenturen nachziehen werden. Ganz unabhängig davon, wieso das Downgrading geschehen ist und ob Moody’s und Fitch Ratings mitziehen, wissen wir aber eins auch heute schon ganz sicher: Das Problem hat erst einmal unser Land Schleswig-Holstein. Vor einem Monat haben Hamburg und Schleswig-Holstein der HSH Nordbank nicht nur 3 Milliarden € Eigenkapital versprochen, sondern vor allem auch 10 Milliarden € Garantien. Dass die Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme der Garantie von Bankexperten bei 40 % lag, hat vor einem Monat kaum jemand geglaubt. Wie hoch das Risiko jetzt liegt, möchte ich eigentlich gar nicht mehr hören, denn egal, was Bankenexperten sagen: Es ist zu hoch für das Land Schleswig-Holstein und für die Steuerzahler, viel zu hoch!

Als ob das Downgrading der HSH Nordbank nicht schon schlimm genug wäre, hat der Privatinvestor Flowers jetzt auch noch eine Anfechtungsklage gegen die durch den Aufsichtsrat vorgeschlagene Kapitalerhöhung eingereicht. Mal ganz davon abgesehen, dass Herr Flowers ausreichend Gelegenheit hatte, sich an der Kapitalerhöhung zu beteiligen, hat er eben Pech gehabt. Wenn aber ein Gerichtsurteil belegen sollte, dass die Aktien der HSH mit 11 bis

(Monika Heinold)

20 € zu niedrig bewertet werden, könnte das beim eventuellen Abkauf der Sparkassenanteile der HSH ein teures Vergnügen für unser Land Schleswig-Holstein werden.

Der Fusionsdruck auf die HSH Nordbank steigt von Tag zu Tag, die Aussichten werden dagegen von Tag zu Tag düsterer. Und nicht zuletzt die BaFin droht jetzt schon damit, dass, wenn die Landesbanken nicht bis Juli ein Fusionsmodell vorgeschlagen haben, ihnen der Ausschluss aus dem SoFFinRettungspaket droht.

Und unsere Landesregierung? - Aufgabe der Landesregierung ist es, als einer der Anteilseigner die Rahmenbedingungen zu schaffen, damit die HSH Nordbank überleben kann. Bisher gibt es aber kein Konzept, keine Verhandlungen, keine vorgeschlagene Richtung. Vor einem Jahr hat die Landesregierung schon versagt und wiederholt jetzt Monat für Monat und Woche für Woche, was sie am besten kann, nämlich abwarten und nichts tun. Sechs von sieben Landesbanken sind in Bewegung gekommen, um sich zu retten. Nur eine, die bewegt sich nicht - die HSH Nordbank. Und das haben wir auch gerade der Landesregierung zu verdanken.

(Beifall bei SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort für einen Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 unserer Geschäftsordnung hat der Oppositionsführer, Herr Abgeordneter Wolfgang Kubicki.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nur fürs Protokoll: Auch mich hat am späten Nachmittag des vorgestrigen Tages der Ministerpräsident zu sich gebeten, um mir zu erklären - das gebe ich jetzt auch zu Protokoll -, dass er mit Frau Kollegin Heinold und mir gern einmal über die Zukunft der Landesbank Schleswig-Holstein, die HSH, sprechen möchte. Er hat mitgeteilt, dass es am Dienstagabend ein aus seiner Sicht sehr erfolgreiches Gespräch beim Bundesfinanzminister gegeben habe, und er uns darüber dann auch unterrichten wollen.

(Zuruf des Abgeordneten Frank Sauter [CDU])

Wenn das die Form der Unterrichtung ist, Kollege Sauter, können wir uns das künftig sparen.

(Zurufe von der CDU)

- Ja, er hat den Eindruck erweckt, er habe unterrichtet, was mitnichten der Fall ist. Jedenfalls bei mir war das nicht der Fall.

Herr Kollege Sauter, unabhängig davon habe ich Verständnis dafür, wenn Sie eine Bewerbungsrede für den Parteitag halten. Aber Sie sollten bei all dem, was Sie tun, vielleicht die Realität auch noch ein bisschen im Auge behalten. Auf die Frage, ob wir Kritik an den Ratingagenturen üben oder nicht, kommt es überhaupt nicht an. Denn erstens sind diese davon völlig unbeeindruckt, zweitens können wir das Regelwerk, was weltweit, jedenfalls europaweit gilt, nicht außer Kraft setzen. Sie wissen, dass die Kategorisierung der Ratingagentur S&P für die Benotung nach Basel II unabdingbar ist. Das ist dort festgeschrieben. Nach diesen Ratingkriterienfestschreibungen bei Basel II muss künftig eine stärkere Eigenkapitalunterlegung von den Unternehmen erfolgen, die mit der HSH Nordbank Geschäfte machen wollen. Sie wissen genauso wie ich, dass bei vielen Anlegern in deren Satzung steht, dass dann, wenn das Rating bei S&P unter A fällt, also auf B fällt, auch auf Triple-B fällt, es ihnen satzungsmäßig verboten ist, mit der entsprechenden Bank, also der HSH Nordbank, Geschäfte zu machen. Das wird uns demnächst auch noch in gewisser Weise weiter beschäftigen.

Aber ich werde es langsam leid -

(Tobias Koch [CDU]: Wir auch!)

- Sie auch, ja. Ich kann das verstehen, weil Sie sich dafür rechtfertigen müssen, Herr Koch. - Ich bin es leid, dass Sie immer so tun, als würden Sie an einer Entwicklung teilnehmen, die über Sie hinwegrollt. Wenn dieses Land bis Ende Juni 2009 nicht erklärt, dass es an der Fusion von Landesbanken, einem Zusammenschluss von Landesbanken, teilnimmt, dann werden wir schlicht und ergreifend ausgeschlossen, Herr Minister, ausgeschlossen von den Maßnahmen, die der Bund auf den Weg bringt.

Ich weiß, dass Sie mir nicht glauben. Das war in der Vergangenheit immer schon so. Und ich weiß, dass Sie immer von der Wirklichkeit überholt worden sind. Ich will das nur zum Besten geben. Lesen Sie doch einfach einmal in der „Welt“ nach, was Herr Steinbrück erklärt hat:

„Steinbrück kritisierte erneut das Verhalten von Landesbanken, die besonders betroffen sind.“

Damit meint er auch die HSH Nordbank.

(Lars Harms)

Herr Kubicki, erlauben Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Koch?

Selbstverständlich.

Herr Kollege Kubicki, können Sie mir zeigen, wo die von Ihnen oft zitierte Frist vom 30. Juni 2009 schriftlich in einem Gesetz oder sonst irgendwo - niedergelegt ist, oder handelt es sich hierbei nicht vielmehr um eine Einzelaussage des Bundesfinanzministers?

- Ich zitiere den Bundesfinanzminister aus Presseveröffentlichungen. Genauso wie Sie und der Ministerpräsident habe ich Presseveröffentlichungen in dieser Art und Weise bislang vertraut, weil sie sich im Nachhinein als wahr herausgestellt haben.

Erlauben Sie eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Koch?

Halten Sie Einzeläußerungen eines Bundesfinanzministers für ausschlaggebend und für uns in Schleswig-Holstein maßgeblich, wo wir doch gleichzeitig sagen, wir akzeptieren es nicht einmal, wenn uns der Bundesgesetzgeber eine Schuldenbremse vorschreibt? Dagegen würden wir verfassungsrechtlich klagen. Hier machen Sie eine Einzelmeinung als maßgebliches Instrument fest.

Herr Kollege Koch, die Frage der Haushaltshoheit ist eine verfassungsrechtliche Frage, die von Einzeläußerungen des Bundesfinanzministers unabhängig ist - genauso wie von Äußerungen des Deutschen Bundestages. Das ist erstens eine verfassungsrechtliche Frage, die im Zweifel durch das Verfassungsgericht geklärt werden muss. Zweitens nehme ich den Bundesfinanzminister, der der Bundesregierung angehört, die auch von Ihrer Partei getragen wird, genauso ernst wie Ihre Bundestagsfraktion. Aus der Bundestagsfraktion der CDU kommen nämlich entsprechende Erklärungen, dass die Sache bis zu einer bestimmten Frist geregelt sein muss, weil sonst den Steuerzahlern nicht zu vermitteln ist, dass der Bund mit weiteren Mitteln eintreten soll.

Ich empfehle Ihnen dazu als Lektüre heute - das sind mehr als drei Minuten - die Darstellung im „FAZ.NET“: Steinbrück legt überarbeitetes „BadBank“-Modell vor. Ich empfehle auch, die Aussagen von Herrn Kampeter und Herrn Schneider zur Kenntnis zu nehmen.

Darf ich das fortführen, Frau Präsidentin? - Selbstverständlich meint der Bundesfinanzminister auch die HSH Nordbank. Das wissen Sie genauso wie ich. Ich könnte das zitieren. Auch die BaFin meint die HSH Nordbank, wenn sie von Landesbanken redet, die sich bis zur Halskrause mit Papieren vollgepumpt haben, die sich heute als „Schrottpapiere“ und als „toxisch“ erweisen.

„Der Finanzminister“ - so heißt es in der „Welt“ vom 8. Mai 2009 - „will den Ländern nur dann Hilfen bei der Auslagerung gewähren, wenn sich die Landesbanken in absehbarer Zeit zusammenschlössen.“ In absehbarer Zeit ist für ihn Mitte des Jahres. Das muss übrigens auch so sein - Herr Kollege Koch, daran erkennen Sie, wie intelligent Ihre Frage war -, weil der Gesetzgeber des Bundes nur noch bis zum 27. September 2009 im Amt ist und es danach einen neuen gibt. Insofern gibt es eine Fristsetzung, die logischerweise auch etwas mit dem jetzigen Modell zu tun hat.