Protokoll der Sitzung vom 14.09.2006

Eine Frage kann er ja noch stellen.

Nein, das lassen wir nicht zu. Die Redezeit ist abgelaufen. Ich bedanke mich, Herr Matthiessen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich erteile das Wort für die CDU-Fraktion Herrn Abgeordneten Johannes Callsen.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Grünen haben mit ihrem Antrag zum Erdkabel auf ein Thema aufmerksam gemacht, das dieses Haus und die gesamte Landespolitik bereits seit einigen Jahren intensiv beschäftigt, und ich muss gestehen: Ich bin schon ein wenig überrascht, dass gerade die Partei, die sich in der Vergangenheit vehement für

den Ausbau der Windenergie eingesetzt hat, offenbar keine Vorsorge dafür getroffen hat, um den Windmüllern den produzierten Windstrom auch tatsächlich abnehmen zu können.

(Beifall bei der CDU)

Die Forderung nach der Privatisierung und der Rolle rückwärts in der Liberalisierung des Energiemarktes können wir an anderer Stelle noch einmal diskutieren. Da sind auch interessante Dinge zu beobachten.

Das aber ist Schnee von gestern. Wir wollen uns heute im Interesse der Bürger entlang der drei diskutierten Hochspannungsstrecken konstruktiv mit dieser Thematik auseinandersetzen und Lösungswege aufzeigen.

Nachdem die CDU-Fraktion bereits im Jahre 2004 einen Antrag für den wirtschaftlichen Erdkabelausbau hier unterstützt hat, waren wir mit dem zuständigen Fraktionsarbeitskreis vor einigen Wochen erneut in Nordfriesland, um uns mit den Betroffenen über die Situation zu unterhalten. Auch die ausführliche Anhörung im Wirtschaftsausschuss, für die ich allen Beteiligten sehr herzlich danke, hat dazu beigetragen, die unterschiedlichen Positionen besser bewerten zu können. Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass sich sowohl die Windmüller wie auch die Landwirte, deren Flächen von Freileitungen betroffen wären, für den Bau von Erdkabeln aussprechen.

(Zurufe)

- Nein, ich komme noch zur Begründung. Es hat alles seinen Sinn, Herr Kollege. Die einen sprechen sich aus für den Bau von Erdkabeln, um die notwendigen Netzkapazitäten schneller zu erreichen und um den Windstrom in das Netz einspeisen zu können, die anderen, um die Bewirtschaftung der landwirtschaftlichen Flächen nicht zu erschweren. Gerade dieser Aspekt wurde bei den praktischen Vorführungen bei unserer Arbeitskreissitzung in Breklum eindrucksvoll vorgeführt.

Hinzu kommt die Tatsache, dass Erdkabel aufgrund der höheren Akzeptanz in der Bevölkerung wohl schneller zu realisieren sind als Freileitungen und auch die Landschaft durch Erdkabel weniger beeinträchtigt wird als durch Freileitungen, wenngleich man auch den zahlreichen Windkraftanlagen, Herr Kollege Matthiesen, eine gewisse landschaftsprägende Stellung wohl nicht absprechen kann.

Wir haben uns daher in unserem Antrag dafür ausgesprochen, dass wir hinsichtlich der konkreten Stromnetzausbauprojekte Breklum-Flensburg,

(Detlef Matthiessen)

Heide-Pöschendorf und Göhl-Lübeck grundsätzlich für Erdverkabelungen sind. Neue Hochspannungskabel entlang diesen Strecken sollten folglich als Erdkabel gelegt werden, wenn es technisch machbar und wirtschaftlich vertretbar ist.

Hiermit kommen wir zu einem Aspekt, der in der Vergangenheit nicht immer ausreichend berücksichtigt wurde, aber bei der Anhörung im Wirtschaftsausschuss eine nicht unwesentliche Rolle spielte. Ich meine die zumindest nicht hundertprozentig widerlegten möglichen Mehrkosten von Erdkabeln, die unter dem Strich ja jemand tragen muss. Wir erleben derzeit auf den verschiedensten Feldern eine intensive Debatte über steigende Energiepreise und Strompreise, die für Verbraucher und Unternehmen zu einer zunehmenden Belastung werden und das Wirtschaftswachstum insgesamt beeinträchtigen können.

Die Statistikbehörde der Europäischen Union hat erst vor wenigen Monaten festgestellt, dass die Strompreise in Deutschland 22 % über dem europäischen Durchschnitt liegen. Wir sollten also im Interesse des Wirtschaftswachstums und der Schaffung neuer Arbeitsplätze alles tun, um zusätzliche Energiepreissteigerungen, seien sie auch noch so klein, zu vermeiden.

Deswegen muss die Frage beantwortet werden: Wer trägt die Mehrkosten eines Erdkabels gegenüber einer Freileitung, wenn es tatsächlich zu solchen Mehrkosten kommt? Müsste der Energieversorger für diese Mehrkosten aufkommen, würde er sie wohl über den Strompreis an den Verbraucher weitergeben und damit die Strompreise insgesamt erhöhen. Das ist auch genau unsere Besorgnis.

Daher erwarten wir, dass sich die Erzeuger regenerativer Energien, die auch wirtschaftlich von einer höheren Einspeisung profitieren, angemessen an den möglichen Mehrkosten von Erdkabeln beteiligen, um eine Strompreiserhöhung zu vermeiden.

Ich bin dankbar, dass es die Windenergieproduzenten selbst waren, die ein solches Angebot unterbreiteten. Ich gehe davon aus, dass dies in den weiteren Gesprächen zwischen Energieversorgern und Windmüllern entsprechend berücksichtigt wird. Auf jeden Fall ist der Beschluss, den wir im Wirtschaftsausschuss einstimmig gefasst haben, für den Windenergieproduzenten ein ebenso deutliches Signal wie für die Energieversorger.

Wir als CDU sind für Erdkabel auf den drei genannten Hochspannungsstrecken, wenn sie wirtschaftlich vertretbar sind. Wir sind gegen hausgemachte Strompreiserhöhungen.

(Beifall bei CDU und SPD)

Ich begrüße auf der Tribüne sehr herzlich Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Senioren-Union aus Grönwohld, Kreis Stormarn. - Seien Sie uns herzlich willkommen!

(Beifall)

Das gilt auch für den Energiestaatssekretär a. D. Voigt, der uns hier lauscht.

Ich darf das Wort jetzt für die SPD-Fraktion der Frau Abgeordneten Regina Poersch erteilen.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich, dass nach Beratung im Wirtschaftsausschuss heute der Landtag ein klares Bekenntnis zum Erdkabel ablegen wird.

(Beifall bei der SPD)

Man muss wohl sagen: wieder ablegen wird. Denn so war es schon in der letzten Wahlperiode. Heute zeichnet sich sogar ein gemeinsames Bekenntnis aller Fraktionen ab. Darüber freue ich mich.

Die SPD-Fraktion erwartet unabhängig von der wirtschaftlichen Einzelfallprüfung, dass damit für alle Beteiligten, also auch für das Wirtschaftsministerium, eine deutliche Aufforderung zur Realisierung von Erdkabeln gesetzt ist.

(Beifall bei der SPD)

Aber bei einem Kompromiss ist es so, dass man sich nur selten zu 100 % darin wiederfindet. Daher möchte ich aus der Sicht der SPD-Fraktion wenigstens mündlich noch auf ein paar Dinge eingehen.

Schade ist aus meiner Sicht, dass sich die Überlegungen auf Bundesebene, im Rahmen des Infrastrukturplanungsbeschleunigungsgesetzes die Umlage von Mehrkosten bei der Erdverkabelung von Hochspannungsleitungen auf die Netznutzungsentgelte gesetzlich zu ermöglichen, in unserem gemeinsamen Beschluss nicht wiederfinden.

Es wäre aus meiner Sicht durchaus wünschenswert, in das Infrastrukturplanungsbeschleunigungsgesetz neben den 220- und 380-kV-Leitungen auch die 110-kV-Hochspannungsebene aufzunehmen, um auch hier etwaige Mehrkosten umlegen zu können. Das hätte nämlich die Frage der Mehrkosten ein für allemal geregelt.

(Beifall bei der SPD)

(Johannes Callsen)

Ich will deshalb die Gelegenheit nutzen, an unsere Landesregierung zu appellieren, sich auf Bundesebene hierfür starkzumachen, zum Beispiel im Bundesrat.

In der vom Wirtschaftsausschuss durchgeführten Anhörung konnte die These nicht widerlegt werden, dass ein Erdkabel gegenüber einer Freileitung in der Gesamtschau aller Faktoren am Ende durchaus wirtschaftlich vertretbar sein kann. Noch einmal: Zwar kann nach Einschätzung von Fachleuten bei 110-kV-Trassen die Variante Erdkabel gegenüber Freileitung geringfügig teurer sein, wenn sie nicht sogar kostengleich ist. Aber ein Erdkabel geht schneller in Betrieb. Damit kann endlich der einzelbetriebliche und insgesamt volkswirtschaftliche Verlust von mehreren Millionen Kilowattstunden minimiert werden, der nämlich entsteht, wenn wegen Überlastung des Stromnetzes Windstrom nicht eingespeist werden kann.

(Beifall bei der SPD)

Die Verlegung von Erdkabeln gibt wieder Schwung für die CO2-freie Energie aus Windkraft und Biomasse in Schleswig-Holstein und wird den aktuellen Investitionsstau auflösen.

Dass wir schnell ein leistungsfähiges Netz für den Windstrom brauchen, hat nicht zuletzt auch unsere gestrige Diskussion um Alternativen zu Atomkraft und Öl gezeigt.

(Beifall bei der SPD)

Das Netz zügig auszubauen ist Aufgabe aller Beteiligten. Da sind zuallererst die Netzbetreiber zu nennen.

Ich freue mich außerdem, dass darüber hinaus unser Appell Eingang in die Beschlussempfehlung des Wirtschaftsausschusses gefunden hat, dass neben den Netzbetreibern auch die Genehmigungsbehörden ihren Beitrag leisten müssen, dass der Netzausbau in Schleswig-Holstein zügig vorankommt.

(Beifall bei der SPD)

Dass der Landtag dabei grundsätzlich - ich möchte das nicht auf die drei laufenden Verfahren beschränkt wissen, lieber Johannes Callsen - dem Erdkabel den Vorzug gibt, sollten Netzbetreiber und Genehmigungsbehörden endlich zur Kenntnis nehmen.

(Beifall bei der SPD)

Ein Wort zu der Erwartung, die Erzeuger regenerativer Energien mögen sich angemessen an den möglichen Mehrkosten von Erdkabeln beteiligen. Das hört sich ja nett an. Die SPD-Fraktion ist jedoch

weiterhin grundsätzlich der Auffassung, dass Netz und Betrieb voneinander getrennt bleiben sollten. In anderen Bereichen machen wir mit einer solchen Trennung ebenso durchaus gute Erfahrungen.

Kommunalpolitiker, Bauernverband und Tourismusorganisationen erfahren durch unseren heutigen Beschluss endlich Unterstützung durch den Landtag in ihrer Ablehnung von Freileitungen. Die Stichworte lauten nach wie vor: Umweltschutz, Flächenschutz, Landwirtschaft, Landschaftsbild und Betriebssicherheit. In all diesen Bereichen ist das Erdkabel ganz einfach besser als Freileitungen.