Deshalb ist es auch konsequent, wenn sich zum Beispiel aus strafrechtlichen Verfehlungen von Vertragsärzten Rückforderungen der Kassenärztlichen Vereinigung ergeben können. Allein die Tatsache, dass sich dieses Hohe Haus heute mit diesem Thema befasst, ist ein wichtiges gesellschaftspolitisches, gesundheitspolitisches und rechtspolitisches Signal an die Öffentlichkeit. Nochmals, meine Botschaft heißt nicht, die Welt ist hier im Norden in Ordnung, sie kann nur heißen, Missstände öffentlich machen, Verdachtsmomenten konsequent nachgehen, Fehlverhalten ahnden und alle, die Hinweise geben, ernst zu nehmen und ihnen dies auch zu vermitteln. Das sind wir den Beitragszahlern ebenso schuldig wie denjenigen Akteurinnen und Akteuren in unserem Gesundheitswesen, die im härter werdenden Wettbewerb dennoch nicht nur den eigenen Vorteil im Blick haben - auch die gibt es unter den Ärzten -, sondern sich durch kritische Distanz gegenüber Begehrlichkeiten und Versuchungen immun zeigen.
Alle Akteure im Gesundheitswesen sind aufgerufen, Transparenz herzustellen. Dazu hat der zuständige Bundesgesetzgeber in den letzten Jahren die Rahmenbedingungen geschaffen, eine gute Vorlage geleistet. Nun gilt es diese umzusetzen. Wir alle müssen die Institutionen und vor allen Dingen die Menschen unterstützen, die in diesem schwierigen Feld arbeiten, und ihnen deutlich machen, dass wir in keinerlei Weise Korruption, Missbrauch und Betrug im Gesundheitswesen dulden.
Ich danke der Frau Ministerin. - Bevor ich die Aussprache eröffne, begrüße ich auf der Besuchertribüne sehr herzlich Auszubildende der Polizeischule in Eutin und Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Trainingsmaßnahme des Berufsfortbildungswerkes in Kiel. - Seien Sie uns herzlich willkommen!
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben uns bereits am 1. Juni 2006 mit dem Thema Korruption im Gesundheitswesen in diesem Hohen Haus beschäftigt. Alle waren wir uns dar
über einig, dass dies ein besonders schweres Fehlverhalten ist, da es um Vorteilsnahme zulasten der Allgemeinheit, insbesondere der Kranken und Bedürftigen geht.
Das Problem der Korruption im Gesundheitswesen lässt sich nicht wirklich auf Landesebene lösen. Sowohl von meiner Fraktion als auch von der SPD wurde in der letzten Debatte angeregt, dieses Thema über die Gesundheitsministerin als Mitglied der Arbeitsgruppe „Gesundheitsreform“ dort einzubringen. Minister Dr. Christian von Boetticher hatte in Vertretung von Frau Trauernicht deren Absicht angekündigt, „schon jetzt das Thema in die Beratung der von der Bundesregierung eingesetzten Arbeitsgruppe zur Gesundheitsreform einzubringen“. Es wäre interessant zu wissen, ob und welche Beratungen diesbezüglich bereits stattgefunden haben.
Die Landesregierung äußert sich in den Vorbemerkungen zum Jahrbuch „Korruption 2006“ sachlich und mit der gebotenen Vorsicht, Zahlen- und Datenmaterial aus dem Ausland nicht ungeprüft auf Deutschland zu übertragen. Das wäre ungerecht all denjenigen gegenüber, die sich in diesem Punkt um Sauberkeit bemühen. Dennoch teilt das Ministerium vorbehaltlos die Auffassung von Transparancy International, dass der Korruption wirkungsvolle Maßnahmen entgegenzusetzen sind.
Als zentrale Maßnahme wird genannt, dass die Gesundheitsreform 2004 mit strukturellen Reformen mehr Effektivität und Qualität der medizinischen Versorgung und einen Beitrag zu einem zielgerichteten Einsatz der Finanzmittel und zur Verbesserung der Transparenz leisten soll.
Mit den §§ 81 a, 197 a SGB V und 47 a SGB XI hat der Gesetzgeber die Kassenärztlichen und Kassenzahnärztlichen Vereinigungen, deren Spitzenverbände, die Krankenkassen beziehungsweise deren Landes- und Spitzenverbände verpflichtet, Ermittlungs- und Prüfungsstellen zur Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen einzurichten. Dieser Verpflichtung kommen die Verbände selbstverständlich nach, da auch sie ein berechtigtes Interesse daran haben, Korruption aufzudecken und Vertrauen bei ihren Partnern im Gesundheitssystem zu erwecken.
Im Folgenden zeigt der Bericht auf, welche Möglichkeiten der Vermeidung von Korruption von den Krankenkassen und Leistungserbringern wahrgenommen werden. Wir können sie nur darin unterstützen und ermutigen, rigoros vorzugehen.
Transparenz ist der rote Faden im Gesundheitswesen. Überall dort, wo der Weg erbrachter Leistungen und Vergütungen nachvollziehbar ist, wird Korruption erschwert. Da es im Gesundheitssystem eine ungleiche Verteilung von Information und Wissen gibt und darüber hinaus eine große Anzahl von Parteien beteiligt sind, verschärften sich die Schwierigkeiten, Transparenz zu schaffen. Dieses komplexe Thema lässt sich auch auf keinen Fall in einem fünfminütigen Redebeitrag abhandeln.
Auch der Bericht der Landesregierung kann nur die Richtung aufzeigen, die wir einschlagen müssen, um sowohl Korruption im großen Stil zu verhindern, als auch den kleinen Betrügern auf die Schliche zu kommen. Dabei kann auch Wachsamkeit der Bürgerinnen und Bürger helfen. Laut § 179 a Abs. 2 SGB V kann sich jede Person in Angelegenheiten des Verdachts auf Unregelmäßigkeiten oder auf rechtswidrige oder zweckwidrige Nutzung von Finanzmitteln im Zusammenhang mit den Aufgaben der jeweiligen Krankenkasse oder des jeweiligen Verbandes an die Ermittlungs- und Prüfstelle wenden.
Selbst wenn wir dem Motto folgen wollten, „Vertrauen ist gut - Kontrolle ist besser“, werden wir Korruption nie ausschließen können. Gier nach Geld und Macht, Zwänge, falsche Anreize lassen verantwortungslose und labile Menschen immer wieder neue Schlupflöcher finden.
Der Bericht der Landesregierung ist eine gute Grundlage, auf Landesebene Prozesse anzustoßen, die der Korruption im Gesundheitswesen wirkungsvoll begegnen. Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten!
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich darf zu diesem Tagesordnungspunkt die Rede meiner Kollegin Jutta Schümann vortragen, die leider immer noch erkrankt ist. Ich glaube, sie hat den Bericht sehr treffend ausgewertet. Ich trage ihre Ausführungen vor.
Deshalb scheint es gegenwärtig offensichtlich schwer zu sein, das Finanzgeschehen bei den Ausgaben auf Korrektheit vollständig und umfassend zu kontrollieren. Dabei geht es natürlich ganz besonders darum, die sogenannten schwarzen Schafe Herr Kollege Kubicki, die sogenannten schwarzen Schafe kenne auch ich - in diesem System zu entdecken und ihr Gebaren abzustellen.
Der vorliegende Bericht gibt einen guten Überblick über Maßnahmen und Möglichkeiten, wie der Korruption im Gesundheitswesen entgegenzuwirken ist.
Jutta Schümann bedankt sich bei der Ministerin und ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für die gute Übersicht, die mit dem Bericht gegeben wird und die wir im Fachausschuss sicherlich noch im Detail vertiefend diskutieren werden. Diesem Dank schließe ich mich an.
Möglicherweise können einzelne Aspekte der Fachressorts im Ausschuss durch ergänzende Informationen vertieft werden, zum Beispiel über die Berichterstattung zum Jahrbuch „Korruption 2006“ von Transparency International. Dies ist eine Nichtregierungsorganisation, die sich gegen Korruption wendet und der Verbesserung der Transparenz dienen will.
Geber und Empfänger sollten offenlegen, für wen Gelder bestimmt sind, sodass jeder prüfen kann, ob die Gelder ankommen. Die Länder sollten klare Verhaltenskodizes für Angestellte des Gesundheitswesens und für Anbieter aufstellen. Es müsste Regeln zur Überwindung von Interessenkonflikten geben. Die einzelnen Projekte sollten von externen Gutachtern überprüft werden. Ausschreibungen müssten öffentlich und transparent gehalten werden. Jede erkannte Form von Korruption müsse hart bestraft werden.
Neben diesen Empfehlungen aus dem Jahrbuch „Korruption 2006“ ist ebenfalls zu begrüßen, dass im Rahmen der Gesundheitsreform im Jahr 2004 festgelegt wurde, besondere Stellen zur Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen einzurichten.
Der Gesetzgeber hat die Kassenärztlichen Vereinigungen, die Kassenzahnärztliche Vereinigung, deren Spitzenverbände und die Krankenkassen verpflichtet, innerhalb ihrer eigenen Organisation selbstständige Ermittlungs- und Prüfstellen zur Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen einzurichten, um den effizienten Einsatz von Finanzmitteln zu stärken.
Der Gesetzgeber hat außerdem die Verpflichtung zur Zusammenarbeit der Stellen untereinander sowie den Informationsaustausch unter Beachtung des Datenschutzes und die Unterrichtungspflicht der Staatsanwaltschaft ausdrücklich festgelegt.
Weiterhin sind die Krankenkassen und die Leistungserbringer verpflichtet, ein unabhängiges Institut im Gesundheitswesen zu errichten, das sich mit der Darstellung und Bewertung des aktuellen medizinischen Wissensstandes und mit der Erstellung wissenschaftlicher Ausarbeitungen zur Frage der Qualität und Wirtschaftlichkeit der Leistungen befassen soll.
Eine nächste Maßnahme ist der Ausbau von Transparenz über Angebote, Leistungen und Kosten in der gesetzlichen Krankenversicherung. Damit soll die Patientensouveränität gestärkt werden. Auf Verlangen erhalten Versicherte vom Arzt, Zahnarzt oder Krankenhaus eine Kosten- und Leistungsinformation in verständlicher Form, um überprüfen zu können, ob die Leistungen auch wirklich erfolgt sind.
- Das ist vielleicht noch ein Übungsfeld, auf dem wir selber mehr Aufklärung betreiben müssen, Herr Kollege Neugebauer.
Die elektronische Gesundheitskarte, die künftig die herkömmliche Krankenversicherungskarte ersetzen soll, ist ein weiteres Instrument, Transparenz auf dem Gesundheitsmarkt herzustellen. Das haben wir bereits gestern vertiefend diskutiert.
Mit der Verpflichtung zur Veröffentlichung der Vorstandsvergütungen bei den Krankenkassen wird die notwendige Transparenz bezüglich des Inhalts von Vorstandsverträgen geschaffen. Ich glaube, das ist sehr wichtig.
Meine Kollegin Schümann hat zu dem Thema sehr viele Gedanken. Einige muss ich weglassen; sonst bekomme ich von der Präsidentin einen mahnenden Ruf. Deswegen will ich jetzt zum Schluss kommen.
Der Bericht, der uns heute vorgelegt wird, zeigt auf, dass es durchaus Instrumente gibt, die der Korruption im Gesundheitswesen entgegentreten können. Trotz dieser Instrumente scheint es aber notwendig zu sein, das Augenmerk immer wieder auf Vorgänge und Abläufe zu richten und diese auf Transparenz und Nachvollziehbarkeit zu überprüfen. Dazu
zählen durchaus auch Diskussionen im fachpolitischen Raum sowie Rückfragen bei Patientengruppen und Patientenvertretern. Wir sollten uns im Ausschuss darüber Gedanken machen, wie wir gerade für Schleswig-Holstein die bestehenden Instrumente optimal einsetzen und nutzen können, um direkt auf Landesebene der Korruption entgegenzuwirken oder sie sogar möglichst abzuschaffen. Schließlich geht es in diesem sehr komplexen Markt um die treuhänderische Verwaltung und die Ausgabe von Beiträgen, die Menschen für ihre Gesundheit bei der Krankenversicherung eingezahlt haben.