Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Förderprogramm Marco Polo der Europäischen Union bietet finanzielle Unterstützung für internationale Projekte, welche die Verlagerung von Straßengüterverkehr auf alternative Verkehrsträger zum Ziel haben. Den Verkehrsträgern Bahn, Binnenschiff und Kurzstreckenseeverkehr soll eine maßgebliche Rolle zukommen. Der LKW-Anteil soll so gering wie möglich gehalten werden.
Die Zielgruppe des Programms umfasst Wirtschaftsunternehmen jeder Art: Transportwirtschaft, Logistikdienstleister, Hafenbetriebe und verwandte Dienstleistungen, welche gemeinschaftlich grenzüberschreitende Projekte umsetzen und betreiben wollen. Das erste Marco-Polo-Programm lief von 2003 bis 2006 mit einem Budget von 100 Millionen €. Das Ziel des Programms ist sehr ambitioniert: Der durchschnittliche jährliche Zuwachs im internationalen Straßengüterverkehr wird auf den Kurzstreckenseeverkehr, die Schiene und die Binnenschifffahrt verlagert. Der Hintergrund ist dabei,
dass die EU-Kommission bis zum Jahre 2013 von einem prognostizierten Zuwachs des Straßengüterverkehrs innerhalb der EU von mehr als 60 % ausgeht.
Die EU-Kommission hat das Nachfolgeprogramm Marco Polo II mit einer Laufzeit von 2007 bis 2013 aufgelegt. Es sollte zunächst mit 740 Millionen € ausgestattet werden. Jetzt sind es 400 Millionen € geworden. Das ist aus unserer Sicht sehr bedauerlich, denn Marco Polo ist das einzige EU-Programm, das aktive Maßnahmen zur Verringerung des Straßenverkehrs und für einen umweltfreundlichen Güterverkehr vorsieht. Mehr als 140 Milliarden Tonnenkilometer Transportleistung will die EU-Kommission bis 2013 verlagern. Das entspricht 7 Millionen LKW-Fahrten von 1.000 km und vermindert die CO2-Emissionen um 8.400 Millionen kg. Das Europäische Parlament hat dem Programm Anfang Juni 2006 zugestimmt.
Schleswig-Holstein als Verkehrsdrehscheibe zwischen Skandinavien und Kontinentaleuropa mit hohen Anteilen von Transitverkehren wäre für ein solches Programm prädestiniert. Schleswig-Holstein muss ein hohes Interesse an Verlagerungen des Güterverkehrs von der Straße auf Schiene und Schiff haben.
Für das Programm Marco Polo II werden seitens der EU-Kommission zwei neue Arten von Aktionen vorgeschlagen: so genannte Meeresautobahnen und Verkehrsvermeidung. Beide Themen können sinnvoll durch Projekte von Unternehmen aus Schleswig-Holstein besetzt werden. Die Landesregierung kann dabei werbend und unterstützend wirken. „Motorways of the Sea“ sind kein neues Thema. Auch in den TEN-Projekten taucht dieses Thema auf.
Der Kommission geht es vor allem um intermodale Transportketten und eine verbesserte Verknüpfung alternativer Verkehrsangebote mit dem Straßenverkehr. Bestehende Infrastrukturen und Angebotsressourcen sollen besser genutzt werden. Langfristig werden laut Kommission circa 600 Milliarden € zur Vervollständigung der Infrastrukturen benötigt, um die transeuropäischen Verkehrsnetze zu verwirklichen. Bei dieser gigantischen Summe muss jedem klar sein, dass nicht alle prioritären TEN-Projekte verwirklicht werden können. Deshalb geht es nicht ohne Verkehrsverlagerung auf Schiff und Schiene.
Wir wissen, dass der Seehafen Kiel zusammen mit dem Rotterdamer Hafen ein Projekt für Marco Polo I konzipiert hatte, aber bei der EU leider nicht zum Zuge kam. Wir bitten die Landesregierung, die Bildung von länderübergreifenden Konsortien aus
mindestens zwei Unternehmen, die sich für eine Projektförderung im Rahmen von Marco Polo II interessieren, zu unterstützen oder gegebenenfalls auch zu initiieren. Solche Projekte sind keine Selbstgänger. Sie sind hoch komplex und folglich muss koordiniert werden. Das Gleiche gilt für die Formulierung von Projektanträgen gemäß den Aktionen und den Regeln der Antragstellung für das EU-Programm Marco Polo II. Auch hier kann die Landesregierung mit ihrer Kompetenz wertvolle Unterstützung leisten.
Es wäre sehr bedauerlich, wenn Schleswig-Holstein die Chancen von Marco Polo II für unser Verkehrssystem nicht nutzen würde. Wir wollen mit unserem Antrag darauf aufmerksam machen und zum Handeln auffordern.
Ich möchte auf der Besuchertribüne als nahezu einzige Zuhörerin die Landesvorsitzende von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Marlies Fritzen, begrüßen. - Herzlich willkommen!
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verstopfte Autobahnen und Staus auf den Landstraßen gehören heute bedauerlicherweise zum alltäglichen Straßenbild. Schätzungen gehen davon aus dies hat Herr Matthiessen eben gesagt -, dass der Straßengüterverkehr in Europa bis zum Jahr 2013 um 60 % zunehmen wird, sofern keine gezielten Gegenmaßnahmen unternommen werden. Schon heute ist das Straßennetz an vielen Stellen nicht mehr in der Lage, den anfallenden Verkehr aufzunehmen. Die Folge sind zunehmende Verkehrsunfälle, Staus, Umweltschäden sowie erhebliche Kosten für den Ausbau der notwendigen Straßeninfrastruktur.
Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, hat das Europäische Parlament das überarbeitete EU-Förderprogramm Marco Polo II beschlossen. Wie sein Vorgängerprogramm Marco Polo I bezuschusst Marco Polo II Verkehrsdienste, die Transportalter
nativen zum LKW anbieten. Es geht also darum, den Umstieg von der Straße auf die Schiene oder auf das Wasser zu unterstützen. Dies halte ich für wichtig und auch für richtig. Insofern haben Sie, lieber Herr Kollege Matthiessen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, hier auch einmal einen ordentlichen Antrag gestellt.
Allerdings bin ich einigermaßen darüber verwundert, dass Sie heute die Umsetzung des Prinzips „from road to sea“ fordern. Gestern haben Sie noch das Gegenteil gefordert, indem Sie die Fahrrinnenanpassung der Elbe verhindern wollten. Das ist Ihnen glücklicherweise nicht gelungen, Herr Matthiessen.
Unser Ziel ist die Umsetzung des Prinzips „from road to sea“; Sie verfolgen hingegen das Prinzip „from road to sea“. Wir wollen nicht, dass die Container per LKW aus den niederländischen Häfen weiter nach Hamburg transportiert werden. Wir wollen, dass sie schnell und zuverlässig per Schiff nach Hamburg transportiert werden.
Unabhängig von Ihrem Antrag begrüße ich natürlich das EU-Programm. Im Rahmen dieses Programms werden in den nächsten acht Jahren 400 Millionen € von der Europäischen Union zur Verfügung gestellt. Es werden jedoch nur solche Projekte gefördert, die grenzüberschreitend und zwischen zwei voneinander unabhängigen Unternehmen vereinbart werden. Schleswig-Holstein hat insofern eine hervorragende Ausgangsposition.
Im Nordseeraum, im Ostseeraum oder direkt hinter der Landesgrenze in Dänemark können unsere Unternehmen Partner finden, mit denen sich solche Projekte realisieren lassen. Dabei ist für SchleswigHolstein von großer Bedeutung, dass auf Drängen des Europäischen Parlaments beschlossen wurde, die von der Kommission vorgeschlagenen Förderschwellen zu halbieren. Dadurch haben insbesondere kleine und mittlere Unternehmen, wie sie in Schleswig-Holstein häufig vorkommen, die Chance, eine Förderung aus diesem Fördertopf zu erhalten.
Bevor wir allerdings diesem Antrag der Grünen zustimmen können, würde mich interessieren, welche Erfahrungen die Landesregierung mit dem Programm Marco Polo I gemacht hat. Dieses Programm startete im Jahr 2003 und läuft Ende dieses Jahres aus. Ich beantrage daher, den Antrag der Grünen an den Wirtschaftsausschuss zu überweisen
- wir können darüber reden - und die Landesregierung zu bitten, dort über die Erfahrungen mit dem Marco-Polo-I-Programm zu berichten, Herr Minister Austermann.
Ich danke dem Herrn Abgeordneten Jasper. - Herr Abgeordneter Hans Müller erhält nun das Wort für die SPD-Fraktion.
Sehr verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Marco Polo II ist nicht der kleine Bruder des Namensgebers und weltreisenden Venezianers. Es handelt sich - viel profaner - um ein EU-Projekt. Es geht in diesem Projekt um den Transport von Gütern innerhalb der Europäischen Gemeinschaft. Genauer: Es geht um die Art und Weise des Transports. Der Zeitraum 2007 bis 2013 ist für dieses Projekt vorgesehen. Das Europäische Parlament hat den Bericht hierzu in erster Lesung angenommen. Marco Polo II ist mit einem Gesamtfinanzierungsrahmen von 400 Millionen € ausgestattet. Mehr hätte auch ich mir gewünscht, aber es ist immerhin mehr als der Förderungsbetrag bei Marco Polo I; da waren es 115 Millionen €.
Die EU geht von folgenden Entwicklungen als Begründung für die Fortführung und Ausweitung des Programms aus: Bis zum Jahr 2013 wird der Straßengüterverkehr in der EU um 60 % zunehmen. Bis zum Jahr 2020 wird sich der Straßengüterverkehr in den zehn neuen Beitrittsländern verdoppeln. Die daraus resultierenden Folgen sind weitere Verkehrsstaus, Unfälle, Verzögerungen im Transport beziehungsweise Lieferverkehr mit der möglichen Konsequenz einer Einschränkung der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie. Die Verteuerung der fossilen Brennstoffe, die ein kosteneffizientes und zuverlässiges Verkehrssystem empfindlich stören können, ist eine weitere Folge.
Wir haben das eine oder andere Mal auch schon erfahren: Nicht zuletzt folgen ökologische Schäden. Eine jüngst veröffentlichte US-Studie hat darauf hingewiesen, dass sich die Erderwärmung sogar noch schneller beschleunigt, und das mit den bekannten Folgen, nämlich tennisballgroßen Hagelkörnern wie gestern im Schwarzwald.
wichtig der EU die Förderung dieser Verkehrs- und Transportstrategie ist. Marco Polo ist ein marktorientiertes nachfragegesteuertes, auf nachhaltige Verkehrsverlagerungen gerichtetes Projekt. Durch die Halbierung der Mindestförderschwellen von 1 Millionen € auf 0,5 Millionen € wird der Zugang für kleine und mittlere Unternehmen deutlich verbessert.
Für Meeresautobahnen liegt die untere Grenze bei 2,5 Millionen €. Die Aktionsarten sind hier zum Teil schon genannt worden: die Verlagerung des Verkehrs, Kurzstrecken-Seeverkehr, Schienenverkehr, Binnenschifffahrt, Meeresautobahnen mit den entsprechenden Sicherheitsmaßnahmen, der gute Zugang zu Häfen - für Schleswig-Holstein von ganz besonderer Bedeutung -, insbesondere bezüglich Lübeck,
sowie flexible Leistungen der Hafenwirtschaft und effiziente Hinterlandverbindungen. Gemeint ist auch die 10 %-ge Reduzierung des Güterumschlagvolumens an t/km auf Straßen. Nicht zuletzt sieht das Programm Marco Polo II auch einen Fonds der Förderungsbetrag ist nicht so hoch, beträgt nämlich 250.00 € - für gemeinsames Lernen vor. Was kann man - auch grenzüberschreitend - voneinander lernen, wenn man diese Maßnahmen ergreift? Laut Prognosen wird der Zuwachs im internationalen Güterverkehr auf den europäischen Straßen im Zeitraum von 2007 bis 2013 ohne Beeinflussung der Gemeinschaft eine Transportleistung von 140 Milliarden t/km betragen. Diese entspricht 7 Millionen LKW-Fahrten über eine Entfernung von 1.000 km, einer typischen Strecke im internationalen Straßenverkehr. Wenn die Gemeinschaft die Verlagerung von diesen Millionen LKWFahrten weg von der Straße unterstützen kann, dann wird jeder von der Gemeinschaft als Unterstützung ausgegebene Euro einen Umweltnutzen in Form von eingesparten externen Kosten in Höhe von 6 € erzeugen, sagt die EU.
Es ist sehr zu wünschen, dass dieses Programm auch Nutzer in unserem Land findet und die nötige Unterstützung von Regierung und Verbänden erfährt. Meine Fraktion beantragt die Überweisung des Antrags zu baldigen Beratung an den Europaund den Wirtschaftsausschuss.
Ich danke dem Herrn Abgeordneten Müller. - Für die FDP-Fraktion erhält Herr Abgeordneter Dr. Garg das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Sie hätten jetzt die Möglichkeit, all das, was der Kollege Matthiessen gesagt hat, in ähnlicher Form noch einmal zu hören.
(Wolfgang Kubicki [FDP]: Besser! - Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das kann gar nicht sein!)
- Wie auch immer! Letztlich lässt sich der Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so zusammenfassen: Die Landesregierung möge dafür werben, dass die Europäische Union hier Geld ausgibt. Damit das auch klappt, soll die Landesregierung den interessierten schleswig-holsteinischen Unternehmen dabei helfen, Erfolg versprechende Anträge zu formulieren.
Ich kann dazu nur sagen: Wir unterstützen diesen Antrag voll und ganz. Wir könnten diesem Antrag heute auch in der Sache zustimmen. Wenn Sie dem Antrag nicht in der Sache zustimmen wollen, weil offensichtlich noch Beratungsbedarf besteht, dann beantrage ich für meine Fraktion federführend Überweisung an den Wirtschaftsausschuss und mitberatend an den Europaausschuss.