Ich danke Herrn Abgeordneten Feddersen. - Das Wort für die SPD-Fraktion hat Frau Abgeordnete Regina Poersch.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! An den Beginn meines Beitrags möchte ich ein Lob für die Initiative der Landesregierung und der Landesplanungsbehörde stellen, mit dem vorliegenden Raumordnungsbericht Küste und Meer erstmals Nutzungen, Konflikte, Chancen und Handlungsbedarfe in einer Vorlage darzustellen. Diesen integrativen Ansatz begrüße ich außerordentlich.
Der Bericht enthält umfassendes Datenmaterial, das zur Entscheidungsvorbereitung auf allen politischen Handlungsebenen sehr hilfreich ist. Ein Beispiel: Auf einen Blick ist ablesbar, wo die seeseitigen NATURA-2000-Flächen liegen. Da Bilder in aller Regel mehr sagen als tausend Worte, trägt dies vielleicht auch zur Versachlichung der Diskussion bei. Erstmals werden die unterschiedlichsten Nutzungen in den Bereichen Festland, Küstenmeer und AWZ nicht nur aufgelistet, sondern - und das ist das Besondere an diesem Bericht - auch in einen Zusammenhang gebracht, sodass wir Synergien, aber auch Konflikte erkennen können. Die rechtlichen Grundlagen, die nun einmal dazugehören, liefert der Bericht gleich mit.
Die Nutzungen reichen von A wie Aquakultur bis V wie Verteidigung und es erscheint mir unmöglich, in diesen fünf Minuten zu jedem der beschriebenen 14 Raumansprüche Stellung zu beziehen. Deshalb möchte ich heute nur zwei herausgreifen und vertraue auf die umfassende weitere Beratung in den Ausschüssen.
Für den Tourismus ist die Lage Schleswig-Holsteins zwischen Nord- und Ostsee von entscheidender Bedeutung. Die Lage zwischen den Meeren hat nur Schleswig-Holstein, das ist unser Alleinstellungsmerkmal. Die Tourismuswirtschaft gilt es zu fördern, immerhin hängen rund 130.000 Arbeitsplätze von ihr ab. Aber trotz allen Bestrebens nach sanftem und naturnahem Tourismus kommt es auch hier unweigerlich zu Nutzungskonflikten. Sie zu lösen, werden wir uns bei der Fortschreibung des Landesraumordnungsplanes zur Aufgabe machen müssen.
Der vorliegende Bericht führt uns jedoch bereits deutlich vor Augen, dass auch die Tourismuswirtschaft nicht grenzenlos Natur benutzen und verbrauchen kann und dies in ihrem eigenen Interesse auch nicht tun sollte. Unsere vergleichsweise intak
Es freut mich auch zu lesen, dass Untersuchungen einen negativen Einfluss von Windenergieanlagen egal ob onshore oder offshore - auf den Tourismus nicht bestätigen konnten.
Der Bericht zeigt Handlungsbedarfe auf, vor allem in der ausschließlichen Wirtschaftzone, der AWZ. Dort liegt zukünftig der Schwerpunkt der OffshoreWindenergienutzung. Die Konfliktpotenziale werden im Bericht ausführlich dargestellt. So machen die Seekabel zur Ableitung des Stroms von Offshore-Anlagen ein raumordnerisches Eingreifen erforderlich. Wenn diese Offshore-Windanlagen auch in der AWZ liegen und damit in die Zuständigkeit des Bundes fallen, so ist es doch richtig, dass die Landesregierung hier einen eigenen Handlungsbedarf erkennt und sich einmischt. Eine Anmerkung möchte ich mir an dieser Stelle schon einmal nicht verkneifen, denn von der Wasserkante an muss es mit dem Stromkabel auch weitergehen. Hier gilt für meine Fraktion: Erdverkabelung vor Freileitung!
Für die Landesplanung selbst, für uns - und da sind wir Koalitionsparteien angesprochen - und für die Fortschreibung des Landesraumordnungsplans enthält der Bericht konkrete Ansätze, zum Beispiel sollen Ziele und Grundsätze für das Neben- und Miteinander der Nutzungen im Meeresbereich formuliert werden.
Aber auch den Kommunen kann ich nur den Tipp geben, sich mit Hilfe des Raumordnungsplans über die raumbedeutsamen Vorhaben rund um Küste und Meer im Land und die raumordnerischen Schwerpunkte des Landes zu informieren.
Auf Visionen verwendet der Bericht einen kleinen abschließenden Absatz. Visionen für die nachhaltige Entwicklung unserer Küste zu entwickeln, ist unsere Aufgabe hier im Parlament. Der vorliegende Raumordnungsbericht gibt uns dafür hervorragendes Rüstzeug mit auf den Weg.
Ich danke Frau Abgeordneter Poersch. - Wenn das Parlament insgesamt ein bisschen ruhiger wäre, hätten es die Redner leichter.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Berichte über die Raumordnung sind regelmäßig eher nüchterne Angelegenheiten. Dabei handelt es sich im Kern um ein spannendes Thema, denn Raumordnung ist ein sehr machtvolles Werkzeug. Sie soll die raumbedeutsamen Aktivitäten des Staates bezüglich Bautätigkeit, Gewerbe, Industrie, Energie, Verteidigung, Umwelt, Erholung und so weiter zu einem widerspruchsfreien Konzept zusammenfügen. Raumordnung ist also als planmäßige Ordnung und Entwicklung des Raumes zu verstehen. Planmäßig bedeutet dabei, dass auf rationaler Basis zielgerichtet und zukunftsbezogen Entscheidungen vorbereitet und Prämissen für künftige Raumnutzung festgelegt werden sollen. Raumordnung betrifft also so ziemlich alle Bereiche, die mit der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung einer Gesellschaft sowie der Sicherung des Naturhaushaltes und der Rohstoffe zu tun haben.
Schleswig-Holstein ist ein maritimes Land, das Land zwischen den Meeren. Die künftige Nutzung dieser Räume für die Rohstoffgewinnung, die Fischerei, den Tourismus, die maritime Technologie und die Offshore-Windkraft ist von großem Interesse für das Land.
Der Raumordnungsbericht Küste und Meer betrifft im Inhalt aber auch ein Viertel der schleswig-holsteinischen Bevölkerung. Etwa 710.000 Menschen leben in dem von dem Bericht behandelten Bereich. Wer also in der Raumordnung die falschen Weichen stellt, erntet später die entsprechenden Ergebnisse mit den entsprechenden Folgen für die Menschen.
Einer der Kernpunkte ist die Weiterentwicklung der Hafenwirtschaft. Wie dem Bericht zu entnehmen ist, sind heutzutage 40.000 Menschen in SchleswigHolstein in den hafenabhängigen Betrieben beschäftigt. Rund 25 % der deutschen Reeder haben ihren Sitz in Schleswig-Holstein. Dabei haben unsere Häfen einen zunehmend wichtigen touristischen Charakter, wenn beispielsweise die Entwicklung des Kreuzfahrtverkehrs in Kiel herangezogen wird. So gingen im Jahr 2005 circa 100.000 Passagiere allein in Kiel an und von Bord von Kreuzfahrtschiffen.
Dennoch dürfen wir Chancen nicht verspielen, wenn es um die industrielle Nutzung der Hafenweiterentwicklung geht. Dabei kommen wir am Thema Husumer Hafen nicht vorbei. Wer wie die Landesregierung auf der einen Seite im Bericht auf die Bedeutung der Hafenwirtschaft in unserem Land zu Recht hinweist, muss sich fragen lassen, warum er Ausbaupläne wie die des Husumer Hafens behindert,
indem die bereits zugesagten Finanzhilfen gekürzt werden. Das hat dann natürlich auch Auswirkungen auf den Offshore-Windkraftstandort Husum und damit auf Schleswig-Holstein insgesamt.
Diese Problematik ist aber im Bericht nicht dargestellt. Es wird zwar die Bedeutung der OffshoreWindkraft ausführlich dargestellt, ebenso auf die Nutzungskonflikte der Offshore-Windkraft mit dem Naturschutz - Stichwort: Vogelzug - und mit der Schifffahrt - Stichwort: Havarien - hingewiesen; wenn wir aber nicht optimale Möglichkeiten in unseren Häfen vorhalten, brauchen wir uns über die daraus entstehenden möglichen Nutzungskonflikte nicht mehr zu unterhalten.
Eine weitere wichtige Nutzung der Küstenbereiche ist neben der Fischerei die Rohstoffgewinnung. Wir haben uns als FDP immer zur Ölförderung auf der Mittelplate bekannt. Wir werden auch die weitere Suche nach Kohlenwasserstoffvorkommen in der Nordsee befürworten. Hier hat die Raumordnung die zweifellos bestehenden Konflikte mit dem Naturschutz aufzuzeigen und eine Ausweitung der Öl- und Gasförderung unter Einhaltung möglichst weitgehender Umweltstandards zu ermöglichen.
Insgesamt gibt der Bericht Einblick in den Sachstand und die Probleme und Nutzungskonflikte bei der Weiterentwicklung der Planungsräume an und in der Nord- und Ostsee. Leider kommen der künftige Handlungsbedarf und die Absichten der Landesregierung in diesem Bericht viel zu kurz. So wird beispielsweise zwar das Problem angesprochen, das mit der Planung der Erdkabel bei der Vernetzung der künftigen Offshore-Anlagen einhergeht, aber wie die Landesregierung dieses Problem lösen will, geht aus dem Bericht leider nicht hervor.
Ich danke dem Herrn Abgeordneten Hildebrand. Das Wort für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat der Herr Abgeordnete Karl-Martin Hentschel.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich verzichte darauf, noch einmal zu erzählen, was in dem Bericht steht. Ich gehe davon aus, dass alle ihn gründlich gelesen haben.
Ich bedanke mich für den außerordentlich guten Überblick. Der Bericht ist sehr schön zu lesen. Er ist sehr übersichtlich. Ich finde ihn auch sehr interessant. Ich habe auch eine hohe Meinung von der Abteilung, die ihn erarbeitet hat.
Der erste ist die Schiffssicherheit. Wir müssen das Thema Schiffssicherheit unbedingt in den Griff kriegen. Das gilt insbesondere für die Ostsee. Die dichten Schifffahrtsrouten auf der Ostsee sind ein Problem; das wissen wir alle. Wir müssen es schaffen, dass wir zumindest in der westlichen Ostsee die Lotsenpflicht einführen können, damit wir nicht das Risiko laufen, dass es in diesem sensiblen Bereich - es handelt sich um die Kadettrinne - zu großen Schiffsunfällen kommt.
Zweitens geht es sowohl um die Entsorgung von Abfällen als auch um die Altölproblematik. In diesen Bereichen ist schon eine Menge passiert. Aber wir müssen zu weiteren Regelungen kommen, damit die Sicherheit der Meere und vor allem die Unversehrtheit der Küsten gewährleistet werden.
Der dritte Punkt ist ganz aktuell. Herr Hildebrand hat ihn schon angesprochen. Das ist die OffshoreNutzung. Natürlich haben wir im Offshore-Bereich Nutzungskonflikte en masse. Jeder, der die Karten ansieht, erkennt das. Der Konflikt reicht vom Militär bis zur Schifffahrt, vom Naturschutz bis hin zur Windenergie. Ich glaube, die Konflikte sind lösbar. Ich glaube auch, dass es unsere und die Aufgabe der Landesplanung ist, diese Planungen zügig voranzutreiben, damit wir die riesigen Chancen nutzen können.
Einer der Kernpunkte - das ist der nächste Punkt ist natürlich die Frage der Kabel. Die Anbindung der zukünftigen Windparks durch entsprechende Kabel an das Land ist bis heute nicht gelöst. Das ist eines der Probleme, an denen wir dringend arbeiten müssen, um eine Lösung zu finden. Ich plädiere wie in der Vergangenheit dafür, dass wir zu einer
Wir müssen es auch möglichst schnell schaffen, mit E.on - notfalls durch Einschaltung der Bundesregierung - dahin zu kommen, dass sich diese Firma bereit erklärt, Erdkabel zu legen. Sonst wird das auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben. Wir werden dann so viele Klagen bekommen, dass wir uns nicht mehr retten können. Wir kennen das schon aus der Vergangenheit. Das Ergebnis würde sein, dass wir in Schleswig-Holstein immer mehr Windenergie haben - wir haben ja schon heute viel davon -, aber immer weniger an das Netz kommt. Schon heute werden bei guten Windverhältnissen 20 % der Windanlagen ausgeschaltet. Was wir da machen, ist an sich eine Sünde. Es muss unbedingt etwas dagegen getan werden.
Dann komme ich zur Aquakultur. Den wenigsten ist bewusst, dass weltweit bereits die Hälfte aller Meeres- und Wasserprodukte, also Produkte aus Seen und Flüssen, aus Aquakulturen stammt. Die Aquakulturen sind zum Teil recht ökologisch. Das betrifft aber nur den geringeren Teil. Ein großer Teil ist hoch belastend. Wir kennen die Lachszucht in den norwegischen Fjorden, die dort große Probleme aufwirft.
Wir kennen auch die Aquakulturen in Südostasien. Wir kennen jahrtausendealte, umweltangepasste Aquakulturen mit entsprechenden Erfahrungen in China, wo der größte Teil der Aquakulturen weltweit stattfindet. Dort werden in jahrtausendealter Tradition Aquakulturen betrieben, die durchaus umweltverträglich sind.
Wir können in diesem Bereich unheimlich viel tun. Ich gehe davon aus, dass die Nutzung von Nahrungsmitteln aus dem Meer zunimmt. In einer Vision, bezogen auf 100 Jahre später, glaube ich, dass wir, wie wir heute kaum noch jagen, sondern Landwirtschaft, Ackerbau und Viehzucht betreiben, wahrscheinlich nicht mehr überwiegend fischen werden, sondern überwiegend Nahrungsmittel aus dem Meer in Aquakulturen gewinnen. Das bedeutet aber, dass wir unbedingt die damit verbundenen ökologischen Probleme lösen müssen. Dafür gibt es gute Ansätze, zum Beispiel in der Anlage in Büsum. Es wird eine Aufgabe Schleswig-Holsteins sein, solche Anlagen zu unterstützen.
Ich komme zum Schluss. Das Thema Meer macht mich natürlich ein bisschen wehmütig. Es war eines der zentralen Themen, die die letzte Landesregierung aufgegriffen hatte. Ich freue mich - das sage ich ganz deutlich und ehrlich -, dass die neue Lan
desregierung diese Politik fortsetzt. Der vorliegende Bericht zeugt von einer engagierten Fortsetzung. Ich wünsche deshalb der Landesregierung erfolgreiches Schwimmen im Meer. Ob sie dabei untergeht, darüber will ich mich nicht äußern.
Ich danke dem Herrn Abgeordneten Hentschel. Das Wort für den SSW im Landtag hat Herr Abgeordneter Lars Harms.