Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zunächst möchte auch ich dem Ministerium und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und ebenso den Verbänden, die dazu beigetragen haben, für die umfassende Beantwortung der Anfrage danken. Eine vollständige Stellungnahme würde sicherlich den Rahmen meiner Rede sprengen. Ich werde mich daher auf wenige Schwerpunkte beschränken.
Wohnraumförderung ist und bleibt ein wichtiges Thema der Landespolitik. Dem trägt die Regierung mit dem Wohnraumförderprogramm 2005/06 und dem Förderprogramm „StadtInMode“ im Rahmen des Schleswig-Holstein-Fonds zur Instandsetzung und Modernisierung in städtischen Wohnquartieren für den Zeitraum 2006 bis 2008 Rechnung.
Das für die Jahre 2007/08 geplante Wohnraumförderungsprogramm soll den Neubau von jährlich 800 Einheiten und die Modernisierung beziehungsweise Sanierung von 1.200 Einheiten unter
stützen. Gegenüber dem in der Wohnungsmarktprognose 2020 vorhergesagten Bedarf von jährlich 10.000 Neubauten beziehungsweise 30.000 Modernisierungen und Sanierungen erscheinen die Förderungen zunächst recht gering. Es ist aber zu bedenken, dass der geförderte Wohnraum nur für Zielgruppen geschaffen wird, die sich nicht selbst mit entsprechendem Wohnraum versorgen können. Demgegenüber stehen der frei finanzierte Mietwohnraum und das privat finanzierte Wohneigentum.
Das Statistische Amt für Hamburg und SchleswigHolstein weist in einer Veröffentlichung von Juli dieses Jahres aus, dass im Jahr 2005 in SchleswigHolstein 9.078 Wohneinheiten fertiggestellt wurden, das heißt circa 22 % weniger als im Vorjahr. Bauherrn waren zu mehr als zwei Dritteln private Haushalte. In den ersten fünf Monaten dieses Jahres liegt die Zahl der Baugenehmigungen und Baufertigstellungen - sie gelten als Frühindikatoren - deutlich höher als im Vergleichszeitraum 2005 und lässt daher für das Jahr 2006 eine Steigerung erwarten.
Nicht unerwähnt sollte hier auch die gesamtwirtschaftliche Auswirkung bleiben, dass die Förderung von Neubauten das sechsfache Volumen an privaten und öffentlichen Investitionen auslöst und Modernisierung und Sanierung je nach Intensität private Investitionen bis zum Vierfachen der Fördersumme erzeugen können.
Die Föderalismusreform verlagert die Verantwortung für die soziale Wohnraumversorgung vollständig auf die Länder. Den Festlegungen im Koalitionsvertrag folgend hat sich die Landesregierung eindeutig für den Erhalt des Zweckvermögens Wohnraumförderung ausgesprochen. Sie ist dadurch in der Lage, ein Förderprogramm mit einem jährlichen Volumen von 75 Millionen € für Wohnraum zu gestalten, und zwar unabhängig vom Landeshaushalt.
Darüber hinaus sind die Fördermittel aus den Modernisierungsprogrammen der Kreditanstalt für Wiederaufbau für Schleswig-Holstein von großer Bedeutung. Von 2001 bis 2005 wurden 460 Millionen € für über 33.000 Wohneinheiten in Anspruch genommen. In den Jahren 2006 bis 2008 kann mit einem Volumen von weiteren circa 120 Millionen € gerechnet werden.
Ich komme zur Anbieterstruktur, die sich auf dem deutschen Wohnungsmarkt im Wandel befindet. Die unvollständige Recherche des Innenministeriums - Verkäufe von Wohnungsbeständen werden nicht offiziell registriert - ergab einen geschätzten Bestand von circa 76.000 Wohneinheiten, die seit
1997 in Schleswig-Holstein erstmalig den Besitzer gewechselt haben. Dabei handelt es sich einerseits um die Arrondierung von Beständen, also die Bereinigung von unattraktiven Beständen, andererseits um die Beschaffung von Liquidität für Modernisierung und Sanierung der übrigen Bestände. Aber es gab auch schnelle Verkäufe zur Erzielung kurzfristiger Renditen oder den Verkauf kompletter Wohnungsunternehmen durch die öffentliche Hand. Bei circa 20 % dieser Mietwohnungen handelt es sich um öffentlich geförderte Einheiten.
Im Vergleich der Bundesländer nimmt SchleswigHolstein bei Verkäufen von Wohneinheiten eine herausragende Position ein. Schleswig-Holstein ist gemessen am Wohnungsbestand das Flächenland, das am stärksten von Verkaufsaktivitäten betroffen ist. Die Gefahr, dass sich durch Mehrfachverkäufe innerhalb kurzer Frist die Finanzierungsspielräume für Modernisierungsmaßnahmen oder eine sozial gerechte Verwaltung der Bestände verringern, darf nicht vernachlässigt werden. Soziale und städtebauliche Folgewirkungen wären kaum aufzuhalten.
Eine eventuelle Zulassung von Real Estate Investment Trusts auf dem deutschen Markt wird im Hinblick auf die soziale Wohnraumförderung von der Landesregierung kritisch gesehen. Diese Trusts zeichnen sich durch hohe Gewinnausschüttungen an die Anteilseigner sowie geringe liquide Mittel aus. Das lässt wenig Luft für Modernisierung und Sanierung erwarten. Die Bundesregierung hat jedoch bisher keinen für die Zulassung erforderlichen Gesetzentwurf vorgelegt.
Der Verkauf öffentlicher oder privater Wohnungsbestände durch das Land ist nicht zu vermeiden. Verkaufsentscheidungen der öffentlichen Hand ergeben sich aus kommunalen Entscheidungsprozessen, die durch das Land nicht zu beeinflussen sind. Zu begrüßen sind hier die Instrumente, die das Land zur Unterstützung der Entscheidungsprozesse in den Kommunen entwickelt hat. Es sind kommunale Wohnraumversorgungskonzepte, die Entwicklung leistungsfähiger kommunaler Wohnungsunternehmen, die Gründung von Genossenschaften, der Verkauf an Genossenschaften, durchsetzbare Verpflichtungen der Käufer.
In diesem Zusammenhang ist wichtig, dass allen Käufern von Wohnbeständen offen gegenübergetreten wird. Das gilt auch für den Fall, dass soziale Aspekte des Wohnens nicht im Vordergrund stehen. Hier ergibt sich eine bedeutende Steuerungsaufgabe für die Landesregierung im Rahmen kommunaler Entwicklungsprozesse.
Auf die demografische Entwicklung in unserem Land und die damit verbundene regional unterschiedliche Reduzierung der Haushalte reagiert die Wohnungswirtschaft schon heute durch Konzentration der Neubaumaßnahmen auf die größeren Städte und Regionen, die nachhaltige Entwicklungsmöglichkeiten bieten. Dazu gehören ebenso Einrichtungen für generationenübergreifendes Wohnen. Die Landesregierung trägt dem ebenfalls Rechnung durch modellhafte Fördervorhaben in Zusammenarbeit mit den Kommunen mit dem Schwerpunkt des familien- und altengerechten innerstädtischen Wohnens.
Ein weiterer Schwerpunkt ist für die Landesregierung die Integration von Migrantinnen und Migranten. Das hat an dieser Stelle aber bereits der Herr Minister ausgeführt.
Zu ergänzen ist vielleicht noch, dass eine Reihe von Förderprogrammen sowohl im Bildungsbereich als auch im Rahmen des Arbeitsmarktprogramms „Arbeit für Schleswig-Holstein 2000“ existieren.
„Soziale Stadt“, „Stadtumbau West“, „Langzeitarbeitslose“ sind weitere Themen dieses Berichts. Insgesamt zeigt der Bericht, dass der Landesregierung die Herausforderungen vielfältigster Art in der vor uns liegenden Zeit bewusst sind und geeignete Maßnahmen eingeleitet wurden beziehungsweise geplant sind, um ihnen angemessen zu begegnen.
Für die Fraktion der FDP erteile ich das Wort dem Fraktionsvorsitzenden und Oppositionsführer, Herrn Abgeordneten Wolfgang Kubicki.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Zunächst möchte auch ich mich im Namen meiner Fraktion für die umfassende Antwort auf die Große Anfrage zur Wohnungsbaupolitik in Schleswig-Holstein bei der Landesregierung bedanken. Ich danke dem Herrn Innenminister für seine in Teilen zustimmungsfähige Rede. Beides bildet eine gute und detaillierte Grundlage für weitere Diskussionen. Beides zeigt die aktuelle Entwicklung des Wohnungsmarktes in Schleswig-Holstein auf und weist auf künftige Entwicklungen, Probleme und Chancen hin, denen es sich zu stellen gilt. Da gibt es in der Tat eine Menge Themen.
Zum einen ist die demografische Entwicklung schon angesprochen worden. Sie lässt künftig eine altersgerechte Wohnraumausstattung wichtiger erscheinen, als es früher der Fall war. Insbesondere die Frage barrierefreier Zugänge ist wichtiger denn je. Denn die Bevölkerung altert und wir alle werden im Alter nicht agiler. Da gibt es nur wenige Ausnahmen; ich denke an meinen Freund Hans-Jörn Arp. Der Wohnraum muss dieser Entwicklung einer alternden Bevölkerung Rechnung tragen.
Andererseits gibt es den immer größer werdenden Trend zum Single- und Zwei-Personen-Haushalt. Junge Paare haben immer weniger den Wunsch nach Kindern oder sie ziehen lediglich ein Kind auf. Weiterhin ist die Rate der Trennung von Paaren in den letzten Jahrzehnten immer weiter gestiegen. Daher gibt es eine erhöhte Nachfrage nach kleineren Wohnungen.
Eine Rolle spielen hier auch andere Dinge, zum Beispiel die steigenden Energiepreise oder der Wegfall der Pendlerpauschale. Dieser Wegfall verteuert und schränkt die Mobilität derjenigen ein, die in der Stadt A leben und in der Stadt B arbeiten oder die auf dem Land leben und in der Stadt arbeiten.
Künftig wird also eine Annäherung von Wohn- und Arbeitsort zu erwarten sein. Das wird auch Auswirkungen auf das Wohnungsangebot im ländlichen Raum haben. Wenn künftig mehr arbeitende Bürgerinnen und Bürger in die Nähe der Ballungsräume ziehen, sich gleichzeitig Bundes- und auch Landesbehörden aus dem ländlichen Raum zurückziehen, dann wird dies zwar möglicherweise dort zu billigeren Mieten führen, aber zugleich zu Wertverlusten bei den bestehenden Immobilenbeständen im ländlichen Raum.
Darüber hinaus wird sich die Steigerung der Energiepreise auch auf die energetische Optimierung des Wohnungsbestandes auswirken. Es ist ja bereits heute so, dass nicht die Mietpreise als solche, sondern die Nebenkosten darüber entscheiden, ob sich jemand eine Mietwohnung leisten kann oder nicht.
Es gibt einen Trend zum Eigenheim oder zur Eigentumswohnung und weniger zur Mietwohnung. Die Eigentumsquote ist in Schleswig-Holstein von 40 % im Jahre 1990 auf 49,4 % im letzten Jahr angestiegen. Diesen Trend gibt es bei unseren europäischen Nachbarn übrigens schon länger. So ist es beispielsweise in Frankreich gerade in den Großstädten üblich, anstatt monatlich Miete zu zahlen mit jeder Monatsrate Eigentum an der eigenen Wohnung zu erwerben und damit auch das eigene
Vermögen zu vermehren. Das ist etwas, was man im Hinblick auf die Altersvorsorge durchaus im Auge behalten muss.
Dies sind nur einige Faktoren, die deutlich machen, was die Ziele einer zukunftsgerichteten Wohnungsbaupolitik sein müssen. Es ist nicht nur im Interesse des Landes oder der Kommunen, sich auf diese Entwicklungen einzustellen. Es ist vor allem auch im Interesse der privaten Wohnungswirtschaft, sich auf diese Entwicklungen einzustellen, um Fehlinvestitionen zu vermeiden. Nach der Antwort der Landesregierung besteht auch in den nächsten Jahren nicht unerheblicher Neubaubedarf an Wohnungen und Ein- bis Zweifamilienhäusern.
So liegt der Neubaubedarf bei 134.000 Wohnungen bis zum Jahr 2020, davon liegen 74.000 Wohnungen in Ein- und Zweifamilienhäusern und rund 60.000 Wohnungen in Mehrfamilienhäusern. Bis zum Jahr 2010 werden von diesen 134.000 Wohnungen 70.000 fertiggestellt sein.
Noch erheblicher wird der Modernisierungsbedarf sein, der allein bis zum Jahr 2009 rund 150.000 Wohnungen betrifft. Dabei wird der freie Wohnungsmarkt an Bedeutung gewinnen. Bereits in den Jahren 2007 und 2008 wird ein Verlust von 8.000 Wohnungsbindungen hinzunehmen sein. Gleichzeitig werden aber nicht ebenso viele neue Bindungen entstehen. Wir müssen der Frage nachgehen, wie Menschen mit sozial unterdurchschnittlichem Einkommen künftig mit ausreichend Wohnraum versorgt werden können.
Das bedeutet, dass der Anteil der öffentlich geförderten Mietwohnungen, die nur Wohnungssuchenden mit einem von der zuständigen Stelle ausgestellten Wohnungsberechtigungsschein überlassen werden dürfen, zurückgehen wird. Es werden sich also künftig viele Hilfsbedürftige vermehrt am freien Wohnungsmarkt orientieren müssen. Wir kritisieren das nicht. Wir weisen nur auf das Problem hin.
Wir sind der Auffassung, dass schon seit Längerem die Förderung von der Objektförderung, also der Förderung des sozialen Wohnungsbaus, verstärkt auf eine Subjektförderung, also auf eine Förderung der Hilfsbedürftigen, umgestellt werden sollte.
Die Programme, die auch aus Sicht meiner Fraktion sinnvoll erscheinen, sind die Programme „Soziale Stadt“ und „Stadtumbau West“.
Insbesondere das Programm „Soziale Stadt“ ist geeignet, Fehlentwicklungen der letzten Jahrzehnte, besonders in den Großstädten und Ballungsräumen, entgegenzuwirken. Ziel des Programms ist es, die physischen Wohn- und Lebensbedingungen sowie die wirtschaftliche Basis in den Stadtteilen zu stabilisieren und zu verbessern, die Lebenschancen durch Vermittlung von Fähigkeiten, Fertigkeiten und Wissen zu erhöhen und Gebietsimage, Stadtteilöffentlichkeit und Identifikation mit den Quartieren zu stärken.
Wir haben auch in Schleswig-Holstein bereits in einigen Teilen einen Trend zu einer sozialen Gettoisierung verfolgen müssen. Ich nenne nur ein Stichwort, das gerade aktuell diskutiert wird: Kiel-Gaarden. Es hat sich ein Trend für eine räumliche Entmischung entwickelt, der Arme und Reiche, Mobile und Immobile sowie Deutsche und Nichtdeutsche räumlich auseinanderstreben lässt. Hier muss besonders bei den Planungen auf kommunaler Ebene das sage ich ausdrücklich - gegengesteuert werden.
Das Land hat darüber hinaus die Möglichkeit, über die Vergabe von Fördermitteln steuernd auf solche Entwicklungen Einfluss zu nehmen. Es muss künftig verstärkt darum gehen, diese Stadtteile umzubauen beziehungsweise bei Neubaugebieten darauf zu achten, möglichst heterogene Bevölkerungsstrukturen durch entsprechende Wohnungs-, aber auch Bildungsangebote zu erreichen. In Richtung der SPD-Fraktion möchte ich sagen: Wenn wir von französischen Verhältnissen sprechen, ist das keine Frage von privaten Eigentümern. Es ist vielmehr die Frage der sozialen Struktur eines Quartiers, die nicht von privatem Eigentum abhängt, wie wir an Stadtteilen, die wir in Schleswig-Holstein haben, deutlich sehen können.
Gerade in der Debatte um mehr Integration wird dieses Programm aus meiner Sicht vom Programmansatz her an Bedeutung gewinnen können und müssen. Leider hat sich in der Vergangenheit gezeigt, dass es von kommunaler Seite Probleme mit der Kofinanzierung der Projekte gegeben hat. Das ist auch vor dem Hintergrund der finanziellen Situation der Kommunen und Städte, die sich nun zusätzlich durch den Eingriff in den kommunalen Finanzausgleich verschärfen wird, nicht verwunderlich.
sten strukturellen Förderprogramme der nächsten Jahre. Ähnliches gilt für das Programm „Stadtumbau West“.
Viele Kommunen sind auch in Schleswig-Holstein beispielsweise vom Abzug von Bundesbehörden namentlich der Bundeswehr - betroffen. Mit dieser Entwicklung geht gerade in den Mittel-, aber auch in Oberzentren ein struktureller Umbruch innerhalb der Kommunen einher. Wohnungen, die ursprünglich von Bundeswehrangehörigen genutzt wurden und auch Gewerbeflächen, wie Räumlichkeiten von Einzelhändlern, stehen nun leer, weil mit dem Abzug von Bundeswehrfamilien natürlich auch die Nachfrage für Gewerbeansiedlungen vor Ort nachgelassen hat. Das „Stadtumbau-West“-Programm sorgt dafür, dass Stadtteile beziehungsweise ganze Städte anhand eines integrierten Stadtentwicklungskonzeptes, welches von Akteuren vor Ort gemeinsam mit dem Land erarbeitet wird, umgebaut, das heißt entsprechend den neuen Gegebenheiten und Entwicklungsmöglichkeiten dieser Kommunen angepasst werden. Im Extremfall kann das dazu führen, dass auch bestehende beziehungsweise leer stehende Wohnungen zurückgebaut werden, weil eine Nachfrage für diese Wohnungen schlicht und einfach nicht mehr besteht.
Es wird sich zeigen, was künftig in diesem Programm noch erreicht wird. Für Vorhersagen ist es einfach noch zu jung. Von der Zielsetzung her bietet es in jedem Fall Chancen, insbesondere für die Konversionsstandorte in SchleswigHolstein. Diese Entwicklung sollten wir im Ausschuss positiv begleiten.