Zum Dritten - und deshalb bedauere ich die Art und Weise, wie Sie mit dem Ganzen umgehen -: Herr Hildebrand, ich finde richtig, was Sie gesagt haben. Es wäre äußerst spannend gewesen, wenn diese Regierung und der so genannte Schlie-Bericht vielleicht sogar den Kabinettsbeschluss aus dem Jahr 2002 kritisch durchleuchtet hätten.
Es gibt sogar unter feministischen Wissenschaftlerinnen eine sehr harte Auseinandersetzung mit dem, was Gender Mainstream bisher hat bringen können und wie es aufgebaut ist. Ich bin eine derjenigen, die sich sehr intensiv damit beschäftigen, wie Gender Mainstreaming so umgesetzt werden kann, dass es schlüssig und zügig zu einem analytischen Ergebnis führt. Da hätte ich jetzt mehr erwartet. Es hätte mich richtig gefreut, wenn von dieser Landesregierung dazu eine kritische - in Richtung SPD sage ich: kritisch-solidarische - Analyse vorgelegt worden wäre.
und in keiner Weise zu früh, Herr Finanzminister. Wer zu spät kommt … - Sie wissen schon. Ich hoffe, Sie lernen noch einiges.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Drei kurze Bemerkungen! Erstens. Die Kritik, dass die Frauenministerin bei diesem Thema nicht anwesend ist, ist im Grunde ein Widerspruch zum Thema.
Denn mir ist heute in der Plenardebatte einmal mehr deutlich geworden, dass es gerade nicht nur um frauenspezifische Förderungspunkte und Probleme geht, Frau Kollegin Lütkes.
Zweitens. Herr Kollege Kubicki, es ist parlamentarischer Brauch - jedenfalls bisher gewesen -, dass wir auch Berichtsanträgen der Opposition zustimmen. Das haben wir gemacht, obwohl - das ist die dritte Bemerkung, Frau Kollegin Lütkes - auch das ein Widerspruch zu dem eben Gesagten ist. Der Hinweis von Anke Spoorendonk, dass man das Prinzip Anwendung des Gender Mainstreaming anhand des Berichtsantrages einmal grundsätzlich hätte untersuchen können, war nicht gefragt. Vielmehr haben Sie sich auf einzelne Vorschläge des SchliePapiers bezogen. Sie haben ausdrücklich auf Umdruck 16/550 Bezug genommen. Bezogen auf die dortigen Einzelvorschläge wollten Sie die Anwendung des Gender Mainstreaming hier heute haben. Umdruck 16/550 umfasst aber 857 DIN-A 4-Seiten. Wollten Sie in diesem Stadium der Verwaltungsmodernisierung tatsächlich 857 Vorschläge haben für die Einzelvorschläge, die im Schlie-Papier enthalten sind, bevor es zu Einzelentscheidungen gekommen ist? Das wäre doch wirklich sachfremd und sinnlos zu diesem Zeitpunkt.
Herr Kollege Kubicki, Sie haben mich angesprochen. Als Verantwortlicher für den Bericht will ich Ihnen zwei Dinge dazu noch einmal sagen. Wenn man einen Bericht über einen Sachverhalt zu einem Zeitpunkt verlangt, zu dem ein Bericht noch gar nicht gegeben werden kann, weil es noch nicht so weit ist, und man sich dann darüber wundert, dass man zu dem Zeitpunkt über den Sachverhalt keinen Bericht erhält, weil es noch gar nichts zu berichten geben kann, dann wundert mich das.
- Wir haben im Bericht darauf hingewiesen, dass im weiteren Verfahren selbstverständlich die Regeln angewendet werden, die die Landesregierung auch in der Vergangenheit hierzu bereits beschlossen hat.
Was die Formulierung anbetrifft, müssen wir uns wirklich nicht darüber streiten, dass man alles - wir
Darüber werden wir mit Sicherheit insgesamt, auch in dem Prozess, den Klaus Schlie federführend begleitet, sehr viel miteinander reden, wie wir Dinge verständlicher machen können. Darüber gibt es keinen Zweifel. Das wird verbessert. Aber zu diesem Zeitpunkt einen solchen Bericht zu verlangen, der nicht gegeben werden kann, ist Unsinn. Daraus zu machen, dass die Regierung mit dem Parlament ungeheuerlich umgehe, finde ich reichlich übertrieben. Stellen Sie Anträge zu dem Zeitpunkt, zu dem man etwas berichten kann, und dann werden Sie auch Berichte erhalten!
Durch den Beitrag der Landesregierung stehen den Fraktionen erneut Redezeiten zu. Ich gehe davon aus, dass diese Zeiten nicht genutzt werden.
Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Es ist sowohl der Antrag auf Kenntnisnahme durch die FDP als auch der Antrag auf Ausschussüberweisung gestellt worden. Ich halte den Antrag auf Ausschussüberweisung für weiter gehend und lasse darüber jetzt abstimmen. Wer zustimmt, den Bericht der Landesregierung, Drucksache 16/720, dem Innen- und Rechtsausschuss zur abschließenden Beratung zu überweisen, bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Damit ist der Bericht mit den Stimmen von CDU und SPD gegen die Stimmen von FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN dem Ausschuss überwiesen worden.
Wir treten jetzt in die Mittagspause. Wir setzen die Sitzung um 15 Uhr mit Tagesordnungspunkt 14 fort. Die Sitzung ist unterbrochen.
Meine Damen und Herren! Bevor wir nun nach der Mittagspause wieder in die Beratungen eintreten, möchte ich die Senioren-Union aus Großhansdorf sowie Mitglieder des CDU-Ortsverbandes Sörup auf der Besuchertribüne begrüßen. - Seien Sie uns recht herzlich willkommen, meine Damen und Herren!
Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist offensichtlich nicht der Fall. Da in Nummer 1 des Antrages der Bericht in dieser Tagung erbeten wird, lasse ich zunächst darüber abstimmen, ob Sie den Bericht zu dem eben genannten Thema in dieser Tagung entgegennehmen möchten. Wer dies möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Alles prima!
Dann darf ich Ihnen, liebe Frau Ministerin für Bildung und Frauen, Frau Erdsiek-Rave, das Wort zur Berichterstattung erteilen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Gewalt ist an keinem Ort der Welt auszuschließen auch zwischen Schülerinnen und Schülern nicht. Und obwohl Schleswig-Holstein ein Flächenland und in puncto Gewalt und Kriminalität nicht mit Neukölln oder anderen großstädtischen Bezirken zu vergleichen ist, ist Schleswig-Holstein keine Insel der Seligen.
Dass Gleichaltrige missachtet und gemobbt werden, dass Stärkere ihre Überlegenheit nutzen, um Schwächere körperlich und manchmal auch seelisch zu misshandeln, dass es einerseits junge Menschen gibt, die sich in solchen Situationen anderen gehorsam unterordnen, und dass es andererseits junge Menschen gibt, die in fast tyrannischer Weise ein Klima der Angst und des Schreckens verbreiten, wie man es etwa aus Musils „Die Verwirrungen des Zöglings Törleß“ kennt, kann niemand kategorisch verneinen.
Es passiert auch bei uns. Es ist im letzten Jahr in Barmstedt an einem ganz „normalen“ Gymnasium passiert und wurde jetzt aufgedeckt. Ein wachsamer Lehrer hat dem Geschehen ein Ende gesetzt und die Schule hat mit viel Umsicht zur Konfliktlösung beigetragen. Ich finde, das ist Dank und Anerkennung wert.
Wie viel Gewalt gibt es an Schulen in SchleswigHolstein? - Sie haben vielleicht wie ich vor zwei Wochen den Bericht des Generalstaatsanwalts zu diesem Thema gehört. Ich habe mit ihm im Anschluss daran ein Gespräch dazu geführt. Natürlich hat er festgestellt, dass Gewalt von Jugendlichen und an Jugendlichen in Schleswig-Holstein zugenommen hat, und auch der Tatort Schule spielt dabei eine Rolle.
Es gibt über Gewalt an Schulen keine spezifischen Erhebungen in Schleswig-Holstein. Wenn wir die Gewaltsituation an den Schulen einschätzen möchten, dann können wir uns etwa auf den letzten EVIT-Landesbericht, zur Evaluation unserer Schulen und zum Schul-TÜV, stützen. Dort wurde speziell nach diesem Tatbestand gefragt.
83 % der Eltern haben angegeben, dass ihrem Wissen nach ihr Kind in der Schule nicht von Gewalt betroffen gewesen war. Dabei wurden fast 40.000 Eltern befragt. Es ist also eine durchaus repräsentative Größenordnung. 55 % der Schüler sagen, dass sie in ihrer Schule oft oder sogar sehr oft lernen, Konflikte ohne Gewalt zu lösen. Ich finde, auch das ist eine positive Zahl.
Es gibt aber auch die Umkehr: 13 % der Eltern bestätigen damit, dass ihr Kind in den letzten zwölf Monaten von körperlicher oder seelischer Gewalt betroffen war. Das sind keineswegs harmlose Größen.
Was geschieht und wie gehen die Schulen damit um? - Unser Schwerpunkt - das will ich hier ganz klar sagen - ist und bleibt die Prävention in den Schulen und zunehmend auch in den Kindertageseinrichtungen, also die Ich-Stärkung der Kinder, die Möglichkeit, Vertrauen zu schaffen und friedliche Konfliktlösungen zu trainieren sowie dafür Partner zu suchen.
Die Schulen setzen sich mit diesem Thema in verschiedenen Fächern und speziellen Projekten intensiv auseinander. Sie machen das engagiert und häufig sehr eigenständig.
Wir haben derzeit auch angesichts der öffentlichen Debatte unsere Schulämter sowie die Schulaufsicht gebeten, uns einen Überblick darüber zu geben, welche Maßnahmen insbesondere an den Schulen, die sozialen Problembezirken zuzuordnen sind, zur Gewaltprävention stattfinden, in welcher Form die Eltern eingebunden werden und welche Kooperation es mit anderen Institutionen gibt. Sobald die Abfrage abgeschlossen ist und die Ergebnisse vorliegen, will ich es Ihnen im Bildungsausschuss näher erläutern; dazu würde uns heute auch die Zeit fehlen.
Vorab möchte ich allerdings feststellen: Die Polizei ist ein wichtiger Partner für die Schulen in Schleswig-Holstein geworden. Sie ist an sehr vielen Schulen präsent und unterhält mit einem Viertel der Schulen sogar spezielle Sicherheitspartnerschaften. Das wollen und sollten wir unbedingt ausbauen.
Das IQSH erhält seit zehn Jahren Sondermittel, die für Gewaltprävention in der Lehrerbildung eingesetzt werden. Neben Programmen wie PiT 1 und PiT 2 - das steht für Prävention im Team - sowie PETZE werden Lehrer erfolgreich als Multiplikatoren etwa für die Streitschlichtung ausgebildet und dadurch erreichen wir eine breite Steuerung. Sie bekommen übrigens einen Überblick über die zahlreichen Projekte zur Gewaltprävention im Lernnetz.
Entscheidend ist neben einem dichten Präventionsnetz, dass diejenigen, die von Gewalt betroffen sind, auch den Mut und die Kraft haben, dies anzuzeigen, und dass sie sich an Vertrauenspersonen wenden. Gerade das hat in Barmstedt zunächst nicht stattgefunden. Also auch diejenigen, die Opfer von Gewalt werden, müssen darin gestärkt werden, sich das nicht gefallen zu lassen - um es einmal ganz platt zu sagen.
Meine Damen und Herren, jetzt den Bogen von Gewalt an Schulen zur vorschulischen Sprachförderung zu spannen, finde ich nicht unproblematisch. Ich will nämlich auch davor warnen, Gewalt unter Kindern und Jugendlichen, aber auch in der Gesellschaft überhaupt als reines Migrationsthema zu brandmarken.