- Kollege Hentschel, einen Satz will ich noch sagen, wenn ich es finde; denn ich habe keine vorbereitete Rede, sondern mir liegen nur die Anträge vor. - Sie haben geschrieben, dass Sie den Stufenlehrer in der Ausbildung im Kern wollen. Wir haben deutlich gemacht, dass wir die unterschiedlichen Anforderungen an die Schularten weiterhin berücksichtigen wollen. Dialektisch betrachtet, sage ich einmal: Da die konkreten tatsächlichen Anforderungen in ihrer Unterschiedlichkeit in den Schularten Stück um Stück in den Hintergrund treten werden, wird es irgendwann einen synthetischen Prozess geben, sodass wir diese reflexartige Diskussion im Hinblick auf Schularten gar nicht mehr führen werden. Mit Blick auf andere europäische Länder und auf andere Länder in dieser Republik sage ich voraus, dass es diesen grundsätzlichen ideologischen Streit irgendwann auch in SchleswigHolstein nicht mehr geben wird.
Lassen Sie mich einen letzten Satz zum Kollegen Klug sagen. Es ist natürlich statthaft, bis zur letzten Sekunde Anträge vorzulegen. Aber nach einer Debatte im Bildungsausschuss einen Antrag vorzulegen und zu sagen: Wir in Schleswig-Holstein koppeln uns als Einzige in Europa von der Umsetzung des Bologna-Prozesses in der Lehrerausbildung ab, weil es dort faktisch Probleme gibt, finde ich schwierig. Ich konzediere, Kollege Klug, dass sich in Flensburg schon Studierende in real existierenden Bachelor-Studiengängen befinden. Da können wir nicht einfach sagen: Das machen wir nicht.
Wir müssen allerdings über die Frage nachdenken, wie Dinge im System zu verbessern sind, immer unter der Maßgabe, dass die Anerkennung all dieser Studiengänge und all dieser Abschlüsse natürlich bundesweit akzeptiert werden müssen und dass die Grundlagen hierfür gelegt werden müssen.
Die SPD-Fraktion will heute ihren Antrag verabschieden, weil das noch einmal unseren Rahmen setzt. Wir sind bereit, über die Fragen, Nachfragen und Kritikpunkte, die aus dem FDP-Antrag hervorgehen, im Bildungsausschuss noch einmal zu reden. Dem versperren wir uns nicht. Aber einem FDPAntrag, der einfach nur besagt: Wir steigen aus dem Prozess aus, kann man nicht zustimmen. Da dies als Antrag gestellt ist, will ich für unsere Fraktion sagen: In der Sache stimmen wir dem FDP-Antrag nicht zu, aber eine weiter vertiefende Beratung im Ausschuss mit uns jederzeit, immer und gern.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Für die Qualität der Lehrerbildung ist die Verzahnung der wesentlichen Inhalte des Studiums, nämlich der Fachwissenschaft, der Fachdidaktik, der Pädagogik sowie der Lehr- und Lernmethoden, von wesentlicher Bedeutung. Deshalb ist eine Lehrerbildung aus einem Guss, wie sie in Hessen zuletzt durch ein besonderes Lehrerbildungsgesetz reformiert worden ist, nach unserer Überzeugung die sinnvollste und beste Lösung. Wenn Sie die vom Ministerium zur Verfügung gestellte Synopse betrachten, werden Sie sehen, dass sich Hessen aus dem glorreichen Bologna-Prozess - jedenfalls bei der Lehrerbildung - ausgeklammert hat und man dort einen eigenen Weg geht, und zwar aus guten Gründen. Die zweistufige Studienstruktur nach dem Bachelor-/MasterModell ermöglicht nämlich eine solche Lösung, wie ich sie skizziert habe - eine Lehrerbildung aus einem Guss, bei der alle wesentlichen Inhalte miteinander verzahnt werden - nicht. Im Gegenteil, sie verhindert sie geradezu.
Bereits heute herrscht bei den bundesweit sehr unterschiedlichen Formen der Übertragung der Bachelor-/Master-Struktur auf die Lehramtsstudiengänge eine enorme Konfusion. Der Wechsel von einem Studienort zum anderen ist damit erheblich erschwert worden, ist zum Teil unmöglich. Statt im Rahmen dieser Neugestaltung der Studiengänge so etwas wie einen durchlässigen europäischen Hochschulraum zu eröffnen, sind de facto eingezäunte hochschulpolitische Kleingärten entstanden, die sich voneinander abschotten. Das ist - dies kann niemand bestreiten - eines der gravierenden Proble
me bei der Entwicklung nicht nur der Lehramtsstudiengänge im Bachelor-/Master-Bereich, sondern dieser neuen Studienstrukturen insgesamt.
Auch die wichtigsten Akteure bei dieser Entwicklung haben für Probleme gesorgt: Während der Wissenschaftsrat ausdrücklich eine lehramtsunspezifische Bachelor-/Master-Struktur empfiehlt, hat sich die Kultusministerkonferenz dazu entschlossen, auf jeden Fall auch im Bachelor-Studiengang lehramtsspezifische Inhalte mit zu berücksichtigen und sie in Zukunft deutlich stärker zu gewichten. Das geht aus den im letzten Jahr von der KMK gefassten Beschlüssen hervor. Das bringt diese Konfusion mit zustande, die hier in den letzten Jahren eingetreten ist.
Die Kultusministerkonferenz will, wie gesagt, bereits im Bachelor-Studiengang lehramtsspezifische Inhalte verankern. Damit werden jedoch die Studierenden von Anfang an auf den Lehrerberuf festgelegt. Nach dem Bachelor-Examen in rein fachwissenschaftliche Master-Studiengänge zu wechseln ist dann jedenfalls kaum noch möglich, wenn zuvor die fachwissenschaftlichen Anteile im Rahmen des Lehramts-Bachelorstudiengangs erheblich ausgedünnt worden sind. Dann ist man auf den Lehrerberuf schon sehr früh festgelegt. Wir wissen aber, dass nur ein Teil der Bachelor-Absolventen man rechnet etwa mit der Hälfte - in Master-Studiengänge aufgenommen werden können. Damit entstehen beschäftigungspolitische Sackgassen für einen beträchtlichen Teil der Studierenden, die in diese Studiengänge gehen. Das ist ein enormes Problem.
Außerdem führt die Kombination von Bachelorund Masterstudiengang - dies wurde in den Redebeiträgen schon dezent angesprochen - zu einer Verlängerung des Lehrerstudiums. Wenn zudem die Länder sagen, in den Lehrerberuf lassen wir nur jemanden, der einen Abschluss auf Masterniveau hat, stellt sich insgesamt die Frage, ob die Zweistufigkeit gerade im Lehrerbereich nicht völlig sinnlos und es nicht sinnvoller ist, hier einen grundständigen einphasigen Studiengang mit der Verzahnung aller Inhalte einzuführen, der auch zeitlich besser bewältigt werden kann. Dass es solche grundständigen Masterstudiengänge gibt, haben wir als Bildungsausschuss in Großbritannien, dem Mutterland der Bachelor-/Master-Struktur, gelernt. Dort geht man in den Fächern und bei den Berufen, in denen das durch pragmatische, fachliche Gesichtspunkte einfach nahe gelegt wird, von dem Dogma der Zweistufigkeit ab und wählt solche Lösungen wie
beispielsweise grundständige Masterstudiengänge. Es muss also nicht, wie in Hessen, das Staatsexamen sein. Man kann auch andere Wege gehen. Da in dem ganzen Bereich ohnehin viel im Fluss ist, kann man durch eine solche sinnvolle Lösung viele Probleme, die in Deutschland bei der Einführung dieser Studiengänge entstanden sind, vermeiden. Das wäre also durchaus zu überlegen.
Es gibt ja - dies sage ich zum Schluss, Frau Präsidentin - neuerdings auch folgenden Präzedenzfall. Die Juristen haben sich sozusagen per Beschluss der großen Koalition auf Bundesebene aus dem Bologna-Prozess ausgeklinkt, haben gesagt: Für uns gilt das nicht. - Das heißt, das Dogma der Zweistufigkeit dieser konsekutiven Studiengänge in allen Fächern ist längst gebrochen. Demnach kann man in jedem Bereich sinnvollerweise die Lösungen wählen, die fachlich geboten sind, die aber auch durch die Aufnahmefähigkeit des Arbeitsmarktes nahe gelegt werden.
Ich habe dieses Modell im September letzten Jahres in meinem Redebeitrag zu dem Antrag vorgestellt. Ich habe es jetzt noch einmal in Antragsform gegossen; das ist nichts Neues, Kollege Herbst.
Meine feste Überzeugung ist, dass ein solcher Weg viel sinnvoller ist als das, was nicht nur in Schleswig-Holstein, sondern in vielen anderen Ländern beim Thema „Reform der Lehrerbildung“ in den letzten Jahren stattgefunden hat.
Für die Abgeordneten des SSW erteile ich der Vorsitzenden, der Frau Abgeordneten Spoorendonk, das Wort.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Position des Kollegen Klug ist nun wirklich bekannt; das will ich noch einmal deutlich sagen. Er hat sie nicht nur im September hier vorgetragen, sondern schon mehrmals zuvor.
Reformen in der Lehrerbildung werden zurzeit in allen Bundesländern durchgeführt. Dabei geht es in erster Linie um die Anforderungen des BolognaProzesses. Von Anfang an ist deutlich gewesen, dass es aber auch um inhaltliche Weichenstellungen gehen muss. Zu den ganz zentralen Fragen gehören daher aus Sicht des SSW eine bessere Verzahnung von Theorie und Praxis in der Lehrerbildung und der Punkt, ob weiterhin nach Schularten ausgebildet werden soll.
Konkret geht es aber auch noch einmal um die vorliegenden Anträge, auch wenn uns eine Beschlussempfehlung des Bildungsausschusses vorliegt. Schon vor der Ausschussberatung hatte sich der SSW für den Antrag der Grünen ausgesprochen. Nicht entscheidend ist für uns in diesem Zusammenhang, ob wir jetzt bis in alle Details die Auffassung der Grünen teilen. Dies tun wir nicht, kann ich hinzufügen, zum Beispiel nicht, wenn es darum geht, Referendariate durch ein TraineeJahr zu ersetzen. Wir meinen aber wie die Kolleginnen und Kollegen der BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, dass die Lehrerausbildung künftig nach einem Stufenlehrer-Konzept erfolgen sollte.
Dass es keine Schwarzweißmalerei ist, wissen wir auch. Natürlich gibt es in dem gemeinsamen Antrag der regierungstragenden Fraktionen auch Ansätze, die wir mit unterstützen können. Ebenso ist das, was der Kollege Klug sagt, nicht einfach von der Hand zu weisen. Parteiübergreifend sind wir uns dahingehend einig, dass mehr Schulpraktika und insgesamt eine bessere Verzahnung von Theorieund Praxisteilen in der Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern gewährleistet sein müssen.
Leider deutet bei der Neuordnung der Lehrerbildung vieles darauf hin, dass es wieder zur Verhaftung der üblichen Verdächtigen kommen wird. Umso bedauerlicher ist es, dass bislang auch die KMK an schulartbezogenen Ausbildungsgängen festhält, anstatt die Ausbildung für die unterschiedlichen Lehrämter an einem gemeinsamen Kerncurriculum zu orientieren.
Wir können die neue KMK-Präsidentin, die heute leider nicht da ist, wirklich nur dazu ermutigen, in unserem Sinne tätig zu werden, das heißt, dass sie von dieser schulartbezogenen Ausbildung Abstand nimmt.
Es kann aus Sicht des SSW kein Tabuthema sein, zu sehen, wie durch eine andere Gestaltung der Lehrerbildung Synergieeffekte erzielt werden können. Die starke Zersplitterung der Lehrerausbildung ist aus unserer Sicht nun wirklich nicht mehr zeitgemäß, schon gar nicht, wenn man bedenkt, dass der oft genannte demographische Wandel auch ohne schulpolitische Dimensionen wirklich zu erheblichen Veränderungen in der Schullandschaft führen muss. Wir bekommen eine andere Schullandschaft. Sieht man diesen Veränderungsdruck, muss man ihn als Chance sehen. Dann haben wir die Möglichkeit, das System Schule auch inhaltlich zu verändern. Dazu gehört auch eine Neuausrichtung der Lehrerbildung.
Die andere Seite dieses Prozesses ist, wie schon gesagt, die Umstellung auf Bachelor-/Master-Studiengänge. An der Universität Flensburg ist diese Umstellung bereits fortgeschritten und das ist gut so. Deshalb werden wir auch den Antrag der FDP nicht unterstützen.
Stutzig macht mich aber eine Bemerkung, die der Herr Staatssekretär in einer der letzten Sitzungen des Bildungsausschusses machte, als er anführte, dass die neuen Bachelor-/Master-Studiengänge, die wir von der Universität Flensburg her kennen, nicht KMK-konform sind. Meines Wissens hat die Universität eng mit der KMK-Ebene zusammengearbeitet. Das ist auf jeden Fall eine Frage, die ich gern noch einmal im Ausschuss zu gegebener Zeit beantwortet haben möchte.
Vom Bildungsministerium erwarte ich, dass es sich dafür einsetzt, dass die vorhandenen Spielräume auch genutzt werden. Ich erwarte auch, dass die Rahmenbedingungen so sein werden, dass sowohl das Fach Dänisch als auch das Fach Friesisch gesichert und gestärkt werden, wenn es um die Umstellung auf Bachelor-/Master-Studiengänge geht. Das ist der Punkt.
Denn richtig ist ja, was unter anderem auch aus der schriftlichen Stellungnahme der Universität Bielefeld hervorgeht, dass mit dieser Umstellung die Unterfinanzierung der Hochschulen nicht behoben wird.
„Sie wird vielmehr in drastischer Weise für Studierende und Lehrende erfahrbar: Die konsequent kontrollierte Anwesenheit der Studierenden führt zu völlig überfüllten Lehrveranstaltungen und zur hochschuldidaktischen problematischen Wiederkehr von Großvorlesungen.“
Auch damit müssen wir uns beschäftigen, also nicht nur mit der Schulpolitik, sondern auch mit der Hochschulpolitik. Ich denke, wir werden mit der Abstimmung keinen Schlussstrich unter diese Diskussion ziehen, sondern im Ausschuss weiter beraten.
Für die Landesregierung erteile ich dem zuständigen Wissenschaftsminister, Herrn Dietrich Austermann, das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Anzahl der Anträge sowie der Wortmeldungen und deren Inhalt machen die Komplexität des Themas Lehrerausbildung deutlich.
Wir haben gewissermaßen zwei Eckpfosten: Der eine ist der Bologna-Prozess, der uns vorschreibt, dass wir nach Möglichkeit Bachelor- und MasterStudiengänge einführen. Der andere sind die Beschlüsse der Kultusministerkonferenz.
Die Kultusministerkonferenz hat drei Bedingungen beschlossen: Die Regelausbildungszeit darf nicht verlängert werden, der Masterabschluss darf erst nach Erreichen von 300 ECTS-Punkten - auf Deutsch: Leistungspunkte - vergeben werden, was einem fünfjährigen Studium entspricht und es muss sich ein Vorbereitungsdienst von 18 Monaten anschließen.
Wenn man all dies berücksichtigt, sich die gegenwärtige Situation in Europa vor Augen führt und gleichzeitig im Hinterkopf behält, dass der Bologna-Prozess mit Bachelor und Master eigentlich eine Verkürzung der Ausbildung und eine Kompatibilität innerhalb von mehreren Ländern in Europa erreichen will, dann merkt man, dass dies eine ganz schwierige Geschichte wird.
Da kann man sich auf den Standpunkt stellen und sagen: Am besten machen wir gar nichts und wir bleiben bei der bisherigen Ausbildung, das heißt, wir lassen alles so, wie es ist. - Oder man sagt: Wir halten künftig ein System mit drei Jahren Bachelor, zwei Jahren Master und zwei Jahren Vorbereitungsdienst vor. - Dann hat dies aber eine Verlängerung der Ausbildungszeit zur Folge; es gibt eine Fülle von Bedingungen, die einzuhalten sind.
Bei den Studiengängen für das Lehramt sind die Anforderungen einfach zu realisieren. Die jetzige Ausbildungszeit von insgesamt sieben Jahren, also fünf Jahre Studium und zwei Jahre Vorbereitungsdienst, wird nicht verlängert. Das kann man leicht mit drei Jahren Bachelor und zwei Jahren Master und anderthalb bis zwei Jahren Vorbereitungsdienst übersetzen. Das ist ganz einfach.
Schauen wir uns einmal die Situation in den einzelnen Bundesländern an! Für den Nordverbund heißt das, dass wir alle Studiengänge mit dem Master