Konrad Nabel

Sitzungen

16/4 16/8 16/9 16/11 16/13 16/14 16/15 16/16 16/20 16/24 16/27 16/29 16/37 16/38 16/42 16/43 16/45 16/46 16/49 16/52 16/54 16/56 16/59 16/64 16/65 16/66 16/70 16/74 16/80 16/81 16/83 16/86 16/88 16/91 16/92 16/93 16/96 16/100 16/101 16/102 16/105 16/107 16/112 16/114 16/123

Letzte Beiträge

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich werde den Klimaschutz als umfassenden Politikbereich auch für die Energiepolitik in den Mittelpunkt meiner Rede stellen und damit auch zu den weiteren Tagesordnungspunkten Stellung beziehen. Uns liegt heute der Klimaschutzbericht 2009 der Landesregierung und damit der Bericht für die gesamte Legislaturperiode vor. Der Schutz des Klimas und damit der Schutz vor den Folgen des Klimawandels
ist die zentrale Herausforderung der Weltpolitik geworden.
Wenn es nicht gelingt, den Klimawandel einzudämmen, werde alle Bemühungen um die Beseitigung der Armut auf der Welt, um Ernährungssicherheit, Naturschutz und Biodiversität, um Beschäftigung und Friedenssicherung erfolglos bleiben.
Die vorausgesagte durchschnittliche globale Erwärmung um 2 °C wird unsere Lebensbedingungen grundlegend verändern. Wir haben nicht mehr viel Zeit, daran zu arbeiten, dass es bei diesen 2 °C bleibt. In den kommenden fünf Jahren muss die Energiewende für Nachhaltigkeit und für mehr Klimaschutz mit aller Konsequenz eingeleitet sein. Dazu kann und muss auch Schleswig-Holstein einen zentralen Beitrag leisten. Als Land zwischen zwei Meeren mit einer Küstenlänge von 1.200 km ist es bei einem Anstieg des Meeresspiegels besonders gefährdet. Wir wollen und müssen Pioniere bei der Bewältigung des Klimawandels bleiben.
Unser Land muss in der Energieversorgung, in der Landnutzung - Landwirtschaft - und Siedlungspolitik, in der Mobilitätspolitik noch stärker zum Vorbild werden. Der Schlüssel zu einer wirksamen Antwort auf den Klimawandel liegt in einem völligen Umbau der Energieversorgung. Es bedarf aber auch einer fundamentalen Änderung der Wertvorstellungen in Politik, Wirtschaft und bei den Konsumentinnen und Konsumenten. Wir müssen begreifen, meine Damen und Herren, dass wir besser leben können, ohne dauernd materiell etwas mehr zu haben.
Der Klimaschutzbericht 2009 steht in der Tradition der zurückliegenden Wahlperioden und greift die Aussagen und Forderungen der Nachhaltigkeitsstrategie sowie den Agenda-21-Prozess auf. Die umfassende und gute Darstellung - hier gilt mein Dank stellvertretend für die Landesregierung vor allem den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Umweltministeriums - zeigt, dass alle Bereiche der Landesregierung stellvertretend für alle Politikbereiche des ganzen Landes ihren Teil leisten müssen
und auch zum Teil - leider aber nicht ausreichend geleistet haben.
Für mich zeigt der Bericht mit all seinen Daten, Modellen und Szenarien deutlich, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gut die Zielsetzung der vorherigen politischen Mehrheiten verinnerlicht haben und gut in ihre Arbeitsfelder einbringen.
Das Ganze - meine Damen und Herren, da wird der Minister gleich nicht mehr lachen - ist aber mehr als die Summe der Einzelteile. Die Verwaltung braucht den politischen Rahmen, um einen Mehrwert über die Summe der Einzelteile hinaus zu erreichen.
Wir brauchen überzeugte, mutige und charismatische Ministerinnen und Minister für den Umwelt-, Natur- und Klimaschutz,
wie wir sie bisher von Berndt Heydemann bis zu Klaus Müller hatten. Und wir brauchen - nicht nur in Schleswig-Holstein - einen programmatischen Ansatz, eine wissenschaftliche Begründung für die Umwelt-, Energie- und Klimaschutzpolitik, die in sich stimmig ist und weder vor Konflikten zurückscheut noch sich Nutzerinteressen unterordnet.
So sehr CDU und FDP etwas gegen programmatische Arbeit eines Ministeriums haben mögen, so richtig und wichtig bleibt sie doch.
In den vielen Berichten des Ministeriums in dieser Wahlperiode - so auch im heutigen - wird aber deutlich, dass die vielen Maßnahmen nicht programmatisch verbunden sind und eigentlich nötige Maßnahmen dann einfach weggelassen werden, wenn sie mit dem so hoch gehaltenen Nutzerschutz nicht vereinbar sind.
Ein programmatischer Ansatz im Natur-, Umwelt- und Klimaschutz ist nicht Ideologie und nicht arrogante Besserwisserei, sondern der Versuch, sich an den Mechanismen der Natur zu orientieren und von der Natur auszugehen. Dafür muss man die Natur verstehen. Berndt Heydemann hat seine Politik wissenschaftlich begründet, und deshalb ist sein unser - Landesnaturschutzgesetz so gut geworden und diente als Vorbild für weitere Landesgesetze und das Bundesnaturschutzgesetz.
Das Weltbild der CDU dagegen ist in vielem zu menschenorientiert - anthropozentrisch. Die Frage, wie bestimmte Prozesse natürlich ablaufen, zum Beispiel bei der Bewältigung von Abfällen oder bei der Begründung von Naturschutzmaßnahmen, wird viel zu selten gestellt, weil man der Überzeugung ist, die Menschen könnten das schon allein. Der schreckliche Bibelspruch: „Macht euch die Erde untertan“, ist bei vielen so tief drin, dass sie glauben, das sei nicht nur richtig, sondern es sei recht, und es sei machbar. Nein, meine Damen und Herren. Diese gehen häufig auch mit anderen Menschen so um, denken so wie früher die Junker und ihre Vasallen nur von oben nach unten.
Das ist aber grundfalsch. Der Mensch darf sich andere Menschen nicht untertan machen, und er kann sich die Erde nicht untertan machen. Der Mensch ist Teil der Natur, die sehr wohl ohne ihn funktioniert - aber nicht andersherum.
Leute, die so denken, werden immer vom Menschen her denken, bestenfalls und guten Gewissens glauben, es sei vernünftig, so zu handeln. Solange sie aber die Prozesse in der Natur nicht verstehen, ihre Vernetzung und ihre gegenseitige Bedingung, solange sie nicht von der Natur her handeln und aufhören, natürliche Prozesse zu stören, und glauben, sie könnten die Störungen schon irgendwie kompensieren, werden sie nicht erfolgreich sein.
Die Regulierungsmechanismen der Natur können vom Menschen nur gestört werden, aber nicht gesteuert. Die Natur macht, was sie will, und das kann für die Menschen richtig schrecklich sein.
Das gute an den Regulierungsmechanismen der Natur ist, dass sie im Normalfall auch für den Menschen gut sind. Also müssen wir alle Störungen zurücknehmen, aufheben. Dann wird es sich im Rahmen des heute noch Möglichen einpendeln, und uns wird eine halbwegs lebenswerte Welt erhalten bleiben. Tun wir das nicht, wird es auf eine Natur ohne die Menschen hinauslaufen.
Mit Herrn von Boetticher haben wir leider nur einen sicher als Verwaltungschef tüchtigen Landwirtschaftsminister, an dessen Haustür zufällig
auch das Schild „Umweltminister“ hängt. Ein verantwortungsbewusster Umweltminister in Schleswig-Holstein hätte niemals versucht, die Mittel für die Naturschutzverbände bis zu deren Handlungsunfähigkeit zu kürzen; er hätte nicht versucht, den Schutz der Knicks aufzuheben; er hätte nicht versucht, das Strandparken im Nationalpark durch die Gemeinde St. Peter-Ording entgegen den bestehenden Verträgen auf ewig zu verlängern; er hätte nicht Vogelschutzgebiete auf Eiderstedt nur ausgeweitet, weil Brüssel schon mit Strafen drohte; er hätte nicht versucht, im Naturschutzgesetz den Vorrang für Landwirtschaft und Privateigentum zu verankern sowie die Förderung des Freiwilligen Ökologischen Jahres existenzbedrohend und der EineWelt-Politik auf null zu kürzen.
Einen Landwirtschaftsminister, der ernsthaft versucht, den Landeswald zu verkaufen oder das freie Betretungsrecht der Wälder durch die Menschen einzuschränken, kann man nicht Umweltminister nennen.
In der Großen Koalition konnte die SPD viele der geplanten Schäden für Natur und Umwelt vermindern oder sogar verhindern. Wir konnten nicht alles verhindern; das ist richtig, Herr Minister. Aber die Natur in Schleswig-Holstein ist trotz eines tiefschwarzen Landwirtschaftsministers noch intakt und lebenswert.
An einigen Stellen legt sich allerdings inzwischen ein grauer Schleier über die Landschaft und die Institutionen. Er lähmt den Elan und den Mut der hauptamtlichen und ehrenamtlichen Akteure im Land. Das ist sehr, sehr schlimm. Ich möchte, dass wir diesen Schleier nach dem 27. September 2009 wieder wegpusten, damit wir mit Schwung in der neuen Regierung wieder dafür sorgen können, dass Schleswig-Holsein rot und grün und bunt blühen kann.
So liegt es sicherlich auch an der momentanen politischen Führung des Landwirtschaftsministeriums, dass der von mir schon erwähnte wesentliche Zusammenhang zwischen Klimawandel und Naturschutz nicht ausreichend im Bericht dargestellt worden ist. Funktionierende natürliche Ökosysteme
sind die stärksten Verbündeten im Kampf gegen den Klimawandel. Naturschutz ist Klimaschutz. Klimaschutz ist Naturschutz.
Werden diese Zusammenhänge endlich erkannt und auf die politische Agenda gesetzt, kann die Weltwirtschaft zielgerichteter gegen den Klimawandel vorgehen und Milliarden sparen.
Nach ersten Ergebnissen einer Anfang September 2009 veröffentlichten UN-Studie zur Untersuchung der Ökonomie von Ökosystemen und Biodiversität könnten beispielsweise allein durch eine 45-Milliarden-US-Dollar-Investition in Schutzgebiete Leistungen der Natur im Wert des Hundertfachen davon, im Wert von 5 Billionen US-Dollar pro Jahr, gesichert werden. Darin einbezogen sind sowohl die Wertschöpfung im Tourismus wie auch die kostenfreien Dienstleistungen der Natur wie sauberes Wasser, Böden und Luft. Dies ist mehr als die Umsätze der weltweiten Automobilproduktion, der Stahlproduktion und des gesamten IT-Dienstleistungssektors zusammen.
Die Probleme von heute sind nicht mit den Denkweisen von gestern zu lösen. Das gilt natürlich auch beim Klimawandel. Statt vorausblickend und weitblickend gesellschaftliche Prozesse zu überdenken, sind mir die Rufe nach technischen Schutzlösungen in der aktuellen Debatte viel zu laut. Denken Sie an das Wort: Wenn der Wind des Wandels weht, bauen die einen Mauern und die anderen Windräder.
Wir müssen jetzt handeln - auf nationaler und internationaler Ebene. Die nächsten zehn bis 15 Jahre entscheiden darüber, ob wir die schlimmsten Auswirkungen des Klimawandels noch verhindern können.
Klimaschutz und wirtschaftliches Wachstum sind keine Gegensätze. Je früher wirksame Maßnahmen gegen den Klimawandel ergriffen werden, desto geringer fallen die Kosten aus. Aktiver Klimaschutz stärkt unsere Wirtschaftskraft, schafft Tausende Arbeitsplätze und bietet Unternehmen enorme zusätzliche Exportchancen. Denn wer auf klimafreundliche Energietechnologien, den effizienten Einsatz von Energie und auf erneuerbare Energien setzt, hat die Nase vorn im internationalen Standortwettbewerb.
Hier möchte ich kurz auf den Bericht zur zukünftigen Energieversorgung und für den Klimaschutz in
Schleswig- Holstein sowie auf den Antrag „100 % Strom aus erneuerbaren Energien“ der Grünen eingehen. Der Erfolg der erneuerbaren Energien mit dem Motor Windenergie wird bis 2020 dazu führen, dass in Schleswig-Holstein unser Endenergieverbrauch, also Strom, Wärme und Antrieb, auch für Kfz - jetzt kommt wieder eine Zahl; passen Sie genau auf, und fangen Sie nicht an zu lachen -, mit über 50 % aus erneuerbaren Energien gedeckt werden kann. Das ist dreimal höher als das Ziel auf Bundesebene.
Es ist gut, dass wir dieses Ziel haben. Es ist gut, dass die von Günther Jansen und Claus Möller als Energieminister gegebenen Anstöße so gewirkt haben.
Dass die CDU-Landesregierung aber die Frage der Verlängerung von Laufzeiten von Kernkraftwerken über die Frist des Atomkonsenses hinaus noch „im Licht der weiteren Entwicklungen“ als zu entscheiden einstuft und sich sogar für den Neubau von Kohlekraftwerken als sinnvoll und notwendig ausspricht
- ich komme gleich zu Herrn Gabriel -, ist rückwärtsgewandt und verantwortungslos angesichts der Folgen für die kommenden Generationen.
Atomkraft und Kohlekraft haben keine Zukunft, weder in Schleswig-Holstein noch in Deutschland.
Daran ändern weder ein von Frau Schavan bestelltes Gutachten etwas noch die aufgeführten Zitate von Herr Gabriel und Herrn Steinmeier. Die SPD Schleswig-Holstein hat die Bundes-SPD auf den Atomausstiegskurs gebracht. Wir werden - da sind wir selbstlos genug - auch den Ausstieg aus der Kohlenutzung im Programm der SPD erreichen.
Dies muss unsere politische Leitschnur bleiben. Folgerichtig stehen wir auch fest zum Ausstieg aus der Atomenergie und werden ihn beschleunigen. Dazu gehört, dass wir auf die Pannenserie in den
Atomkraftwerken Krümmel und Brunsbüttel mit dem beratungs- und einsichtsresistenten Betreiber Vattenfall reagieren und sie sofort und endgültig schließen lassen.
Dazu liegt ein gemeinsamer Antrag der Grünen, des SSW und von uns vor. Ich bitte insbesondere nach wie vor die Kollegen der FDP, die im Sozialausschuss zwar grundsätzliche Zustimmung signalisiert haben, jetzt aber einen „windelweichen“ Antrag auf Übertragung der Reststrommengen zu Brockdorf mit vorgelegt haben, doch unserem Antrag zuzustimmen. Wir werden den FDP-Antrag ablehnen.
Politik muss der Gesellschaft positive Ziele geben und die Leitlinien auch für technische Entwicklungen setzen. Hier ist Mut und Ehrlichkeit gefordert, nicht der Glaube an großtechnische Dinosaurier und auch nicht die Naivität, die Herr Bernstein hier bezüglich Endlager an den Tag gelegt hat.
Diese Dinosaurier dienen letztlich nur dem Profit der Energiekonzerne. Das Status-quo-Denken, das aus dem Bericht der Landesregierung spricht, sind die Scheuklappen, die uns auf dem Weg in eine Energiezukunft nur mit erneuerbaren Energien nicht länger behindern dürfen.
Wie die Zukunft der effizienten und dezentralen Energieerzeugung dann aussehen kann, zeigt das Beispiel des „Zuhausekraftwerks“ - der Minister hat es erwähnt -, wie es vom kleinen, aber innovativen Energieanbieter Lichtblick gemeinsam mit VW entwickelt wird. 100.000 Gasmotoren versorgen aus dem Keller die Häuser mit Strom, Wärme und Warmwasser mit einem Wirkungsgrad von 94 %. Intelligent gesteuert, können die zusammengeschalteten Kleinstkraftwerke dann blitzschnell Strom ins Netz speisen, wenn der Wind einmal nicht genug weht. Dann spielt die Mär von der Grundlast plötzlich keine Rolle mehr.
Lassen Sie uns an dieser Stelle den Hamburgern folgen, die gestern 7.000 Anlagen bestellt haben. Ich denke, daran müssen wir uns auf jeden Fall beteiligen.
Meine Damen und Herren, für uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten ist es wichtig, sich gerade jetzt beim Thema Klimaschutz und Zukunft der Energie der Wurzeln unseres Eintretens für die Qualität des Lebens heute wie morgen zu erinnern; denn es geht nicht allein um Grenzwerte, neue Technologien, internationale Programme oder Zertifikate. Der Klimawandel ist zutiefst ungerecht und unsolidarisch. Er trifft vor allem arme Menschen in der sogenannten Dritten Welt, die nichts zum Klimawandel beigetragen haben. Es geht daher um Fragen, die uns Sozialdemokraten seit mehr als 140 Jahren beschäftigen: Wie wollen wir nicht nur in Deutschland, sondern weltweit miteinander leben und miteinander umgehen? Sollen sich weiterhin die Interessen der Stärkeren durchsetzen oder das Gemeinwohlinteresse? Geht es uns auf dieser Erde nur um uns oder um alle Menschen? Und vor allem, wie schaffen wir mehr Gerechtigkeit und Solidarität?
Bei der Diskussion um den Klimaschutzbericht und die Zukunft der Energieversorgung in unserem Lande hätten wir in den Ausschüssen vielleicht gemeinsame Antworten auf die Fragen gefunden. Das ist nun leider nicht mehr möglich. Ich hoffe sehr, dass im Wege der Selbstbefassung diese doch wertvollen Berichte von den Ausschüssen in der nächsten Legislaturperiode wieder aufgerufen werden. Das Thema Klimaschutz und Energiezukunft hat es verdient. Dazu wünsche ich eine spannende Diskussion, an der ich interessiert von außen teilnehmen werde.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist zwar richtig, was Herr Kollege Astrup sagt, wenn man sich allein auf den Wortlaut in der dritten Zeile des Änderungsantrags der FDP-Fraktion beziehen würde. Leider steht aber in der ersten Zeile des Änderungsantrags der FDP-Fraktion: „zum Antrag der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abgeordneten des SSW“. Der Ursprungsantrag, Drucksache 16/2789, ist von uns nicht gestellt worden.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In unserem Antrag geht es, wenn Sie den zweiten Absatz richtig lesen, darum, die Möglichkeit, bundesweit die unterirdische Endlagerung von CO2 zu verbieten. Das ist der Satz, um den hier gestritten wird. Wir haben in unserem Bundesparteitagswahlprogramm - das hat Kollege Stegner schon deutlich gemacht - die Frage der Wiederverwertung. Und es gibt Möglichkeiten, Herr Kubicki, da brauchen Sie sich nur ein bisschen in den Fachzeitschriften umzutun. Karbonisierung, Algen und Moose sind in der Lage, CO2 zu binden, und zwar so dauerhaft zu binden, dass es der Atmosphäre entzogen und auf Dauer gelagert wird.
Es gibt weitere Techniken. In den Universitäten wird seit bestimmt 50 Jahren daran geforscht, die Fotosynthese technisch nachzuahmen. Es ist schwierig, aber der Versuch wird gemacht. Es wird auch bereits ganz breit über CCS geforscht. Das ist auch nichts Neues. In Norwegen und in den USA gibt es funktionierende CCS-Techniken. Darum geht es nicht.
Es geht darum, dass wir verhindern wollen, dass eine vorhandene CCS-Technologie als Alibi für Großkraftwerke mit Kohletechnik eingesetzt wird. Das darf nicht sein. Deswegen müssen wir deutlich dafür sprechen, die Endlagerung von Kohlendioxid zu verbieten. Darum geht es.
Die Debatte, die hier vorhin stattgefunden hat, hilft uns allen nicht. Wenn wir die Meinungsbildung bundesweit beeinflussen wollen, sollten wir uns in Schleswig-Holstein einig sein.
Und ich denke auch, Ihr Antrag ist so schlecht nicht, aber er gilt nicht als Änderung, sondern höchstens als Ergänzung unseres Antrags. Vielleicht sollten Sie darüber noch einmal nachdenken.
Meine Damen und Herren, wir wollen keine Legitimation einer Dinosauriertechnik für Großkonzerne. Wir wollen gern Forschung, Wiederverwendung und CCS zur Senkung der Klimagase, wie Herr Hohmeyer es beschrieben hat. Wenn wir jetzt anfangen, in CCS zu investieren, dauert es 15 bis 20
Jahre, bis eine großtechnische Verfügbarkeit gegeben ist. Das ist schlicht zu spät. Wenn wir bis 2050 bestimmte Klimaziele erreichen wollen, dann dürfen wir nicht mehr auf Kohle setzen. Mehr kann man dazu nicht sagen.
Als Letztes frage ich Sie, Herr Kubicki, ob „übler Brunnenvergifter“ ein parlamentarischer Ausdruck ist.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zunächst einmal zu Herrn Dr. Garg: Man darf als Politiker auch mal die Meinung ändern.
Ich habe von dieser Stelle aus schon häufig die Position der SPD Schleswig-Holsteins zu CCS deutlicht gemacht. Das kann man alles im Protokoll nachlesen; ich will es nicht wiederholen. Sie haben immer dazwischengekeift: „Ihre Bundespartei, Ihre Bundespartei!“ und „Früher haben Sie, früher haben Sie!“.
Wir haben an dieser Stelle etwas dazugelernt - ich habe das hier wörtlich gesagt -, vor allem aus wis
senschaftlichen Gutachten und dem IPCC-Bericht 2007. Ich merke, dass auch andere etwas dazulernen. Das finde ich gut. Das will ich nicht verurteilen. Aber ich verurteile die Art und Weise, in der Sie die Debatte führen.
Zu unserem Bundesparteitag! Herr Dr. Bernstein, Sie haben so schön daraus vorgelesen; das brauche ich also nicht mehr zu tun. Sie alle wissen, wie ein Parteitag verläuft. Es werden Anträge gestellt, über die diskutiert und abgestimmt wird. Sie werden abgelehnt oder angenommen. Der Antrag, den wir als schleswig-holsteinische Delegation eingebracht hatten, enthielt unter anderem folgenden Passus:
„Die gesetzliche Regelung zu Abscheidung, Transport und Speicherung von Kohlendioxid darf nur der Erforschung der Möglichkeiten der Kohlenstoffabscheidungstechnologien dienen. Sie ist kein Feigenblatt für den Ausbau von fossilen Kraftwerksparks. Wir wollen sie auch nicht aus öffentlichen Mitteln fördern, und wir wollen die Standorte für Deponien von der Zustimmung der Bürgerinnen und Bürger in den betroffenen Regionen abhängig machen. Wir wollen das KraftWärme-Kopplungsgesetz so ändern, dass neue Kraftwerke auf der Grundlage fossiler Brennstufe nur noch genehmigt werden können, wenn sie nachweislich Kraft-WärmeKopplung verwirklichen und die Nutzung der Wärme gesichert ist.“
Das war der wesentliche Punkt unseres Antrags. Davon haben wir drei Elemente durchgebracht:
Erstens nur noch nach Abstimmung mit den Bürgerinnen und Bürgern vor Ort.
- Schauen Sie genau hinein! Wir werden eine umfassende Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger bei der Genehmigung sicherstellen.
Das steht hier. Das kann ich Ihnen zeigen. Das ist unterstrichen.
Zweitens soll der Schwerpunkt auf Wiederverwertung und nicht auf Endlagerung liegen. Das ist ein Aspekt, der nicht von uns, sondern von anderen kam. Wir alle wissen, was in diesem Zusammenhang mit dem Wort „Endlager“ verbunden ist. Also tun Sie nicht so, als hätten Sie mehr Ahnung von Parteitagsdiskussionen, wenn Sie selbst mit Ihrer
Bundespartei an vielen Stellen im Clinch liegen, zum Beispiel in der Frage der Atomendlagerung und in der Frage des Flughafens Kiel. Es gibt viele Beispiele, wo Sie abweichende Positionen zu dem einnehmen, was auf Bundesebene läuft. Ich finde es nicht in Ordnung, dass Sie hier Häme ausgießen über den Versuch, eine politische Meinungsbildung in Gang zu setzen.
Herr Kubicki, wir aus Schleswig-Holstein haben Anfang der 70er-Jahre des letzten Jahrhunderts dafür gesorgt, dass auf Bundesebene ein Beschluss zum Ausstieg aus der Atomenergie gefasst wurde. Darauf sind wir stolz, ganz im Gegensatz zu anderen hier.
Wir haben einen Kompromiss mit den Elektrizitätsproduzenten erreicht. Das hat 15 Jahre gedauert das gebe ich gern zu -, aber andere Prozesse dauern auch 15 Jahre. Erinnern Sie sich einmal, wie lange es in der Eider-Treene-Sorge-Region gedauert hat, bis die Leute Landwirtschaft und Naturschutz zusammengebracht haben. Das dauert seine Zeit. Da ist für so junge Hüpfer wie Sie kein Platz!
Ich komme zum Schluss.
Fragen Sie!
Was heißt hier: „Das weiß er auch nicht“?
Es gibt Techniken zur Wiederverwertung von Kohlenstoffdioxid, die noch nicht im großtechnischen
Maßstab erprobt und durchgesetzt sind. Das ist wie mit der CCS-Technologie. Der Unterschied ist: Bei CCS, dem Weg, der jetzt eingeschlagen wird, versuchen wir, das Zeug im Ozean oder in salinen Aquiferen zu vergraben, in der Hoffnung, dass es nicht wieder herauskommt. Beim Wiederverwerten versuchen wir, es als Kohlenstoffsubstitute zu benutzen. Das ist doch allemal besser, als es irgendwo zu vergraben, mit der Befürchtung, dass es als hoch aggressives Gas wieder herauskommt.
Ja, ich komme zu meinem letzten Satz. - Auch wenn Ihnen das nicht gefallen mag: Die SPD ist und bleibt eine Volkspartei.
Wir haben in unseren Reihen viele Mitglieder, die sich um ihre jeweilige Region Sorgen machen: in Nordrhein-Westfalen, im Saarland, in Brandenburg. Dafür habe ich großes Verständnis. Wir müssen die Überzeugungsarbeit leisten. Wir haben durch unser Tun bewiesen - Herr Kubicki, da können Sie so viel lachen, wie Sie wollen -, dass im Bereich der Windkraftanlagen und sonstiger Anlagen zur Erzeugung regenerativer Energien mehr Arbeitsplätze zu schaffen sind als in der fossilen Steinkohletechnologie. Das haben wir bewiesen, und wir werden es weiter beweisen. Damit leisten wir einen großen Beitrag für neue, zukunftssichere Arbeitsplätze und zum Ausstieg aus der Kohletechnologie.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es wiederholt sich ja alles, aber ich denke, es ist sicherlich aus pädagogischen Gründen notwendig, das zu wiederholen. Das habe ich in meiner Ausbildung gelernt. Es geht nicht um das Sankt-FloriansPrinzip. Mag sein, dass sich die Diskussion heute wieder an einer speziellen Schleswig-Holsteiner Lokalität festmacht, aber es geht eigentlich darum, welche sachlichen Gründe wir haben, CCS-Technologien nicht zu wollen.
Erstens. Es dauert mindestens 20 Jahre, bis diese Technologie im großtechnischen Maßstab in der Bundesrepublik Deutschland und darüber hinaus einsetzbar ist. Selbst in Norwegen, in den USA, in China sind Technologien vorhanden, die nicht in dem Maße einsetzbar sind, wie wir das brauchen würden.
Zweitens. Die Kosten sind unglaublich hoch. Das wären gesellschaftliche Kosten, die wir der Industrie vorstrecken beziehungsweise der Industrie abnehmen müssten.
Drittens. Vorhandene Speicherkapazitäten dürfen nicht blockiert werden für andere Zwecke, die wir
unbedingt brauchen, zum Beispiel um Kraftwerksunterschiede im Bereich regenerativer Energien nivellieren zu können. Dazu brauchen wir beispielsweise Druckluftspeicher oder möglicherweise auch die Kohlenstoffdioxidsenke auch bei Kraftwerken mit biologischem Brennstoff.
Also, es wird zu spät sein, es wird zu teuer sein, und der Effizienzgrad wird sich derartig niedrig darstellen, dass sich diese Technik nicht lohnt.
Dieses Vorausschauende führt uns dazu zu sagen: Wir wollen jetzt nicht mit Milliarden in eine Technologie investieren, die 20 Jahre zu spät kommen wird. Uns geht es darum, Technologien, die wir haben, und Technologien, die auf dem aufbauen, was wir haben, zu entwickeln und damit auch der internationalen Vorbildfunktion zu entsprechen, die wir in der Bundesrepublik dadurch haben, dass wir Know-how und damit auch Technologien exportieren und damit auch Geld verdienen können.
Herr Kubicki, Sie haben gefragt, was moderne Kohletechnologien sind. Moderne Kohletechnologien sind Technologien, die die Verbrennung von Kohle hoch effizient machen, beispielsweise in der Kraft-Wärme-Kopplung in kleinen dezentralen Einheiten, wo dann der Wirkungsgrad statt 40, 45, maximal 48 % bei herkömmlicher Technologie bis auf 80, 85, 86 % erhöht werden kann. Das ist moderne Kohletechnologie.
Die wollen wir vorantreiben, die wollen wir entwickeln und die wollen wir im Land implementieren. Ich sagte schon, dass wir Technik exportieren wollen. Unser EEG wird weltweit kopiert und das, was dahinter steht, auch. Die Technologien im Bereich erneuerbarer Energien und das Know-how dazu können wir exportieren.
Natürlich brauchen wir eine internationale Zusammenarbeit. Unlängst wurde eine Studie vorgestellt, die sich darauf beruft, dass es durch die Kopplung von Solarenergie im Süden, von Windkraft und Wasserkraft im Westen und Norden dazu kommen kann, dass Europa zum Stromexporteur wird, ohne ein zusätzliches Gramm CO2 zu emitieren. Das muss unser Ziel sein und darauf arbeiten wir hin.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Eigentlich hätten Sie sicherlich Frau Redmann hier erwartet. Aber die ist leider krank.
Heute liegt uns der siebte Landeswaldbericht der Landesregierung vor. Es ist gut, dass wir im Plenum neben allen anderen aktuellen Ereignissen und Vorhaben im Wald einmal in der Legislaturperiode die Gelegenheit haben, uns umfassend über alle Aspekte des Waldes zu informieren und über Weichenstellungen für die Zukunft zu beraten. Für den guten Bericht bedanke ich mich im Namen meiner Fraktion vorrangig beim Landwirtschaftsministerium, aber auch bei der Landwirtschaftskammer, den privaten und kommunalen Eigentümern und den im Wald Beschäftigten.
Der Wald - unabhängig von seiner Eigentumsform - trägt in seinen Nutzfunktionen für die Wirtschaft im ländlichen Raum, seinen Schutzfunktionen für Natur und Umwelt und seiner Erholungsfunktion für das Gemeinwohl erheblich zur erfolgreichen Zukunft unseres Landes bei. Wie sehr die Menschen in Schleswig-Holstein Anteil an ihrem Wald nehmen, zeigten in der jüngsten Vergangenheit die Reaktionen auf den abgewendeten Plan zum Verkauf des Landeswaldes und die aktuellen Sorgen bei der laufenden Novellierung des gerade erst 2004 umfassend überarbeiteten Landeswaldgesetzes.
Diese Sorgen vieler Menschen, vor allem von Naturschützern und auch Waldkindergärten, machen sich bei der von der Landesregierung geplanten Einschränkung des allgemeinen Betretungsrechts fest. Diese Sorgen sollten wir bei allem Respekt für die Motive für diesen Vorschlag ernst nehmen und frühzeitig aus diesem Haus entgegnen. Wir werden es nicht zulassen, dass wir hinter den Stand von 2004 zurückfallen und das einzige Bundesland ohne freies, allgemeines Betretungsrecht wären.
- Hat er aber nicht.
Die Ziele der internationalen und nationalen Forstpolitik sind im Bericht umfassend beschrieben und werden in Schleswig- Holstein landesspezifisch im „Programm zur Bewirtschaftung der schleswig-holsteinischen Wälder auf ökologischen Grundlagen“ tatkräftig und mit hohem Engagement aller Beteiligten umgesetzt. Das ist in unserem verhältnismäßig schwach bewaldeten Land mit seinen überwiegend in der pflegeintensiven Aufbauphase befindlichen Wäldern nicht einfach. Es sind für mich aber gute Nachrichten, dass trotzdem vom laufenden Zuwachs derzeit nur ca. 55 % genutzt werden, dass Schleswig-Holstein die größte Zuwachsrate seit der ersten Bundeswaldinventur von 1987 aufweist, dass der Laubbaumanteil kontinuierlich gesteigert wird, dass 16 % der Waldflächen und damit über dem Bundesdurchschnitt sehr naturnah sind und aktuell ein signifikanter Rückgang in den hohen Schadstufen festzustellen ist.
Wir haben gemeinsam mit der CDU im Koalitionsvertrag das Ziel festgelegt, den Waldanteil in Schleswig-Holstein auf 12 % anzuheben. An diesem nur langfristig zu erreichenden quantitativen Ziel halten wir in unserer Regierungsverantwortung fest. Es wird aber nur zu erreichen sein, wenn wir auf Dauer die finanziellen Mittel zur Förderung der Neuwaldbildung durch private Waldbesitzer auf landwirtschaftlichen Flächen sichern, wenn wir den Umbau durch Qualitätsziele, diesen Ausbau zu einer nachhaltigen Forstwirtschaft und naturnaher Wälder flankieren, wenn die Verankerung in der Gesellschaft durch den Erhalt der Gemeinwohlleistung vor allem in den Landesforsten in den Bereichen Erholung, Waldpädagogik, Jugendwaldheime, Wald- und Naturkindergärten und vor allem durch Erhalt des ErlebnisWaldes Trappenkamp, gestärkt werden, wenn Lehre, Betreuung und Ausbildung im Wald am Standort Schleswig-Holstein erhalten werden, wenn wir die forstwirtschaftlichen Zusammenschlüsse weiter fördern und die zum 1. Januar 2008 errichtete Anstalt Schleswig-Holsteinische Landesforsten auf Dauer und ohne neue Strukturdiskussionen und Einsparvorgaben arbeiten lassen.
Die Landesforstverwaltung hat bei zunehmender Arbeitsbelastung bereits überproportional Personaleinsparungen erbracht. Dafür und auch weil die Beschäftigten im Landeswald trotz vielfacher Strukturdiskussionen in der Vergangenheit engagiert und hoch motiviert weiterarbeiten, möchte ich an dieser Stelle vor allen Dingen den Beschäftigten meinen Dank aussprechen.
Ich bitte, den Waldbericht der Landesregierung an den Umwelt- und Agrarausschuss zu überweisen, um dort die fachliche Diskussion in der Tiefe führen zu können.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als Zitat werde ich das Wort sicherlich benutzen dürfen. Das von Herrn Matthiessen als „dämlicher Runderlass“ bezeichnete Werk hat dafür gesorgt, dass in Schleswig-Holstein die Windenergie zwischenzeitlich offenbar 100 % des Strombedarfs gedeckt
hat, und das bei einer hohen Akzeptanz bei der Bevölkerung, bei einem vernünftigen Verhältnis zum Naturschutz und bei einem vernünftigen Verhältnis zum umliegenden Gewerbe und zur umliegenden Wohnbebauung.
Das möchte ich hier einmal ganz deutlich machen. Auch die Fortentwicklung dieses Windenergierunderlasses ist nicht dämlich, sondern der Innenminister hat in seinen Ausführungen zum Landesentwicklungsplan deutlich gemacht, dass es eine konstruktive Zusammenarbeit der Betroffenen, derjenigen, die davon wirtschaftlich etwas haben, und dem Land darüber gibt, wie das in der Landesplanung vorgesehen ist. Ich bin guten Mutes, dass dieses auch so klappen wird, dass Repowering in Schleswig-Holstein nicht nur eine Zukunft hat, sondern hier auch boomen wird.
Unsere energiepolitischen Absichten hinsichtlich der Windenergie - das haben Sie richtig erkannt, Herr Wadephul - sind relativ deckungsgleich. Wir wollen die Windenergie ausbauen. Wir wollen dafür sorgen, dass die Windenergie ein Bestandteil des Energiemixes der Zukunft ist. Wir als SPD sehen in den regenerativen Energien die Zukunft. Wir wollen weg von Atom- und Kohlestrom.
Herr Matthiessen, das sage ich Ihnen ganz deutlich: Ihre Ausführungen inhaltlicher Art sind zum Teil belehrend, zum Teil lächerlich. Ihre Art und Weise, dies vorzutragen, machen es mir als wirklich überzeugtem Rot-Grünen schwer, mit Ihnen noch einmal eine Koalition einzugehen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Bei dieser Debatte - wie auch bei vorigen Debatten - ist eigentlich weder Polemik noch Häme richtig am Platz. Es geht hier um die Grundsatzentscheidung, wie wir die Energiepolitik in den nächsten 20 bis 40 Jahren gestalten wollen.
Wir wissen - das haben verschiedene Redner in dieser Diskussion dargestellt -, dass die Kohlenstoffdioxidabscheidungstechnologie, CCS genannt, noch in den Kinderschuhen steckt. Da kann man sich überlegen, ob man diese Kinderschuhe nun weitertragen und vergrößern will. Wofür? - Dafür, dass man Kraftwerke, die erst gebaut werden, wenn diese Technologie zur Verfügung steht, von diesem Zeitpunkt an für 40 Jahre - das ist Pi mal Daumen der Abschreibungszeitraum für Großkraftwerke; es können auch 35 oder 50 Jahre sein, je nachdem, wie gut sie gebaut sind - nutzen kann. Erst dann kann man diese Technologie nutzen, vorher nicht.
Eine Nachrüstung, Herr Minister, ist bisher nachweislich nicht gelungen. Ich weiß auch nicht, wie man das tun sollte. Man kann ein Kraftwerk bauen und nebenan einen Platz für irgendetwas freihalten, um dann vielleicht später in irgendeiner Form die CCS-Technologie anzubauen. Das Technikfolgenabschätzungsbüro des Bundestags hat in einer umfassenden Studie Ende letzten Jahres festgestellt, dass es keine Nachrüstmöglichkeit gibt, sondern dass man Kraftwerke gleich mit dieser Technik bauen muss.
Es gibt nicht einmal eine Entscheidung darüber, welche der möglichen Kohlenstoffdioxidabschei
dungstechnologien die wirtschaftlichste und beste ist. Es gibt drei verschiedene Möglichkeiten; zwei hat Herr Dr. Garg hier genannt, die dritte ist ein Mittelding zwischen den beiden anderen.
Es gibt noch gar keine Entscheidung darüber. Auch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler können nicht sagen, was denn das Bessere sei. Was die Risiken angeht, so hat mein Kollege Olaf Schulze schon recht deutlich gemacht, dass wir diese heute nicht in den Griff bekommen können. Deshalb ist zu fragen, ob wir heute Entscheidungen für die Zeit in 50 Jahren treffen wollen, obwohl wir wissen, dass wir in 30 oder 40 Jahren eine andere CO2-Bilanz haben müssen. Deswegen entscheiden wir uns dafür, diese Technologie nicht zu wollen.
Wenn Sie genau hingehört haben, so wissen Sie, dass die Energiekonzerne 5 Milliarden € bis 6 Milliarden € wollten. Das haben sie vorgestern ganz laut gefordert. Das ist genau der Weg, den wir bei der Kernenergie gegangen sind. Dort waren es, in D-Mark ausgedrückt, zweistellige Milliardenbeträge. Das wollen wir nicht wiederholen. Wir wollen auch nicht alles andere wiederholen, was wir bei der Kerntechnik hatten, die Nichtrückholbarkeit und all diese Dinge.
Die Aussage, Herr Minister, CCS sei in weiten Teilen der Welt die einzige Lösung, ist praktisch falsch. Die richtige Lösung ist es, vor Ort angepasste Technologien zu bauen, die dort auch funktionieren.
Ich komme zum letzten Absatz, Frau Präsidentin.
Schade, ich dachte, es hätte funktioniert.
Wir dürfen nicht unsere Technologie exportieren wollen, sondern wir müssen den Menschen vor Ort helfen, ihre Technologie zu bauen. Daher ist es
nicht richtig, die Technologie der Großkonzerne zu exportieren.
Ich entschuldige mich auch. - Wir müssen dafür sorgen, dass in den Entwicklungsländern und dort, wo sie gebraucht werden, dezentrale Lösungen gefunden werden. Das Know-how dazu haben wir, und das sollten wir exportieren.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Antrag haben wir wieder einmal die Chance, unsere Position zum Klimaschutz erneut und aktuell zu bestätigen. Es gibt leider auch viele andere Stimmen, jetzt auch von Angela Merkel, die sich sonst als Europas führende Umweltschützerin darstellt, die sich aber gestern und heute in Brüssel gegen fortschrittliche Klimaschutzbeschlüsse sperren will, da sie Arbeitsplätze und Investitionen gefährdet sieht.
Wer so denkt, zeigt eindeutig, dass er von moderner Wirtschafts- und Umweltschutzpolitik wenig versteht.
Der Begriff der Nachhaltigkeit ist immer noch nicht in allen Köpfen angekommen.
Frau Merkel mutiert damit in kurzer Zeit von der „Klima-Queen“ zur „Klima-Killerin“ und opfert sämtliche auch ihr bekannten Fakten auf dem Altar der angeblichen Arbeitsplatzgefahr.
Ich will bei dieser Kritik auch Umweltminister Gabriel nicht auslassen, der zeitgleich die Klimakonferenz in Poznan mit der deutschen „KlimawendeWende“ überraschte und dazu beitrug, dass der bisherige Klima-Musterschüler Deutschland gestern zum „Fossil des Tages“ ernannt wurde.
Mit dieser Kritik bin ich nicht allein. Auch im „Hamburger Abendblatt“, einem bekanntlich nicht gerade fortschrittlichen Organ, wird heute in einem Kommentar zum Wärmelastplan Elbe ausgeführt,
dass Bundeskanzlerin Merkel mit ihrer Forderung, Klimaschutz nur zu betreiben, wenn keine Arbeitsplätze gefährdet sind, der Industrie in die Hände spielt und damit aus ökologischer wie ökonomischer Sicht eine sehr kurzsichtige Politik betreibt.
Es ist gut, dass der ehemalige Bundesumweltminister Klaus Töpfer weiterhin klare Worte findet:
„Klimaschutz kann nicht Verfügungsmasse einer wie auch immer gearteten konjunkturpolitischen Überzeugung sein. Wer das macht, handelt ökonomisch und ökologisch unverantwortlich.“
„Nur wer ökologisch vorn dran ist, schafft die Jobs der Zukunft. Klimagerechtes Produzieren ist die Lösung der Krise, nicht die Ursache.“
Dem brauchte man eigentlich nichts mehr hinzuzufügen, aber natürlich tue ich das; Sie kennen mich.
Diese Worte kann ich nur unterstreichen: Gerade angesichts der Finanzkrise sind Investitionen in den Klimaschutz richtig und zukunftsfähig. Sie sind Investitionen in die Realwirtschaft und nicht in Luftschlösser.
Die Weltklimakonferenz in Poznan braucht ein positives Signal aus Brüssel. In dieser historischen Situation darf Deutschland seine Vorreiterrolle nicht verlieren. Das heißt, die Bundesregierung muss sich an den Beschluss des Bundestags halten: Die Emissionsrechte müssen zu 100 % versteigert werden. Ein inkonsequenter Emissionshandel wäre ökonomisch falsch und würde der historischen Herausforderung nicht gerecht. Wer Bewegung in Poznan will, muss auf dem EU-Gipfel endlich mutig handeln.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, zahlreiche Meldungen zeigen uns täglich, dass wir in unseren Zielen für den Klimaschutz nicht nachlassen dürfen; vielmehr müssen wir sie weiter verstärken. Das machen Nachrichten aus der Arktis deutlich: Das Meereis des Arktischen Ozeans schwindet unerklärlich schnell. Im September 2007 bedeckte es nur noch eine Fläche, die kaum halb so groß wie Europa war. Dies ist ein Verlust von beinahe 40 % im Vergleich zum Mittel der 80er- und 90er-Jahre.
Deutschland muss daher seine Vorreiterrolle im Klimaschutz weiter erhalten und ausbauen. Mut machen uns hier die Nachrichten, dass die KyotoZiele von 21 % weniger klimaschädlichen Treibhausgasen im letzten Jahr bereits mit 22,4 % übertroffen worden sind; das ist eingedenk des Zusammenbruchs der Wirtschaft in der ehemaligen DDR kein Wunder. Dass Deutschland im Schnitt der Jahre 2008 bis 2012 sein Kyoto-Ziel erreichen wird, ist für mich daher sicher. Ein Ausruhen auf diesem Erfolg ist jedoch der falsche Schluss. Es ist wie beim Rudern gegen den Strom: Wer stehen bleibt, fällt zurück.
Eine anspruchsvolle Klimaschutzpolitik hilft nicht nur, katastrophale Schäden abzuwehren, sondern schafft neue Marktchancen und Arbeitsplätze; das sieht man bei uns im Land bei der Windenergie. Wie diese Chance verpasst werden kann, sehen wir aktuell in Amerika, wo in Detroit die Spritschlucker ohne Marktchancen vergammeln. Gestern habe ich gehört, dass nach der Ablehnung des Konjunkturprogramms durch den Senat die Firmen Chrysler und Ford angekündigt haben, spätestens Mitte 2009 in die Insolvenz gehen zu müssen, wenn die wirtschaftliche Lage so anhält.
Hier wünsche ich auch in Deutschland mehr Mut. Der Kompromiss bei der Einigung von CO2Grenzwerten für Neuwagen mit einem maximalen Ausstoß von 120 g/km ist für mich - anders als für Bundesumweltminister Gabriel - ein schlechter Kompromiss, der falsche Zeichen setzt.
Kyoto war gut, meine Damen und Herren, aber gestern. Von der 14. Weltklimakonferenz in Poznan mit mehr als 10.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus 190 Staaten erwarte ich trotz der neuen Bremserrolle Deutschlands mutige Eckpunkte für ein Nachfolgeabkommen für das 2012 auslaufende Klimaschutzprotokoll von Kyoto.
Bis 2020 muss Europa beim Ausstoß von klimaschädlichen Treibhausgasen gemeinsam ein Minus von 30 % schaffen. Wer das nicht schafft, hat versagt. Die EU muss vorangehen und demonstrieren, dass entwickelte Industriestaaten Treibhausgase reduzieren können, ohne dass dadurch ihre Wirtschaft geschädigt wird. Nur dann werden andere Staaten auf diesem Weg folgen. Das ist unser Handlungsfeld, auf dem wir beispielhaft vorangehen können.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Stritzl, es wäre schön, wenn Sie die Kieler Politik wieder in der Ratsversammlung machten. Die alternativen Vorstellungen der CDU dort kenne ich noch nicht.
Ich habe mich eigentlich nur gemeldet, weil der Kollege Ritzek und der Kollege Stritzl gesagt haben, wir hätten keine Alternativen vorgestellt. Das
stimmt nicht. Ausweislich des Protokolls verschiedener Debatten zu diesem Thema haben wir dargestellt, dass wir uns für Kombikraftwerke einsetzen, dass wir uns dafür einsetzen, Kraftwerke in kleinerem Maßstab in Kraft-Wärme-Kopplung zu errichten - auch mit Kohle -, dass wir uns dafür einsetzen, Gaskraftwerke einzusetzen, weil diese einen höheren Wirkungsgrad und geringere Errichtungskosten und eine kürzere Laufzeit haben.
Damit bin ich beim eigentlichen Punkt. In der ganzen Diskussion - auch von Ihnen, Herr Minister wurde vorgetragen - Herr Marnette, ich hätte gern Ihre Aufmerksamkeit:
Die Bundesrepublik hat sich verpflichtet, bis 2050 CO2 um 80 % zu reduzieren.
Wenn Sie diese Investitionen in Kohlekraftwerke egal, ob es 27, 16, 9 oder 30 sind - nehmen, wissen Sie alle: Pi mal Daumen 40 Jahre Laufzeit. Wir gehen einmal von einer Planung und Bauzeit von fünf bis zehn Jahren aus. Dann sind Sie weit über 2050 mit dem von Ihnen beschriebenen Szenario, was den CO2-Ausstoß angeht. Bitte, Sie müssen das bis 2050 um 80 % reduzieren. Das schaffen Sie nicht.
Das ist der entscheidende Punkt, um den es heute geht. Wir können es ertragen, morgen, übermorgen und vielleicht auch noch in drei oder fünf Jahren Kohle in der jetzigen Form zu verfeuern, aber nicht mehr in 40 Jahren. Das dürfen wir uns nicht mehr erlauben, das können wir uns nicht mehr erlauben, und wir werden es uns nicht mehr erlauben. Da werden alle hinkommen.
Ich nenne ein kleines Beispiel. Das Kraftwerk Wedel, 200 MW, Wirkungsgrad 86 %, wird jetzt irgendwann stillgelegt, weil in Hamburg das Kraftwerk Moorburg gebaut wird. Das ist zwar Hamburg, aber vergleichbare Situationen gibt es auch woanders.
- 86 % Wirkungsgrad in Wedel. Das ist so. - Moorburg wird, je nach Auskopplung der Wärme, zwischen 56 und 60 % haben. Genau das ist ein Knackpunkt bei der Abschaltung von alten Kraftwerken und dem Anschalten von neuen Kraftwerken. Betrachtet werden müssen immer die Fragen: Was können wir auskoppeln? Wie ist die Kraft-Wärme
Kopplung? Sie kommen dann mit CCS, meine Damen und Herren. Es gibt noch nichts. Null.
2020 vielleicht, 2030 wahrscheinlich. Aber bis dahin ist der Weg noch sehr weit. Bis dahin haben wir die Emissionen von 173 Millionen t, von denen Sie sprachen.
Meine Damen und Herren, wir vergessen die Effizienz. Professor Jochem hat auf einer Veranstaltung in der Kunsthalle zum diesjährigen parlamentarischen Abend deutlich gemacht, dass die Betriebe die Wirtschaft - inzwischen erkannt haben, dass sie eine jährliche Effizienzsteigerung von 7 % bei Energie hinkriegen, sowohl was elektrische Energie als auch was Wärme angeht, und dass sich das für sie rechnet.
Wir haben uns als politisches Ziel 3 % Effizienzsteigerung pro Jahr gesetzt. Nehmen Sie das und zählen Sie das höchste Potential, das wir überhaupt haben, hinzu, nämlich das Sparen von Energie. Ich bin davon überzeugt, dass wir dann zwischen 40 und 60 % liegen.
Viele sagen, man könne etwa die Hälfte der heute verbrauchten Energie einsparen. Wenn Sie alles zusammennehmen und dann sagen, wir hätten keine Alternativen vorgestellt, dann weiß ich nicht, wo wir hier sind.
Ein letzter Punkt!
Ich bin sofort am Ende, Herr Präsident. Ich hatte mich eigentlich zu einer persönlichen Bemerkung gemeldet. Eigentlich wollte ich inhaltlich nichts sagen.
Herr Ritzek, als Sie die Arbeit der Studentin als Nichtuntersuchung abqualifiziert haben, habe ich die - zugegebenermaßen auch etwas unqualifizierte - Bemerkung gemacht, das sei ja nur eine Frau. Ich dachte, das wäre Ironie. Mein Chef hat mir aber einmal gesagt: Ironie - erst ab neunter Klasse. Das scheint hier nicht angekommen zu sein. Ich möchte mich dafür entschuldigen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Auch wenn einige Sprecherinnen und Sprecher für Umwelt etwas stimmlos sind, werden sie doch die Bissfestigkeit nicht verlieren.
Lassen Sie mich gleich zu Beginn meiner Ausführungen, genau wie meine Vorrednerin und mein Vorredner, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Landwirtschaftsministeriums für den informativen Bericht über den Stand der Umsetzung der nationalen Biodiversitätsstrategie in unserem Land danken. Es werden die bei uns vorkommenden Ökosysteme und Tier- und Pflanzenarten beschrieben, Instrumente und Maßnahmen, die seit vielen Jahren erfolgreich laufen, dargestellt, und es wird auf einige neuere Aspekte wie Vertragsnaturschutz und Ökokonto eingegangen. Regionale Maßnahmen und Pläne lokaler Aktionen werden beschrieben. Aber leider, meine Damen und Herren und Herr Minister, fehlt ein übergreifender programmatischer Ansatz.
Wir werden hier in der Ausschussberatung noch einiges zu tun haben. Aber der Bericht ist eine gute Arbeitsgrundlage.
Der Klimawandel und seine möglichen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Folgen stehen im Mittelpunkt der öffentlichen und politischen Diskussion. Wesentlich dazu beigetragen haben der Stern
Report, die Berichte des IPCC sowie Al Gores Film „Eine unbequeme Wahrheit“.
Die gravierenden Auswirkungen des Klimawandels auch auf die biologische Vielfalt waren sicherlich ein Anlass dafür, dass Ende letzten Jahres endlich, über 15 Jahre nach dem Beschluss des Übereinkommens über die biologische Vielfalt 1992 in Rio, eine nationale Strategie zur biologischen Vielfalt vorgelegt wurde, die den internationalen Vergleich nicht scheuen muss. Keine andere international vorgelegte Strategie hat ein derart konsistentes System von Visionen, konkreten Qualitäts- und Handlungszielen, meist mit genauen Zieljahren zur Erreichung der rund 330 Ziele und rund 430 Maßnahmen zu allen biodiversitätsrelevanten Themen. Ich wünschte, Sie hätten an dieser Stelle etwas mehr abgeschrieben.
Seit der Diskussion der großen Anfragen der CDU zum Klimaschutz im Herbst vergangenen Jahres, als wir den Zusammenhang zwischen Klimawandel und Rückgang der biologischen Vielfalt bereits thematisierten, haben sich die Hinweise darauf verdichtet, dass vor allem durch die Änderung des Umgangs mit der Fläche im kommunalen Bereich, beim Verkehr und in der Land- und Forstwirtschaft wesentliche Erfolge zu erzielen sein werden. Die Landnutzung, ihre notwendige Veränderung und die Rolle des Waldes sowohl in der Klimadebatte als auch bei der Biodiversität ist IPCC und IUCN jeweils ein eigenes, umfangreiches Kapitel wert, überschrieben mit der Abkürzung LULUCF „Land use, land use change and forest“. Mit diesen etwas kryptischen Buchstaben überschrieben beschreibt es die negativen Einflüsse konventioneller Landnutzung auf das Klima und die biologische Vielfalt.
Weltweit verbrauchen wir pro Jahr mehr natürliche Ressourcen, als die Natur überhaupt produzieren kann. Wir leben also auf Pump. Und wir leben auf Kosten der kommenden Generationen. Es ist höchste Zeit, gegenzusteuern, meine Damen und Herren.
Die Leistungen der Natur für das Dasein der Menschen sind von unschätzbarem und lebensnotwendigem Wert. Wir müssen die zu erhaltenden Ökosysteme aber auch aus wirtschaftlichen Gründen schützen und weiterentwickeln. Eine Studie aus dem Jahr 1997 schätzt den ökonomischen Nutzen der Ökosysteme pro Jahr auf bis zu 64 Billionen US
Dollar. Kollege Matthiessen hatte diese Zahl schon genannt.
Die biologische Vielfalt ist bedroht, weltweit, national und auch regional. Dies gilt auch für Schleswig-Holstein. Hier setzen wir uns seit Langem mit Erfolg dafür ein, mit geeigneten Strategien, Programmen und Maßnahmen des Naturschutzes auf den Verlust der biologischen Vielfalt zu reagieren und ihm entgegenzuwirken. Ein wichtiger Eckpfeiler ist die Umsetzung der europäischen ökologischen Richtlinie NATURA 2000 und der daran ansetzenden weiteren Ausweisung von Naturschutzgebieten und auch von Managementplänen. Vorhin hatte das ein Kollege nicht verstanden; ich glaube, das war der Kollege Kalinka.
Angesichts der jüngst veröffentlichten Roten Liste mit der Feststellung, dass über ein Viertel aller Arten bei uns auszusterben droht, schließen wir uns den Forderungen des Naturschutzes an, ein umfassendes integriertes Programm zur Entwicklung der Biodiversität auch in Schleswig-Holstein vorzulegen.
Der vorliegende Bericht stellt hierfür wichtige Handlungsfelder heraus, auf die ich im Folgenden kurz eingehen wollte, es aber nicht mehr schaffe, weil mir die Zeit davonläuft. Ich will daher nur noch zu zwei Aspekten etwas sagen.
Zum Thema Moore! Seit 2001 wird in SchleswigHolstein das Niedermoorprogramm durchgeführt. Wir haben uns mit unserem Koalitionspartner darüber geeinigt, dieses Programm um die Hochmoore zu erweitern. 170.000 ha Moore hatten wir mal in Schleswig-Holstein. Jetzt ist weniger als ein Viertel überhaupt noch als Moor zu bezeichnen. Davon wird immer noch ein großer Teil entwässert und landwirtschaftlich genutzt. Da muss etwas passieren.
Der Bericht zeigt auf, dass in den vergangenen 50 Jahren die Zahl der Arten, die in der Agrarlandschaft leben, um 80 % abgenommen hat. Die Knicks, Kleingewässer und andere im Bericht neudeutsch als „Hotspots“ bezeichneten Horte der Artenvielfalt haben an Qualität und Zahl deutlich abgenommen. Wir müssen daher in diesem Bereich besonders folgende Maßnahmen ergreifen: Erhalt der Stilllegungsflächen, statt sie wieder unter den Pflug zu nehmen. Die Biomasse angemessen zu
nutzen, statt massenweise Mais anzubauen. Das Grünland ist zu erhalten. Zum Moor habe ich etwas gesagt.
Ich komme zum Schluss, Frau Präsidentin. - Landschaftszerschneidungen müssen beachtet werden. Ich finde es beachtlich, dass vonseiten des Bundes Programme unterstützt werden, um die Wirkungen von Zerschneidungen dahin gehend zu überprüfen, dass die biologische Vielfalt an dieser Stelle stark leidet.
Meine Damen und Herren, die Instrumente des Naturschutzes zur Änderung der Landnutzung müssen bei uns im Fokus stehen. Wir müssen uns anstrengen. Ich hoffe, dass wir dazu in den Beratungen im Ausschuss einen Beitrag leisten können.
Danke schön, Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren, es war schon ganz richtig, dass Herr Kollege Buder darum gebeten hat, diese Detaildebatte letztlich im Ausschuss zu führen.
Aber ich hätte mich nicht zu Wort gemeldet, Herr Minister, wenn Sie sich nicht etwas missverständlich ausgedrückt hätten. Wir haben nun auch ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes bestellt, das auch schon zitiert wurde. Das haben wir nicht ohne Grund gemacht, weil wir natürlich nicht die Fachjuristen sind, wie Herr Kollege Kubicki das immer wieder deutlich macht,
sondern weil es uns auch am Herzen liegt, hier eine klare Rechtsposition verbreiten zu können. Wir haben das von uns in Auftrag gegebene Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes so interpretiert - da kann man lange drum herumreden, aber diese Argumentation haben wir auch schon im April vorgetragen, weil wir sie vorher geahnt haben -, dass nicht nur die Ausbeutung, das heißt die Bohrung in eine vorgefundene Ölquelle, sondern auch das Aufsuchen, ob etwas da ist, nach dem Nationalparkrecht nicht möglich ist. Darum haben Sie sich etwas gedreht, Herr Minister. Ich glaube, das ist der entscheidende Unterschied. Wir wollen nicht, dass außerhalb der Mittelplate - und anders als die Grünen haben wir diese Diskussion bisher nicht geführt - oder durch Schrägbohrungen weitere Bohrungen innerhalb des Nationalparks gesetzt werden,
nicht nur zum Fördern nicht, sondern auch zum Aufsuchen nicht. Da gibt es einen Unterschied zwischen unseren Positionen, und da muss man schon ein bisschen feiner hinhören. Ich finde es schon richtig, dass dann auch das Ministerium - ohne dass es in ein rechtskundliches Seminar ausufert - zu
mindest für das interessierte Publikum auch einmal deutlich macht, welche juristische Position da vorliegt. Da bin ich Herrn Kollegen Hildebrand für seine Fragen sehr dankbar, die sicherlich im Ausschuss noch weiter geklärt werden können.
Uns geht es darum, - ich sage es abschließend noch einmal -: Wir wollen nicht, dass im Nationalpark Wattenmeer weitere Bohrungen niedergebracht werden - zu welchem Zweck auch immer!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zunächst einmal herzlichen Dank an den Minister für den Bericht. Mehr war an dieser Stelle nicht zu erwarten. Der Hinweis darauf, dass auch die Vorgängerinnen und Vorgänger in seinem Amt alles getan haben, was zu tun war, ist richtig. Das haben wir auch stets hier so gesagt. Allerdings haben wir auch - Herr Minister, da muss ich Sie korrigieren - sowohl Herrn Heydemann als auch Frau Müller, als auch Herrn Steenblock, als auch Herrn Müller immer wieder gesagt: Da ist noch etwas.
- Nein, nicht halbherzig, Claus Ehlers!
Wir haben einen Untersuchungsausschuss gehabt, von dem wir wissen, dass dieser Untersuchungsausschuss vielleicht dreiviertel von dem, was aufzuklären war, aufklären konnte, weil schlicht die Daten fehlten. Dieses Gutachten, das heute vorliegt, ist in der Zeit vor Ihrer Amtszeit
- diese Vorstudie, gut - in Auftrag gegeben worden. Auch das ist ein Ergebnis der Politik von Schleswig-Holstein in Kooperation mit MecklenburgVorpommern. Von daher haben wir eine neue Sachlage. Diese neue Sachlage zeigt auch, dass erstmals ein Zusammenhang hergestellt werden kann.
Wir alle wissen, ohne dass wir das mit irgendwelchen Schuldzuweisungen diskutieren wollen, wie schwierig es ist, überall in der Welt die Gefährdungen, die von unspezifischen Abfällen in diesem Fall oder auch von anderen Dingen ausgehen, so zu be
weisen, dass sie gerichtsfest sind. Es gibt hier welche im Raum, die wissen das ganz besonders gut.
Die Abfälle in Schönberg sind völlig unsortiert. Sie sind nicht ordentlich deklariert und nicht in allen Fällen mit Begleitschein abgeliefert worden. Wir kennen Wege, wo der Müll über den sogenannten sozialistischen Block geführt wurde, und wissen, dass er auch aus der Bundesrepublik Deutschland kam, auch aus unserem Land. Das war aus einem einzigen Grund so, und zwar um Geld zu sparen. Das heißt, man wollte den Profit maximieren. Das muss man doch an dieser Stelle auch einmal deutlich sagen. Wem hat es denn genützt?
- Herr Kubicki, seien Sie lieber still. - An dieser Stelle kommt dann auch sehr schnell die „Lobbyarbeit“ derer, die sich gewisse Zuständigkeiten anmaßen oder auch haben in Vertretung derer, für die Sie Politik machen. Das haben wir damals nicht akzeptiert, und das akzeptieren wir auch heute nicht.
Wir haben in Brunsbüttel eine Sondermüllverbrennungsanlage gebaut. Ich werde da einfach einmal einen Kostenvergleich machen. Eine bestimmte Sorte Flüssigabfalls zu entsorgen kostete zu Beginn dieser Abfallanlage in Brunsbüttel 348 DM/t. In Ihlenberg hat er 80 DM/t gekostet. Und es gab ja nicht nur eine Tonne flüssige Abfälle. In dieser Spanne steckt der Zuwachs an Profit.
Es ist schön, dass wir diese Vorstudie haben; es ist schön, wenn wir ein Gutachten haben. Es ist wichtig, dass weitere Untersuchungen durchgeführt werden. Die Vermutung der Kollegin Birk, dass sogenannte Dichtschichten oder Abdichtungsschichten unterirdischer Wasserleiter nicht von der Ostsee bis nach Bayern gehen, kann ich nur teilen. Das ist aufgrund der Geologie unseres Untergrundes hier in Norddeutschland sehr unwahrscheinlich, zumal die Elbe mit ihrem Ursprungstal dazwischen liegt. Es gibt undichte Stellen. Die Frage ist: Wann werden sie wirksam?
Der allerletzte Punkt: Der Müll ist unspezifisch abgelagert worden. Ich sagte das bereits. Er ist in Behältnissen abgelagert worden, die wir heute nicht mehr zulassen würden, in Folien, zweieinhalb Millimeter dick, in Fässern, die heute wegrosten. Das
heißt, ein großer Teil des Potenzials, der dort liegt, wird jetzt erst wirksam. Dafür Untersuchungen anzustellen, lohnt sich allemal, denn es geht um die Gefährdung der Gesundheit nicht nur der Lübecker, sondern auch der Mecklenburger. Das ist genauso wichtig - bei aller Wertschätzung der Lübecker.
Es geht vor allen Dingen um unsere Kinder. Das geht nicht. Deshalb müssen wir am Ball bleiben.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Kurz ein paar Bemerkungen. Ich fange mit den Stromautomaten an. Ich finde das zynisch und halte das für total daneben. Das darf es nicht geben. Der Strom darf nicht abgeschaltet werden, wenn die Stromrechnung nicht bezahlt wird. Strombezug gehört zur Daseinsfürsorge, zu den Grundbedürfnissen. Bei Familien mit Kindern geht das wegen einer möglichen Kindeswohlgefährdung überhaupt nicht. Die
Fälle, die bei den Singles noch übrig bleiben, müssen vergleichbar geregelt werden. Es geht nicht an, dass aus diesen Gründen ein Stück der Daseinsfürsorge abgeschnitten wird.
Herr Minister, auch wir fühlen uns nicht nur für Schleswig-Holstein, sondern natürlich auch für Deutschland, für Europa und sogar weltweit für die Energiepolitik verantwortlich. Wir sind auch selbstbewusst zu sagen, dass in den letzten 20 Jahren viele energiepolitische Impulse von diesem Land, von Schleswig-Holstein, ausgegangen sind.
Ich fange mit der Versorgungslücke an. Die Versorgungslücke ist, wenn pauschal behauptet wird, dass sie existiert, erst einmal ein Märchen. Es wird nämlich die reine Strommenge aufgrund der Abschaltung der Kohlekraftwerke beziehungsweise der aufgrund des Atomkonsenses abzuschaltenden Atomkraftwerke zusammengezählt und hingeschrieben und gesagt, diese müsse ersetzt werden. Stimmt nicht.
Wir rechnen nicht die Energieeffizienzgewinne mit hinein. Wir rechnen auch nicht die Gewinne mit hinein, die aus dem Energiesparen resultieren. Vielmehr wird die Zahl ganz pauschal aufgestellt und das ist unredlich. Wenn also jemand behauptet, wir hätten eine Versorgungslücke, dann kann man ruhig dagegenhalten und sagen, dass wir keine Versorgungslücke haben. Es kommt eben nicht darauf an, statische Zahlen miteinander zu vergleichen.
Herr Minister, ich hätte mich sehr gefreut, wenn Sie den von Herrn Schulze angesprochenen Punkt Kombikraftwerke aufgegriffen hätten. Es entsteht ja sehr schnell Unruhe, wenn man sagt, dass Windkraft durchaus zur Grundlast beitragen kann. Dann sagen alle, dass das nicht geht. Es geht aber doch. Es geht mit intelligenten Steuerungen durch Computertechnik. Und diese könnten wir sogar von hier bis Indien einsetzen. Wir könnten es auch hier in unserem Land realisieren, weil es funktioniert. Im Harz wird es schließlich schon gemacht. Es ist technisch möglich, kleinere Kraftwerke so zusammenzuschalten, dass am Ende der Kette bei demjenigen, der den Strom abnimmt, ein völlig gleichmäßiger Strom herankommt. Das heißt, man könnte Windkraft, Biomasse, Wasserkraft und dort, wo es möglich ist, auch Photovoltaik einsetzen. Diese Stromquellen könnte man so zusammenschalten, dass sie einen grundlastfähigen Anteil unserer Stromversorgung darstellen würden.
In diesem Bereich steckt der wirkliche Forschungsbedarf. Im Harz gibt es bereits eine Grup
pe, die so etwas organisiert, und auch in Süddeutschland wird es schon gemacht. Auch wir in Schleswig-Holstein könnten diesen wichtigen Punkt angehen.
Ein weiterer Punkt in diesem Zusammenhang ist natürlich, dass die gesamte Diskussion um CCS mit folgender Aussage kollidiert: Wenn wir Windkraft grundlastfähig machen wollen, dann können wir auch versuchen, Windkraft zu speichern, indem wir beispielsweise Druckluft in Kavernen speichern. Das ginge wunderbar, ist aber leider noch nicht so erforscht, wie es eigentlich nötig wäre. Auch dies wäre ein wichtiger Punkt in der Energiepolitik dieses Landes.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In Vertretung meines erkrankten Kollegen Olaf Schulze, dem ich von dieser Stelle noch einmal gute Besserung wünsche,
trage ich nun zum Landes-Immissionsschutzgesetz vor.
Meine Damen und Herren, der Landwirtschaftsund Umweltminister hat zur Begründung des vorliegenden Gesetzentwurfs zum Schutz vor Luftverunreinigungen, Geräuschen und ähnlichen Umwelteinwirkungen Landes-Immissionsschutzgesetz, LlmSchG - die Wünsche einiger Verbände und einzelner Betroffener auf Regulierung von zurzeit nicht geregelten Tatbeständen herangezogen, denen er mit diesem neuen Gesetz nachkommen will.
Das ist gut so und ist auch eine der Aufgaben von Landesregierung und Landtag, und wir werden uns dem Vorhaben nicht verweigern, auch wenn wir etwas amüsiert - darauf hinweisen, dass es schon etwas ungewöhnlich ist, dass gerade der Minister, der doch recht häufig darauf hinweist, wie wichtig es ist, Gesetze und Verordnungen abzubauen, uns nun ein neues Gesetz zur Beratung und Beschlussfassung vorlegt.