Protokoll der Sitzung vom 11.11.2005

sowie der Erhalt der Sparkassenlandschaft und der umfassenden Leistungen der Post. Hier ist die Landesregierung gefordert, konkrete Maßnahmen zu ergreifen.

Was wir an der Westküste und in ganz SchleswigHolstein brauchen, ist eine aktive und zielgerichtete

(Karsten Jasper)

Förderpolitik. Die Zeit der Gießkannenmentalität ist vorbei. Durch die Erweiterung der EU im Mai letzten Jahres werden die Fördertöpfe nicht praller. Was wir brauchen, ist eine kompetente Aufstellung in Brüssel und in Berlin.

(Beifall bei CDU und SPD)

Durch das Hanse-Office in Brüssel müssen wir erreichen, dass gerade für die Westküste und SchleswigHolstein Chancen genutzt werden.

(Rolf Fischer [SPD]: Sehr gut!)

Durch Staatssekretär Dr. Schüler werden in der schleswig-holsteinischen Landesvertretung in Berlin in hervorragender Weise Kontakte zwischen Wirtschaftsvertretern aus Schleswig-Holstein und Vertretern der Bundesrepublik geknüpft. Solche Kontakte werden wir knüpfen, um Investoren für die Westküste zu begeistern.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Die Tourismusbranche - das hat Minister Austermann auch angesprochen - spielt an der Westküste eine herausragende Rolle, die es zu stärken gilt. Wir haben in ganz Schleswig-Holstein 4.600 Beherbergungsbetriebe und 6.500 Gastronomiebetriebe. Eine große Zahl dieser Betriebe arbeitet an der Westküste und im Unterelbebereich. 50 % der Übernachtungen finden in Privatquartieren statt. Wir müssen mit Hochdruck eine Qualitätsverbesserung durch eine Zertifizierung der Betriebe erreichen.

(Beifall bei CDU und SPD)

Im Moment arbeiten viele Akteure daran, durch neue Produktbausteine, wie zum Beispiel Wassertourismus, vorhandenes Profil zu schärfen, um im deutschland- und europaweiten Wettbewerb besser bestehen zu können.

Die schwache Einnahmesituation der letzten Jahre hat die Investitionsbereitschaft stark gebremst. Längst überfällige Ersatz- und Modernisierungsmaßnahmen wurden immer weiter verschoben. Die große Koalition hat hier sehr schnell reagiert. Mit der Investitionsoffensive der Landesregierung, des Tourismusverbandes und der DEHOGA sowie dem neu geschaffenen Schleswig-Holstein-Fonds wurden wichtige Zeichen gesetzt. Weitere Hausaufaufgaben stehen noch an. Die Tourismusmarketingstrukturen sind immer noch viel zu kleinteilig. Beim Marketingbereich müssen wir weg vom Kirchturmdenken. Wir müssen hin zu touristischen Zielgebieten und dürfen uns nicht an kommunalen Strukturen und Grenzen orientieren.

(Beifall bei CDU und SPD - Holger Astrup [SPD]: Sehr richtig!)

Dass wir in diesem Bereich auf einem guten Weg sind, hat gerade in der letzten Woche die Auszeichnung mit drei Tourismus-Oscars anlässlich des deutschen Tourismustages in Saarbrücken gezeigt.

Auch wenn die Landwirtschaft nicht mehr die herausragende Rolle wie vor einigen Jahrzehnten spielt, bietet gerade die Ernährungswirtschaft in unserem Landstrich gute Perspektiven. Zahlreiche hoch qualifizierte Betriebe an der Westküste haben sich sowohl in der Herstellung, Verarbeitung wie auch im Vertrieb auf qualitativ hochwertige Produkte spezialisiert und sind in diesem Marktsegment sehr erfolgreich.

Auch im Hochschulbereich spielt die Westküste seit Gründung der Fachhochschule in Heide ganz vorn mit. Das Studienangebot Tourismusmanagement erweist sich als absoluter Renner und macht die FH Westküste in ganz Deutschland bekannt.

(Beifall bei CDU und SPD)

Lassen Sie mich ein paar weitere Beispiele nennen, die das wirtschaftliche Potenzial der Westküste verkörpern. Erfolgreiche Kooperation zwischen Technologiezentren und Wirtschaft beweist auch das Beispiel des Forschungs- und Technologiezentrums in Büsum. Zahlreiche Firmen haben sich durch das FTZ vor Ort angesiedelt. Die Ansiedlung von IZ und ISiT in Itzehoe hat einen spürbaren Aufschwung in der Region gebracht.

Das Kompetenzzentrum „Windenergie“ ist ein Beispiel dafür, wie man im Bereich Windenergie Kompetenzen bündelt, Weiterentwicklungen vorantreibt und Wissenstransfer in Unternehmen leistet. Hier ist ein effizientes Netzwerk für die Windenergiebranche entstanden. Es zeigt sich bereits heute, dass wir durch die landwirtschaftliche Prägung jede Menge Knowhow in Wissenschaft und Wirtschaft zu bieten haben.

Bei der MARINA Biodiesel GmbH steht eine der größten Biodieselanlagen in ganz Europa. Die MARINA GmbH hat mit einer Kapazität von 150.000 t Biodiesel auf dem Bayer-Gelände eine innovative Produktionsstätte errichtet. MARINA steht übrigens für „Maschinenring nachwachsende Rohstoffe“. 90 % der Gesellschafter kommen aus dem schleswigholsteinischen Agrarbereich.

Es gilt, weiterhin neue Ideen zu identifizieren, um dann potenzielle Erzeuger, Verarbeiter und Vermarkter zusammenzuführen, um neue Erwerbsalternativen bereitzustellen. Wir brauchen diese innovativen Arbeitsplätze für die Region.

(Karsten Jasper)

Fazit meiner ersten Rede vor diesem hohen Haus: Die Westküste zeichnet sich als multifunktionaler ländlicher Raum aus, und zwar durch hohe Lebensqualität, hohe Wohn- und Freizeitwerte, eine eigenständige Wirtschaftsentwicklung, hohe Umweltqualität und eigenständige Profile. Diese Qualitäten müssen wir optimieren, um die Attraktivität der Westküste für den Wettbewerb um Investoren, Gäste und Bewohner hervorzuheben.

Herr Garg, lassen Sie uns endlich beginnen, über die Stärken der Westküste zu reden und nicht dauernd über die Schwächen zu jammern!

(Beifall bei CDU und SPD)

Wir werden an der Westküste diese Herausforderung gemeinsam mit der Landesregierung und dem Westküsten-Ministerpräsidenten Peter Harry Carstensen anpacken.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Ich hoffe, dass er Schleswig-Holstein-Ministerpräsident ist!)

- Herr Garg, frei nach einem bekannten Slogan: Es gibt viel zu tun an der Westküste, packen wir es gemeinsam an!

(Anhaltender Beifall bei CDU und SPD)

Ich danke dem Abgeordneten Jasper. - Das Wort für die SPD-Fraktion erteile ich nunmehr dem Herrn Abgeordneten Detlef Buder.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vielleicht zur Vorklärung: Wir an der Westküste, insbesondere diejenigen, die direkt am Wasser wohnen, unterscheiden nicht zwischen „integriert“ oder „integral“, sondern wir legen großen Wert darauf, dass wir integer sind.

(Beifall)

Das sollte man auch bei den Ausführungen, die Sie jetzt von mir hören werden, bedenken. Da wird sich natürlich einiges wiederholen, das möchte ich gern im Vorwege sagen. Die Ursache liegt in der Sache.

Ich freue mich, dass wir einen Wirtschaftsminister haben, der sich der Westküste zugehörig fühlt. Er hat allerdings einen Nachteil: Er kommt nicht direkt von der Küste so wie wir, sondern wohnt mehr im Binnenland auf der Geest. Aber da soll es ja auch sehr schön sein.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Binnenland? Ha- be ich das richtig verstanden? - Zuruf von Ministerpräsident Peter Harry Carstensen [CDU])

- Das ist wohl wahr, Herr Ministerpräsident, aber bei Itzehoe kann man das nicht so sagen.

Ich danke natürlich dem Ministerium für den vorgelegten Bericht und dem Kollegen Garg für seinen Antrag, der uns nun Gelegenheit gibt, hier im Parlament unsere Entwicklungsvorhaben an der schleswig-holsteinischen Westküste einmal vorzustellen. Sehr geehrter Herr Kollege Garg, aber es ist nicht so - das wissen Sie auch -, dass die Landesregierung in der Vergangenheit nichts für die Westküste getan hätte oder dass das Parlament hierüber nicht informiert worden wäre. Es ist eigentlich auch nicht so, dass es zu wenig gewesen ist.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Das habe ich auch nicht gesagt!)

An einigen Punkten will ich Ihnen das gleich erläutern.

Die schleswig-holsteinische Westküste gehört - wie wir alle wissen - zum Ziel-2-Gebiet, was uns in den vergangenen Jahren ermöglicht hat, dort in erheblicher Höhe EU-Mittel zur Verfügung zu stellen. Allein in der letzten Vergaberunde aus dem Regionalprogramm im September 2005 haben wir 3,45 Millionen € für den zweiten Bauabschnitt der Um- und Neugestaltung der Kurpromenade in St. Peter-Ording, 46.000 € für das Projekt Kultur und Tourismus, 3,6 Millionen € für die dritte Ausbaustufe des Multimar Wattforums in Tönning und 390.000 € für die Modernisierung der Hafenanlage Wittdün zur Verfügung gestellt. Auch in den vorangegangenen Vergaberunden wurde die Westküste mit zahlreichen Projekten berücksichtigt, so zum Beispiel das Demonstrations- und Event- oder Sturmflutenzentrum „Blanker Hans“ in Büsum, das eine erhebliche Investitionssumme nach sich zog, die direkt aus der Gemeinde kam. Hier ist also sehr viel mehr Geld bewegt worden, als in Kiel bewilligt worden ist.

Oder denken Sie - das wird immer vergessen - an den Küstenschutz, der in hohem Maße der Nordseeküste zugute kommt, oder an das Kompetenzzentrum „Windenergie“, das - wie wir vorhin schon gehört haben - die Forschung und Entwicklung an den Fachhochschulen Westküste, Flensburg und Kiel sowie den Universitäten Flensburg und Kiel bündelt und das erst im Juli 2005 einen Förderbescheid über 627.000 € erhalten hat.

Wir fördern Kooperationen zwischen der Fachhochschule Westküste und den regionalen technologieorientierten Unternehmen. Wir investieren Millionen in die landeseigenen Häfen an der Westküste. Wir inves

(Detlef Buder)

tieren in Forschung und Entwicklung. Wir stärken den Tourismus. Wir bauen nach und nach die Infrastruktur aus. Wir schützen das Wattenmeer als einzigartigen Naturraum und nutzen ihn gleichzeitig als touristisches Argument.

(Beifall bei der SPD)

Die Westküste wird auch weiterhin stark touristisch ausgerichtet sein. Touristisch, das heißt nicht: konventionell, rückwärts gerichtet, langweilig. Ich weiß sehr genau, was es bedeutet, hier umzusteuern, weil ich aus einem touristisch sehr exponierten Ort komme. - Im Gegenteil: Mit unseren Ressourcen können wir moderne Tourismuskonzepte umsetzen. Wir können Umweltschutz und Tourismus, technologieorientierte Wirtschaft und Tourismus, Fischerei und Tourismus verbinden. Wir werden uns in der Zukunft weit mehr als bisher als Erholungslandschaft für die Metropolregion Hamburg entwickeln müssen: mit Kurzurlaubsangeboten, mit attraktiven Nahverkehrsangeboten und mit spannenden Ausflugszielen bei gleichzeitiger Ausrichtung auf die naturnahe Struktur unserer Region. Ein gutes Beispiel für eine solche Entwicklung ist die in Gründung befindliche Arbeitsgemeinschaft für Tourismus Unterelbe. Damit ist der gesamte Westküstenraum in diesem Bereich touristisch abgedeckt und es kann ein übergreifendes touristisches Konzept entwickelt werden. Dass das etwas länger gedauert hat, als es sich einige aus den städtischen Räumen vorgestellt haben, hängt schlicht und ergreifend - -

(Zuruf des Abgeordneten Lothar Hay [SPD] - Wolfgang Kubicki [FDP]: Wann warst du denn das letzte Mal da? - Zuruf des Abgeordneten Lothar Hay [SPD])

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Buder und sonst niemand.

Lassen Sie uns doch den interessanten Äußerungen des Kollegen Kubicki und des Kollegen Hay lauschen. Wir haben es mit zwei Spezialisten für die Westküste zu tun.

Das lasse ich nicht.