Darüber hinaus ist der Berichtsantrag von den Grünen seinerzeit eher mit dem Ziel gestellt worden so habe ich ihn wenigstens gedeutet -, dass sich bei der Umsetzung des Kabinettsbeschlusses der damaligen rot-grünen Landesregierung zum Gender Mainstreaming im Bereich der Landesverwaltung nichts ändert. Nun beinhalten die Begriffe „Verwaltungsmodernisierung“ und „Entbürokratisierung“ unter anderem eine gewisse Reformfreudigkeit und Veränderung sowie den Abbau von Gesetzen, Vorschriften und Verwaltung. Daher ist es schon etwas merkwürdig, einen Berichtsantrag unter diesem Titel zu stellen mit dem Ziel, den Status quo zu erhalten.
Bevor ich aber zum übersichtlichen Inhalt des Berichts komme, möchte ich noch einmal kurz etwas Grundsätzliches zum Gender Mainstreaming sagen, weil dies oftmals mit Gleichstellung von Mann und Frau verwechselt wird, wie ich soeben wiederum erfahren musste.
Der Ansatz des Gender Mainstreaming enthält die Maßgabe, geschlechtsspezifische Angebote so zuzuschneiden, dass beide Geschlechter - unabhängig voneinander - davon profitieren. Dabei soll eben nicht die formale Gleichstellung von Frau und Mann das Ziel sein, sondern die Herstellung tatsächlicher Chancengleichheit. Es setzt also an den Unterschieden zwischen den Geschlechtern an, die es nun einmal gibt. Das wird oftmals verwechselt. Dabei dürfen aus unserer Sicht auch das Alter, die Lebensumstände und der gesellschaftliche Hintergrund nicht vernachlässigt werden.
Aber nun zum Bericht! Er führt, ohne konkret zu werden, aus, dass sich quasi nichts ändern wird. Die Landesregierung bekräftigt vielmehr, den Kabinettsbeschluss aus dem Jahr 2002 fortzuführen.
Die Landesregierung erläutert weiter im Bericht, dass die in den Ressorts eingerichteten Arbeitsgruppen zur Aufgabenkritik die wesentlichen Aspekte des Gender Mainstreaming angemessen berücksichtigt haben. An diesen Arbeitsgruppen seien unter anderem die Gleichstellungsbeauftragten beteiligt gewesen. Bei der Erarbeitung von Vorschlägen zum Aufgabenverzicht, zur Aufgabenverlagerung auf die kommunale Ebene oder auf sonstige Dritte sowie zur Prozessoptimierung hätten sich keine besonderen Auswirkungen auf die Verwirklichung der Geschlechtergerechtigkeit ergeben.
Der Abschlussbericht der Projektgruppe von Staatssekretär Schlie enthält dann auch nur einen Hinweis auf das Gender Mainstreaming. Im Bildungsministerium findet man unter der Rubrik „Unverändert wahrgenommene Aufgaben“ die Umsetzung des Gender Mainstreaming im Bereich der Landesregierung. Dazu, inwieweit es konkrete Projekte der Landesregierung gibt, die im Bereich der Landesregierung weiterentwickelt wurden oder aus denen Erkenntnisse für die weitere Handlungsweise für die Landesverwaltung gezogen werden können, sagt der Bericht nichts aus. Das ist oftmals so, wenn diese sich anscheinend selbst genügende Landesregierung konkret werden soll.
So wie dieser Bericht abgefasst ist, dient er aus unserer Sicht nicht als ernsthafte und sinnvolle weitere Beratungsgrundlage im Ausschuss. Es ist bedauerlich, dass die Landesregierung anscheinend auch das Parlament in seine Entbürokratisierungsbestrebungen einbezieht und eine sinnvolle und inhaltlich wertvolle Information nicht mehr stattfindet.
Dieser Bericht sollte heute von uns abschließend zur Kenntnis genommen und eben nicht an den Ausschuss überwiesen werden.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will jetzt nicht auf die Redebeiträge eingehen, sondern möchte zur Versachlichung des Themas beitragen. Darum sage ich: Es ist müßig, sich mit der Frage zu befassen, was gewesen wäre, wenn der vorliegende Bericht gründlicher, tief greifender und konkreter gewesen wäre, wenn er ganz einfach mehr Perspektiven hinsichtlich der Umsetzung von Gender-Grundsätzen aufgezeigt hätte. Aber so, liebe Kolleginnen und Kollegen, sieht die politische Wirklichkeit momentan nicht aus. Daher werde ich
Zum einen bekräftigt die Landesregierung, dass sie die Umsetzung des Gender Mainstreaming fortführen wird; zum anderen wird ausdrücklich gesagt, dass dies auch für die beschlossene Aufgabenanalyse und Aufgabenkritik gelten soll. - So weit, so gut. Dass sich die Landesregierung dabei auf einen Bericht zur Umsetzung des Gender-MainsteamingProzesses beruft, der im Januar 2004 im Landtag debattiert wurde, zeigt andererseits, wie oberflächlich die Zusage der Landesregierung letztlich ist, denn der genannte Gender-Bericht stellt überzeugend dar, dass es noch viele „offene Baustellen“ in diesem Bereich gibt. - Genau darauf geht das federführende Finanzministerium überhaupt nicht ein. Dass die öffentliche Verwaltung dabei mit gutem Beispiel vorangehen müsste, füge ich nur am Rande hinzu; denn es gab und gibt immer noch eine Menge zu tun. Es geht um Ziele, die sich leider nur langfristig erreichen lassen.
Ich bringe noch ein Beispiel: Außenstehende mag es überraschen, dass all dies so langfristig laufen wird, denn die Landesverwaltung untersteht dem direkten Einfluss der Landesregierung. Beispielsweise müsste es doch ein Leichtes sein, die Anzahl der Frauen in Führungspositionen anzuheben, könnte man behaupten. Aus dem damaligen Bericht ging jedoch hervor, dass das öffentliche Dienstrecht die gewachsenen Personalstrukturen viel zu oft in Beton gießt. Es wäre ein Fehlschluss zu glauben, dass die Frauen selbst kein Interesse an der Ausübung bestimmter Positionen hätten.
Des Weiteren geht aus dem Bericht hervor, dass viele Frauen aufgrund der gesellschaftlichen Rahmenbedingungen keine Chance haben, die Qualifikation zu erwerben, die notwendig ist, um eine Führungsposition zu erhalten. Meine Kollegin Silke Hinrichsen nannte in ihrem damaligen Redebeitrag den Bereich der Justiz. Dort sind Frauen beispielsweise bei der Abordnung an andere Dienststellen wie Obergerichte unterdurchschnittlich beteiligt. Dadurch haben sie bei Bewerbungen einen Nachteil gegenüber ihren männlichen Kollegen. Hier geht also das Argument, dass die Stellen im öffentlichen Dienst ausschließlich nach Qualifikation besetzt werden, ins Leere.
Dass der vorliegende Bericht - als Beispiel für konkrete Probleme - auf soziale Härtefälle eingeht, macht deutlich, welch Bild dahinter steckt: Frauen soziale Härtefälle, Frauen in Teilzeitbeschäftigung könnten nicht mobil agieren. Das, denke ich, ist ein problematischer Ansatz. Vor diesem Hintergrund wäre es schon interessant gewesen zu erfahren,
warum der vorliegende Bericht zu dem Schluss kommt: In der ersten Gesamtschau der Vorschläge haben sich keine besonderen oder grundsätzlichen Auswirkungen beziehungsweise Probleme im Hinblick auf die Verwirklichung der Geschlechtergerechtigkeit ergeben.
Ich sage der Landesregierung schon jetzt, dass wir auf diese Aussage zurückkommen werden - nämlich dann, wenn das „Telefonbuch“ des Staatssekretärs Schlie konkret in politische Entscheidungen einfließt. - Soll heißen: Eine ganze Reihe von europäischen Nachbarländern sind in Sachen Umsetzung des Gender-Prozesses viel weiter als Deutschland. Ich wiederhole: Dies gilt in erster Linie für die skandinavischen Länder. Aber auch Länder wie Großbritannien oder Frankreich scheinen weiter zu sein. Denn in diesen Ländern gibt es ganz oder teilweise Gender-Budgets, die das Ziel haben, transparent zu machen, in welchem Ausmaß Haushaltsoder Strukturentscheidungen Frauen oder Männer begünstigen.
Nun kann man natürlich sagen: Oh Gott, das ist ja mehr Bürokratie; wir wollen doch deregulieren und Bürokratie abbauen! Darum sage ich noch einmal: Die von der Landesregierung angekündigte Reform zur Modernisierung der Verwaltung wird aus unserer Sicht nur eine wirkliche Reform sein, wenn sie sich von der Vorstellung löst, dass alles, was Arbeit macht, Bürokratie ist. Ich füge hinzu: Sie wird nur modern sein können, wenn sie Männer und Frauen gleichermaßen berücksichtigt und einbindet. Darum geht es. Man kann nicht sagen: Jetzt machen wir erst einmal Entbürokratisierung und dann, irgendwann, schauen wir einmal, wie es mit dem GenderProzess ist. - Dann hätten wir nämlich wieder alles in Beton gegossen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Ich danke der Frau Abgeordneten Spoorendonk. Es liegen Kurzbeiträge vor. Für den ersten Kurzbeitrag erhält der Herr Abgeordnete Kubicki das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In diesem hohen Haus kennt wahrscheinlich jeder ähnlich wie die schleswig-holsteinische Öffentlichkeit - meine grundsätzliche Haltung zur GenderMainstreaming-Methodik.
Ich teile die Auffassung der Kollegin Todsen-Reese, dass das mit Sicherheit nicht das zentrale Problem ist, vor dem Deutschland steht beziehungsweise wir in Schleswig-Holstein stehen. Gleichwohl denke ich, dass es die Stelle ist, an der man darauf hinweisen muss, dass die Art und Weise, wie die Regierung mit dem Parlament umgeht, mittlerweile unerträglich ist. Der Bericht, der hier abgeliefert worden ist, ist eine Frechheit.
Nicht die Fragestellung, der Bericht ist eine Frechheit. Herr Kollege Puls, wenn Sie sich hier hinstellen und sagen, das sei alles zur Unzeit, sei falsch und hätte auch vermieden werden können, dann frage ich Sie, warum Sie zugestimmt haben. Der Landtag insgesamt hat beschlossen, dass der Bericht abgegeben werden soll. Warum haben Sie zugestimmt, dass der Bericht erstellt werden soll?
Der Bericht selbst ist eine Frechheit, weil er unabhängig davon, dass er nichts aussagt, Sprachmüll enthält, den man der deutschen Öffentlichkeit einmal mitteilen muss. Ich darf zitieren, Frau Präsidentin:
„Die Anwendung der Gender-Mainstreaming-Methodik geschieht im Rahmen der Umsetzung beziehungsweise der Prüfung der Art und Weise einer etwaigen Umsetzung am konkreten Fall, angepasst an die jeweilige Situation. Der Prozess dazu hat begonnen. Daher lässt sich weder eine pauschale noch eine auf die untersuchte Einzelaufgabe bezogene Antwort geben. Die von der Landesregierung gefassten Beschlüsse können dazu führen, dass sich die Arbeitsplätze in den Bereichen, die von diesen Beschlüssen berührt sind, in unterschiedlicher Weise verändern werden. Bei diesen Umsetzungsprozessen gilt es immer auch, wie bei allen anderen Organisationsprozessen, mögliche geschlechtsspezifische Auswirkungen zu berücksichtigen. Eine differenzierte Darlegung der Gender-Wirkungen ist nicht möglich.“
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ein Parlament, das einen solchen Bericht von der Regierung entgegennimmt, „enteiert“ sich selbst. Ich habe Schwierigkeiten, wenn dies so weitergeht, die Strukturreform nach außen, in der Öffentlichkeit zu verteidigen.
Eine Regierung, die einen solchen Bericht abgibt, macht damit deutlich, was sie vom Parlament insgesamt hält. Ich sage dies an dieser Stelle, weil ich glaube, dass wir uns in absehbarer Zeit weiter dar
über unterhalten müssen. Auch die heutige Fragestunde war ja ein berühmtes Beispiel dafür, wie Regierung glaubt mit dem Parlament umgehen zu müssen, auch wenn ich - amüsant, wie dies war einige Äußerungen des Kollegen Austermann mit innerer Freude begleitet habe. Das ändert nichts daran, dass wir uns, dass sich die regierungstragenden Fraktionen grundsätzlich einmal die Frage gefallen lassen müssen, ob sie denn im Verhältnis von Regierung zum Parlament wirklich bereit sind, weiterhin alles hinzunehmen. Ich bin es nicht.
Herr Kollege Kubicki, könnten Sie sich vorstellen, dass man den Vorwurf an den Kollegen Puls, er habe doch der Einbringung dieses Antrags zugestimmt, dadurch entgehen könnte, dass man derlei Anträgen in Zukunft nicht mehr zustimmt?
- Das ist eine Frage, die der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion mit seiner Fraktion und nicht mit mir klären muss.
Ich habe darum gebeten, dass der Bericht gar nicht erst debattiert wird, um der Peinlichkeit nicht auch noch ein öffentliches Forum zu geben. Das wäre vielleicht der sinnvollere Weg gewesen. Aber ihn in der Art und Weise zu debattieren, wie es heute geschehen ist, ist wirklich kein Ruhmesblatt für das schleswig-holsteinische Parlament.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die von Herrn Kubicki vorgenommene Analyse der Art und Weise, wie die Regierung mit dem Parlament umgeht, ist sicherlich richtig. Ich möchte aber drei Bemerkungen anfügen, und zwar erstens auf der Basis des Erlebnisses dieser Debatte: Ich finde es, vorsichtig gesagt, traurig, dass nur drei Regierungsmitglieder hier anwesend sind. Dankenswerterweise
ist der Ministerpräsident da. Aber, Herr Ministerpräsident, ich finde es bedauerlich, dass die Frauenministerin nicht hier ist und keiner von der SPD, keiner derjenigen, die SPD-geführte Häuser zu repräsentieren haben. Das stelle ich fest.
Ich stelle weiter fest, dass Frau Todsen-Reese sehr deutlich gesagt hat, die Auseinandersetzung mit Gender Mainstreaming sei ein bürokratisches Hemmnis. - Das ist meine Formulierung. Ich sage, „die Quintessenz“ Ihrer Rede führt darauf hinaus.