Heute haben wir unsere Haltung noch etwas verschärft. Der SSW lehnt jetzt jegliche ermäßigte Umsatzsteuer bei Medikamenten ab - auch für verschreibungspflichtige Medikamente.
Lassen sie mich das kurz erläutern. Der Hintergrund dieser FDP-Initiative ist ja nicht so sehr das Wohl der Apothekenkunden - wie wir es seinerzeit im Auge hatten -, sondern das der deutschen Apotheker.
Die Liberalen sehen die deutschen Apotheker durch Billiganbieter bedroht, die ihre Produkte über das
Internet verkaufen und zum Beispiel durch Reimporte viele Produkte viel billiger anbieten, als unsere Apotheken es können. Deshalb will die FDP eine ermäßigte Umsatzsteuer für diese Branche. Aber nach Angaben des Bundesverbandes deutscher Versandapotheken haben die rund 1.000 in Deutschland zugelassenen Betriebe derzeit nur einen Marktanteil von 0,5 bis 1,5 %. Die anderen 98,5 % liegen bei den normalen deutschen Apotheken.
Natürlich müssen unsere heimischen Apotheker - in Schleswig-Holstein gibt es circa 680 selbstständige Apotheken - diese Konkurrenz ernst nehmen und versuchen, im Wettbewerb zu bestehen. Und auch wir müssen natürlich dabei helfen.
Nun sind wir der Ansicht, dass diese Probleme nicht über eine ermäßigte Umsatzsteuer für apothekenpflichtige Arzneimittel zu lösen sind. Wir glauben, dass das Problem unserer Apotheken viel eher über eine Begrenzung der Preissteigerungen bei Medikamenten gelöst werden muss. Es ist doch bekannt, dass wir in Deutschland für Medikamente vergleichsweise viel zahlen müssen. Ich glaube nicht, dass, wenn wir auf die Mehrwertsteuer verzichten, die Pharmaindustrie gleichzeitig sagt: Wenn ihr auf 7 % verzichtet, verzichten wir auch darauf. Die normale Lebenserfahrung beweist eher das Gegenteil.
Diese hohen Preise sind ja nicht durch die Apotheken verursacht, sondern hängen mit der Preispolitik der heimischen Pharmaindustrie zusammen. Schon seit Jahren versuchen diverse Gesundheitsminister die Pharmaindustrie in Deutschland zu geringeren Preisen zu bewegen. Das ist aber wegen der sehr starken Chemielobby nicht leicht und bisher fast wirkungslos geblieben. Dazu kommt, dass dieselben Unternehmen die gleichen Produkte im Ausland viel billiger verkaufen.
Herr Kollege Garg, gerade deshalb haben die Internetanbieter über Reimporte die Möglichkeiten, diese Produkte viel preiswerter anzubieten. Die Preisunterschiede sind dabei viel größer, als sich auch nur im Entferntesten durch die verschiedenen Mehrwertsteuersätze begründen ließe. Die Differenz liegt teilweise bei 70 % und nicht bei 7 %. Das ist der Unterschied.
Wenn es also darum geht, unsere heimischen Apotheken wieder konkurrenzfähiger zu machen, dann unterstützen wir die Pläne, die laut „Frankfurter Rundschau“ vom 4. November 2005 die CDU-Kanzlerkandidatin Angela Merkel in die Koalitionsverhandlungen in Berlin eingebracht hat. Sie will, dass
bei den Medikamenten Kosteneinsparungen erreicht werden, zum Beispiel durch Preisabschläge der Hersteller und durch Maßnahmen, die Preiserhöhungen bei Medikamenten für zumindest zwei Jahre verbieten soll.
Der SSW ist in der Gesundheitspolitik nicht sehr oft einer Meinung mit der CDU. Aber wenn dieser Artikel auf richtigen Informationen beruhen sollte, dann begrüßen wir die Pläne der CDU, die auch den Apothekern helfen würden.
Für verschreibungspflichtige Medikamente, die besonders ein Problem der chronisch Kranken sind, sehen wir darüber hinaus noch eine andere Lösungsmöglichkeit als die Forderung nach ermäßigten Umsatzsteuersätzen für Medikamente.
Denn es gibt immer noch viele Klagen von chronisch Kranken über die Folgen der Gesundheitsreform aus dem Jahr 2004. Wir meinen, dass die damals eingeführten Zuzahlungen für diese wirklich schwer betroffene Gruppe von Kranken ganz abgeschafft werden sollten. Aus unserer Sicht macht es überhaupt keinen Sinn, dass chronisch Kranke durch ihre Krankheit auch noch finanziell belastet werden. Denn diese Menschen können nicht auf ihre Medikamente verzichten. Ich glaube, das sollte der Ansatz sein.
Wenn es um die Gesundheitspolitik geht, gibt es andere Hebel an denen wir ansetzen können. Wir brauchen dafür nicht die Mehrwertsteuersenkung. Wenn es um die Finanzierung geht, müssen wir uns eher darüber Gedanken machen - wie das auch die anderen Kollegen schon sagten -, welche Ausnahmetatbestände heute noch zeitgemäß sind. Dazu gehören gerade nicht Blumenzwiebel, Schnittblumen und Hundefutter. Deshalb unterstützen wir auch den Antrag der Grünen.
Zu einem Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 unserer Geschäftsordnung erteile ich Herrn Abgeordneten Dr. Heiner Garg das Wort.
hen, auf den zwei Redner aufmerksam gemacht haben, nämlich dass man die vermeintlich gleichen Arzneimittel im Ausland viel billiger kaufen könne. Es sind nicht dieselben Arzneimittel, nur weil ein ähnliches Wort draufsteht. Diese Arzneimittel, die Sie in der Türkei, die Sie in Spanien oder in Italien kaufen können, sind nicht die bioäquivalenten Originalpräparate der pharmazeutischen Industrie, die hier zur Markteinführung bereitstehen. Das sind nicht die bioäquivalenten Originalerstherstellerpräparate. Das heißt, Ihre so genannten Reimporte können in ganz bestimmten Fällen hier gar nicht verschrieben werden. Die Markteinführung auch im europäischen Ausland wird erst nach einer ganz gewissen Zeit erfolgen. So viel dazu, dass man hier, wenn man damit argumentiert, sauber und richtig argumentieren muss.
Lieber Kollege Müller, ich fand es schon extrem spannend, dass Sie mir - anstatt mir zuzuhören, was ich eigentlich wollte und wofür ich „das Geld ausgeben wollte“ - relativ platt vorgeworfen haben, die FDP wolle ein Geschenk an die Pharmakonzerne und Apotheken machen.
Genauso platt könnte ich jetzt zurückgeben: „Grüne verhindern Ende der Steuersparfonds“ - „FAZ“ vom 11. November 2005 - oder Dossier: „Trittin rettet Steuersparfonds“. Ich glaube, auf dem Niveau brauchen wir uns mit einem solchen Antrag nicht ernsthaft auseinandersetzen. Es geht mir nicht um ein Geschenk für die pharmazeutische Industrie und es geht mir auch nicht um ein Geschenk für die deutschen Apotheken. An der Stelle liegen Sie wirklich falsch, lieber Kollege Müller.
Herr Kollege Sauter, auch Ihr Argument habe ich so verstanden, dass Sie sich mit Macht dafür einsetzen, dass sich die CDU in Zukunft für die Abschaffung des bislang sozialpolitisch motivierten ermäßigten Steuersatzes insgesamt aussprechen wird. Die Wirkungen, die Sie beschrieben haben, die Fragwürdigkeit der Steuerindizes - das heißt, kommt am Ende das beim so genannten Steuerdestinator an, also wird derjenige begünstigt, der begünstigt werden soll -, könnte man natürlich auch beim ermäßigten Steuersatz infrage stellen. Ich habe Sie so verstanden, dass Sie sich innerhalb der CDU dafür einsetzen wollen, dass überhaupt keine unterschiedlichen Umsatzsteuersätze mehr existieren, das heißt, dass wir in Zukunft auf alle, also auch auf Grundnahrungsmittel, 19 % Mehrwertsteuer erheben wollen. Wenn das das sozialpolitische Ziel der Union ist, dann herzlichen Glückwunsch! Ich finde, das ist eine Reise, die höchst unsozial ist.
Ich bedanke mich im Übrigen bei denjenigen, die mit großem Engagement die Finanzen des Landes und des Bundes nicht außer Acht lassen.
Ich habe dieser Tage im Zusammenhang mit Steuerschätzung und Nachtragshaushalt vonseiten der FDP gelesen, dass es uns bisher nicht gelungen sei, auch nur leicht Hand anzulegen. - Ihr seid gerade dabei, die Axt anzulegen - aber nicht bei den Ausgaben, sondern bei den Einnahmen.
Ich weiß nicht, ob irgendjemandem bewusst ist, was dieser Antrag Schleswig-Holstein kosten würde. Vorsichtig geschätzt sind es 40 Millionen €. Nun, das ist nur die Hälfte dessen, was die FDP noch vor sieben Monaten gefordert hat; ich lese ja immer gern Wahlprogramme.
(Klaus Müller [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Einer der wenigen! - Dr. Heiner Garg [FDP]: Wir Ihres auch!)
„Deshalb setzt sich die FDP SchleswigHolstein dafür ein, dass alle apothekenpflichtigen Arzneimittel von der Umsatzsteuer befreit werden.“
Das wären 80 Millionen €. Ihr habt also schon einen richtigen Sparbeitrag geleistet, indem ihr 40 Millionen € gespart habt. Das kann man durchaus so sehen.
Meine Damen und Herren, ich glaube, zur Fachdiskussion des FDP-Antrages ist viel gesagt worden; ich finde es auch gut, dass wir diese Debatte hier führen. Ich würde sie gern fortsetzen und vertiefen in der
Wenn man in ein Lokal geht, sich an den Tisch setzt und sein Essen einnimmt, dann bezahlt man 16 % und wenn man es sich in sein Doggy Pack einpacken lässt, dann sind es nur 7 %.
- Ja, man kriegt sie nicht wieder und das Essen ist auch nicht billiger. Das ist schon sehr merkwürdig.