Hat sich gerade jemand von den Sozialdemokraten als Sancho Pansa gemeldet? Sie haben ja entsprechende Kollegen in Ihren Reihen.
Sie haben dazu einen Antrag eingebracht, der die bereits beschlossene Klage des Landtags gegen die bundesgesetzliche Regelung für eine Schuldenbremse der Länder weiterverfolgt.
Beide Initiativen finden unsere grundsätzliche Unterstützung, auch wenn wir bei der konkreten Regelung - das haben wir gesagt - eine andere Variante bevorzugt hätten oder bevorzugen. Dabei ist Ihnen als einzelnen Abgeordneten sogar ein handwerklich besserer Gesetzentwurf gelungen als der Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in der letzten Tagung. Erlauben Sie mir diesen Hinweis.
Ich habe bereits während der letzten Landtagstagung für meine Fraktion deutlich gemacht, dass wir eine Schuldenbremse wollen, die eine Aufnahme neuer Kredite ab 2020 nur dann zulässt, wenn diese innerhalb des Zeitraumes einer Legislaturperiode wieder getilgt sind.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Schleswig-Holstein braucht Verlässlichkeit. Wir brauchen eine Schuldenregelung in unserer Landesverfassung, die verbindlich festschreibt, ob und wann Kredite aufgenommen werden dürfen. Wir brauchen diese Regelung gerade in der Landesverfassung, weil die Schuldenregelung des Bundes nach unserem Rechtsverständnis für den Landtag nicht verbindlich ist und wir nur mit einer Regelung in der Landesverfassung und der darin verankerten Zweidrittelhürde verhindern können, dass künftig in den Haushaltsgesetzen die Schuldenbegrenzung nicht mit einfacher Mehrheit wieder ausgehebelt werden kann. Das ist alles nicht neu. Das haben wir alle schon x-mal miteinander diskutiert und debattiert. Insbesondere FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und CDU haben eine Schuldenbremse auf Landesebene gefordert. SPD und auch SSW waren in der
Vergangenheit dagegen. Es war also an den Christdemokraten, innerhalb des Koalitionsausschusses dafür zu sorgen, dass entweder durch eine Klage Rechtssicherheit hergestellt wird ob die Bundesregelung möglicherweise doch Geltung für Schleswig-Holstein hat, oder die Sozialdemokraten zu einer Änderung der Landesverfassung zu bewegen.
Herr Kollege Puls, da muss man keinen ausgefeilten Gesetzentwurf vorlegen, es reicht die Absichtserklärung. Wir sind dann ausreichend Manns und Frau genug, im Innen- und Rechtsausschuss eine entsprechende Regelung verbindlich für den Landtag zu vereinbaren.
Die Ausgangslage für erfolgreiche Verhandlungen hätte nicht besser sein können. Insbesondere nach der Pressekonferenz des Landesrechnungshofs am 12. Juni 2009 hatte die CDU alle Argumente auf ihrer Seite. Vor dem Hintergrund einer fortschreitenden Verschuldung des Landeshaushaltes hatte sich der Landesrechnungshof für eine Schuldenbremse und harte Einschnitte im Landeshaushalt ausgesprochen. So gewappnet ging die Union in den Koalitionsausschuss, und es war ihre Aufgabe, in den Verhandlungen mit der SPD auf eine Schuldenbremse in der Landesverfassung zu drängen.
Die Union ist bei der letzten Wahl auch wegen ihrer vermeintlichen finanzpolitischen Kompetenz gewählt worden, nicht um die SPD in der Regierung zu halten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, nun ist es in einer Koalition bei Verhandlungen ganz natürlich - so wird uns mal wieder berichtet -, dass der Schwanz versucht, mit dem Hund zu wedeln, es kommt nur darauf an, ob der Hund sich das gefallen lässt. Nimmt man die Ergebnisse des letzten Koalitionsausschusses zum Thema Schuldenbremse und Einsparungen, so stellt man fest, dass die SPD kräftig mit der CDU gewedelt hat, zum wiederholten Mal.
Fazit der Sparrunde der Koalition ist erstens, dass konkrete Einsparbeschlüsse in die Zukunft vertagt wurden und sich zweitens die Koalitionäre nicht darauf geeinigt haben, eine Schuldenbremse in die Landesverfassung zu schreiben. Hier wird nur von landesspezifischen Regelungen gesprochen, die, wenn sie einfaches Gesetz sind, durch das nächste Haushaltsgesetz mit einfacher Mehrheit wieder verändert werden könnten. Drittens. Die Koalition kann weiterhin wursteln.
ges. Er hat mit seinen zwei Initiativen mehr Konkretes vorgelegt, als CDU und SPD in zwei Sitzungen als Ergebnis erzielt haben.
Ihm ist bewusst, dass wir eine Schuldenregelung in der Landesverwaltung brauchen, um wirklich sicherzustellen, dass sie auch beachtet wird. Er hat auch klargestellt, dass für ihn die konstitutionellen Rechte des Landtages, wie das Haushaltsrecht, nicht auf dem Altar des Fortbestandes einer verbrauchten Koalition geopfert werden dürfen. Oder anders gesagt: Die verfassungsrechtliche Ordnung muss über den parteipolitischen Interessen von CDU und SPD stehen.
Nur zur Erinnerung: Der Landtag hatte noch im März auf Initiative aller politischen Kräfte im Landtag beschlossen, dass eine Klage gegen eine Bundesregelung geführt werden soll. Sogar ein Prozessbevollmächtigter war für die Vertretung der Klage schon ausgesucht worden.
Ich kann mich daran erinnern, dass wir im Ältestenrat darüber gesprochen haben - es ist ja kein Geheimnis, das ich verrate - und alle Beteiligten mit diesem Vorgehen einverstanden waren. Wir haben einvernehmlich und unmissverständlich klargestellt, dass es das Königsrecht des Landtags selbst ist, nicht des Bundestages, nicht der Landesregierung und des Bundesrates und schon gar nicht eines Koalitionsausschusses, Regelungen zum Haushaltsrecht und das Recht zur Höhe der möglichen Aufnahme von Krediten zu treffen.
Es ist wirklich eine Frage der Selbstachtung und des Selbstverständnisses von Parlamentariern, von frei gewählten Abgeordneten im Landtag.
Allerdings ließen der Vorsitzende der SPD-Fraktion und die Kollegin Spoorendonk klar durchblicken, dass sie nach einer erfolgreichen Klage gegen die Bundesregelung eine Schuldenbremse auch inhaltlich ablehnen würden. Genau darum ging es der SPD nun auch bei den Koalitionsverhandlungen mit der Union, wie wir gehört haben,
Bundesregelung und eine eigene Verfassungsregelung für eine Schuldenbremse verzichtet werden soll, können künftig fröhlich weiterhin Schulden aufgenommen werden, ohne die Vorgaben des Bundes zu beachten.
Mangels Regelungskompetenz des Bundes bräuchten nämlich künftige Landtage die Bundesregelung zur Schuldenbremse nicht zu beachten. Faktisch heißt das: Durch den Verzicht der CDU in den Koalitionsverhandlungen hat Schleswig-Holstein derzeit ab 2020 keine verbindliche Schuldenbremse.
Der Landtagspräsident hat hierzu die passenden Worte formuliert. Ich zitiere aus der Pressemitteilung vom 22. Juni 2009:
„Kayenburg zeigte sich abschließend besorgt, dass die Glaubwürdigkeit des Parlaments leide durch die geplante Aufgabe parlamentarischer Grundrechte (Budget- und Haushaltsrecht) zugunsten materieller Vorteile und einer zweifelhaften Parteiräson.“
Ich gebe Ihnen recht. Glaubwürdigkeit der Politik ist derzeit wohl das wichtigste Gut. Die Glaubwürdigkeit leidet, wenn wir gestern das eine sagen und morgen das Gegenteil tun.
Schlimmer wird es, wenn der Verlust von Glaubwürdigkeit mit der Suche nach einem eigenen Vorteil auf Kosten des Gemeinwohls einhergeht. Genau das meinte wohl der Landtagspräsident mit den Stichworten „materieller Vorteil“ und „zweifelhafte Parteiräson“. Dafür ist die Große Koalition in den letzten vier Jahren leider ein Paradebeispiel. Sie ist sich selbst genug. Das wird nicht reichen.
Ich danke dem Fraktionsvorsitzenden der FDP und erteile für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN dem Fraktionsvorsitzenden, Herrn Karl-Martin Hentschel, das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Abgeordnete Kayenburg hat einen Antrag eingebracht, dass der Landtag Klage gegen die in Artikel 109 des Grundgesetzes festgeschriebene Schuldenregelung vor dem Bundesverfassungsge
Zunächst zur Klage: Mit der Einführung der Schuldenbremse - auch für die Länder - im Grundgesetz wird die Kompetenz der Landesparlamente beschnitten. Es handelt sich dabei um einen unzulässigen Eingriff in die Haushaltshoheit einer Volksvertretung. Dieser übermäßige Eingriff in ihre Haushaltsautonomie, Artikel 109 Abs. 1 GG überschreitet die Grenzen der Verfassungsänderung aus Artikel 79 Abs. 3 GG.
Weitaus schwerer wiegt jedoch der damit verbundene Verstoß gegen die Verfassungshoheit der Länder, welche lediglich durch das Homogenitätsgebot des Artikels 28 Abs. 1 GG begrenzt ist, wonach „die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern... den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaats“ entsprechen muss. Von einheitlicher Finanzverfassung oder gar von nahezu identischen Schuldenbremsen ist hier nicht die Rede. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts stehen vielmehr die „Verfassungsräume“ von Bund und Ländern selbstständig nebeneinander.
Geld ist nicht alles. Aber ohne Geld ist fast alles nichts. Das gilt natürlich auch für den Staat. Was auch immer politisch entschieden wird - in den meisten Fällen hat das auch Auswirkungen auf Einnahmen oder Ausgaben. Deshalb müssen wir mit Nachdruck darauf achten, dass das ständig klar wird.
Schuldenregelungen sind die wesentlichen Bestandteile des Haushaltsrechts der Länder. Sie schränken das Budgetrecht, das Königsrecht der Parlamente, zentral ein. Deshalb müssen Schuldenregeln in den Ländern in den Landesverfassungen geregelt sein.
Aber auch von der Sache her ist die Regelung inakzeptabel. Denn sie bedeutet eine „Nullneuverschuldungsverpflichtung“ für die Länder. Im Gegensatz dazu hat der Bund weiterhin einen Verschuldungskorridor von 8 Milliarden €. Vor allem hat der Bund weiterhin die alleinige Steuergesetzgebungskompetenz. Die Länder haben also keinen Verschuldungskorridor und keine eigenen Spielräume zur Steuergesetzgebung. Damit ist die Schuldenbremse eine doppelte Fesselung der Länder durch den Bund.
Die Länder haben auch keine Rechte bekommen, von Bundesstandards abzuweichen, die unsere Landeshaushalte maßgeblich beeinflussen. Das heißt,
dass die Länder beim Thema ,,Haushalt und Finanzen" de facto zu nachgeordneten Instanzen des Bundes werden. Das ist kein mutiger Föderalismus, sondern ein defensiver Zentralismus, der sich hier durchgesetzt hat.
(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abgeordneten Martin Kayenburg [CDU] und Dr. Heiner Garg [FDP])
Ich halte dieses Verfahren - so wie auch unser Präsident - nicht für verfassungskonform, weil es an die Substanz des Grundgesetzes geht. Damit wird die Eigenstaatlichkeit der Länder in einem Kernbereich, dem Haushaltsrecht, getroffen.
Am 9. Februar 2009 sagte der ehemalige Bundesverfassungsrichter Hans-Joachim Jentsch in einem Gespräch mit der „FAZ“:
„Der Bund hat keine Regelungsbefugnis, eine konkrete Verschuldungsgrenze einzuführen. Im Grundgesetz heißt es: ,Bund und Länder sind in ihrer Haushaltswirtschaft selbstständig und voneinander unabhängig'. Das kann nicht verändert werden, weil es Ausdruck des Bundesstaatsprinzips ist.“