Nein, liebe Kolleginnen und Kollegen, als bekennende Optimistin komme ich zu einem ganz anderen Schluss
- leider nicht, lieber Herr Kubicki - und sage es mit Theodor Fontane: „Über Plagiate sollte man sich nicht ärgern. Sie sind wahrscheinlich die aufrichtigsten aller Komplimente.“
So nehme ich die Initiative der FDP - trotz einiger Spitzen und Veränderungen; sie sind das Salz in der Suppe - als Kompliment für unseren guten alten CDU-Gesetzentwurf. Vielen Dank. Ich weiß ja, dass er in der zukünftigen Debatte nicht eins zu eins durchstehen wird. Das wird die Zukunft zeigen.
Aber ich möchte heute die Gelegenheit auch für einige Anmerkungen zu der Neuausrichtung der zukünftigen gemeinsamen Naturschutzpolitik von CDU und SPD nutzen, die wir in unserer großen Koalition miteinander verabredet haben. Wir haben in den Koalitionsverhandlungen schwer miteinander gerungen, aber wir haben uns geeinigt, und das in nur zwei Wochen. Herausgekommen ist ein klares Bekenntnis zu einer modernen Naturschutz- und Umweltpolitik, die sich an den Vorgaben der Agenda 21 von Rio ausrichtet. Der Koalitionsvertrag macht dazu klare Aussagen. Ich zitiere:
„Wir wollen aus christlicher und humanistischer Verantwortung und gemäß der Verfassung Umwelt und Natur als Lebensgrundlagen und auch aufgrund ihres eigenen Wertes schützen. Deshalb wollen wir die hohe Lebensqualität in Schleswig-Holstein bewahren und ausbauen. Der Schutz der Natur, der Umwelt und des Klimas sind gerade für uns im Norden zentrale politische Aufgabe.“
Wir werden die Nachhaltigkeitsstrategie des Landes unter Einbindung aller Ministerien überprüfen und weiterentwickeln und wir haben uns klar zu unserer Verantwortung für die eine Welt bekannt. Zur Stärkung der Umweltbildung wird es eine Enquetekommission geben, die bis zum Sommer 2006 - das ist ein enger Zeitplan - ein Konzept „Bildung für nachhaltige Entwicklung in Schleswig-Holstein“ vorlegen soll.
„Die große Koalition setzt auf einen kooperativen Umweltschutz, das heißt auf mehr ortsbezogene Fachlichkeit und Förderung von ehrenamtlichem Handeln, auf weniger staatliche Bevormundung, Bürokratisierung
Liebe Kolleginnen und Kollegen, vor diesem Hintergrund wiederhole ich meine Forderung: Naturschutz darf in Schleswig-Holstein nicht länger als Verhinderungsstrategie dienen. Naturschutz wird in Zukunft notwendige Entwicklungen und Projekte begleiten und mitgestalten, so dass sie umweltverträglich sind. Darum ist es gut, dass wir endlich vom ideologischen grünen Diktat befreit sind.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, es hätte wahrlich nicht der Gesetzesinitiative der FDP bedurft, um zu einer Novellierung des Landesnaturschutzgesetzes zu kommen. Im Rahmen unserer Koalitionsverhandlungen haben wir uns auf viel weit reichendere Maßnahmen verständigt. Ich zitiere:
,,Wir wollen das umfangreiche rechtliche Regelwerk... mit dem Ziel der Deregulierung und des Bürokratieabbaus überprüfen.“
Das gilt insbesondere für Landesjagdgesetz, Landesnaturschutzgesetz, Landeswassergesetz, Landeswaldgesetz, Landesbodenschutzgesetz und Landesabfallgesetz,
die in einem ersten Gang bis 2006 überprüft und bearbeitet werden. Wir werden ein einheitliches Umweltgesetzbuch auf Landesebene prüfen.
Uns ist bewusst, dass dies sehr ehrgeizige Ziele sind. Wir wollen einen engen Zeitplan, wir wollen aber vor allem Sorgfalt vor Aktionismus, Solidität vor Windhundprinzip.
Ich bin sicher, dass unser Landwirtschafts- und Umweltminister, Herr Dr. von Boetticher, dabei ein verlässlicher und durchsetzungsstarker Partner ist.
Für die bisherige Zusammenarbeit und für die ersten wichtigen Weichenstellungen zur Umsetzung von Punkten des Koalitionsvertrages möchte ich Ihnen, Herr Dr. von Boetticher, und Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern an dieser Stelle ganz herzlich danken. Ich denke, Sie haben schon gute Anstöße aufgenommen und in praktisches Handeln umgesetzt und dafür viel Unterstützung aus der Verwaltung bekommen.
Aber zurück zum rechtlichen Regelwerk! Ich will nicht zurückblicken und wiederholen, was ich dazu in
früheren Debatten gesagt habe. Vieles hat nach wie vor Gültigkeit. Wichtig ist, dass wir jetzt nicht erneut in den Fehler verfallen, einzelne Gesetze vorgezogen und nur für sich zu betrachten und zu novellieren. Sie sind vielen von uns aus den letzten Jahren hinlänglich bekannt. Wir kennen die Inhalte, unsere unterschiedlichen, aber auch unsere gemeinsamen Positionen und die politischen Knackpunkte.
In dieser großen Koalition haben wir jetzt aus meiner Sicht die einmalige Chance, die von uns selbst erhobene Forderung nach Deregulierung und Entbürokratisierung ernst zu nehmen und die genannten Gesetze in diesem Sinn aus einem Guss zu überarbeiten und neu zu gestalten. Nur in einer Gesamtbetrachtung der Regelungen können endlich Mehrfachregelungen, unter Umständen sogar mit unterschiedlichem Inhalt, ausgeschaltet werden.
- Wir haben zehn Minuten, Lars Harms. - Ich überschlage zum Beispiel die Erholungsnutzung, die in verschiedenen Gesetzen wie dem Landesnaturschutzgesetz, dem Landeswaldgesetz und dem Landeswassergesetz geregelt ist. Insoweit gibt es gute Möglichkeiten, dies zu bündeln.
Für die Überarbeitung dieser unterschiedlichen Gesetzesvorhaben werden wir einen vernünftigen Zeitplan benötigen, um die Vorgabe Sommer 2006 zu erfüllen. Unabhängig davon ist mir klar, dass wir uns im Koalitionsvertrag zwar auf bestimmte Rahmenvorgaben geeinigt haben, aber natürlich stecken die Probleme im Detail. Wir werden noch manche Stunde brauchen, um zu gemeinsamen Lösungen zu kommen, uns manchmal vielleicht auch durchzuringen, zum Beispiel wenn es um weniger Planungsebenen in der Landschaftsplanung, um weniger Schutzgebietskategorien oder um eine Vereinfachung und um neue Maßstäbe in der Eingriffs-Ausgleichsregelung geht.
Ich bin aber zuversichtlich, dass wir am Ende der Diskussion gemeinsam tragfähige Lösungen gefunden haben werden. Unsere Chance liegt in der gemeinsamen Arbeit, die uns jeweils erkennen lässt, was der andere wirklich will, losgelöst vom früheren politischen Schlagabtausch in der Öffentlichkeit, und unsere Chance liegt in dem gemeinsamen Ziel, unserer Verantwortung für unser Land gerecht zu werden, für die Menschen, für die Kinder, die Enkel, für unsere Natur und Umwelt und ihre nachhaltige Entwicklung und Sicherung.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wie nicht anders zu erwarten war, versuchen die Oppositionsparteien gerade im Umweltbereich, die Regierungsparteien mit früheren Positionen und Anträgen aus den letzten Wahlperioden in Widersprüche zum Koalitionsvertrag zu verwickeln.
Das ist ihr gutes Recht, das werden sie auch weiterhin versuchen. Das ist uns klar. Aber es wird ihnen nicht gelingen.
Es ist das Wesen von Koalitionsverträgen, dass zwei Parteien ihre Positionen gegeneinander und nebeneinander stellen und miteinander aushandeln, welche Gemeinsamkeiten es gibt und welche Kompromisse für beide Seiten erträglich sind.
So war das auch in unserem Fall und weder für die CDU noch für die SPD ist der Text des Koalitionsvertrages im Umwelt- und Landwirtschaftsbereich die reine Wiedergabe des ursprünglichen Wahlprogramms, auch wenn natürlich jede Seite versucht, das Ergebnis in ihrem Sinne zu deuten und als Erfolg zu verkaufen. Auch das gehört zum Ritual.
So kann ich sagen, dass wir vonseiten der SPD dafür gesorgt haben, dass die Umweltpolitik in diesem Land nicht unter die Räder kommt. Sie werden von mir niemals den Satz hören, dass die Umweltpolitik der Landwirtschaft untergeordnet wird.
Aber ein Koalitionsvertrag ist und bleibt ein Kompromiss und so ist es auch im Bereich des Naturschutzes und bei einigen Umweltgesetzen.
Nun zum Gesetzentwurf der FDP, der, wie bereits erwähnt, der Text des Antrages der CDU aus dem Jahre 2002 ist, dem die FDP seinerzeit übrigens selbst nicht zugestimmt hat, weil sie - wie wir, allerdings zum Teil andere - rechtliche Bedenken hatte.
- Herr Kubicki, alter Wein in neuen Schläuchen - oder in neuen Kühlschränken -wird durch Umdeklarieren
(Zurufe von der CDU und des Abgeordneten Lars Harms [SSW] - Klaus Müller [BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt geht es um Wein, da kennt er sich aus!)
Meine inhaltlichen und rechtlichen Bedenken habe ich hier in der Debatte am 11. Dezember 2002 im Landtag vorgetragen. Ich kann insofern auf meine damalige Rede verweisen. - Kollegin Todsen-Reese, schon wieder eine Gemeinsamkeit!
- Es war eine gute Debatte. - Wir haben allerdings seit der Novelle unseres Naturschutzgesetzes vom 7. Mai 2003 eine andere Situation. Herr Hildebrand, das sollten Sie noch einmal nachlesen. Seither ist unser Gesetz eine Eins-zu-eins-Umsetzung des übergeordneten Rechts, was das bis dahin geltende zugegebenermaßen nicht war, hatte doch bis zur Novellierung des Bundesnaturschutzgesetzes am 25. März 2002 die ausreichende Umsetzung europäischen Rechts auf Bundesebene gefehlt. Insofern waren wir - hier teilweise und auch in anderen Punkten - dem Bund voraus. Der Bund hat ja auch bei uns abgeschaut und unser Landesnaturschutzgesetz zum Vorbild genommen. Das heißt: Auch da kommt auf Sie vielleicht noch Arbeit zu, Frau Todsen-Reese.