Protokoll der Sitzung vom 15.12.2005

Meine sehr verehrten Damen und Herren, mit dem von der Regierung beschlossenen Personaleinsparkonzept setzen wir gegen alle Widerstände den Personalabbau und die Verschlankung des Staates um. Ich sehe mit Sorge, dass die Besoldungskompetenz vom Bund auf die Länder übertragen werden soll. Gerade gestern Abend haben wir miterlebt, dass in der Ministerpräsidentenkonferenz die Landesregierung dankenswerterweise einen ernsthaften Versuch unternommen hat, an

(Dr. Johann Wadephul)

dieser Stelle noch zu einer Änderung zu kommen. Das war leider erfolglos. Wenn wir im Wettstreit um die besten Köpfe nicht verlieren wollen, ist das aus meiner Sicht ein erster Maßstab für wirklich gewollte norddeutsche Kooperation. Ich kann nur an die Nachbarbundesländer appellieren, hier keine eigenen Wege zu gehen, sondern mit Schleswig-Holstein in Zukunft eine gemeinsame Besoldungspolitik zu betreiben.

(Beifall bei CDU und SPD)

Die Beteiligung der Polizei an der Heilfürsorge ist uns nicht leicht gefallen. Natürlich berühren uns auch die Anliegen, die in Schreiben verschiedener Verbände und Organisationen deutlich geworden sind. Doch die Kürzungen bei den Sozialverbänden, auch dem Landesblindengeld, sind ohne Alternative. Ich finde es bemerkenswert und danke ausdrücklich den Sozialpolitikern, die sich darum bemüht haben, dass die Betroffenen zwar nicht Zustimmung, aber jedenfalls Verständnis signalisiert haben. Auch dies ist ein Beitrag, Einnahmen und Ausgaben wieder in Einklang zu bringen. Nur so kann Haushalts- und Finanzpolitik nachhaltig gestaltet werden. Jeder Tag, der verstreicht, verschlimmert nur die Probleme.

In diesem Zusammenhang möchte ich auch auf die Zahlung von Weihnachtsbeihilfe an bedürftige Pflegeheimbewohner eingehen. Ich schließe mich ohne Wenn und Aber der Aussage des finanzpolitischen Sprechers der CDU-Landtagsfraktion, Frank Sauter an, der gesagt hat, dass die Zahlungszusage der Weihnachtsbeihilfe ohne eigene Zuständigkeit des Landes zwar menschlich und politisch nachvollziehbar sei, sie jedoch deutlich mache, dass offenbar noch nicht in hinreichender Klarheit bei jedem Kabinettsmitglied angekommen ist, wie dramatisch sich die Haushaltslage des Landes wirklich darstellt. In einer Situation, in der das Land 1,615 Milliarden € neue Schulden aufnehmen muss, werden frei heraus Blankozusagen in Höhe von über einer halben Million Euro erteilt. Dies hat bei uns nicht nur Überraschung, sondern auch Kritik hervorgerufen. Und wenn dieser Betrag so ohne weiteres in einem Etat zu erwirtschaften war, fragt man sich natürlich, warum das nicht schon vorher möglich gewesen ist. Verborgene Schätze können wir uns in diesem Haushalt nirgendwo leisten.

Ich freue mich, dass nach ersten Verständnisproblemen mittlerweile auch die Kollegen der Grünen die Thematik aufgegriffen und begriffen haben, denn nach der ersten Aufforderung durch die Kollegin Heinold an mich, den finanzpolitischen Sprecher zurückzupfeifen, kritisieren auch sie nach der Fi

nanzausschusssitzung in der vergangenen Woche, dass man nicht einfach 270.000 € ausgeben könne, ohne zu wissen, woher das Geld kommen soll.

(Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Sie haben ihn doch zurückgepfiffen! Es wird doch gezahlt! Herr Sauter hat sich doch nicht durchgesetzt! Hat Herr Sauter sich durchgesetzt, ja oder nein?)

Bei allen Sparmaßnahmen ist es uns aber auch gelungen, Schwerpunkte bei der Bildung, in der Wissenschaft und bei der inneren Sicherheit zu setzen. Zudem investieren wir mutig in Forschung und Wirtschaft. Dass wir damit auf dem richtigen Weg sind, zeigt auch der Koalitionsvertrag, der auf Bundesebene geschlossen worden ist.

So werden allein durch die im Schleswig-HolsteinFonds bereitgestellten Mittel Investitionen in Höhe von 1,7 Milliarden € bis zum Jahr 2010 initiiert. An dieser Stelle wird der Dreiklang aus Sparen - darüber sprach ich bereits –, Investieren - darum geht es jetzt - und Reformieren - dazu komme ich noch besonders deutlich. Wir wollen die Kernkompetenzen in unserem Land stärken, ohne dabei - und das sage ich insbesondere an die Vertreter des ländlichen Raumes und des nördlichen Landesteils - die spezifischen Probleme der schwächeren Landesteile zu vernachlässigen.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Wir werden Schleswig-Holstein zusammenhalten ich sage: zusammenhalten müssen –: ein klares Ja zur Metropolregion Hamburg, aber ein ebenso klares Ja zur Verantwortung für den Landesteil Schleswig und für die Westküste.

(Vereinzelter Beifall bei CDU und SPD)

In Zeiten knapper Kassen müssen die Mittel insbesondere dort eingesetzt werden, wo die Verzinsung zum Beispiel in Form von Arbeitsplätzen am größten ist. Mit dem Schleswig-Holstein-Fonds sollen gezielt auch die kleinen und mittleren Unternehmen angesprochen werden, weil sie es sind, die neue Arbeitsplätze schaffen.

Es ist bedauerlich, dass die Grünen bis heute nicht erkannt haben, wie wichtig diese Maßnahmen für das Land, die Menschen und die Haushaltskonsolidierung sind, anderenfalls hätten sie während der Beratung des Haushaltsentwurfs wohl kaum verlangt, den Schleswig-Holstein-Fonds zu halbieren. Wenn man diesen Betrag nämlich von ihren Haushaltsvorschlägen einmal abzieht,

(Dr. Johann Wadephul)

(Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Alles voller Schulden! - Weitere Zu- rufe der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Klaus Müller [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

bleibt am Schluss nur über, dass Sie mehr Geld ausgeben wollen. Ich sage Ihnen aber, wenn Sie bei den investiven Mitteln sparen, dann sparen Sie das Land an dieser Stelle kaputt und dann werden Sie nicht für neues Wachstum sorgen.

(Beifall bei CDU, SPD und des Abgeordne- ten Wolfgang Kubicki [FDP] - Zurufe von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich begrüße ausdrücklich, dass das auf Initiative der CDU in den Schleswig-Holsteinischen Landtag eingebrachte Planungsbeschleunigungsgesetz Niederschlag im Koalitionsvertrag auf Bundesebene gefunden hat. Denn dort heißt es, dass die neue Bundesregierung durch ein Planungsbeschleunigungsgesetz die Voraussetzungen für eine bundesweit einheitliche Straffung, Vereinfachung und Verkürzung der Planungsprozesse schaffen wird. Es gilt nun, zügig Projekte zu benennen, die im Rahmen dieses Planungsbeschleunigungsgesetzes in Schleswig-Holstein realisiert werden können. Wir haben auf Antrag der Freien Demokraten über ein Flughafen-Lübeck-Gesetz diskutiert und dies abgelehnt. Jetzt zeigt sich, Herr Kollege Kubicki, wenn wir ein Planungsbeschleunigungsgesetz auf Bundesebene bekommen, dass es dann möglich sein wird, zu einer schnellen Genehmigung in Lübeck zu kommen. Ich denke, dass dürfte Ihrem Anliegen an der Stelle Rechnung tragen.

Neidvoll haben wir in der vergangenen Woche nach Mecklenburg-Vorpommern geschaut. Der Ministerpräsident war dabei, als die A 20 in MecklenburgVorpommern auf voller Länge eröffnet wurde. In Schleswig-Holstein sind wir leider noch nicht so weit, wie wir schon sein wollten. Bis auf ein kurzes Teilstück bis zur A 1 existiert die Autobahn in Schleswig-Holstein noch nicht. An dieser Stelle müssen wir deutlich vorankommen. Ich bin sehr dankbar, dass der Wirtschaftminister erreichen konnte, dass im Sommer dieses Jahres die formale Linienbestimmung der A 20 bis Glückstadt bekannt gegeben worden ist. Der Anfang ist gemacht, jetzt müssen schnell weitere Planungs- und Bauschritte folgen.

(Beifall bei CDU und SPD sowie vereinzelt bei der FDP)

Auch bei der Umsetzung der Bäderregelung und der Änderung der Vergabeverordnung sind in

Schleswig-Holstein erste Erfolge zu verzeichnen. Wir wollen den Kommunen nicht alles bis ins kleinste Detail vorschreiben, sondern ihnen die Freiheit lassen, Dinge selber zu entscheiden. Es ist gelungen, die Vergabeverordnung zu entbürokratisieren und damit deutlich zu vereinfachen. Wir können stolz darauf sein, dass die schleswig-holsteinische Vergabeverordnung mittlerweile eine der liberalsten in der gesamten Bundesrepublik ist. Davon profitieren sowohl die öffentlichen Auftraggeber als auch Handwerksbetriebe und private Unternehmen in unserem Land.

(Beifall des Abgeordneten Jürgen Feddersen [CDU])

Für die wirtschaftliche Entwicklung unseres Landes hat auch die Landwirtschaft eine hohe Bedeutung. Wir haben vor der Wahl versprochen, uns für ihre Interessen einzusetzen und dazu stehen wir auch nach wie vor. Unsere Landwirtschaft darf gegenüber den Nachbarn keine unnötigen Wettbewerbsnachteile erleiden.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Allerdings spiegelt auch der Agrarhaushalt die finanzielle Situation des Landes wider. Dennoch ist es gelungen, wichtige Eckpunkte einzuhalten und der schleswig-holsteinischen Landwirtschaft zu signalisieren, dass wir sie unterstützen. So ist es gelungen, die Komplementärmittel des Landes für die Mittel der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ in vollem Umfang sicherzustellen. Darüber hinaus haben wir alle Anstrengungen unternommen, um Investitionen auch künftig im Rahmen des engen Haushaltes fördern zu können.

Im Gegensatz zu manchen Äußerungen werden wir auch den ökologischen Landbau weiterhin fördern. Wir befinden uns jedoch in einer Zwickmühle. So lassen Hinweise aus Brüssel den Schluss zu, dass wir ab 2006 mit erheblichen Kürzungen rechnen müssen. In welcher Höhe diese auf uns zukommen, ist jedoch noch offen. Es bleibt in jedem Fall die Tatsache bestehen, dass wir derzeit keine finanziellen Zusagen machen können, zumal die Förderzusagen langfristig bindend sind. Sobald wir jedoch aus Brüssel Klarheit haben, werden wir dem ökologischen Landbau wieder die notwendige Planungssicherheit verschaffen. Es bleibt dabei: Wir unterstützen den ökologischen Landbau, der seinen Platz in Schleswig-Holstein hat und auch weiterhin haben wird.

(Beifall bei CDU und SPD)

(Dr. Johann Wadephul)

Der jüngste Fleischskandal verunsichert erneut Verbraucherinnen und Verbraucher. Es muss immer wieder betont werden, dass die Landwirtschaft hierfür keine Verantwortung trägt. Aber auch eine pauschale Verurteilung der Fleischverarbeiter und des Handels ist nicht sachgerecht. Darüber haben wir gestern diskutiert. Wir haben gerade in Schleswig-Holstein auf den verschiedenen Ebenen besondere Qualitätssicherungssysteme, die eine transparente Herstellung und die Gewähr für hohe Qualität sichern. Das seit 40 Jahren bestehende Gütezeichen Schleswig-Holstein ist heute wichtiger denn je. Es bietet Verbraucherinnen und Verbrauchern eine wichtige Orientierungshilfe. Das Risiko, Gammelfleisch in die Pfanne zu bekommen, lässt sich auf null reduzieren, wenn man bereit ist, ein paar Cent mehr auszugeben. Die Werbung sagt: Geiz ist geil, aber gute Lebensmittelqualität ist besser.

(Beifall bei CDU und SPD)

Es ist kein Geheimnis, dass es im Umweltbereich bei den Koalitionsfraktionen unterschiedliche Auffassungen gibt. Deshalb begrüße ich es insbesondere, dass es gelungen ist, ein gemeinsames Antragspaket zu schnüren. Ich will auf zwei Bereiche eingehen.

So treten CDU und SPD gemeinsam dafür ein, die Erstellung von Landschaftsplänen unverändert zu fördern, weil sie im besonderen Interesse des Naturschutzes liegt. Es ist für uns selbstverständlich, den Betroffenen die Mittel zur Verfügung zu stellen, die sie brauchen, um die vom Gesetzgeber auferlegten Aufgaben zu erfüllen.

Aber auch im Bereich der Umweltbildung haben wir einen gemeinsamen Schwerpunkt gesetzt. Wenn die Vereinten Nationen für die Jahre 2005 bis 2015 eine internationale Dekade „water for life“ ausgerufen haben, dann steht es dem Land zwischen den Meeren gut an, Haushaltsmittel für dieses Projekt zur Verfügung zu stellen.

Erstaunt haben mich im Umweltbereich allerdings die Änderungsanträge der Grünen, die uns beharrlich eine unseriöse Finanzpolitik vorwerfen, aber über 7 Millionen € für die Stiftung Naturschutz veranschlagen. Wer so mit den Landesfinanzen umgeht, disqualifiziert sich selber. Da sind die Änderungsanträge der Koalition, die auch die Stiftung Naturschutz bedenken, doch sehr viel seriöser und realistischer als die Wolkenkuckucksheime der Grünen.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Mit der Verwaltungsstrukturreform hat sich die neue Landesregierung eine weitgehende Neuordnung der Verwaltungs- und Aufgabenstrukturen auf die Fahnen geschrieben. Leitbild und Maßstab der Reform ist eine professionelle, effiziente und bürgernahe Verwaltung.

Dafür ist zunächst eine Überprüfung und Neuordnung der Aufgaben des Landes erforderlich. Aber nur wenn Aufgaben vollständig entfallen und nicht nur verlagert werden, werden die erwünschten und notwendigen Einspareffekte erzielt. Grundlage für diese Neuordnung wird der in gut zwei Wochen vorliegende Bericht des Staatssekretärs Klaus Schlie sein. Wenn dann feststeht, welche Aufgaben bestehen bleiben, wollen wir diese nach dem Subsidiaritätsprinzip konsequent neu zuordnen, wobei sich das Land grundsätzlich auf ministerielle Aufsichtsfunktionen beschränken sollte.

Ich möchte an dieser Stelle für meine Fraktion noch einmal auf die große Bedeutung dieser grundlegenden und gründlichen Aufgabenkritik und –bereinigung hinweisen, weil sie die zwingende Voraussetzung dafür ist zu entscheiden, welche staatlichen Aufgaben weiterhin beim Land verbleiben müssen und was in kommunale Aufgaben umgewandelt werden kann.

Auch wenn sich CDU und SPD in ihrem Koalitionsvertrag darauf verständigt haben, die Verwaltungsstrukturreform mit einer grundlegenden Aufgabenkritik zu beginnen, war es trotz aller Kritik auch in meiner Partei erforderlich, bereits in diesem Jahr die Neuordnung der Strukturen im kreisangehörigen Bereich zu thematisieren, um eine einerseits zügige, andererseits aber auch von den Betroffenen vor Ort akzeptierte Umsetzung unseres Reformvorhabens zu erreichen. Schließlich wollen wir den Kommunen ermöglichen, ohne Zeitdruck die für sie vor Ort richtige Form der Kooperation oder Fusion zu finden. Es ist festzustellen, dass in weiten Teilen des Landes hier bereits erste Erfolge zu verzeichnen sind.

(Vereinzelter Beifall bei CDU und SPD)

Ich möchte an dieser Stelle die Gelegenheit nutzen und allen Beteiligten danken, die diesen Prozess bisher aktiv und konstruktiv begleitet haben, aber auch an alle appellieren - das gilt auch für den einen oder anderen auf kommunaler Ebene –, die Chance zu nutzen, die die Neuordnung der Strukturen gibt.

Ich möchte für meinen Fraktion noch einmal deutlich sagen: Wir diskutieren über die nähere Ausgestaltung und nicht darüber, ob es überhaupt zu einer

(Dr. Johann Wadephul)

Neuordnung der Strukturen in der gestern vom Innenminister skizzierten Fassung kommen soll. Die in der vergangenen Woche vorgelegten Vorstellungen der Grünen zur Verwaltungsstrukturreform zeigen allerdings, was dabei herauskommt, wenn Entscheidungen im wahrsten Sinne des Wortes am grünen Tisch getroffen werden: Die gemeindlichen Gremien sollen in ihren Aufgaben beschnitten werden. Die geplante Gebietsreform auf Kreis- und Gemeindeebene würde Strukturen schaffen, die kaum noch durch ehrenamtliche Arbeit beherrschbar wären.

(Claus Ehlers [CDU]: Das ist doch Absicht!)

Diese Pläne offenbaren ein eigentümliches Verständnis von Basisdemokratie, Herr Kollege Hentschel, dem ehemaligen Markenzeichen der Grünen.

(Beifall bei der CDU)