Protokoll der Sitzung vom 29.06.2006

(Beifall des Abgeordneten Detlef Matthies- sen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

sondern dass wir uns mit der Region und mit dem konkreten Vorhaben befassen. Richtig ist, dass der Region Kappeln durch die Reduzierung der Bundeswehrstandorte hart betroffen ist. Das ist für den SSW ein Grund dafür zu sagen, dass Kappeln wenigstens bei der Änderung der Amtsgerichtsstruktur aus regionalpolitischen Gründen verschont werden sollte. Das war unser Ansatz.

(Beifall bei der FDP)

Wir haben schon viel über Statistiken gehört. Ich habe gelesen, dass jeder zehnte Bundesbürger durch eine Behinderung beeinträchtigt ist und dass viele Menschen aufgrund dieser Behinderung auf einen Urlaub verzichten, weil sie keine Möglichkeiten haben, einen Urlaubsort zu finden, der die geeigneten Voraussetzungen aufweist. Sowohl in Deutschland als auch in ganz Europa gibt es nahezu keine Sportund touristischen Angebote in Kombination mit entsprechenden Übernachtungsmöglichkeiten, die speziell auf Menschen mit Behinderung zugeschnitten sind. Bereits seit längerem gibt es Bestrebungen, solche barrierefreien sportlichen und touristischen Anlagen zu errichten, wo sowohl Menschen

(Detlef Matthiessen)

mit als auch ohne Behinderung einen kürzeren oder längeren Urlaub verbringen können und wo es Angebote und Aktivitäten für alle gibt.

Darum wurde von der regionalen Projektentwicklungsgesellschaft ein Konzept für ein barrierefreies Sport- und Freizeitzentrum auf dem ehemaligen Bundeswehrgelände in Kappeln-Ellenberg entwickelt. Dieses Projekt fand und findet die Unterstützung insbesondere vom Internationalen und Nationalen Paralympischen Komitee wie auch von unserem Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderung. Ich weiß noch, dass es 2001 eine Fachtagung von Ulrich Hase zu eben diesem Thema, zum Thema Freizeit für Menschen mit Behinderung, gegeben hat. Das Projekt hat also wirklich sehr gute Ansätze, Ansätze, die weit über das Touristische hinausreichen. Dr. Hase zeigt sich konkret - so ist mir gesagt worden - überzeugt davon, dass die Barrierefreiheit für Kappeln ein zusätzliches Markenzeichen werden könnte, das nicht nur für das Zentrum, sondern für die ganze Stadt weiterentwickelt werden könnte, sodass sich Menschen völlig auf sich gestellt überall hinbewegen können. Das ist ein guter Ansatz und ein interessanter Gedanke für die Weiterentwicklung der Region.

(Beifall bei FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Über das paralympische Segel- und Ruderzentrum hinaus soll auf dem Gelände eine Akademie errichtet werden, in der Sportler und Funktionäre der Behindertensportverbände und der beiden Paralympischen Komitees zusammenkommen können.

Es liegt eine Machbarkeitsstudie vor. Das haben wir schon gehört. Das Projekt wird allgemein positiv beurteilt. Das ist gut. Das ist lobenswert. Es ist deutlich zu sagen, dass wir mit einem solchen Vorzeigeprojekt europaweit ein Zeichen setzen. Der Bedarf an solchen touristischen, sportlichen und Übernachtungsangeboten ist sehr groß.

Sowohl der Bürgermeister der Stadt Kappeln wie auch alle Parteien in Kappeln haben bereits Ende letzten Jahres diesem Konzept ihre Unterstützung zugesagt. Hinzu kommt, dass man mit der BIMA über die Liegenschaft einig geworden ist.

Ich finde gut, dass die Kollegin Franzen sagt, dass man schon dabei ist, Nägel mit Köpfen zu machen. Wir sollten der Stadt Kappeln alle Unterstützung zusagen. Erst wenn wir das machen, wird es möglich sein - davon bin ich überzeugt -, die entsprechenden Fördermittel in maximaler Höhe von 70 % zu beantragen.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Auch ohne Po- tenzialanalyse?)

Letztlich ist es Sache der Landesregierung, der Zuteilung dieser Fördermittel zuzustimmen.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Sehr gut!)

Vor diesem Hintergrund erwarten wir, dass die Landesregierung die besondere Situation der Region Kappeln in ihre Erwägungen einfließen lässt, wenn es um die Zuteilung von Fördergeldern geht. Wenn wir also wollen, dass dieses Projekt Erfolg hat, muss das Gesamtkonzept mit seinen sportlichen und touristischen Anlagen gefördert werden. Nur so können wir wirklich etwas im Sinn der Stadt Kappeln erreichen.

(Beifall)

Ich danke der Frau Abgeordneten Spoorendonk. Das Wort für die Landesregierung hat nun der Wirtschafts- und Tourismusminister, Herr Dietrich Austermann.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir hatten heute eine Reihe von streitigen Punkten. Hier ist ein Punkt, bei dem offensichtlich das gesamte Haus mit einem Ziel, mit einer Aufgabe, mit einem Projekt einverstanden ist. Es wird gemeinsam getragen. Das ist erfreulich, weil es der Verwaltung die Arbeit erleichtert.

Nun hat die FDP einen Antrag gestellt. Die Landesregierung wird aufgefordert, das Projekt zu unterstützen. Dieser Antrag war schon erledigt, bevor er gestellt wurde,

(Beifall bei der CDU)

weil die Landesregierung - wie Frau Franzen und Frau Schlosser-Keichel darauf hingewiesen haben alle Anstrengungen unternimmt, um jedes sinnvolle Projekt, das insbesondere im Landesteil Schleswig auftaucht, massiv zu unterstützen.

(Beifall beim SSW - Zuruf von der CDU: Sehr gut! - Weitere Zurufe)

Nein, nein. Die sind so kräftig, die können von allein laufen. - Es gibt eine Reihe von Gründen, die dafür sprechen. Der erste Grund ist die besondere Gebeuteltheit der Region durch den Abzug der Bundeswehr. Viele tausend Arbeitsplätze sind weggefallen. Standorte sind geschlossen. 75 Liegenschaften in ganz Schleswig-Holstein.

(Anke Spoorendonk)

Der zweite Grund ist der, dass das Thema, um das es hier geht, ideal ist. Wir wollen etwas für Menschen mit Beeinträchtigungen tun, und zwar insbesondere im paralympischen, Touristik- und Freizeitbereich. Gerade dieses Thema ist besonders unterstützungswürdig.

Damit kein falscher Eindruck entsteht, sage ich aber auch Folgendes. Weil das Projekt so gut ist, ist das Risiko, dass Hoffnungen zerstört werden, umso größer. Deswegen muss wie bei jedem anderen Projekt - Unterstützung bedeutet ja finanzielle Unterstützung - genau hingeguckt werden.

(Beifall des Abgeordneten Günter Neugebau- er [SPD])

- Es ist klar, dass der Vorsitzende des Finanzausschusses das mit besonderem Augenmerk sieht.

Wenn also von den Mitarbeitern der Verwaltung Fragen gestellt werden, tun sie ihre Pflicht - nicht, weil sie sagen, sie müssten auf den sinnvollen Einsatz des Steuergeldes achten, sondern auch deshalb, weil sie wollen, dass das Projekt so läuft, dass es auch Bestand hat. Deshalb bitte: Deuten Sie kritische Fragen nicht als Skepsis, als Vorbehalte oder irgendwelche Behinderungsgründe.

Der Kreis Schleswig-Flensburg ist von Konversionsentscheidungen am stärksten betroffen worden. Wir haben ein Regionalmanagement eingesetzt, das mit 300.000 € gefördert wird. Das soll in der Region besonders helfen, Unterstützungsleistungen erbringen. Der Regionalmanager kümmert sich um die Belange der Konversionsstandorte. Kappeln ist ein Schwerpunkt seiner Arbeit. Die Realisierung dieses Zentrums Paralympicprojekt steht ganz oben auf der Liste.

Vor kurzem hat das Konversionsbüro in meinem Haus den Projektentwickler, die niederländische ConeGroup, und Vertreter der Stadt Kappeln zu einem Gespräch eingeladen. Das ist in konstruktiver Atmosphäre gelaufen, wenn ich dem Vermerk, den ich darüber gelesen habe, und den Aussagen der Mitarbeiter glauben darf. Das war alles bestens.

Dass kritische Fragen gestellt werden und Fragen, die immer dann gestellt werden müssen, wenn Geld fließen soll, hat damit zu tun, dass wir an der Schwelle einer neuen Fördermittelperiode stehen, dass ab Januar 2007 andere Bedingungen gelten. Die EU-Kommission hat einen Entwurf für die Vergabe von Fördermitteln vorgelegt. Er sieht neue Regionalleitlinien für das EU-Beihilferecht vor. Das bedeutet, dass wir bei parallelen Strukturen von Besitz- und Betreibergesellschaften, wie sie hier beabsichtigt sind, Schwierigkeiten bekommen können.

Man muss sich also zunächst einmal über die Rechtskonstruktion einig sein, damit man sagt: Hier können wir optimal fördern.

Die Stadt Kappeln muss noch einen Teil Hausaufgaben erledigen. Insbesondere muss sie das Risiko abschätzen. Wenn eine Kommune heute noch überlegt, dass sie Bau-, Finanzierungs- und Instandhaltungskosten für Sporteinrichtungen übernehmen will - darum geht es hier unter anderem -, müssen im Vorfeld alle Kosten, nicht nur die Investitionskosten, auf längere Sicht als zehn Jahre abgewogen werden.

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

- Wir müssen dabei bloß sehen, Herr Kubicki, dass wir zurzeit dabei sind, mit öffentlichen Mitteln ein Hallenbad in Schleswig, ein Hallenbad in Glücksburg, ein Hallenbad in Damp zu unterstützen. Das wäre das vierte. Hier müssen Dinge abgewogen werden.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Das war schon immer so, Herr Minister!)

Keine Dialoge, Herr Kubicki!

Eine Infrastrukturförderung des Schwimmbades wird nur dann möglich sein, wenn alle beihilferechtlichen Bedenken ausgeräumt werden können. Es muss auch möglich sein, dass Schulkinder in das Schwimmbad hineinkönnen. Es darf also nicht so sein, dass dort Closedshop gemacht wird. Über diese Frage müssen wir uns in Ruhe unterhalten. Es muss ein öffentlicher Zugang gewährleistet sein. Es muss eine diskriminierungsfreie Ausschreibung erfolgen. Natürlich muss auch die Konkurrenzsituation gegenüber bestehenden Einrichtungen geprüft werden.

Zusammenfassend kann ich sagen, dass es eine tolle Idee ist, die dort verwirklicht werden soll. Die tolle Unterstützung hier im Parlament wird begrüßt. Wir werden mit der Verwaltung in gleicher Weise mitziehen. Wir müssen zuvor aber noch eine Reihe von Fragen beantworten. Ich hoffe, dass wir diese Fragen innerhalb des nächsten halben Jahres alle beantworten können und dass die Investition dann zügig in Angriff genommen werden kann.

(Beifall im ganzen Haus - Wolfgang Kubicki [FDP]: Sehr gut! Wir werden nachfragen, Herr Minister!)

(Minister Dietrich Austermann)

Ich danke dem Herrn Minister. - Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Es ist Abstimmung in der Sache beantragt worden. Wer dem Antrag Drucksache 16/853 zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Soweit ich das erkennen kann, ist einstimmig zugestimmt worden.

Bevor ich den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufe, möchte ich anbieten, dass wir, wenn wir beim nächsten Tagesordnungspunkt in der Zeit bleiben, danach die Tagesordnungspunkte ohne Aussprache aufrufen. Dafür brauchen wir die Berichterstatterin, Frau Tenor-Alschausky und Frau Eisenberg - beide sehe ich hier im Saal - sowie Herrn Kalinka als Berichterstatter, dem ich diesbezüglich noch Bescheid zu sagen bitte.

Ich rufe nun Tagesordnungspunkt 27 auf:

Nutzung des EU-Programms Marco Polo II (2007-2013)

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 16/861

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall.