Protokoll der Sitzung vom 23.03.2006

wurde. Zum Beispiel die TASH. Ich möchte die Gelegenheit nutzen, dem Geschäftsführer der Tourismusagentur, Armin Dellnitz, stellvertretend für alle beteiligten Akteure für das bisher Geleistete zu danken.

(Beifall)

Wir sind gemeinsam auf einem guten Weg, das Kirchturmdenken von gestern zu überwinden und die „Marke Schleswig-Holstein“ an den Gast zu bringen. Der Erfolg gibt der TASH Recht. Seit ihrer Gründung im Jahr 2001 sind die Gästezahlen um 6,5 % gestiegen. Es ist heute morgen angesprochen worden: Wer den selbstbewussten Auftritt Schleswig-Holsteins auf der ITB gesehen hat, wer vor dem riesigen, 25 mal 10 m großen „Roten Kliff“ in der Sylter Abendsonne gestanden hat, der weiß, was ich meine. Es ist mit einem einzigen Bild und nicht mit 15 kleinen Bildern gelungen, Lust auf Urlaub in Schleswig-Holstein zu machen. Das sage ich ausdrücklich auch als Ostholsteinerin.

(Beifall)

Zu nennen ist aber auch das Modernisierungsprogramm, der Nachfolger der Investitionsoffensive von 2004. Ich begrüße es, dass erstmals auch eine Kumulation von Fördermitteln aus verschiedenen Fördertöpfen möglich ist und auf diese Weise eine Förderquote von bis zu 40 % möglich wird. Die Rolle der Banken wird in dem Bericht am Rande erwähnt; ich will darauf nicht weiter eingehen, aber wir werden uns sicherlich Gedanken machen müssen.

Ein paar Worte zum Auftrag an den Unternehmensberater Roland Berger. Der schleswig-holsteinische Tourismus soll laut Bericht mit einer „schonungslosen Analyse auf den Prüfstand“. Das sind doch recht markige Worte. Ich hoffe, Herr Minister, dass hier kein Porzellan zerschlagen wird; denn gerade auf der Leistungsebene tut sich bereits einiges. Nehmen wir nur das Abschneiden der schleswigholsteinischen Tourismusanbieter beim so genannten Mystery-Check der IRS CONSULT und ElviaVersicherung. Auf verdeckte E-Mail-Anfragen reagierten die getesteten schleswig-holsteinischen Orte kompetent, freundlich und serviceorientiert.

(Beifall)

Unsere Orte und Einrichtungen belegen durchweg vordere Plätze und das nicht zum ersten Mal.

Es gibt seit neuestem den Service-Ratgeber für die Betriebe, viel gelobt auf der ITB, mit Checklisten für Gastgeber und ganz konkreten Ideen, die dem Betrieb nicht viel Geld kosten. Da ist das Zertifizierungsmodell „Servicequalität“ für touristische Be

triebe, das zurzeit geprüft wird. Außerdem ist die flächendeckende Klassifizierung ein lohnendes Ziel. Unsere Gäste haben immer mehr Urlaubserfahrung. Sie wollen wissen, was sie für ihr Geld erwartet, und sie können das “Sterne-System“ gut handhaben. Andere Gütesiegel wie „Familienfreundlichkeit“ oder “Rolli plus“ helfen unserem Gast ebenfalls weiter.

Bei der Neuausrichtung des Tourismus durch die Neuansiedlung von Hotels mit höherem Standard besteht sicherlich noch Nachholbedarf, wenn nur 26 % der schleswig-holsteinischen Hotels vier oder fünf Sterne aufweisen. Wir dürfen aber nicht nur die „Luxus-Gäste“ ansprechen, sondern wir müssen ein Urlaubsland für alle Gäste sein.

(Beifall)

Damit meine ich in erster Linie die Familien. Angebote sind bereits vorhanden, wir müssen sie aber den veränderten Ansprüchen anpassen, wenn beispielsweise zukünftig die Großeltern mit ihren Enkeln Urlaub machen möchten. Ein weiterer Aspekt sind Reiseangebote für Kinder und Jugendliche. Das hat auch der Kinder- und Jugendaktionsplan erkannt, und der Landesjugendring veranstaltet im Mai einen Jugendtourismustag.

Als weitere Zielgruppe entdecken wir immer mehr die Generation „Silver Age“. Weit entfernt von Seniorenteller und Kaffeefahrt wollen die Gäste über 50 ihren Urlaub aktiv gestalten und etwas erleben. Und sie geben dafür richtig Geld aus. Die aktuelle Kampagne „Lebenstraum“ der Marketing-Kooperative der Städte greift dieses auf und schafft Angebote, sich im Urlaub auch einmal einen Lebenstraum zu erfüllen, wie zum Beispiel Harley-Davidson-Fahren.

Für die Themen Mobilität und barrierefreies Reisen gilt: Was wir hier für unsere Gäste tun, kommt auch den Menschen in Schleswig-Holstein zugute. Da haben wir viel erreicht; wir dürfen uns aber nicht ausruhen.

Abschließend darf auch ich mich beim Wirtschaftsminister und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für den umfangreichen und detaillierten Bericht bedanken. Er ist eine hervorragende Grundlage für die Beratung. Ich beantrage die Überweisung des Berichtes an den Wirtschaftsausschuss und bedanke mich herzlich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Lebhafter Beifall)

Ich danke der Kollegin Poersch für den überzeugenden und gelungenen Einstand.

(Regina Poersch)

Auf der Tribüne darf ich nunmehr Schülerinnen und Schüler des Thor-Heyerdal-Gymnasiums in Kiel mit ihren Lehrerinnen und Lehrern begrüßen. Herzlich willkommen!

(Beifall)

Für die Fraktion der FDP erteile ich Herrn Abgeordneten Dr. Heiner Garg das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Frau stellvertretende Ministerpräsidentin, Sie haben Recht: Das wird jetzt schwer. Liebe Frau Kollegin Poersch, ich möchte mich ganz herzlich bei Ihnen bedanken; denn Sie haben der Debatte das gegeben, was dem Thema angemessen ist, Sie haben es nämlich mit Emotion und Leidenschaft gefüllt und genau darum geht es beim Tourismus.

(Heiterkeit)

- Ernsthaft, liebe Kolleginnen und Kollegen, schauen Sie doch einmal hinaus: Das ist Schleswig-Holstein bei tollem Wetter. Darauf Lust zu machen, darum geht es doch, und zwar nicht nur in dem Sinne, dass wir Lust bekommen, aus dem Plenarsaal herauszugehen, sondern dass wir auch Lust bekommen, draußen als Botschafter für unser Land tätig zu sein. Denn es lohnt sich wirklich, hier Urlaub zu machen. Sie haben Lust darauf gemacht, und das hat mir ausgesprochen gut gefallen.

(Beifall)

Schleswig-Holstein ist eben nicht nur Urlaub für ein paar gut Betuchte auf Sylt, sondern SchleswigHolstein, das bedeutet, mit zwei richtig großen Tüten Marzipan aus Lübeck zurückzukommen,

(Zurufe)

- Ja, das mache ich gern. - Schleswig-Holstein, das ist beispielsweise einen Tag in der Marina in Neustadt in Holstein zu verbringen. Das ist bei schönem Wetter wunderbar. Schleswig-Holstein ist auch, dass ich meinen Eltern gerade zwei Wochen Urlaub auf Fehmarn besorgt habe, die dort hinfahren, weil meine Mutter immer leuchtende Augen bekommt, wenn der Raps blüht, und dann soll sie das auch so erleben. Das ist Schleswig-Holstein und das zu transportieren, ist unser aller Aufgabe.

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, die Menschen haben ihr Reiseverhalten verändert.

(Unruhe)

Liebe Kollegen, auch eine emotionale und eine so gut gefärbte Debatte verträgt ein bisschen Ruhe.

(Heiterkeit - Zuruf von der CDU)

Herr Präsident, das „blau-gelb“ bezog sich in dem Falle nicht auf die Wahlplakate der FDP zu Wahlkampfzeiten, sondern ausschließlich auf den Raps und den Horizont.

Die Menschen haben ihr Reiseverhalten verändert. Sie verreisen öfter, sie verreisen kürzer, sie übernachten auch weniger. Deswegen kommt es zu den bereits zitierten Zahlen. Mit diesen Zahlen will ich mich gar nicht aufhalten. Ich denke, wir werden im Ausschuss noch genügend Gelegenheit haben, über vieles, was hier gesagt wurde, zu sprechen. Zwei Dinge sind mir dabei wichtig.

Herr Minister, mir sind zwei Sachen wichtig, über die ich im Ausschuss gern intensiv reden möchte. Erstens. Sie haben die Schwerpunktbildung angekündigt. Wenn man tourismuspolitische Schwerpunkte bildet, heißt das für mich immer, dass man sich in bestimmte Dinge besonders hineinkniet, dass man sich insoweit besonders anstrengt. Ich halte 19 Schwerpunkte für etwas unübersichtlich. Ich denke, die Reduktion auf zwei oder drei Schwerpunkte, die das Land leisten kann - die nicht die Anbieter im Tourismus, sondern die das Land leisten können -, ist sinnvoller, als einen ganzen Katalog von Schwerpunkten aufzuzählen, bei denen es dann eher zu Enttäuschungen kommt. Ich finde, darüber sollten wir noch einmal intensiv reden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich finde auch zweitens -, wir sollten noch einmal darüber nachdenken, ob die Beauftragung von Roland Berger wirklich notwendig ist. Es mag ja sein, dass eine Mehrheit im Wirtschaftsausschuss sagt: Ja, brauchen wir. Ich bin skeptisch, ob wir das wirklich brauchen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn wir zu dieser Beauftragung kommen sollten, dann haben Sie, liebe Frau Poersch, meine volle Unterstützung, dass wir kein Porzellan zerschlagen. Das, was in den letzten Jahren mühevoll aufgebaut wurde, soll gefördert werden, aber es soll nicht abgeschreckt werden.

Frau Kollegin Poersch, ich bedanke mich noch einmal bei Ihnen für Ihren Beitrag, freue mich auf die Auseinandersetzung im Wirtschaftsausschuss und

(Präsident Martin Kayenburg)

lege Wert darauf, dass diese beiden Punkte dort intensiv diskutiert werden.

Ich brauche Sie nicht alle in meinem Urlaub in Schleswig-Holstein zu treffen; aber über die eine oder den anderen freue ich mich auch, wenn ich sie im Urlaub sehe.

(Beifall)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich dem Herrn Abgeordneten Klaus Müller das Wort.

Liebe Frau Poersch, lieber Heiner Garg, der großen Euphorie will ich mich gern anschließen. Trotzdem muss man - denke ich -, den Bericht auch mit ein wenig Ruhe lesen und auswerten. Denn bei aller Schönheit von Urlaub geht es ja auch um nackte Zahlen und über diese soll hier auch nicht geschwiegen werden.

Wir wohnen da, wo andere Urlaub machen. Mit diesem Slogan werben viele Schleswig-Holsteiner bei ihren Gästen, Freunden und Verwandten, doch einmal zu uns in den Norden zu kommen. Das tun sie in der Tat zu Recht. Wir wissen aber auch: Das ist beileibe kein Selbstgänger, sondern Gäste müssen immer wieder neu umworben werden, nicht nur durch leidenschaftliche Reden im Landtag, sondern auch durch das Handeln.

Wir wissen alle um die Herausforderungen, die die sinkenden Übernachtungszahlen im Jahre 2005 gebracht haben, zumindest, wenn man das BoomJahr 1992 zum Vergleich heranzieht. Es gibt aber auch andere Seiten. Es gibt positive Tendenzen. Die Zahl unserer Gäste ist insbesondere im Bereich des Städtetourismus gestiegen. Der Städtetourismus ist nach Aussage der IHK zu Kiel der wichtigste Wachstumsbereich im Tourismus in SchleswigHolstein. In den letzten fünf Jahren gingen die Übernachtungszahlen zwar landesweit um 3,1 % zurück, im Städtetourismus stiegen sie aber um über 8 %.

Die gleiche Tendenz ist im Bereich der Tagesreisen zu verzeichnen. Nach den Zahlen der Marketingkooperation Städte in Schleswig-Holstein gab es 2004 für das Tourismusziel Lübeck immerhin 13 Millionen Tagesausflüge und 2,3 Millionen Tagesgeschäftsreisen. Insgesamt waren also über 15 Millionen Menschen auf Tagesreise in Lübeck. Für Kiel sehen die Zahlen noch etwas besser aus.

Insgesamt kommen wir hier auf über 16 Millionen Tagesreisen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist ein enormes Potenzial an Gästen, die zu einer oder zwei Übernachtungen animiert und vielleicht manchmal auch verführt werden wollen. Der Bereich des Städtetourismus kommt meines Erachtens im Bericht der Landesregierung etwas zu kurz.