Ich empfinde es überhaupt nicht als Makel, dass man irgendwann - - Ich habe mich nie dafür ausgesprochen. Ich habe - das gebe ich gern zu - immer ausweichend auf Fragen reagiert, wenn es um die Speicherung in Nordfriesland ging, weil ich mir nicht sicher in meiner Aussage war. Ich schäme mich überhaupt nicht, vielleicht auch über Nacht, aber sonst mit einem ordentlichen Nachdenken klüger zu werden und mir meine Meinung zu bilden.
Ich nehme das, was dort gesagt wurde, sehr ernst. Die Menschen haben Angst. Das werde ich als Ministerpräsident nicht hinnehmen. Das empfinde ich auch als meine Aufgabe. Ich mache Politik für die Menschen, aber nicht für Gruppierungen und nicht für Institutionen.
Deshalb habe ich gehandelt. Ich habe dieses Thema am vergangenen Donnerstag - also vor dem Bundesparteitag der SPD - in der Merkel-Runde ganz intensiv angesprochen. Ich habe mich zudem bei der Unionsfraktion im Deutschen Bundestag dafür starkgemacht, dass dieses Gesetz jetzt und in dieser Form nicht durchgelassen wird.
Ich hätte eine rund 600 km lange Pipeline von Hürth bis nach Nordfriesland nicht akzeptiert, wohl wissend, dass es schwierig gewesen wäre, die rechtlichen Grundlagen dafür zu finden, während die politische Diskussion weitergeführt worden wäre. So habe ich mich in den vergangenen Wochen jedes Mal, wenn ich danach gefragt wurde, eingelassen.
Ich habe auch mit dem RWE-Vorstand gesprochen. Ich wollte nicht, dass RWE meine Meinung aus der Zeitung erfährt. Ich habe dringend empfohlen, die Anträge zur seismologischen Untersuchung zurück
Eines ist klar: Man kann neue Technologien - auch wenn wir über diese Technologie weiter sprechen müssen - selbstverständlich in allen Facetten - Dies betrifft nicht nur die Speicherung unter der Erde. Auch eine Speicherung in alten Gaslagern betrifft CCS, wo man vielleicht etwas mehr Sicherheit hat. Auch das nennt sich CCS. Deshalb muss man sagen, dass es verschiedene Maßnahmen gibt.
Man kann neue Technologien aber nur dann anwenden, wenn optimale Sicherheit gewährleistet ist und wenn es eine breite Akzeptanz dafür in der Bevölkerung gibt. Diese breite Akzeptanz ist offensichtlich nicht erreicht worden. Wir täten uns keinen Gefallen, wenn wir gegen den Willen der Menschen arbeiten würden. Ich will Politik mit den Menschen machen, aber nicht gegen die Menschen.
Wenn wir das dennoch tun, dann laufen wir Gefahr, eine neue Technologie zu diskreditieren, obwohl wir uns wahrscheinlich einig darüber sind, dass wir darüber sprechen müssen. Auf der anderen Seite halten die vielen namhaften Experten aus dem Umweltbereich diese Technologie jedoch für notwendig. Deshalb dürfen wir nicht zulassen, dass diese insgesamt diskreditiert wird.
Deswegen fordere ich eine grundsätzliche Überarbeitung des Gesetzentwurfs hinsichtlich CCS. Sollte dieser Entwurf im Bundesrat zur Abstimmung gestellt werden, wird Schleswig-Holstein mit Nein votieren.
Auch zu meinem Erstaunen hat die SPD-Bundestagsfraktion dieses Verhalten kritisiert. Das erstaunt mich sehr. Die SPD - ich glaube, es war Herr Oppermann, aber dabei bin ich mir nicht ganz sicher hat auch deutlich gemacht, dass man sich dann wieder auf die Position zurückziehen wolle, dass man das Gesetz nur auf die drei Testfelder zuschneidet.
Ich sage noch einmal: Zu diesen drei Testgebieten gehört Nordfriesland. Ich erwarte eine Diskussion und eine Klarstellung, wie Sie mit einer Testfläche umgehen, die in Nordfriesland und in SchleswigFlensburg liegen wird.
Erstaunlich ist nicht nur die Haltung der SPD-Bundestagsfraktion. Auch die strikte Haltung des Bundesumweltministers Gabriel (SPD) ist eine, die zum Nachdenken anregt. Ich frage mich: Warum so eine strikte Haltung?
Lieber Herr Kollege Hentschel, Sie haben so schön gesagt, wir seien 2040 bis 2050 in der Lage, unseren Strombedarf aus regenerativen Energien zu decken. Ich bin jetzt 62, und wir haben 2009. Sagen Sie mir doch bitte einmal: Was machen wir in den 30 bis 40 Jahren dazwischen, lieber Herr Hentschel? Auch diese Frage müssen Sie beantworten.
Sie können nicht einfach den Schalter umlegen und nichts machen. Ich habe die Vermutung, dies hat auch mit einem möglichen Ausstieg aus der Kernenergie zu tun. Da haben wir unterschiedliche Auffassungen. Über einen solchen Fall gibt es eine Regelung im Koalitionsvertrag. Ich bin sehr froh, dass Frau Ministerin Trauernicht unseren Kurs bestätigt hat: keine CO2 Endlager in Nordfriesland, keinen Klimabluff statt Klimaschutz, hat sie gesagt. Dann aber, liebe SPD, müssen Sie sich schon einig werden und hier mit einer Stimme sprechen, die wir verstehen können, und nicht hier mit einer Stimme, woanders mit einer zweiten und noch einmal woanders mit einer dritten.
Es müssen weitere sicherheitstechnische Anforderungen definiert werden. Unsere Landesbehörden werden auf höchste Sicherheitsanforderungen nicht verzichten. Es gibt weitere Gründe, diesem Gesetz nicht zuzustimmen.
Auch die Haftungsverpflichtung, die der Kollege Garg angesprochen hat, kann so nicht stehen bleiben. Ich weiß nicht, ob Sie das falsch verstanden haben, Herr Kollege Hentschel. Ich habe Herrn Garg so verstanden, dass er gesagt hat: Die Haftungsverpflichtung kann nicht nach 30 Jahren auf den Staat übergehen. Ich will die Haftung anschließend nicht haben.
- Entschuldigen Sie mal, das kritisiere ich doch gerade! Genau dasselbe hat Herr Garg auch kritisiert. Er hat nicht kritisiert, dass die Haftung nicht geregelt wird, sondern er hat deutlich kritisiert, dass es so darin steht. So kann es natürlich nicht bleiben.
Wenn ich das richtig weiß - ich bin kein Jurist und kenne nicht alle Gesetzbücher -, steht im deutschen Bergrecht, dass ein Betretungsrecht bei seismologischen Untersuchungen erst dann gegeben ist, wenn der Eigentümer dem zustimmt. Dann kann man nicht sagen, man nimmt eine ganz andere Geschichte, die wir ganz schnell durchbringen müssen, und wir schränken das Betretungsrecht, das Eigentumsrecht, eines der wesentlichen Eigentumsrechte, die wir haben, ganz schnell einmal ein, wenn wir das CCS-Gesetz machen. Deswegen gibt es die Forderung, das auf jeden Fall zu ändern. Wir stehen in der Pflicht. An der Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger in Schleswig-Holstein darf es keinen Zweifel geben. Es darf nicht nur keinen Zweifel in der offiziellen Beurteilung geben, nämlich dann, wenn mir Sachverständige sagen, es gebe keinen Zweifel an der Sicherheit - das kann man schnell haben -, sondern es geht darum, dass die Menschen begreifen und akzeptieren, dass Sicherheit gegeben ist.
Das Gesetzgebungsverfahren hat vor allen Dingen einen zeitlichen Druck aufgebaut. Ich meine, wir sollten diesen Druck herausnehmen. Es gibt keinen Grund zu übereilten Entscheidungen. Wir haben zwei Jahre Zeit, die EU-Richtlinie umzusetzen. Wenn ich das richtig erinnere - da war ich noch Mitglied im Bundestag -, war es so, dass die Umsetzung der FFH-Richtlinie viel länger gedauert hat. Da hat uns die EU noch angemahnt. Es gibt keinen zeitlichen Druck, dies heute und morgen schon zu machen.
Ängste bestehen in der Regel aufgrund von Unsicherheiten und einem Mangel an Information. Geben wir uns als Gesetzgeber und den Wissenschaftlern die Zeit, neue Erkenntnisse zu sammeln und Schlüsse daraus zu ziehen. Für diesen Entschluss kann man dann auch werben. Deshalb halte ich den vorliegenden Gesetzentwurf zum jetzigen Zeitpunkt für nicht entscheidungsreif.
Zugleich stehe ich uneingeschränkt hinter den Klimaschutzzielen der Vereinten Nationen, der Europäischen Union und der Bundesregierung. Wir wissen: Damit sind auch Verpflichtungen verbunden. Wir wollen den Klimawandel abmildern. Als Küstenland werden wir vom Klimawandel besonders betroffen.
Wir wollen bei den erneuerbaren Energien noch stärker vorankommen. Wir kennen das Potenzial. Wir sind bereits Vorreiter. Ich gestatte mir ein wenn auch nicht selbstzufriedenes - Lächeln und die Freude, dass wir, Dietrich Austermann und Peter Harry Carstensen, uns seinerzeit, Ende der 80er-Jahre, als manch andere auch in Kreistagen ganz andere Diskussionen geführt haben, gesagt haben, wir verschandelten die Landschaft und viele andere Dinge mehr, für diese Sachen eingesetzt haben. Ich gebe gern zu: Das haben wir ohne Wissen getan, dass das irgendetwas mit Klimaschutz zu tun haben könnte. Das war nicht die damalige Diskussion. Das hatte damals ganz andere, profane Gründe. Damals machte zum Beispiel in Büsum, in meinem Wahlkreis, eine Werft pleite. Uwe Niemann, der Chef von Husum, saß uns im Nacken und sagte: Wir müssen Alternativen für den Schiffbau entwickeln.
Ein Schmied, ein Schwarzschmied - hätte ich fast gesagt -, ein Blacksmith - wie heißt das? -, ein Hufschmied
- ein Groffschmitt; ja, auf Plattdüütsch gifft dat een ördentlich Wort dafür, aber auf Hochdüütsch nich -, ein Groffschmitt in Dänemark, der Vestas hieß, von dem wir Schweineställe und verzinkte Abferkelbuchten kauften, machte sein Geschäft plötzlich in Kalifornien und verkaufte dort 28-kW-Anlagen.
Wir hatten den Growian dort stehen. Rot-grüne Koalition, wenn Sie sich vielleicht erinnern, wann der gebaut wurde.
(Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Rot-Grün hat es damals nicht gege- ben! - Konrad Nabel [SPD]: Das war CDU!)
- Entschuldige mal! So alt sind Sie doch noch nicht, Herr Nabel, dass Sie das nicht wissen. Das war Growian. Bei allem Respekt, wenn ich Ihnen das einmal sagen darf: Als ich in den Bundestag kam, das war 1983, gab es eine schwarz-gelbe, nicht rotgrüne - Entschuldigung! -
Wir hatten den Growian dort stehen. Er stand dort im wahrsten Sinne des Wortes. Ich glaube, Growian ist 800 Stunden gelaufen. Das, was wir im Haushalt 1983 übernommen haben, waren 60.000 Mark für den Abbau von Growian. Das war die seinerzeitige
Initiative der sozial-liberalen Koalition - jetzt habe ich das Wort richtig - für die regenerativen Energien.
Wir wollen den Klimawandel abmildern. Wir wissen aber auch: An den fossilen Energieträgern führt bis zur Mitte des Jahrhunderts kein Weg vorbei. Das bestätigt Ihnen jeder Experte. Auch der Kollege Hentschel hat das eben gesagt. Deshalb müssen wir, alle Industriestaaten, die Emissionen von Treibhausgasen in den Griff bekommen.
Um den Herausforderungen erfolgreich begegnen zu können, brauchen wir neue Lösungen. Deutschland ist Weltmarktführer in Umwelttechnologien und steht für Innovation. Die CCS-Technologie steht am Anfang, und sie bietet fraglos Chancen. Doch vor einem endgültigen Ja brauchen wir belastbare Einschätzungen zur Untergrundspeicherung von CO2, und zwar solche, die wir dann auch kommunizieren können. Bis dahin werden wir das offene Gespräch mit den Menschen vor Ort führen. Dieses Gespräch werden wir ruhig und sachlich führen, ohne künstliche Dramatik und sonstige Aufgeregtheit, auch mit der nötigen Verantwortung, die wir uns selbst auferlegen, wenn wir von „global Denken und lokal Handeln“ sprechen. Darum bitte ich alle Seiten, nicht so aufgeregt zu sein.