Hier die Grünen zum Beschluss über die Ausweisung von gentechnikfreien Regionen, dort die FDP, um zu prüfen, ob denn die CDU ihre Positionen der letzten Wahlperiode noch vertritt.
Lieber Kollege Hentschel, Sie haben hier ein wenig den Eindruck erweckt, als wäre Bt-Mais ein Speisemais und diente Menschen als tägliche Nahrung. Wer sich ein bisschen mit dieser Frage beschäftigt - ich sage das jetzt ganz ehrlich -, der wird feststellen, dass das bei weitem nicht der Fall ist. Bt-Mais wird als Futtermittel angebaut, zum Beispiel in Nordamerika. Im Produkt Fleisch ist nicht die geringste Spur der veränderten Pflanzen nachzuweisen.
Man muss einen anderen Bereich nennen, der in den Vereinigten Staaten zum Beispiel eine sehr große Rolle spielt: Das ist der Maisanbau für die Erzeugung von Bioethanol. Da hat die USA sehr ehrgeizige Ziele gesetzt, nämlich die Produktion, die derzeit bei 15 Milliarden Litern liegt, auf das Doppelte zu erhöhen, um mit dieser Erzeugung relativ unabhängig von den Märkten der OPEC zu sein. Das ist der
Die CDU und die SPD in Schleswig-Holstein haben in ihrem Koalitionsvertrag bislang keine gemeinsame Position zum Thema Gentechnik in der Landwirtschaft gefunden. Das wissen auch die Antragsteller.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es hat sich nicht viel geändert. In der Frage, ob eine solche Koexistenz für uns in Schleswig-Holstein für möglich und denkbar gehalten wird, haben wir natürlich unterschiedliche Auffassungen. Wir sind nach wie vor der Auffassung, dass Schleswig-Holstein in weiten Teilen des Landes nicht dazu geeignet ist, risikofrei, das heißt auch auf mögliche durchsetzbare Haftungsansprüche bezogen, einen Anbau in Koexistenz betreiben zu können. Das ist unsere Auffassung. Die bei uns vorherrschenden klimatischen Bedingungen und im Wesentlichen die westlichen Windlagen und entsprechenden Windstärken lassen dies unserer Auffassung nach kaum zu. Wir wissen auch, dass inzwischen das Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft dies in einem relativ großen Forschungsfeld von etwa 80 ha untersucht.
Sie, lieber Herr Kollege Hildebrand, fordern eine fokussierte Unternehmensförderung für die grüne Gentechnik, also Subventionen. Daneben denke ich, wenn ich Ihren Antrag lese, kann es unserer Auffassung nach keinesfalls Aufgabe der Landesregierung sein, geeignete Flächen für Freisetzungsversuche bereitzustellen. Auch das sind Subventionen. Das hat mit einem fairen Wettbewerb und der Gleichberechtigung der unterschiedlichen Wirtschaftsformen in der Landwirtschaft nichts zu tun. Sie reden in der FDP kontinuierlich über Subventionsabbau. Das passt irgendwie nicht mit Ihrem Antrag hier zusammen.
Vielleicht hätten Sie auch die Rede Ihres Kollegen Dr. Philipp Rösler im Niedersächsischen Landtag einmal verfolgen sollen, der in einer Rede am 20. April Folgendes gesagt hat:
„Wir als FDP fordern dagegen faire Bedingungen für die Koexistenz aller landwirtschaftlichen Wirtschaftsformen. Konventioneller Landbau, ökologischer Landbau und grüne Gentechnik müssen gleichberechtigt nebeneinander existieren können. Damit diese Formen nebeneinander existieren können, brauchen wir auch gerechte Haftungsregelungen. Ein Landwirt, der durch Eintrag von Fremdpollen Gewinneinbußen hat, muss natürlich entschädigt werden."
Das können auch wir unterstreichen, was Ihr Kollege dort im Niedersächsischen Landtag so gefordert hat.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, zum Antrag der Grünen, Drucksache 16/56, haben wir schon beschlossen, abschnittweise Abstimmung zu den Punkten 1 bis 3 vorzunehmen. Wir schlagen vor, Punkt 1 dem Ausschuss für Umwelt und Agrar zu überweisen. Dem Berichtswunsch in Nummer 2 werden wir mit der Veränderung des Berichtstermins, den wir besprochen haben, zustimmen. Punkt 3 wollen wir überweisen und auch Ihren Antrag, lieber Kollege Hildebrand, wollen wir an den Ausschuss für Umwelt und Agrar überweisen.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! An und für sich bietet das Thema „Gentechnik in der Landwirtschaft" für sich allein bereits genügend Stoff für emotionale Diskussionen, denn die einen sehen darin großes wirtschaftliches Potenzial und die anderen sehen darin erhebliche Gefahren für Mensch und Natur.
Ich denke, dass beide Seiten ihre Berechtigung in dieser Diskussion haben. Daher ist es die Aufgabe der Politik, hier die Rahmenbedingungen so zu setzen, dass sich beide Seiten durchaus wiederfinden können.
Mit dem Gentechnikgesetz hat Frau Künast einen solchen Rahmen gesetzt. Dies hat der SSW bereits begrüßt. Denn für uns ist es wichtig, dass die gentechnikfreie Landwirtschaft - das heißt die konventionelle Landwirtschaft sowie der Ökolandbau - weiterhin die Möglichkeit hat, gentechnikfrei zu produzieren. Denn es muss freie Entscheidungsmöglichkeiten für die Landwirte und letztlich auch für die Verbraucher geben.
Auf der anderen Seite muss den Befürwortern der Agro-Gentechnik aber auch die Möglichkeit eingeräumt werden, gentechnisch veränderte Organismen in der Landwirtschaft zu nutzen. Dafür müssen dann aber auch die notwendigen Flächen mit entsprechenden Pufferzonen vorgehalten werden.
bau bei Lebens- und Futtermitteln gewährleistet bleibt beziehungsweise dass geeignete Flächen für wissenschaftliche Institutionen und Unternehmen bereitgestellt werden. Beide Ansätze werden auch vom SSW unterstützt. Insbesondere die wissenschaftliche Begleitung von derartigen Forschungsvorhaben wird vom SSW gefordert, da dies aus unserer Sicht unabdingbarer Bestandteil der Technikfolgenabschätzung in Zusammenarbeit mit der Gentechnik ist.
Ein erheblicher Streitpunkt zwischen Gegnern und Befürwortern des Gentechnikgesetzes ist die vorgesehene Regelung im Hinblick auf die Haftung. Das Gesetz sieht hier vor, dass Landwirte, die Gentechnik anwenden, gesamtschuldnerisch für wesentliche Beeinträchtigungen durch Verunreinigungen bei gentechnikfreien Betrieben haften. Hier hat der Gesetzgeber aus Sicht der Gentechnikbefürworter den Handlungsspielraum erheblich eingeschränkt.
Aber ich habe es eingangs bereits gesagt: Der GenAnbau darf nicht zu einer schleichenden Verunreinigung bei der konventionellen oder der ökologisch wirtschaftenden Landwirtschaft führen, da wir auch künftig die Entscheidungsfreiheit wollen. Daher sehen wir die Haftungsregelung als ein wichtiges Steuerungsinstrument des Gesetzes. Aus diesem Grund können wir den dritten Punkt im FDP-Antrag nicht mittragen.
Hierbei möchte ich kurz anmerken, dass die Einrichtung eines entsprechenden Haftungsfonds den GenLandwirten, der Saatgutindustrie oder der Lebensmittelindustrie offen bleibt. Es besteht also durchaus die Möglichkeit, sich entsprechend zu wappnen, und auch darüber sollten wir im Ausschuss sprechen, ob wir das nicht einfordern sollten.
Es geht uns nicht darum, Biotechnologie oder die grüne Gentechnologie in Bausch und Bogen zu verurteilen oder schön zu reden. Was wir brauchen, sind klare Vorgaben, wie der Einsatz gentechnisch veränderter Organismen künftig geregelt werden soll, denn langfristige Auswirkungen dieser neuen Technik sind immer noch nicht ausreichend empirisch untersucht und können es auch gar nicht sein; dafür müssen nun einmal 20, 30 Jahre ins Land gehen.
Daher hätten wir dem Antrag der Grünen zugestimmt. Aber ich habe ja gehört, dass wir versuchen sollten, im Ausschuss vielleicht eine Einigung hinzukriegen. Dem wollen wir uns auf keinen Fall verschließen. Ich bitte darum, im Ausschuss auch einmal über den Haftungsfonds nachzudenken. Das würde vielleicht viel von der Emotion aus der Debatte herausnehmen, weil dann ein Problem, das die Landwirtschaft beziehungsweise die Gentechnikindustrie hat, vielleicht
Ich erteile nunmehr nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung dem Herrn Abgeordneten Karl-Martin Hentschel von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Hildebrand, Sie haben von Doppelzüngigkeit geredet bezüglich der Landwirtschafts- und Verbraucherministerin. Sie kann die Gentechnik gar nicht verbieten. Das ist nach EU-Recht gar nicht möglich. Es geht darum, klare Regelungen zu haben.
Es geht um zwei Punkte. Erstens geht es um das Haftungsrecht. Wir haben auf Bundesebene für ein klares Haftungsrecht gesorgt, wonach derjenige, der Schaden verursacht, auch dafür haftet. Ich finde, das ist eine ganz selbstverständliche Angelegenheit. Ich weiß nicht, warum man sich darüber aufregen muss, dass derjenige, der den Schaden verursacht, auch dafür haftet. Ich finde, das ist kein Problem, sondern es ist selbstverständlich, dass es so ist.
Zweitens geht es um die Vermischung. Dies ist aus folgendem Grund so wichtig: Wenn alles vermischt ist und ohnehin überall Pollen von gentechnisch veränderten Organismen herumfliegen, dann kann man keine Haftung mehr geltend machen. Deswegen ist klar, dass sauber getrennt werden muss, damit eindeutig ist, auf welchem Acker gentechnisch verändert angebaut wird und auf welchem nicht. Dafür muss man dann auch geradestehen.
Sie tun so, als würden bereits überall gentechnisch veränderte Organismen angebaut. Das ist nicht der Fall. In Schleswig-Holstein werden überhaupt keine gentechnisch veränderten Organismen angebaut und die Landwirte wissen das auch sehr gut. Fast überall in Deutschland ist es so. Die Futtermittelkonzerne haben in der Tat ein großes Interesse daran, dass sich das durchsetzt, weil sie dann die Futtermittel verkaufen können und die Bauern von den Futtermitteln abhängig werden. Diese können dann häufig nicht mehr zu den klassischen Anbaumethoden zurückkehren, weil Fakten geschaffen wurden, indem der Boden verändert wurde. Das heißt, die Futtermittelkonzerne haben die Bauern dann an der Kralle und die Bauern sind auf immer und ewig verdammt, die Sachen weiter zu kaufen. Die Futtermittelkonzerne können dann kassieren. Das ist natürlich klar. Diese Strategie wird
Ich komme zur Bezahlbarkeit. Wieso soll es nicht bezahlbar sein, wenn praktisch alle Landwirte konventionell produzieren? Natürlich ist es bezahlbar; denn sonst würden sie ja gar nicht so produzieren. Das, was Sie hier erzählt haben, klang so wie aus einer Werbebroschüre der Futtermittelindustrie. Das sollte man sich nicht unbedingt zu Eigen machen, sondern man sollte seinen eigenen Verstand behalten, Herr Hildebrand.
Ich danke dem Kollegen Karl-Martin Hentschel und erteile nunmehr Herrn Minister Dr. Christian von Boetticher für die Landesregierung das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Gentechnik gilt als Teilbereich der Biotechnologie und neben der Mikroelektronik und der Telekommunikation weltweit als eine der Schlüsseltechnologien des 21. Jahrhunderts. Natürlich bestehen auch hier Streit und Differenzen bezogen auf die Gefährlichkeit. Das war übrigens auch beim Handy lange Zeit der Fall. Es wird teilweise immer noch Streit über die Handystrahlung geführt. Ich will das nicht in dieselbe Redaktion stellen, aber selten ist eine Schlüsseltechnologie moderner Prägung unumstritten.
Ihnen ist auch bekannt, dass die Regierung hierüber noch keine gemeinsame Position gefunden hat. Wir werden eine solche in den Einzelfällen sicherlich erreichen können, bei den generellen Aussagen sind wir aber unterschiedlicher Meinung. Darum spreche ich für mich persönlich, wenn ich sage: Ich bin der Auffassung, dass wir die Chancen der grünen Gentechnologie auch in Schleswig-Holstein nutzen sollten.
Ihr Innovationspotenzial eröffnet auch für unsere schleswig-holsteinische Landwirtschaft viele Perspektiven. Dabei geht es eben nicht um blinde Technologiegläubigkeit, sondern wir reden hier über Pflanzen, deren Unbedenklichkeit für die Menschen und die Umwelt durch jahrelange Forschung nachgewiesen worden ist. Ich mache das sehr deutlich. Hier wird von den Grünen immer so gern auf die EU gehört. Besonders erfreulich finde ich dann immer die Rechtsausführungen des Kollegen Hentschel. Das ist
ungefähr so, als ob ich ihm etwas über die EDV erzähle. Davon habe ich nämlich auch keine große Ahnung. Interessant ist es aber trotzdem immer.
Es geht also keinesfalls um Technologiegläubigkeit, sondern die ganzen Pflanzen, über die wir hier reden, haben ein umfangreiches Zulassungsverfahren der Europäischen Union hinter sich. Das ist im Übrigen ein Unbedenklichkeitsverfahren. Auch das muss man hier zur Kenntnis nehmen.
Europa hat die Weichen für die Zulassung neuer genetisch veränderter Organismen gestellt. Durch die Gesetzgebung auf europäischer Ebene ist dabei vorgesehen, dass die Wahlfreiheit für Landwirte und Verbraucher gewährleistet sein muss. Gentechniknutzende und gentechnikfreie Landwirtschaft sollen nebeneinander bestehen können. Auch die neue Landesregierung bekennt sich zu den Zielen der Koexistenz. Ich bin im Übrigen froh darüber, dass das auch in Ihrem Antrag herauskommt; denn auch Sie reden von Koexistenz. Darüber bin ich natürlich mehr als erfreut.
Die EU-Kommission hat mehrfach deutlich gemacht, dass gentechnikfreie Regionen nur auf freiwilliger Basis eingerichtet werden können. Staatlich verordnete gentechnikfreie Regionen wird sie nicht akzeptieren. Ein wenig erinnert mich die Debatte auch an die über die ehemals atomwaffenfreien Zonen, die zum Weltfrieden bekanntlich auch nicht besonders viel beigetragen haben.
Die Maßnahmen, mit der die Koexistenz der verschiedenen Anbauformen sichergestellt werden soll, müssen effizient und verhältnismäßig sein. Wie diese Maßnahmen letztlich auszusehen haben, war übrigens auch schon in der vergangenen Regierung ein Grund zur Debatte. Nach den jetzt geltenden gesetzlichen Regelungen birgt der Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen für die Landwirte einige wirtschaftliche Risiken. Das ist in der Tat einzugestehen. Unter anderem sind die verschuldungsunabhängige und die gesamtschuldnerische Haftung zu nennen, die ein nicht kalkulierbares Risiko für die betroffenen Landwirte darstellen. Dafür brauchen wir sinnvolle Lösungen. Die Politik muss einen verantwortlichen Rahmen setzen.