Frau Präsidentin! Ich will es kurz machen. Ich möchte an die Adresse der Kollegin Lütkes nur Folgendes sagen. Wir sind in der Analyse mit Ihnen einer Meinung. In dem Beitrag des Kollegen Hentschel ist das aber überhaupt nicht zum Ausdruck gekommen. Er hat uns hier einen Vortrag über die Rütli-Schule gehalten. Er hat auch mehrere Zitate von dem Kollegen Stoiber vorgetragen, über die man parteipolitisch durchaus streiten kann. Ich bin in der CDU, nicht in der CSU. Man kann manches anders sehen, als Herr Stoiber das formuliert hat. Nur, die Verengung auf die Migrationsfrage ist von Ihrem Erstredner, dem Kollegen Hentschel, gemacht worden. Ich möchte in diesem Zusammenhang das unterstreichen, was die Frau Bildungsministerin eben vollkommen richtig gesagt hat: Wir haben gerade in Schleswig-Holstein eine Situation, in der Gewalt mitnichten ein spezifisches Migrationsproblem ist. Wir haben es in der deutschen Be
Herr Kollege Hentschel, wenn Probleme einen Migrationshintergrund haben - das ist in manchen Schulen in Berlin, unter anderem in der Rütli-Schule offensichtlich -, dann sollte man auch nicht leugnen, dass sie einen Migrationshintergrund haben und dass es eine unzureichende Integration in die deutsche Gesellschaft gibt. Wir müssen daran arbeiten. Das muss man genauso deutlich ansprechen.
Unter diesem Gesichtspunkt bin ich dagegen, dass wir hier sozusagen eine Tabuzone errichten und sagen: Über Migrationsprobleme darf überhaupt nicht mehr geredet werden, weil das eine Art und Weise ist, in der man über Ausländer nicht reden darf. Da müssen wir sehr genau aufpassen.
Über die Instrumentarien muss miteinander gesprochen werden. Wir können uns darüber unterhalten - da gibt es einen Dissens zwischen SPD und CDU -, inwieweit es sinnvoll ist, theoretisch unterschiedlich begabte Kinder gemeinsam zu unterrichten. Das ist hinlänglich bekannt. Wir müssen uns weiter darüber unterhalten, wie wir zur Einigung kommen.
Zu dem, was Sie zu den auffälligen Kindern in den Klassen gesagt haben. Dass wir den Problemen mit diesen Kindern nur dadurch Herr werden, dass wir sie in andere Klassen hineinstecken, halte ich für eine Verkennung der Möglichkeiten und der Tatsachen. Wir müssen uns sehr speziell um diese Kinder kümmern. Da gilt das, was der Kollege Klug gesagt hat. Wir müssen die Familien und die Gesamtgesellschaft auffordern, diese Kinder zu erziehen. Wir müssen als Gesellschaft, als Familien auch bereit sein, diesen Kindern Grenzen und grundsätzliche Wertvorstellungen aufzuzeigen, innerhalb derer sie sich zu bewegen haben. Das können wir nicht komplett der Schule überlassen. Das können wir nicht komplett den Klassen überlassen.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratungen. Ich stelle fest, dass die Nummer 1 des Antrags durch den Bericht erledigt worden ist.
dass die Nummern 2 und 3 der Drucksache 16/728 dem Bildungsausschuss überwiesen werden und der mündliche Bericht dem Bildungsausschuss zur abschließenden Beratung überwiesen werden sollten. Wer so beschließen will, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das ist so beschlossen.
Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Mit der Nummer 1 des Antrags ist zur heutigen Sitzung ein Bericht beantragt worden. Wer diesem Berichtsantrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das ist so angenommen.
Ich darf Sie, Herr Innenminister Dr. Ralf Stegner, bitten, den Bericht für die Landesregierung zu erteilen.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Wer über Einbürgerung in die Bundesrepublik Deutschland spricht, sollte wissen, dass die Hürden dafür heute schon sehr hoch sind. Man muss acht Jahre geregelten Aufenthaltsstatus haben. Man muss sein eigenes Auskommen nachweisen. Man muss deutsche Sprachkenntnisse nachweisen. Man darf keine größeren Straftaten begangen haben.
Es gibt eine Regelanfrage beim Verfassungsschutz und beim Landeskriminalamt. Und man muss sich zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung bekennen. Es gibt immer weniger Menschen, die die deutsche Staatsbürgerschaft suchen. Wir haben also kein Problem mit der Staatsbürgerschaft - allenfalls, dass zu wenige eine erfolgreiche Integration damit krönen, dass sie auch deutscher Staatsbürger werden.
Deshalb sind all die Versuche, die in den Mittelpunkt stellen, wir bräuchten da eine Verschärfung, wie ich glaube, falsch.
Es geht hier nicht um die schleswig-holsteinische Staatsbürgerschaft, nicht um die hessische, nicht einmal um die bayerische, sondern es geht um die
deutsche Staatsbürgerschaft. Von daher macht es Sinn, dass sich die Innenminister der Länder auf eine einheitliche Vorgehensweise verständigen. Wir haben Probleme bei der Integration. Das ist deutlich geworden, nicht zuletzt durch die Äußerungen des Herrn Fraktionsvorsitzenden Dr. Wadephul, der das eben gerade ausgeführt hat. Wir haben Integrationsprobleme. Die kann man nicht leugnen.
Wir haben in den letzten Jahren im Grunde zwei Lebenslügen gehabt. Die eine lautete: Wir sind kein Einwanderungsland und wir müssen alles mit Abgrenzung, Abschiebung und solchen Dingen lösen. Die andere Lebenslüge sagt: Es geht alles von allein, wir haben überhaupt keine Probleme, wenn die Menschen guten Willens sind. - Beides ist falsch. Weder die schwärmerische Sicht der Dinge noch die ideologische Sicht ist vernünftig. Wir müssen uns um Integration kümmern. Das ist eine „Zweibahnstraße“.
Das bedeutet für den Staat, dass er sich darum kümmern muss, dass Sprachkenntnisse vermittelt werden, dass man die Spielregeln kennen lernen kann und dass wir diese Sprachkenntnisse auch von allen verlangen, übrigens auch von denen, die einmal Großeltern hatten, die einmal einen Deutschen gekannt haben. Auch da haben wir zum Beispiel junge Männer, die die deutsche Sprache nicht können, die keine Ausbildung haben, die sich nicht in den Arbeitsmarkt integrieren können, die in Wohngettos leben und die gewaltbereit sind. Das ist falsch.
Umgekehrt gilt: Wer hierher kommt, muss sich integrieren wollen. Das bedeutet, die Spielregeln zu akzeptieren. Das bedeutet, sich zu den Grundwerten der Verfassung zu bekennen. Das bedeutet zu akzeptieren, dass bei uns Meinungsfreiheit, Pressefreiheit, Religionsfreiheit gilt, dass bei uns die Gleichstellung von Mann und Frau gilt, dass Eltern nicht sagen können: „Mein Kind darf nicht am Schwimmunterricht und am Biologieunterricht teilnehmen“, oder: „Mein Kind darf nicht zur Freizeit mitfahren“. Das heißt übrigens auch, dass die meisten Menschen Ehe als etwas Freiwilliges empfinden und nicht dulden können, dass sie auf anderen Wegen zustande kommt. Das alles sind Dinge, über die man vernünftig miteinander reden kann.
Das hat überhaupt nichts damit zu tun, dass man Vorurteile billigt. Ich sage aber auch: Manche Äußerungen von Kollegen - ich bin für leidenschaftlichen Streit in der Sache zu haben - zielen nicht auf Lösungen in der Sache ab. Glaubt irgendjemand, dass wir dadurch, dass wir Tests veranstalten, wie wir sie von Herrn Jauch oder von Herrn Pilawa kennen, Extremisten erkennen können? Die würden
Wir wollen die Ausländer weder verbeamten noch wollen wir nur Akademiker haben - glaube ich jedenfalls. Wir wollen auch praktisch begabte Menschen einbürgern, wenn sie das wollen. Es soll sogar Deutsche geben, die praktisch stärker begabt sind als theoretisch. Wir sollten also weniger ideologisch über die Dinge reden, Probleme nicht herbeireden, wo keine sind, aber uns da, wo es sie gibt, darum kümmern.
Ich bin für einen übergreifenden Ansatz. Das reicht vom Kindergarten über die Schule hin bis zu einer Stadtpolitik, die Wohnquartiere nicht herunterkommen lässt, bezahlbaren Wohnraum nicht vernichtet und nicht dafür sorgt, dass wir Wohngettos haben. Ich bin dafür, dass man aber auch klar sagt: „Wir müssen Spielregeln haben, die für alle gelten“, und dafür sorgt, dass Konflikte gewaltfrei ausgetragen werden. Das ist ein Bekenntnis, das dann mit Einbürgerung gekrönt werden kann, übrigens eine Einbürgerung, bei der es nicht auf den Eid ankommt, sondern wo wir beispielsweise Einbürgerungsfeiern machen, wie wir sie aus Kommunen kennen, die feierlich und fröhlich die aufnehmen, die als Krönung von Einbürgerung auch noch die Staatsbürgerschaft haben wollen, die dann auch wählen dürfen. Sie zahlen hier auch Steuern und Sozialversicherungsbeiträge. Es wäre nicht zuletzt aus demographischen Gründen vernünftig, sich so zu verhalten.
Deswegen bin ich für eine pragmatische Sicht der Dinge. Deswegen bin ich dafür, dass wir einen Konsens suchen, und nicht dafür, dass wir den Leuten alles Mögliche erzählen darüber, wo unsere Probleme liegen.
Weil ich ein bisschen dafür gescholten worden bin, dass ich das sehr deutlich zum Ausdruck gebracht habe, füge ich hinzu: Manche Äußerungen nach Vorfällen wie denen in Potsdam richten sehr viel Schaden an und liefern denjenigen, die am 1. Mai von rechts außen demonstrieren, ein Stück weit die Argumente
sicherlich nicht freiwillig, aber es passiert de facto. Auch der Bundesinnenminister, den ich sonst durchaus schätze, hat mit dem, was er gesagt hat, ein Stück dazu beigetragen.
Es war nicht klug und nicht hilfreich. Wir sollten das nicht tun. Wir sollten über die Sache miteinander reden und versuchen, mehr Integration und als
Ich danke dem Herrn Minister. - Ich eröffne die Aussprache. Für die antragstellende Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich der Vorsitzenden, Frau Anne Lütkes, das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Minister, vielen Dank für diese schöne, engagierte Rede. Wir hatten allerdings darum gebeten vorzutragen, welche Konzepte der Landesregierung Sie im Konkreten auf der Innenministerkonferenz vertreten werden. Sie haben schon angedeutet, dass Sie auf keinen Fall - ich darf das so sagen, Frau Präsidentin - faule Kompromisse, die aus der rechten Ecke - wenn ich auch das so deutlich sagen darf kommen, mittragen werden. Ich gehe davon aus, dass diese Ihre Stellungnahme jetzt im Gegensatz zu Ihrer Pressekonferenz vor einigen Tagen die Meinung der Landesregierung ist.
Sie hatten vor einigen Tagen dankenswerterweise Eckpunkte zur Integration vorgestellt, die aus meiner Sicht klug und weiterdenkend sind, wurden aber dann durch eine Regierungserklärung oder was auch immer aus der Staatskanzlei daran erinnert, dass dies alles, was Sie richtigerweise vortragen, durch das Kabinett müsse. Nun gehe ich davon aus - wenn es nicht so ist: der Ministerpräsident ist ja da -, dass das, was Sie vorgetragen haben, die umfassende Meinung der Landesregierung ist. Das, so möchte ich deutlich sagen, freut uns.
Denn es ist wichtig, in schwierigen Zeiten, wenn schwierige und sehr komplexe Problematiken für dieses Land, für diese Zivilgesellschaft zu klären sind, engagiert und laut und deutlich dafür zu streiten und zu sagen, dass Nebelkerzenmethoden, Einbürgerungstests und Quizfragen sicherlich nicht dieser Zivilgesellschaft dienen und auch nicht den einzelnen Ansprüchen auf Einbürgerung gerecht werden.
Wir haben eine Situation, in der junge Migranten und Migrantinnen durch ein Raster fallen, in der es ungelöste demographische Fragen gibt, in der langjährig hier lebende und längst integrierte Menschen keine Aufenthaltsperspektive haben. Wir beobach
ten eine lang anhaltende Aktivität rechter Ideen bei Jugendlichen. Wir stellen fest, dass Haushaltsmittel für Sprachkurse auf sehr niedrigem, auf vielleicht niedrigstem Niveau gehalten werden. Wir stellen also fest, dass nach 40 Jahren Zuwanderung und Einwanderung in diesem Land ein Berg von Problemen zu lösen ist.
Deshalb - ich möchte das wiederholen - finde ich es sehr wichtig, dass ein Innenminister - in diesem Fall ein SPD-Innenminister - sehr laut und deutlich sagt, wie die Frage der Einwanderung in diesem Lande - in der Bundesrepublik; es geht ja nicht nur um Schleswig-Holstein - zu klären wäre. Insofern geht es um vernünftige Konzepte zur Integration statt um blinden Aktionismus.