Liebe Kolleginnen und Kollegen, es geht uns darum, jetzt noch einmal ein Zeichen zu setzen, Stellung zu beziehen und Farbe zu bekennen; denn der zweite Teil der Föderalismusreform wird irgendwann kommen. Wenn wir nicht deutlich machen, wie wir uns die Weiterentwicklung der föderalen Ordnung vorstellen, dann werden wir noch schwächer dastehen, als es derzeit der Fall ist.
Man sollte sich noch einmal die Stellungnahmen angucken, die die Experten im Rahmen der Anhörung zur Föderalismusreform abgegeben haben. Das war verheerend, und zwar auch das, was über den Kulturbereich insgesamt gesagt worden ist. Der Deutsche Kulturrat hat meiner Meinung nach Recht, wenn er sagt, dass das, was auf Bundesebene gelaufen ist, ein Armutszeugnis ist.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die politischen Entscheidungsstrukturen zwischen Bund und Ländern in Deutschland sind reformbedürftig; daran gibt es, glaube ich, überhaupt keinen Zweifel. Das wird im Grundsatz auch von niemandem bestritten. Mehr Transparenz - auch mehr Transparenz für die Bürgerinnen und Bürger darüber, wer was entscheidet - und mehr Klarheit sind dringend notwendig.
Frau Spoorendonk, auch in der Vergangenheit gab es natürlich Blockaden, die parteipolitisch motiviert waren. Aber es gab immer auch zwischen den Ländern der unterschiedlichen Couleur Länderinteressen, die unabhängig von den parteipolitischen Zugehörigkeiten spezifisch eingebracht worden sind. Das neueste Beispiel dafür ist übrigens, wie unterschiedlich sich die Parteien in den Ländern zu dem Gesamtvorhaben einlassen. Die FDP in NordrheinWestfalen will in der Koalition, in der sie sich dort befindet, zustimmen. Der Fraktionsvorsitzende der Grünen in Baden-Württemberg - das ist nun wirklich interessant und zeigt, worum es dabei eigentlich geht - sagt, außerdem würden die Länder jetzt echte Bildungsstaaten und bei der Gestaltung eines länderadäquaten Dienstrechts sei sehr viel Musik drin. Die Kritik der Grünen im Bundestag sei ein fundamentaler Angriff auf das Subsidiaritätsprinzip. Quer durch die Parteien werden massiv Länderinteressen vertreten, insbesondere natürlich von denen, die im Süden dieser Republik sind. Ich bewerte das jetzt gar nicht, ich stelle nur dar, wie die Lage wirklich ist.
Bei der ganzen Sache steckt aber der Teufel im Detail. Vieles ist hier schon besprochen worden, insbesondere im Bildungsbereich. Mit ist natürlich klar, das war der Bereich, an dem der erste Anlauf der Föderalismusreform gescheitert ist. Hier musste es also Kompromisse geben. Alle die, die sagen, es dürfe nicht noch einmal an dieser Frage scheitern, haben natürlich auch nicht ganz Unrecht. Ich will aber ausdrücklich sagen, Teile der Reform im Bildungsbereich trage ich durchaus mit und sehe sie auch als Fortschritt an. Das betrifft die Stärkung in planerischer und gesetzgeberischer Hinsicht. Das muss eigentlich auch dem Parlament ganz recht sein. Das heißt natürlich auch mehr Verantwortung für die Bundesländer und mehr Verantwortung insgesamt für die Kultusministerkonferenz, durch vie
Da lehne ich mich nun wirklich nicht zurück, Frau Kollegin, sondern ich weiß sehr wohl, wie schwierig das bei den divergierenden Länderinteressen ist. Ich wehre mich nur immer wieder dagegen, dass es die KMK ist, die das Ganze nicht schaffen kann. Nein, es sind auseinander driftende Länderinteressen, die verhindern, dass man sich da einigt. Ich könnte schöne Beispiele dafür nennen, etwa in Sachen Hochschulrecht, auch in Fragen des Dienstrechts, wo jetzt schon klar ist, dass es eine Gemeinsamkeit in diesen Fragen zwischen allen Ländern nicht geben wird. Daran ist aber nicht die KMK schuld, sondern das Auseinanderdriften der Länderinteressen.
Positiv ist auch die deutsche Teilnahme an internationalen Leistungsstudien. Bildungsforschung und nationale Bildungsberichterstattung stehen endlich auf vernünftigen Füßen. Bund und Länder werden sie in Zukunft gemeinsam finanzieren. Gut ist auch, dass von Anfang an klar war, dass die Forschungsförderung in ihrer bisherigen Struktur erhalten bleibt.
Ich sehe natürlich auch die Schattenseiten und die zum Teil gravierenden Nachteile. Die betreffen im Grundsatz den Wettbewerbsföderalismus. Ich finde, dass Länder wie Schleswig-Holstein, überhaupt Länder, die ungleiche Startchancen in einem solchen Wettbewerb mitbringen, kein Interesse an diesem Paradigmenwechsel haben können, wirklich nicht. Es geht in Zukunft gerade im Bildungsbereich um die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands im europäischen und im globalen Wettbewerb. Es geht nicht um die Konkurrenz zwischen Bremen und München. Wenn wir unsere Konkurrenzfähigkeit national in diesem globalen Bildungsmarkt, der es inzwischen ist, erhalten wollen, müssen wirklich alle Länder in Deutschland in einer nationalen Strategie an einem Strang ziehen. Das ist meine Meinung.
Zu diesen schwierigen Vorschlägen gehört vor allem der, die Besoldung, Versorgung, Laufbahnen in die Länderzuständigkeit zu geben. Dass eine Auseinanderentwicklung zu befürchten ist, ist, glaube ich, jedem klar, und zwar in beide Richtungen, vermutlich nach unten eher im Bereich der Lehrerbesoldung und nach oben im Kampf um die besten Köpfe an den Hochschulen.
Ich habe immer deutlich gemacht, dass ich insbesondere das Kooperationsverbot in Bildungs- und in Hochschulangelegenheiten für falsch halte. Ich mache daraus nach wie vor kein Hehl. Es ist ange
sichts der finanziellen Kräfte vieler Länder schlicht kontraproduktiv. Ich sage hier auch noch einmal aus meiner Sicht: Ein Ganztagsschulprogramm wie das von der Bundesregierung aufgelegte hätten wir allein überhaupt nicht bewältigen können. Ich kenne keine Kommune, Frau Eisenberg, die dieses Geld zu diesen Konditionen nicht dankbar entgegengenommen hat. Die hätten das allein nicht geschafft und das war ein Segen und das sagen inzwischen auch die Kollegen aus allen Ländern.
Ein Wort noch zu den großen Herausforderungen, die von Ihnen, Herr Dr. Klug, ja richtig beschrieben worden sind. Ich finde, zwei bedürfen der ganz besonderen Aufmerksamkeit. Das Erste ist die Bewältigung des Problems, das wir mit der Integration von Migrantinnen und Migranten vor uns haben, und zwar in allen Bereichen, in der Kita, in der Schule. Das bedarf eines riesigen finanziellen Kraftaktes, auch finanziell, aber nicht nur. Das Zweite ist das Anwachsen der Studierendenzahlen. Diese beiden Kraftakte können meiner Meinung nach nur durch nationale Anstrengung von Bund und Ländern gemeinsam bewältigt werden. Deswegen bin ich erleichtert, dass zumindest das Kooperationsverbot, wenn auch unter den schwierigen Bedingungen der Einstimmigkeit, im Bereich der Hochschulen gefallen ist. Alle Experten hatten sich dafür ausgesprochen und der Hochschulpakt kann auf den Weg gebracht werden.
Ich bin wahrlich keine Zentralistin, obwohl ich schon einmal in der „Süddeutschen Zeitung“ als solche abgebildet wurde, als ich mich kritisch zur Föderalismusreform eingelassen hatte. Die Kulturhoheit der Länder ist auch für mich ein wirklich hohes Gut. Aber in der Bildungspolitik brauchen wir in den zentralen Fragen einen nationalen Rahmen. Über den soll nicht die Bundesregierung, der Bundestag entscheiden, das müssen die Länder gemeinsam schaffen, aber dazu braucht es Zusammenarbeit und dazu braucht es eine gemeinsame Strategie. Diese Aufteilung in Bund und Länder im Bereich der Bildung halte ich im Prinzip nicht für richtig. Die Länder sollen entscheiden, aber der Bund soll Hilfen und Unterstützung geben können.
Meine Damen und Herren, in der nächsten Woche entscheidet das Kabinett. Das wird angesichts dieser wirklich schwierigen Lage keine einfache Entscheidung, bei aller Einsicht in die Notwendigkeit der grundlegenden Reformen. Diese Entscheidung kann ich hier natürlich nicht vorwegnehmen. Ich denke, die Diskussion darüber, wie es nach der Fö
deralismusreform insbesondere im Hinblick auf die Stufe 2 weitergeht, die eigentlich noch dramatischer und noch spannender ist, steht noch vor uns. Das Parlament ist herzlich aufgefordert, diese Debatten wirklich intensiv zu führen.
Ich schlage Ihnen vor, abweichend von § 75 der Geschäftsordnung beide vorliegenden Anträge zu selbstständigen Anträgen zu erklären. - Widerspruch sehe ich nicht. Dann werden wir so verfahren.
Wer dem Antrag der Abgeordneten des SSW, Drucksache 16/868, zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Damit ist der Antrag mit den Stimmen der Fraktionen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP sowie der Abgeordneten des SSW gegen die Stimmen der Fraktionen von SPD und CDU abgelehnt.
Wer dem Antrag der Fraktionen von SPD und CDU, Drucksache 16/893, zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen! - Enthaltungen? - Damit ist der Antrag mit den Stimmen der Fraktionen von CDU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP sowie der Abgeordneten des SSW angenommen.
a) Zweite Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Einführung von Innovationsbereichen zur Stärkung der Einzelhandels- und Dienstleistungszentren (BID-Gesetz)
b) Zweite Lesung des Entwurfs eines Gesetzes über die Einrichtung von Partnerschaften zur Attraktivierung von City-, Dienstleistungsund Tourismusbereichen (PACT-Gesetz)
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich verweise auf die Vorlage und schlage dem Landtag vor, den Gesetzentwurf in der Fassung der rechten Spalte der Drucksache 16/819 anzunehmen.
Ich danke der Frau Berichterstatterin. Gibt es Wortmeldungen zum Bericht? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Aussprache und erteile dem Herrn Abgeordneten Detlef Matthiessen das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Um die Innenstädte zu stärken und den Einzelhandel in der City zu beleben, hat die grüne Landtagsfraktion im September 2005 einen Gesetzentwurf für die Einführung von BID, Bündnis für Innovation und Dienstleistung, in Anlehnung an den etablierten englischen Begriff Business Improvement District in den Landtag eingebracht. Damit wollten wir die BID-Idee auf den politischen Entscheidungsweg bringen. Die Eigentümer in einem BID-Bezirk können gemeinsam die Infrastruktur, zum Beispiel Beschilderung, Beleuchtung, Fahrradstellplätze et cetera, die Begrünung oder Reinigung verbessern, sie können Stadtteilfeste oder Sonderaktionen organisieren und eine geschäftsübergreifende Kundenbetreuung aufbauen. Mit den üblichen Trittbrettfahrern bei gemeinschaftlichen Aktionen ist dann Schluss: Alle profitieren, alle entscheiden mit, alle leisten aber auch ihren Beitrag. Genau darum geht es. Der grüne Gesetzentwurf lehnt sich eng an den Text des Hamburger Gesetzes an und bezieht ausschließlich nur die Grundeigentümer und Erbbauberechtigten als Beantrager und Beitragsleistende ein.
Dass der grüne Gesetzentwurf eins zu eins von der Koalition übernommen wird, haben wir nicht erwartet. Innenminister Stegner legte einen völlig neuen, aus unserer Sicht untauglichen Gesetzentwurf vor und versuchte, mit der Wortneuschöpfung „PACT“ die eigene Kreativität zu unterstreichen. Der Einwurf von Stegner, das Gesetz eines Stadtstaates könne nicht auf ein Flächenland übertragen werden, hat sich erledigt, nachdem Hessen das Hamburger Gesetz übernommen hat. Es geht also.
Die heftigen Kritiken aus den Verbänden an dem ersten PACT-Gesetzentwurf haben ihre Wirkung nicht verfehlt. Der Innenminister hat sich jedoch nur teilweise als lernfähig erwiesen. Der neue Gesetzentwurf, vom Kabinett im April verabschiedet und von den Koalitionsfraktionen im Hause noch einmal verändert, verzichtet gänzlich auf ein Antragsquorum für die Einrichtung eines BID-Gebietes. Die Kommune könnte theoretisch also schon dann beschließen, einen abgegrenzten BID-Bereich festzulegen, wenn nur ein Grundeigentümer dies anregt - um nur ein Beispiel schlechter handwerklicher Umsetzung zu nennen.
Es ist zielführender, wenn die private Initiative schon zu Beginn breiter getragen wird, um den späteren Erfolg abzusichern. Im grünen Gesetzentwurf ist deshalb ein Quorum von 15 % der Grundstückseigentümer mit 15 % der Gesamtfläche des BIDBereiches vorgesehen, um den Antrag auf eine BID-Satzung bei der Kommune stellen zu können.
Das von der Koalition vorgeschlagene PACT-Gesetz ermöglicht die Einbeziehung von Gewerbetreibenden, da auch sie von einer Attraktivitätssteigerung des Quartiers profitieren würden. Es bleibt den Kommunen überlassen, ob sie jetzt tatsächlich die Gewerbetreibenden einbeziehen wollen oder sich nur an die Grundeigentümer wenden. „Kann“ und „können“ wird anstelle klarer rechtlicher Bestimmungen gesetzt und dann noch als Höchstmaß an Flexibilität und eigener Verantwortung verkauft. Das wird zu Rechtsunsicherheiten führen und erhöht den Aufwand. Wenn die Kommune von den grundsätzlichen Vorgaben des Landesgesetzes abweicht, also von einer Kann-Bestimmung Gebrauch macht, dann darf sie das nicht willkürlich tun, sie muss sich Gedanken machen, warum und in welcher Weise sie das tut, sie muss ein Ermessen ausüben. Das muss wasserdicht begründet werden, sonst ist das eine Einladung für Klagen, egal von welcher Seite.
Anders als die Grundeigentümer sind die Gewerbetreibenden keine homogene Gruppe und es gibt bei den Mietern eine hohe Fluktuation. Ein langfristiges Engagement kann nur von den Grundeigentümern getragen werden. Weiterhin sind nun die Freiberufler aus dem Kreis der Abgabepflichtigen herausgenommen worden. Auch das ist nicht stimmig, hätten doch auch sie Vorteile von den durch das Gesetz möglichen Aufwertungen der Innenstädte.
- Genauso, wie ein Laden verbesserte Kundschaft bekommt. Das bedeutet eine Belebung nicht nur für die Gewerbetreibenden; alle dort wirtschaftlich Tätigen hätten Vorteile.
Wenn man Gewerbetreibende einbezieht, dann kann ich es nicht nachvollziehen, warum man dann nicht auch die Freiberufler einbezieht.