Protokoll der Sitzung vom 16.07.2009

die Berater vom Regionskontor beraten und nennen die wichtigsten Ansprechpartner. In einigen Belangen gibt es sogar Laufzettel, deren konsequente Abarbeitung doppelte Wege vermeiden hilft.

Es würde also Sinn machen, diese Institution in die Arbeit mit einzubeziehen und vielleicht sogar an der Einheitlichen Ansprechstelle zu beteiligen.

Eine Einbeziehung der Gewerkschaften beziehungsweise des Deutschen Gewerkschaftsbundes ist darüber hinaus für den SSW unverzichtbar. Die Aufnahme von Gewerkschaften als Träger erst zum 1. Januar 2015 zuzulassen, wie es in § 1 des vorliegenden Gesetzentwurfs vorgesehen ist, ist für uns nicht akzeptabel. Aus leidvoller Erfahrung wissen wir alle, dass einmal etablierte Strukturen nur schwer zu ändern sind. Darum ist es besser, die Trägerstruktur von Beginn an auf eine breitere Basis zu stellen.

Ich möchte hier nur an die hervorragende Arbeit des EURES-Netzwerkes erinnern, in dem Arbeitsverwaltung, Arbeitgeberverbände und eben auch die Gewerkschaften den gemeinsamen Arbeitsmarkt in Schleswig-Holstein und dem südlichen Dänemark etablierten. Dabei geht es auch darum, Außenstehenden nicht immer nur mitzuteilen, welches die Mindeststandards in unserem Land sind, sondern auch darzustellen, welche Möglichkeiten man hat, Mitarbeiter und Beschäftigte zu motivieren, indem man besondere Leistungen für das Personal bietet. Hierfür könnten insbesondere die Gewerkschaften stehen.

Diese Erfahrungen sind es auch, die es dringend angeraten erscheinen lassen, die Experten, die täglich mit ausländischen Gründern zu tun haben, in der neuen Stelle zu berücksichtigen. Die lange Einarbeitung neuer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter war in der Vergangenheit das Hauptproblem vieler Projekte: Bis alle wussten, wie die Abläufe und Verfahren sind, wen sie am besten ansprechen können, und bis sich eine gemeinsame Arbeitsgrundlage herausgebildet hatte, war oftmals ein Großteil der Projektlaufzeit vergangen. Statt also immer neues Personal einzuarbeiten, sollten wir das bestehende Know-how nutzen und zusammenfassen.

Damit sind wir bei einem wichtigen Kritikpunkt: Die Neueinstellung, also Schaffung neuer Stellen, auch wenn es zum Beispiel die des Geschäftsführers, des Einheitlichen Ansprechpartners, ist, kommt in Zeiten massiver Personaleinsparung für uns nicht infrage. Wenn sich das Land beteiligt, dann dürfen Steuergelder nicht für Neueinstellungen ausgegeben werden, sondern der Landesanteil

(Detlef Matthiessen)

an den Kosten sollte durch Abordnung von Fachpersonal aus den Ministerien erfolgen. Alle anderen Beteiligten müssten eigentlich das gleiche Interesse haben. Deshalb müssten Neueinstellungen für diese Tätigkeit explizit im Gesetzentwurf ausgeschlossen sein.

Eine ernsthafte Umsetzung der EU-Dienstleistungsrichtlinie bedeutet, dass bundesweit ein kohärentes Netz Einheitlicher Ansprechpartner geschaffen wird. Das bedeutet natürlich auch, dass die Bundesländer ihr Vorgehen miteinander abstimmen. Ansonsten wird der Einheitliche Ansprechpartner schnell zum 16-fachen Ansprechpartner. Leider geht aus dem vorliegenden Entwurf nicht hervor, inwieweit diese Abstimmungen zwischen den Ländern erfolgt sind.

Die gemeinsamen Bund-Länder-Papiere, die das Anforderungsprofil der Einheitlichen Ansprechpartner zumindest in groben Zügen festlegen, haben in den Verwaltungen der Länder ganz unterschiedlichen Widerhall gefunden. So hat Hessen gleich drei Stellen eingerichtet, bei jedem der Regierungspräsidien eine; Brandenburg hat dagegen im nachgeordneten Bereich des Wirtschaftsministeriums eine entsprechende Stelle eingerichtet und ist nun vollends damit beschäftigt, eine grundlegende ITLösung zu erarbeiten. Man sieht also, dass noch Vieles in Bewegung ist.

Wir können für uns aber feststellen, dass das Ziel, die Einrichtung einer zentralen Anlaufstelle, richtig ist. Einige mögliche Beteiligte, wie die Gewerkschaften, fehlen aber noch und müssen im Gesetz abgesichert werden. Wir sollten darauf achten, dass nicht neue Dienstverhältnisse geschaffen werden, sondern auf das schon jetzt vorhandene gute Personal zurückgegriffen wird.

Berücksichtigt man diese Anregungen, kann der Einheitliche Ansprechpartner ein Erfolgsmodell werden. Lässt man allerdings wichtige Partner außen vor, erhalten wir mit Sicherheit keine Lösung aus einem Guss.

(Beifall beim SSW)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung. Es ist beantragt worden, den Gesetzentwurf Drucksache 16/2750 federführend dem Finanzausschuss, mitberatend dem Innen- und Rechtsausschuss zu überweisen. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen.

Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das ist einstimmig so beschlossen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, auf der Tribüne begrüßen wir ganz herzlich Schülerinnen und Schüler der Hans-Brüggemann-Schule in Bordesholm mit ihren Lehrkräften und weitere Gäste. - Seien Sie uns alle herzlich willkommen!

(Beifall)

Meine Damen und Herren, mir liegt ein Dringlichkeitsantrag vor:

Vorzeitige Beendigung der 16. Wahlperiode des Schleswig-Holsteinischen Landtags nach Artikel 13 Abs. 2 der Verfassung des Landes Schleswig-Holstein

Dringlichkeitsantrag der Fraktionen von CDU, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten des SSW Drucksache 16/2801

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. - Kollege Astrup, dann gestatten Sie mir noch den Hinweis, dass es doch gut ist, wenn man Vorlagen vorher verteilt.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Ich nehme also den Hinweis gern auf, weil Irritationen entstanden sind, dass ich vorhin vorgetragen hatte, dass die Fraktionsvorsitzenden und der Ministerpräsident unterschrieben haben. Ich stelle fest: Auf dem Antrag stehen Peter Harry Carstensen komma! -, Dr. Johann Wadephul und Fraktion. Damit ist klargestellt, dass der Abgeordnete Carstensen diesen Antrag mit unterschrieben hat, wie auch die Kollegen Kubicki, für Herrn Hentschel stellvertretend Frau Heinold und Anke Spoorendonk. Gibt es weitere Bemerkungen? - Herr Kollege Astrup!

Herr Präsident! Lassen Sie mich zum Abstimmungsverhalten der SPD-Fraktion zwei Sätze sagen.

Gern.

Inwieweit die Dringlichkeit nach § 51 Abs. 3 der Geschäftsordnung gegeben ist, wird sich erweisen. Die einzige Möglichkeit, über den Inhalt dieses An

(Lars Harms)

trags zu reden, besteht, wenn man der Dringlichkeit zustimmt. Das tun wir.

Vielen Dank, Herr Kollege Astrup. - Dann lasse ich über die Dringlichkeit des Antrags Drucksache 16/2801 abstimmen. Ich glaube, es erübrigt sich, dass ich darauf hinweise, dass dazu grundsätzlich eine Zweidrittelmehrheit, nämlich 46 Stimmen, erforderlich sind.

Wer der Dringlichkeit zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Damit ist die Dringlichkeit einstimmig bejaht.

Wann der Tagesordnungspunkt aufgerufen wird, wird im Einzelnen noch zwischen den Parlamentarischen Geschäftsführern abgestimmt werden. Ich werde es dann zeitgerecht bekanntgeben.

Nunmehr rufe ich Tagesordnungspunkt 21 auf:

Landesunterkünfte für Flüchtlinge in SchleswigHolstein

Große Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 16/2438

Antwort der Landesregierung Drucksache 16/2659

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das scheint nicht der Fall zu sein. Dann erteile ich zur Beantwortung der Großen Anfrage Herrn Innenminister Lothar Hay das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Landesamt für Ausländerangelegenheiten wurde 1993 im Geschäftsbereich des Innenministeriums errichtet. Es hat sich seit dem zu einer leistungsfähigen Landesbehörde für die Aufnahme von Asylbewerbern, Spätaussiedlern und jüdischen Zuwanderern entwickelt. In der Geschichte des Landesamtes spiegelt sich die Entwicklung der Zugangszahlen wider: Wurden zum Beispiel im Jahre 2003 noch rund 1.400 Asylbewerber in SchleswigHolstein aufgenommen, waren es im vergangenen Jahr nur noch 770.

Die Landesregierung hat aufgrund dieser Entwicklung Ende April 2009 eine Neustrukturierung am Standort Neumünster beschlossen. Grundlage dieser Entscheidung war eine Wirtschaftlichkeitsbe

rechnung, die alle finanziell relevanten Faktoren der beiden Standorte Lübeck und Neumünster verglichen hat. Sie ist trotz der langen Restlaufzeit des Mietvertrages für Lübeck bis zum Jahresende 2023 zum Ergebnis gelangt, dass beide Liegenschaften bis 2023 in etwa gleich hohe Kosten verursacht hätten.

Zwei Faktoren haben letztlich den Ausschlag gegeben, die Liegenschaft Lübeck zum Ende des Jahres zu schließen: die deutlich schlechtere Bausubstanz in Lübeck und die erheblich höhere Mitarbeiterzahl in Neumünster. Diese Entscheidung der Landesregierung ist auch vom Landesrechnungshof mitgetragen worden. Auch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge wird mit seiner Außenstelle von Lübeck nach Neumünster umziehen. Aber nicht nur finanzielle Aspekte waren ausschlaggebend, auch die Belange der Bewohner und Mitarbeiter des Landesamtes haben eine große Rolle gespielt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, zahlreiche Fragen der Großen Anfrage waren auch Gegenstand der konstitutionellen Überlegungen der Landesregierung im Vorfeld der Kabinettsentscheidung. Auf Landesunterkünfte zur Unterbringung von Asylsuchenden generell zu verzichten, stand dabei zu keiner Zeit zur Debatte. Die Länder sind durch das Asylverfahrensgesetz verpflichtet, für die Unterbringung der Asylbegehrenden entsprechende Erstaufnahmeeinrichtungen vorzuhalten. Zusätzliche Gemeinschaftsunterkünfte halte ich mit Blick auf eine effektive Rückkehrförderung von Personen ohne Aufenthaltsperspektive für notwendig.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Insgesamt wird der vielschichtige Neustrukturierungsprozess erst zum Ende dieses Jahres abgeschlossen sein. Die Antworten der Landesregierung bilden da nur einen Zwischenstand ab. Dazu zählen die Herrichtung der Außenstelle des Bundesamtes in Neumünster und als Ergebnis einer Organisationsuntersuchung beim Landesamt die Erarbeitung einer neuen Geschäftsverteilung sowie die Umsetzung der bisher in Lübeck tätigen Mitarbeiter nach Neumünster. Die neue Einrichtung in Neumünster soll zukünftig Platz für die Unterbringung von bis zu 400 Personen bieten. Dabei wurden selbstverständlich auch die Empfehlungen des Flüchtlingsbeauftragten berücksichtigt.

Im Hinblick auf die wettbewerbsrechtlichen Vorschriften wurden bereits sämtliche Verträge in Lübeck und Neumünster gekündigt. Aufgaben wie die Beratung und Betreuung, die Verpflegung, die Be

(Holger Astrup)

wachung der Liegenschaften und der ärztliche Dienst müssen für jeweils vier Jahre ausgeschrieben werden. Die entsprechenden Ausschreibungstexte werden in Kürze von der GMSH veröffentlicht. Ein nahtloser Aufgabenübergang auf den jeweils neuen Dienstleister am Jahresende ist also sichergestellt.

Mit dieser Neustrukturierung stellt die Landesregierung die Weichen, dass das Landesamt auch in Zukunft als moderne Behörde den Anforderungen bei der Aufnahme von Asylsuchenden jederzeit gerecht werden kann. Ausdrücklich in Schutz nehmen möchte ich dabei das derzeitige schulische Betreuungskonzept. Es ist im Interesse der Kinder, wenn sie in der ersten Zeit ihres Aufenthaltes zunächst im Landesamt von qualifizierten Lehrkräften durch intensiven Sprachunterricht auf den Besuch einer Regelschule vorbereitet werden. Das sage ich auch als ehemaliger Hauptschullehrer.

(Beifall des Abgeordneten Andreas Beran [SPD])

Die wiederholt vorgetragene Kritik an diesem sinnvollen Konzept erschließt sich mir nicht.

(Beifall bei SPD und CDU)

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat die Frau Abgeordnete Angelika Birk.