Protokoll der Sitzung vom 04.05.2006

Schauen wir uns einmal die Situation in den einzelnen Bundesländern an! Für den Nordverbund heißt das, dass wir alle Studiengänge mit dem Master

(Anke Spoorendonk)

ausstatten müssen. Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfahlen gehen den klarsten Weg mit einer Dauer von vier Jahren für den Bachelor für Grund-, Haupt- und Realschule; dafür habe ich große Sympathien. Die Bayern bleiben beim Staatsexamen.

Ich habe zwei Töchter, die noch studieren. Eine studiert in Baden-Württemberg auf Lehramt; sie hat ein bestimmtes System. Die andere studiert nun in Münster in Westfalen. Vorher studierte sie in Düsseldorf und Düsseldorf hat ein anderes System als Münster. Wir finden also eine totale Zersplitterung der Landschaft im Bereich der Lehrerausbildung vor. Und nun sollen wir möglicherweise noch eine Zeitlang die Realschullehrerausbildung an der Christian-Albrechts-Universität mit der an der Flensburger Universität verknüpfen, und zwar auf der Basis der unterschiedlichen Vorschläge, die heute gemacht worden sind.

Ich begrüße den Vorschlag der Koalition, weil er uns Handlungsspielraum gibt. Wir wollen morgen zusammen mit der Kollegin Erdsiek-Rave über das Thema reden. Ich hoffe, wir werden uns einig und können Ihnen dann in der nächsten Woche einen gemeinsamen Beschlussvorschlag vorlegen. Zuständig für die Ausbildung bin ich. Zuständig für die Lehrer ist Frau Erdsiek-Rave. Wir müssen deshalb zu einem Kompromiss kommen; ich bin mir sicher, dass wir zu einem kommen.

Es gibt vier Wege, um zu einem Kompromiss zu kommen. Der erste Weg wäre ein vierjähriger schulartspezifischer Bachelor-Studiengang - ich habe das angeführt -, der zweite Weg ein dreijähriger polyvalenter Bachelor-Studiengang, auf den ein auf das jeweilige Lehramt zugeschnittener zweijähriger Master-Studiengang aufbaut. Das bedeutet, das Studium wird länger. Hamburg und Niedersachsen wollen beim Master für Real-, Grund- und Hauptschule bleiben, allerdings mit verschiedenen Modellen. In Norddeutschland gibt es also keine Einheitlichkeit mehr. Der dritte Weg wäre die Beibehaltung des Staatsexamens und viertens käme die Änderung oder Ignorierung der Kultusministerkonferenzbeschlüsse in Betracht.

Zum Antrag der FDP! Dort heißt es, mit einem Bachelor habe man keine Chancen.

(Dr. Ekkehard Klug [FDP]: Lehramtsbache- lor!)

- Ja, Lehramtsbachelor. - Dazu sage ich Ihnen Folgendes: In der letzten Statistik liegt die Quote der Abbrecher, die auf Realschullehramt im Bereich Flensburg studiert haben, bei über 60 %. Wenn wir beim alten System blieben, würde dies

noch lange nicht heißen, dass wir nun eine heile Welt hätten.

Ich denke vielmehr, dass das Bachelor-System man kann für oder gegen es sein - einen Vorteil hat: Es schafft eine permanente Leistungskontrolle und damit eine gewisse Verschulung des Universitätssystems. Es stellt damit gleichzeitig für viele jüngere Leute eine zielgerichtete Heranführung an einen Abschluss der Ausbildung dar und das bedeutet weniger Abbrecher. Insofern finde ich den Bachelor als alleinige Möglichkeit für die Grund-, Hauptund Realschule nicht verkehrt.

Wir haben 400 Weiterbildungseinrichtungen in Schleswig-Holstein, die Verwendungsmöglichkeiten bieten. Es gibt freie Träger, Bildungsstationen in der Wirtschaft, Gewerkschaften, Kirchen und Stiftungen und sie alle könnten geeignete Kräfte brauchen, die nach der vierjährigen Ausbildung mit Bachelor abgeschlossen haben.

Auf Bundesebene sind über 700.000 Personen im Weiterbildungssektor beschäftigt; auch dies könnte man als eine Möglichkeit sehen.

Zu Ihrem Antrag! - Man kann Ihnen darin zustimmen, dass es innerhalb Deutschlands mittlerweile viele unterschiedliche Modelle in der Lehrerausbildung gibt; dazu habe ich gesprochen. Die Situation ist verwirrend. Das, was einmal in Lissabon angestrebt wurde, nämlich Kompatibilität und kürzere Studienzeiten, scheint nicht zu erreichen zu sein.

Zu dem von Ihnen erwähnten Studiengang Vermittlungswissenschaften an der Universität Flensburg! Ich denke, dass dieser Studiengang durchaus zeigt, dass es möglich ist, Fachwissen, Fachdidaktik und -pädagogik polyvalent zu verbinden, also die frühere alleinige Ausrichtung auf das Lehramt zu überwinden.

Wir müssen im Interesse der jungen Leute zu einem Kompromiss kommen, der das Optimale herbeiführt, ohne dabei die Ausbildungszeiten zu verlängern. Henry Ford hat gesagt: Die Wettbewerbsfähigkeit eines Landes beginnt im Klassenzimmer. Ich hingegen glaube, die Wettbewerbsfähigkeit eines Landes beginnt bei der Lehrerausbildung.

Vor dem Hintergrund dessen, was manche in manchen Unterrichtsstunden an den Schulen vermitteln, denke ich schon, dass wir uns rechtzeitig darauf vorbereiten sollten, die richtigen Lehrer vernünftig ausgebildet zu den Schülern zu schicken. Wir werden uns bemühen, das in einem gemeinsamen Kompromiss hinzubekommen. Ich hoffe, dass der Landtag diesem dann mit großer Mehrheit zustimmt.

(Minister Dietrich Austermann)

(Beifall bei CDU und SPD)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Ich lasse zunächst über den Änderungsantrag der Fraktion der FDP, Drucksache 16/752, abstimmen. Wer dem zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Damit ist dieser Antrag gegen die Stimmen der FDP mit der Mehrheit des Hauses abgelehnt.

Ich habe nunmehr vernommen, dass Kollege Weber angeboten hat, im Bildungsausschuss weiter zu diskutieren und Kollegin Spoorendonk hat weiteren Beratungsbedarf angedeutet. - Herr Weber, bitte.

Herr Präsident! Wir wollen gern im Ausschuss weiter diskutieren, allerdings auf der Grundlage eines Beschlusses, den das Parlament heute fassen möge, damit wir einen Rahmen für die weitere Arbeit haben. Das heißt, wir beantragen Abstimmung in der Sache über die Beschlussempfehlung des Ausschusses.

Danke. - Zur Geschäftsordnung hat sich Herr Hentschel gemeldet.

Dann bitte ich darum, dass über den von uns gestellten Ursprungsantrag alternativ zu dem vom Ausschuss empfohlenen Antrag abgestimmt wird.

(Dr. Ekkehard Klug [FDP]: Da wir gegen beide Anträge stimmen wollen, ist das nicht so angemessen!)

Dann müssen Sie sich möglicherweise bei beiden Abstimmungen enthalten, Herr Kollege.

Der Ausschuss empfiehlt die Ablehnung des Antrages Drucksache 16/264 sowie die Annahme des Antrages Drucksache 16/284. Es ist alternative Abstimmung beantragt worden.

Wer dem Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. Wer dem Antrag der Koalitionsfraktionen zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Enthaltungen?)

Damit ist bei Nichtbeteiligung der FDP dem Antrag der Mehrheitsfraktionen mit großer Mehrheit zugestimmt worden. - Herr Kubicki!

Herr Präsident! Nur fürs Protokoll: Wir haben uns beteiligt, allerdings konnten wir unserer ablehnenden Haltung gegen beide Anträge keinen Ausdruck verleihen.

Vielen Dank, Herr Oppositionsführer. Dieses Problem hatten wir des Öfteren, aber es bleibt bei der Feststellung.

Ich rufe nun Tagesordnungspunkt 24 auf:

Programme für Bildung und Jugend der Europäischen Union

Bericht der Landesregierung Drucksache 16/712

Ich erteile dem Minister für Justiz, Arbeit und Europa, Herrn Uwe Döring, das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die EUProgramme im Bildungsbereich haben eine lange und erfolgreiche Geschichte. Der vorliegende Bericht macht deutlich, wie wichtig die Europäische Union Bildung und Jugend nimmt. Er zeigt auch, wie vielfältig die Chancen sind, die sich uns in Schleswig-Holstein bieten. Die Programme fördern Zusammenarbeit und Mobilität zwischen den Menschen und den Bildungssystemen in Europa. Die Mobilität der jungen Menschen und die Förderung von Fremdsprachenkompetenz sind entscheidende Voraussetzungen für das Zusammenwachsen Europas. Genauso wichtig sind die Vergleichbarkeit der Bildungssysteme und die gegenseitige Anerkennung von Bildungsabschlüssen. Wir haben gerade darüber diskutiert.

Meine Damen und Herren, die finanzielle Ausstattung der Bildungs- und Jugendprogramme ist leider ein Paradebeispiel dafür, wie in der Europäischen Union das Wünschbare und das politisch Machbare häufig über Kreuz liegen. Die EU-Kommission hatte ehrgeizige Ziele, als sie im Juni 2004 ihren Programmentwurf verabschiedete. Jeder zwanzigste Schüler im erweiterten Europa sollte an den COMENIUS-Aktivitäten teilnehmen, rund 3 Millionen ERASMUS-Studenten sollten bis 2011 gefördert

(Minister Dietrich Austermann)

werden. 150.000 Auszubildende und junge Berufstätige sollten ein LEONARDO-Praktikum im Ausland machen und 25.000 Erwachsene sollten Möglichkeiten der Weiterbildung durch das Programm GRUNDVIG erhalten. Um diese Ziele zu verwirklichen, hätten allerdings für die kommende Förderperiode 2007 bis 2013 über 13 Milliarden € im EUHaushalt an Land gezogen werden müssen.

Nach dem Veto des Ministerrates waren diese Pläne jedoch Makulatur. Nun hat man sich auf eine Gesamtausstattung für die neuen Bildungsprogramme von voraussichtlich 6,7 Milliarden € geeinigt. Das ist insgesamt eine Steigerung um 800 Millionen € im Vergleich zur ursprünglichen Verhandlungsposition des Rates. Von den ausgehandelten zusätzlichen 4 Milliarden € in der finanziellen Vorausschau bekommt der Bildungsbereich immerhin knapp ein Viertel. Ich denke, das ist ein Ergebnis, das man noch akzeptieren kann. Wir hätten uns, das gebe ich zu, an dieser Stelle mehr gewünscht.

Meine Damen und Herren, die EU-Kommission wird in wenigen Wochen einen neuen Vorschlag für das Programm „Lebenslanges Lernen“ vorlegen. Angesichts der finanziellen Ausstattung werden sicherlich einige der ursprünglich geplanten Aktivitäten wegfallen müssen. Auch der Umfang vieler Programme wird angepasst werden müssen. Das ist schade für die Bildungsmobilität, aber angesichts der knappen Haushalte in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union offenbar unvermeidbar. Ich bin derzeit skeptisch, ob wir bei der Finanzausstattung noch Änderungen erreichen können, ich nehme eher an, das wird nicht der Fall sein.

Die Landesregierung kann die finanzielle Lücke aus Landesmitteln natürlich nicht ausgleichen, aber Beratung und Unterstützung, auch wie die vorhandenen Programme genutzt werden können, wird weiterhin möglich sein. Das Bildungsministerium ist bei den Programmen, die ich genannt habe, sehr aktiv, insbesondere bei dem COMENIUS-Programm. Für die jetzt auslaufende Progammperiode können wir ein erfreuliches Fazit ziehen. Schleswig-holsteinische Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben auch im Vergleich mit anderen Bundesländern das europäische Angebot sehr gut genutzt. Ein Beispiel aus meiner Heimatstadt, die Fachschule für Sozialpädagogik der Elly-Heuss-Knapp-Schule in Neumünster: In der Europaschule, die sich damit beschäftigt, angehende Erzieherinnen und Erzieher europaweit auszubilden, werden Praktika gefördert, das läuft seit Jahren hervorragend und ist ein sehr gutes Beispiel dafür, wie man auch mit konkreten Schulangeboten so etwas nutzen kann. Die vorgeschriebenen Auslandspraktika werden durch die

entsprechenden Programme gefördert und das Bildungsministerium unterstützt dies durch Ausgleichsstunden.

Auch in Zukunft werden wir dieses und viele andere Projekte fördern können. Wir müssen dabei auch sagen, wie so etwas wirkt. Ich denke, das ist der erfreuliche Teil; wir haben gestern die Europawoche in Rendsburg eröffnet und Frau Höfs und Herr Ritzek konnten sich davon überzeugen. Da waren mehrere Hundert Schülerinnen und Schüler, die von diesem Programm profitiert haben. Da waren Schülerinnen und Schüler aus Polen, aus Finnland, aus der Ukraine und man hat deutlich sehen können: Jeder Euro mehr für Bildung und Jugend ist gut investiert. Hier liegt die Zukunft Europas.

(Beifall bei SPD und CDU)

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat Herr Abgeordneter Karl-Martin Hentschel.

(Widerspruch)

- Entschuldigung! Das Wort hat die Vorsitzende der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Frau Abgeordnete Anne Lütkes.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Anne Lütkes ist nicht verwandt oder verschwägert mit Herrn Hentschel, um das bezogen auf Bemerkungen von Abgeordneten von vorhin noch einmal klarzustellen. Ich bin in der Fraktion zuständig für Europa und insofern erlauben Sie mir einige Bemerkungen zum vorliegenden Bericht.