Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich erinnere mich daran, dass noch vor wenigen Jahren der Kreis Plön - das war noch vor der Euro-Einführung - für 990.000 DM einen Fachraum für Gasund Wasserinstallateure baute. Nebenan - 13 km weiter in Eutin - wurde dasselbe noch einmal gemacht, und zwar unter einer gemeinsamen Kreishandwerkerschaft. Heute - das muss man feststellen - sind beide Schulstandorte nicht mehr in der Lage, dieses Berufsfeld aufrechtzuerhalten.
Es ist in der Tat so, dass es nach wie vor konkurrierende Systeme gibt, obwohl es das Ziel gibt, die Berufsschulen selbstständig zu machen. Allerdings, lieber Kollege Hentschel, sind es nach wie vor auch Kreistage, die als Schulträger über Berufsfelder und die Ausstattung von Beruflichen Schulen Beschlüsse fassen.
Herr Kollege Klug, Sie haben gerade die großen Entfernungen, die zurückzulegen seien, als Teufel an die Wand gemalt. Ich habe es einmal nachvollzogen: An der Bundesstraße 76 gibt es alle 20 km einen Berufsschulstandort, und zwar Schleswig, Eckernförde, Kiel, Preetz, Plön, Eutin und Neustadt; auch in Richtung Lübeck ist es so.
An der B 5 sieht es nicht anders aus. Niebüll, Husum, Heide, Meldorf, Itzehoe, Elmshorn, Pinneberg, Norderstedt - alle liegen auf einer Achse. Von daher bestehen für die Auszubildenden heutzutage überhaupt keine Probleme, die Berufsschulstandorte zu erreichen.
Ich glaube, in diesen Zeiten sollte man etwas anders argumentieren und nicht über die Egoismen der einzelnen Schulträger nachdenken. Auch einzelne Schulen handeln immer so weit, wie es geht. Dann werden nämlich Klassen zusammengelegt und dann haben wir UMO-Klassen, die wir eigentlich als pädagogisch nicht sinnvoll erachten.
- Wir meinen die Unter-, Mittel- und Oberstufe in einer Klasse, um dann sozusagen noch den letzten Rest der Leute zu beschulen. Das kann auch nicht im Sinne unserer Wirtschaft sein.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nur zwei kurze Bemerkungen. - Herr Hentschel, Sie verwenden immer den Begriff einer autonomen Schule. Das wird es nie geben. Schulen sind nicht autonom. Sie sind eigenverantwortlich. Sie tragen ein hohes Maß an Selbstverantwortung für ihre eigene Verwaltung, für den Einsatz der ihnen zugewiesenen Mittel und des Personals. Sie sind aber nicht autonom, sondern als Anstalten des öffentlichen Rechts sozusagen Teil des Staates. Natürlich gibt es über Zielvereinbarungen eine Lenkungsfunktion und eine notwendige Verantwortung des Landes; das sollten wir hier einmal klarstellen.
Noch ein letztes Wort zur Frage, wie der Prozess, der jetzt abgelaufen ist, mit der Eigenständigkeit der RBZ zusammenpasst. Ich habe hier meiner Meinung nach deutlich genug gesagt - insofern ist es kein Widerspruch zu dem, was die Kollegen aus der SPD-Fraktion hier gesagt haben -, dass der Prozess, den wir jetzt zu Ende führen, der Auftrag ist, den wir bekommen haben, um ein Konzept zur Bildung von Fachklassen und Landesberufsschulen zu entwickeln. Diesen Prozess führen wir zu Ende.
Für die Zukunft gilt ein Verfahren, das den RBZ einen großen Teil der Verantwortung übergibt und in dem das Land eine Moderatorenrolle einnimmt; ich glaube, das ist unmissverständlich. Wir sind übrigens gern bereit, Ihnen im Bildungsausschuss das Konzept, das jetzt in die formale Anhörung gegeben worden ist, zur Verfügung zu stellen. Dies gilt selbstverständlich auch für das Konzept nach der Anhörung. Denn dann wird es sich möglicherweise noch einmal ändern.
(Holger Astrup [SPD]: Bitte keine Überfor- derung! - Dr. Heiner Garg [FDP]: Sie hat nichts vom Finanzausschuss gesagt!)
Ich danke der Frau Minister. - Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Es ist Abstimmung in der Sache gewünscht, sodass wir zunächst über den Änderungsantrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucksache 16/686, abstimmen. Wer zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenstimmen? - Enthaltungen kann es somit nicht geben. Dann ist dieser Antrag mit den Stimmen der Fraktionen von CDU und SPD gegen die Stimmen
Wir kommen zum FDP-Antrag. Wer dem Antrag der Fraktion der FDP, Drucksache 16/625, zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenprobe! - Enthaltungen kann es wiederum nicht geben. Dann ist dieser Antrag mit den Stimmen der Fraktionen von CDU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen von FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Gruppe des SSW abgelehnt worden.
- Laufen Sie mir bitte nicht weg, meine Damen und Herren. Wir haben noch einen - kurzen Tagesordnungspunkt zu behandeln, weil der Innenausschuss sonst nicht arbeiten kann.
Erste Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Landesbeamtengesetzes und des Landesrichtergesetzes
Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Eine Aussprache ist nicht vorgesehen. Ich schlage vor, den Gesetzentwurf Drucksache 16/655 an den Innen- und Rechtsausschuss zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das ist einstimmig so beschlossen.
Erste Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur tariflichen Entlohnung bei öffentlichen Aufträgen (Tariftreuege- setz)
Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Aussprache und erteile dem schon ungeduldig wartenden Herrn Abgeordneten Lars Harms das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Schon in den Jahren 2001 bis 2003 haben wir im Landtag auf Initiative des SSW erst ein Vergabegesetz und später darauf aufbauend ein Tariftreuegesetz debattiert und dieses letztlich beschlossen. Das derzeitige Tariftreuegesetz gilt für Bauleistungen, die Abfallwirtschaft und den SPNV. In der Zwischenzeit hat sich das Gesetz nicht nur bewährt, sondern es ist auch auf kommunaler Ebene breit akzeptiert und viele Kreise, Städte und Gemeinden haben inzwischen beschlossen, das Gesetz auch auf kommunaler Ebene anzuwenden. Dabei ist es egal, welche Mehrheiten auf kommunaler Ebene bestehen. In Nordfriesland und im Kreis Schleswig-Flensburg haben zum Beispiel Kreistage mit absoluter CDUMehrheit die Anwendung des Gesetzes einstimmig beschlossen. Auch auf städtischer und gemeindlicher Ebene gibt es Beschlüsse, die von allen Parteien hierzu getragen werden. Jede Partei, die hier im Landtag vertreten ist, hat auf kommunaler Ebene schon die Anwendung des Tariftreuegesetzes beschlossen.
Mit der Einforderung von Tariftreue soll der Wettbewerb nicht außer Kraft gesetzt werden, sondern er soll in vernünftige Bahnen gelenkt werden. Es ist Aufgabe der Politik, festzulegen, welches die Rahmenbedingungen sind, nach denen bei uns der Wettbewerb funktionieren soll. Wir haben die Diskussion hier schon zum Thema der EU-Dienstleistungsrichtlinie geführt und auch gemeinsam festgestellt, dass der ungezügelte Wettbewerb ohne vernünftige Rahmenbedingungen nicht akzeptabel ist. Nicht akzeptabel ist daher, dass wir uns in vielen Wirtschaftsbereichen auf den Weg hin zu einem ruinösen Lohndumping befinden, den die Unternehmen eigentlich nicht mitmachen wollen, den die Arbeitnehmer nicht mitmachen können und der Arbeitsplätze und Wohlstand in unserem Land vernichtet.
Die neuesten Entwicklungen im ÖPNV-Bereich sind hierfür ein Beispiel. Wenn ein Unternehmen gezwungen ist, rund 20 % unterhalb des eigentlichen Tariflohns anzubieten, um eine Ausschreibung gewinnen zu können, dann ist dies eine Entwicklung, die nicht zu akzeptieren ist. Hier ist das schnelle Handeln der Politik gefordert, damit hiesige Unternehmen überleben können und die Beschäftigten vernünftige Löhne erhalten. Deshalb ha
ben wir diesen Gesetzentwurf eingebracht, der vorsieht, diesen Missstand aufzuheben. Wir werden in den nächsten zwei Jahren Ausschreibungen in Stormarn, Lauenburg, Neumünster, Lübeck und an vielen anderen Stellen haben. Irgendwann laufen andere Verkehrsverträge wieder aus und das Spiel beginnt von vorn. Wir werden also immer wieder vor dem Problem stehen, den Wettbewerb in geordnete Bahnen lenken zu müssen. Deshalb müssen wir jetzt im Sinne der Beschäftigten im ÖPNV handeln.
In unserem Gesetzentwurf haben wir aber noch weitere Änderungen vorgenommen, die ich erläutern möchte. Dadurch, dass das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen seit September 2005 durch den neuen § 99 Abs. 6 zulässt, Bauleistungen als Teil von Dienstleistungen zu definieren, sofern sie den geringeren Anteil eines Gesamtauftrages ausmachen, ist der Umgehung des bisherigen Tariftreuegesetzes Tür und Tor geöffnet. Bauleistungen werden zu Dienstleistungen umdeklariert und somit braucht man formell nicht tariftreu auszuschreiben. Dieser Möglichkeit wollen wir einen Riegel vorschieben, denn wir haben sehr gute Erfahrungen mit der Tariftreue im Baubereich gemacht. Deshalb haben wir die Dienstleistungen in ihrer Gesamtheit in das Tariftreuegesetz mit aufgenommen. Dies geschieht aber nicht nur vor dem Hintergrund des eben beschriebenen Sachverhalts, sondern auch, weil man in weiten Teilen des Dienstleistungssektors die gleichen Probleme wie in anderen Wirtschaftszweigen hat. Im Gebäudereinigerhandwerk oder auch bei den Wach- und Sicherheitsdiensten hat man schon negative Erfahrungen gemacht. Jeder hier kann sicherlich weitere Branchen aufzählen, die ebenfalls betroffen sind. Deshalb müssen wir auch hier handeln.
Wir schlagen außerdem vor, dass die Tariftreue an den repräsentativen Tarifvertrag gebunden wird. Dies ist schon von vielen in den Anhörungen zum bestehenden Tariftreuegesetz angeregt worden. Wir sind immer noch der Meinung, dass der Tarifvertrag, der auf die meisten Beschäftigten in einer Branche angewandt wird, die richtige Grundlage ist. Im konkreten Fall aus dem ÖPNV-Bereich im Kreis Stormarn könnte man sonst in Zukunft auf den Gedanken kommen, dass der jetzt neu geltende, wesentlich niedrigere Tarif der vor Ort in Stormarn gültige Tarif sein könnte. Dieser Möglichkeit wollen wir gleich einen Riegel vorschieben. Der vor Ort in Schleswig-Holstein gültige Tarif soll der meist angewendete Tarif sein. Das würde auch die Tarifautonomie der Arbeitgeber und der Gewerkschaften nachhaltig stärken, was unser aller Ziel sein sollte.
Zu guter Letzt wollen wir natürlich aufgrund der guten Erfahrungen, die wir jetzt schon mit dem Gesetz gemacht haben, die zeitliche Begrenzung des Gesetzes aufheben. Die zeitliche Begrenzung wurde seinerzeit vor dem Hintergrund eingebaut, die Wirkungsweise des Gesetzes überprüfen zu können. Was wir feststellen können ist, das Gesetz wirkt und es gibt keine Klagen darüber, dass Tariftreue die Aufträge verteuert. Das Gesetz ist bei Unternehmen, Gewerkschaften und Kommunen gleichermaßen anerkannt. Deshalb ist es nur eine logische Schlussfolgerung, das Gesetz noch zu verbessern und den Menschen hierdurch bei ihren konkreten Problemen zu helfen. Hierzu fordern wir alle in diesem hohen Hause auf.
Bevor wir weiter diskutieren, möchte ich auf der Besuchertribüne sehr herzlich Mitglieder der Seniorenunion Süderbrarup begrüßen. - Seien Sie uns sehr herzlich willkommen!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Auch für den Bus-ÖPNV gilt, wir wollen Arbeitsplätze in Schleswig-Holstein erhalten, die Qualität verbessern und die Wettbewerbsfähigkeit steigern. Ob allerdings Markteingriffe dafür der richtige Weg sind, sollten wir sorgfältig diskutieren. Die ÖPNV-Ausschreibung im Kreis Stormarn hat jedenfalls erwartungsgemäß die so genannten pawlowschen Reflexe zur Folge gehabt: BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SSW rufen einvernehmlich nach einer Erweiterung des Tariftreuegesetzes. Schleswig-Holstein allerdings ist keine wettbewerbsfreie Insel und neben den grundsätzlichen Bedenken der CDU gegen das Tariftreuegesetz gibt es eine Reihe konkreter rechtlicher Fragestellungen, die wir in diesem Zusammenhang ausführlicher diskutieren müssen.
Immerhin ist im Jahre 2003 der Bus-ÖPNV von der damaligen Landesregierung und den sie tragenden Fraktionen bewusst aus dem Geltungsbereich des Tariftreuegesetzes herausgenommen worden. Die Einbeziehung des Bus-ÖPNV in das Tariftreuegesetz wäre - das hat die damalige Anhörung im Wirtschaftsausschuss gezeigt - eine Rechnung zula
sten Dritter, nämlich der Kommunen und Kreise, die den öffentlichen Personennahverkehr bestellen und bezahlen. Wenn diese als Aufgabenträger des Bus-ÖPNV, wie vom SSW jetzt vorgesehen, gesetzlich verpflichtet werden sollen, kämen auf sie erhebliche Kostensteigerungen zu. Bei der damaligen Anhörung war von Mehrkosten in Höhe von 15 % die Rede. Da nun aber die Kommunen wirklich nicht über diesen Spielraum verfügen, diese Mehrkosten zu verkraften, wären Kostensteigerungen für die Nutzer des ÖPNV sicherlich die Folge. Würden sich Kreise und Kommunen darüber hinaus auf das Konnexitätsprinzip berufen, müsste das Land für diese Mehrkosten aufkommen. Wie diese Finanzierungsströme bewältigt werden sollen, müssten dann die Antragstellern bitte noch einmal erläutern.